Analyse | Union Berlins Champions-League-Auftakt - Mal wieder angekommen

Do 21.09.23 | 06:11 Uhr | Von Till Oppermann
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Union-Spieler Kevin Behrens, Christopher Trimmel und Leonardo Bonucci blicken nach Spiel in Madrid zum Auswärtsblock im Oberrang (Bild: Imago Images/Matthias Koch)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.09.2023 | Jakob Rüger | Bild: Imago Images/Matthias Koch

Seit Jahren geht es für Union Berlin nach oben. Nun ist das Team in der Champions League angekommen. Das erste Spiel gegen Real Madrid ging verloren. Trotzdem haben die Eisernen gezeigt, dass sie sportlich mithalten können. Von Till Oppermann

Emotional anzukommen, das war beim 1. FC Union Berlin in den letzten Jahren das große Thema. Viel Zeit blieb dafür nicht. Auf den Aufstieg in die Bundesliga folgte der Klassenerhalt und dann direkt dreimal hintereinander die Qualifikation für den Europapokal – fünf Jahre wie ein Fiebertraum. Die meisten Unioner haben ihren Verein auf staubigen Stehplatztribünen kennengelernt, es roch nach Grillkohle und schalem Bier.

6.000 von ihnen haben ihre Unioner am Mittwochabend im frisch renovierten Estadio Santiago Bernabeu gesehen. Im vielleicht bekanntesten Fußballstadion der Welt hätten sie emotional kaum weiter entfernt sein können vom alten Union-Gefühl. Kein Wunder, dass es mal wieder darum ging, anzukommen. Und wie. Nachdem Real Madrid durch ein Tor in der Nachspielzeit gewann, könnte man sagen: Jetzt weiß Union, wie sich die Champions League anfühlt.

Diesmal kein Lehrgeld

Real ist ein Mythos und das nicht nur, weil die Königlichen Rekordsieger der Königsklasse sind. Es ist die besondere Aura, um jeden Preis gewinnen zu wollen, die diesen Verein umweht. Diese Aura hat sich Real auch mit vielen späten Siegtoren erspielt. Sei es im Finale von 2014 auf dem Weg zur "La Decima", dem zehnten Triumph in der Champions League, als Sergio Ramos in der Nachspielzeit mit einem Kopfballtor die Verlängerung erzwang.

Oder das Halbfinale vor anderthalb Jahren, als Real mit Toren in der 90., 91. und 95. Spielminute gegen Manchester City das Finale erzwang. Union reiht sich da in eine illustre Liste ein. Nicht nur aus historischen Gründen, sondern auch, weil eine späte Niederlage vorher ein enges Spiel erfordert. Anders als in den ersten Spielen in der Conference und Europa League haben die Eisernen im Bernabeu kein Lehrgeld gezahlt. Sie lieferten Real defensiv fast das perfekte Spiel. Union habe sehr gut verteidigt, lobte auch Real-Trainer Carlo Ancelotti: "Sie haben uns nicht viel Raum gelassen, um zwischen den Linien zu spielen".

Union-Fans im Oberrang in Madrid (Bild: Imago Images/ABACAPRESS)Mit Union Berlin im Bernabeu: Die Köpenicker Fans am Mittwoch in Madrid.

Überragende Defensive

Urs Fischer schickte seine Mannschaft in einer 5-4-1-Formation aufs Feld, in der Stürmer Sheraldo Becker ins Mittelfeld rückte, um Angriffe über Reals Linksverteidiger David Alaba zu unterbinden. Den verletzten Robin Knoche ersetzte Leonardo Bonucci, der zu seinem ersten Startelfeinsatz kam. Bonucci tat, was er schon immer tut, seit er vor 17 Jahren sein Profidebüt gab. Er organisierte die Abwehr, glänzte mit intelligentem Stellungspiel und verteidigte mit viel Ruhe gegen eine der besten Mannschaften der Welt.

Aber eben nicht alleine: Dass Union bis zur 90. Minute die Null halten konnte, lag auch an Bonuccis Nebenleuten Danilho Doekhi und Diogo Leite, die dem Europameister in nichts nachstanden. Sie segelten durch den Strafraum, blockten Schüsse und klatschten sich danach ab. Fußball im Kollektiv, so wie sie es bei Union lieben. Auch Frederik Rönnow bewies im Tor mindestens internationale Klasse. In der Summe ergibt das eine der besten Defensivabteilungen Europas. "Ich glaube, wir haben eine sehr gute Leistung gezeigt", war sich Frederik Rönnow sicher.

Zu einfache Ballverluste

Feiern wollte der Torwart trotzdem nicht. Natürlich sei es bitter, in der Nachspielzeit zu verlieren, sagte er nach dem Spiel und kritisierte: "Wir hatten zu viele einfache Ballverluste." Ein leidiges Thema bei Union: Wenn es etwas an den Leistungen zu kritisieren gibt, ist es stets das Spiel im eigenen Ballbesitz. Gegen Real funktionierte besonders die Spielfortsetzung nach Ballgewinnen schlecht. Anstatt einen Konter auszuspielen oder die Defensive wenigstens durch eine eigene Ballbesitzphase zu entlasten, kloppten die Köpenicker die Bälle reihenweise senkrecht in den Madrider Abendhimmel.

Einen besonders schwierigen Abend erlebte Kevin Behrens, der die undankbare Aufgabe hatte, die langen Bälle gegen Antonio Rüdiger festmachen zu müssen: "Wir haben den Ball, den wir gewonnen haben, zu schnell wieder verloren und konnten in unserem Umschaltspiel auch nicht in die Konter kommen." Er erlebte es am eigenen Leib. Vor dem Spiel forderte Urs Fischer mehr Mut von seiner Mannschaft. Etwas mehr Ruhe nach Ballgewinnen hätte es auch getan.

Leistung macht Mut

Und trotzdem hat die Mannschaft ihre Mutprobe in Madrid bestanden. Es gehört mental einiges dazu, auch auf der größtmöglichen Bühne genau das Gleiche wie immer zu machen. Taktisch ist kaum ein Team in Europa so gut eingestellt wie der 1. FC Union. Zumal mit Knoche und Rani Khedira das Herzstück des Teams derzeit verletzt fehlt. Dazu standen mit Bonucci, Doekhi, Becker und Lucas Tousart einige Spieler mit Trainingsrückstand in der Startelf.

Zum Rückspiel in Berlin wird auf Real Madrid ein besserer Gegner warten. Im letzten Gruppenspiel könnte es für Union dann um die Qualifikation für das Achtelfinale gehen. Die K.o.-Runde der Champions League wäre ein Anlass, mal wieder irgendwo anzukommen.

Sendung: rbb24, 20.09.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

21 Kommentare

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  1. 21.

    Hoffentlich nicht so wie Hertha in de zweiten Gruppe.Letzter

  2. 20.

    Na, dann wollen wir mal gucken, auf welchem Platz der Gruppe die Unioner am Ende der Gruppenphase landen. Vielleicht schaffen sie ja auch Platz 2, so wie Hertha damals beim Debüt.

  3. 18.

    Manche können echt keinen positiven Kommentar zur Union-Leistung abgeben, ohne den Namen der Hertha direkt oder indirekt zu erwähnen. Ist das so ne Zwangshandlung, dass man immer einen Vergleich haben muss? Aber wenn du sonst nichts zu tun hast, dann kannst du ja mal nachsehen, wie sich Hertha damals beim CL-Debüt angestellt hat. Viel Vergnügen.

  4. 17.

    Genau! Keine Ahnung gegen wen union da gespielt hat, aber rumschwurbeln.

  5. 16.

    Meinen größten Respekt dieser Truppe!!! Auch wenn Union (leider) verloren hat, es ist eine verdammt große Leistung dahin zu kommen und dann ein Spiel gegen eine solche starke Mannschaft mit 0:0 halten und mit dann nur einem!!!! gegnerischen Tor zweiter Sieger zu werden. Und all das ohne Getöse und Angeberei. Dann kann der "Hauptstadtverein"...*hüst*... in dieser Stadt sich mehr als eine dicke Scheibe abschneiden (ob das überhaupt helfen würde??) und seine dicke hochgehaltene Nase dorthin strecken, wo Union....nun, es bedarf keiner Worte mehr.

  6. 15.

    War doch eine starke Leistung. Ich hätte nicht gedacht, daß sie solange durchhalten. Real ist eine Nummer größer. Das nächste Mal klappt es mit den Toren.

  7. 14.

    Spiel war in Madrid gegen Real und nicht in der 2. BUNDESLIGA.Deshalb,kriegste mit?

  8. 13.

    Weil es eine saustarke Leistung war!!
    Teamgeist, Geschlossenheit und Disziplin in Perfektion.
    Ja, ok, kennt man mit der HBSC Brille nicht.

  9. 10.

    Zwei Minuten vom 0:0-Sieg entfernt gewesen, aber den Schlosserjungs alle Ehre gemacht. Union spielt, wie Union eben spielt. Ich bin stolz auf euch

  10. 9.

    1 Ecke
    3 Schüsse
    0 Tore

    100% Anti-Fussball


    Keine Ahnung, warum man sich dafür so abfeiern lässt!

  11. 8.

    Einfach toll die Jungs !

  12. 7.

    Geiler Abend. Danke für die Leistung des Nachwuchses und des Teams.
    U.N.V.E.U - denn wir werden ewig Leben.

  13. 6.

    man hat gezeigt, was man kann und zum Schluss kam die Wahrheit in dramaturgischem Fußball Theater, großartig, zumindest die Inszenierung, schade dass Union die tragische Figur spielen musste .......
    Kopf hoch und weiter geht's zur
    nächsten Vorstellung
    U.N.V.E.U.

  14. 5.

    Ja, Pech nach einigem Glück zuvor. Das 0:1 geht für mich schon in Ordnung. Union hat sich gut präsentiert, phasenweise auch mal mutig gespielt. Die individuelle Klasse von Real hat sich gezeigt und letzlich durchgesetzt. Ich kann sehr gut damit leben. Die sachlichen und wertschätzenden Interviews nach dem Spiel von Urs Fischer und Robin Gosens, immer mit einem Lächeln im Gesicht, haben mich beeindruckt. Bin stolz auf unsere Jungs und ihren ersten Auftritt im Honigtopf.
    Eisern!

  15. 4.

    Bonucci ist austauschbar. Man sieht es gut an Knoche und Khedira. Beide wurden sehr gut passend ersetzt. Das zeigt die Klasse von Ruhnert, der eben die richtigen Spieler eingekauft hat, sodass kein Einbruch spielerisch passiert, fällt ein Spieler aus. Bonucci ist gut, kene Frage, alleine ist er bei Union nichts. Unions Stärke sind nicht einzelne für sich spielende sogenannte Legionäre, sondern das Zusammenspiel als Mannschaft. Das müssen sicherlich noch einige Annehmen, die noch dem Abstieg von Hertha nachtrauern. Hertha hatte keine Chance bei den sportlichen und sonstigen vorherigen Vereinsführungen. Eine Mannschaft besteht ohne einen funktionierenden Hintergrund, Unterbau, nicht in den Ligen. Je besser der Hintergrund und Unterbau, um so besser geht es nach oben in den Ligen. Union ist in der er CL angekommen. Gucken wir, wie weit sie kommen? Allein das Ankommen in der CL wäre ohne Fischer, Ruhnert, Ziegler und all die anderen im Verein nicht möglich gewesen. Einfach Danke jesacht.

  16. 3.

    In der letzten Minute... das ist ja nun wirklich mal Pech im Spiel.

  17. 2.

    Hallo,
    was Union in den letzten Jahren geleistet hat, ist Weltklasse.
    Es tut natürlich weh, in der 94. Minute einen wohl verdienten Punkt herzugeben, aber das Spiel ist eben erst zu Ende, wenn der Schiri es abpfeift.
    Größten Respekt vor dieser Mannschaft und den super Fans der Clubführung, die keine Panik bekommt, wenn mal 2 Spiele hintereinander verloren werden.
    Union war, ist und bleibt was besonderes!!!

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