Analyse zum Spiel in Mainz - Union Berlin ist mit wenig zufrieden
Union ist nach einem Punkt im Auswärtsspiel in Mainz zufrieden. Dabei wäre in dem Abstiegsduell mehr drin gewesen. Auf einem verregneten und tiefen Platz fehlte der Mannschaft der Plan B. Von Till Oppermann
Nein, mit Bundesligafußball, wie ihn sich die DFL als Vermarktungsprodukt vorstellt, hatte das Auswärtsspiel des 1. FC Union Berlin am Mittwoch in Mainz nur wenig zu tun. Vor halbleeren Rängen spielten zwei limitierte Fußballmannschaften dutzende lange Bälle. Die beiden Tore fielen innerhalb weniger Minuten als beide Mannschaften unaufmerksam verteidigten. In einer XXL-Nachspielzeit, die die mitgereisten Unioner durch ihren Protest gegen den DFL-Investorendeal erzwungen hatten. Wahrscheinlich waren sie der Frankfurter Zentrale des Ligaverbandes froh, dieses Nachholspiel an einem Mittwochabend um 18:30 Uhr ausgetragen zu haben. Nicht gerade zur Primetime.
Matschiger Platz macht das Fußballspielen schwer
Zumal schon die Bedingungen ein wirklich gutes Fußballspiel verhinderten: Nach ausdauernden Regenfällen fand das Spiel auf einem Feld statt, das mehr mit einem Planschbecken zu tun hatte als mit einem Fußballfeld. Ganz normale Pässe blieben manchmal einfach nach wenigen Metern liegen.
"Ihr habt den Platz gesehen: Es war heute unmöglich, darauf Fußball zu spielen", schimpfte der Mainzer Mittelfeldspieler Nadiem Amiri. "Man hat es schon beim Aufwärmen gemerkt, dass der Platz sehr tief war", ergänzte Unions Co-Trainerin Marie-Louise Eta. Im Spiel wurde es nicht besser: Gummistiefel, Wanderschuhe oder direkt barfuß. All das hätte einen besseren Stand gewährt als Fußballschuhe.
Am Anfang geht Unions Plan auf
Trotzdem hatte Eta viel Lob für ihre Spieler übrig. Das Team habe versucht Fußball zu spielen, sagte sie und ergänzte: "Wir sind mutig aufgetreten". In der Tat waren die Unioner in Mainz von Anfang an im Spiel. Mit der Doppelspitze Kevin Volland (1,79m) und Benedict Hollerbach (1,81m) war klar: Hohe Bälle würden die Köpenicker nicht zum Erfolg führen. Stattdessen versuchten sie es flach über die Flügel.
In den ersten Minuten suchten die Unioner so immer wieder den direkten Pass ins Mittelfeld und setzten dann die Außenbahnspieler Robin Gosens und Janik Haberer ein. Ungefähr so hatte der in Mainz ein letztes Mal gesperrte Trainer Nenad Bjelica sein Angriffsspiel in seiner allerersten Pressekonferenz bei Union skizziert. Kevin Vollands Lattentreffer nach Haberer-Flanke in der 12. Minute zeigte: So könnte es funktionieren mit der Torgefahr im letzten Drittel, die Union in dieser Saison so sehr sucht.
Kein Abnehmer für lange Bälle
Den Konjunktiv in diesem Satz steuerte der Boden bei: Je tiefer der Platz, desto schwerer wurde es, das Spiel nach Ballgewinnen mit flachen, direkten Pässen zu beschleunigen. Spätestens ab der 15. Minute fehlte Union der Plan B. Immer wieder segelten hohe Bälle in die Mainzer Hälfte. Aber die robusten Verteidiger der Rheinhessen hatten gegen Volland und Hollerbach kein Problem, diese zu sichern. Da half auch das gut organisierte Gegenpressing der Berliner wenig.
"Ein Königreich für Kevin Behrens" hätte Shakespeares Richard der III. rufen können, wenn er Unioner wäre. Behrens Körper und das Talent des kantigen Winterabgangs diesen einzusetzen, haben Union in Mainz gefehlt. Lange Bälle sind für die Mannschaft nach seinem Abgang keine gewinnbringende Option mehr – zumindest so lange nicht, bis sich Winterneuzugang Chris Bedia an den deutschen Fußball gewöhnt hat. Mit 1,90 Metern ist er sogar noch ein Stück größer als Behrens – zeigen konnte er das bisher nur als seine Mannschaft in München und Leipzig sowieso schon zurücklag.
Unioner mit wenig zufrieden
"Ich bin fein mit dem Punkt", sagte Torschütze Robin Gosens nach dem Spiel. "Wir haben uns vorher gesagt, wir wollen nicht verlieren und das haben wir geschafft." In der Tat ist das Unentschieden im Abstiegskampf mehr wert als ein Punkt – bei einer Niederlage wäre Mainz auf drei Punkte an Union herangerückt. Anders betrachtet: Mit einem Sieg hätten die Eisernen den 1. FC Köln auf dem Relegationsplatz auf fünf Punkte und Mainz auf dem direkten Abstiegsplatz auf neun Punkte distanziert. Zumal Union mit zwei Aluminiumtreffern von Kevin Volland und einer Eins-gegen-Eins-Situation von Yorbe Vertessen gute Chancen hatte, um den Sieg einzufahren.
Etwas mehr Frust über diese vertane Chance hätte Gosens gut zu Gesicht gestanden. Zumal sich seine Kommunikation in die der Mannschaftskollegen einreiht. Obwohl Union in Mainz das dritte Standardgegentor hintereinander kassierte, wollte Rani Khedira darin kein Problem der Mannschaft erkennen. Schließlich hätte Union die anderen Versuche der Mainzer sehr gut verteidigt, so Khedira.
Cheftrainer Bjelica kehrt zurück
Das stimmt nicht so ganz. Auch als Robin Knoche in der ersten Halbzeit den Mainzer Ludovic Ajorque beim Klärungsversuch mit dem Fuß im Gesicht traf und nur mit Glück einem Elfmeter entging, war vorher eine Ecke in den Strafraum geflogen.
Es liegt an Trainer Neand Bjelica seinen Spielern zu vermitteln, dass das Minimum im Abstiegskampf nicht reichen wird. Er kehrt am Samstag gegen Wolfsburg nach seiner Sperre zurück auf die Union-Bank. Dann ist das Ziel für Gosens klar: "An der Alten Försterei brauchen wir auf jeden Fall die drei Punkte."
Sendung: Antenne Brandenburg, 08.02.2024, 08:15 Uhr