Weltrekorde, Partystimmung und Baguettes - Meilensteine und Momente aus 50 Jahren Berlin-Marathon

Di 24.09.24 | 16:11 Uhr | Von Anton Fahl
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Tigist Assefa beim Berlin-Marathon 2023 (Quelle: picture alliance/dpa | Andreas Gora)
Video: rbb24 | 23.09.2024 | Philipp Büchner | Bild: picture alliance/dpa | Andreas Gora

Wenn der Berlin-Marathon am Sonntag zum 50. Mal stattfindet, werden so viele Läuferinnen und Läufer wie nie zuvor durch die deutsche Hauptstadt rennen. Ein Rückblick auf fünf Dekaden - mit Begründer und "Inspirator" Horst Milde. Von Anton Fahl

Der erste Marathon im geteilten Berlin

Als erstmals ein Marathon in Berlin stattfand, war die Stadt noch geteilt – und das Teilnehmerfeld überschaubar. "1974, im damaligen West-Berlin - von einer Mauer umgeben - waren genau 286 Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Start – zu der Zeit noch wenige Frauen", erinnert sich Horst Milde, Initiator oder "Inspirator" des Berlin-Marathons, wie er selbst sagt, im Gespräch mit dem rbb. "244 kamen ins Ziel, aus insgesamt vier Nationen. Inzwischen haben wir mindestens 35 Prozent Teilnehmerinnen. Ich habe damals mit 3 Prozent Frauen angefangen."

Der Berliner Milde, gelernter Konditor und Bäcker und damals Vorsitzender der Leichtathletik-Abteilung des SCC, schwelgt angesichts der Entwicklung des Marathons in Erinnerungen: "Wenn mich damals jemand gefragt hätte, es hat aber keiner gefragt: Herr Milde, was erwarten Sie denn für die Zukunft? Da kann ich nur sagen: An solche sagenhaften Teilnehmerzahlen hat man da überhaupt nicht gedacht", so der 85-Jährige. "Man hat einfach nur gemacht. Wenn man eine Idee hat, muss man sie umsetzen. Berlin war schon Anfang des Jahrhunderts eine Läuferstadt. Wir haben das Laufen nicht erfunden, wir haben es nur weiterentwickelt."

Aus dem Wald- wird ein Stadtmarathon

Eine Weiterentwicklung, die sich auch anhand der veränderten Strecke rekonstruieren lässt. "Von 1974 bis 1980 sind wir auf dem Kronprinzessinnenweg neben der Avus, durch den Wald und bis zum Strandbad Wannsee gelaufen. Zwei Runden", sagt Horst Milde. Jutta von Haase (3:22:01 Stunden) und Günter Hallas (2:44:53 Stunden) krönten sich am 13. Oktober 1974 zu den ersten Marathon-Gewinnern in Berlin. "Das Schöne ist, dass sie noch leben", findet Milde.

"Ab 1981 begann im Grunde der Aufstieg. 1990, nach dem Fall der Mauer, war der Start durch das Brandenburger Tor eine Weltsensation, eine hochsportpolitische Angelegenheit." Seitdem führt die Strecke an den Sehenswürdigkeiten der Stadt entlang – unter anderem über den Großen Stern, den Kurfürstendamm und vorbei am Gendarmenmarkt.

Und schon in der ersten Auflage nach dem Mauerfall sorgte ein australischer Läufer für Aufsehen: "Steve Moneghetti hat damals mit Weltjahresbestzeit gewonnen, mit einer Zeit unter zwei Stunden und zehn Minuten, die bis dahin noch nie in Berlin gelaufen wurde. Da hörte man im Ausland zum ersten Mal: Da in Berlin, kurz vor Polen, kann man auch gute Zeiten rennen."

Der Australier Steve Moneghetti beim Berlin-Marathon 1990 (Quelle: IMAGO / Sven Simon)Steve Moneghetti, Gewinner des Berlin-Marathons 1990.

Purzelnde Weltrekorde auf einer schnellen Strecke

Seitdem fallen in Berlin in aller Regelmäßigkeit die Weltrekorde. Der Äthiopier Haile Gebrselassie gewann vier Mal in Folge (2006-09) und stellte dabei zwei Bestmarken auf (2007 und 2008).

Bisheriger Rekord-Gewinner beim Berlin-Marathon ist Eliud Kipchoge mit fünf Siegen. Der Kenianer fühlt sich auf der Berliner Strecke so wohl, dass er seinen Weltrekord von 2018 (2:01:39 Stunden) nur vier Jahre später unterbot und mit einer Zeit von 2:01:09 Stunden ins Ziel kam.

Bei den Frauen brillierte zuletzt die Äthiopierin Tigist Assefa zwei Mal in Folge – im Vorjahr in Weltrekordzeit, indem sie die bis dahin gültige Bestmarke um mehr als zwei Minuten unterbot (2:11:53 Stunden).

Was dabei auch immer wieder von den Läuferinnen und Läufern hervorgehoben wird: die besondere Stimmung. "Die Berliner Atmosphäre ist sensationell. Da muss man allen Helfern und allen, die beteiligt sind, auf die Schultern klopfen – insbesondere auch den Zuschauern", sagt so auch Horst Milde.

Kuriose Kostüme

Genauso abwechslungsreich wie die Routenführung durch Berlin sind auch die Kostüme, die jedes Jahr auf den Straßen der deutschen Hauptstadt zu sehen sind. Läufer im Obelix-, Dinosaurier- oder Spiderman-Kostüm, mit dem Brandenburger Tor auf den Schultern oder als Flasche verkleidet? Alles schon gesehen.

"Die Fantasie von Läuferinnen und Läufern ist unbegrenzt. Ich bewundere das, weil es das Laufen nicht leichter macht. Natürlich laufen diese Menschen nicht auf eine gute Zeit. Sie rennen, um dabei zu sein und in der Regel, um Geld für gemeinnützige Zwecke zu sammeln", weiß Milde. "Es gab auch mal einen Franzosen, Michel Descombes, der immer ein Baguette in der Hand hatte und die Berliner zum Jubeln aufgefordert hat. Das sind skurrile Geschichten, die nur ein Marathon schreiben kann."

Der Franzose Michel Descombes beim Berlin-Marathon 2016 (Quelle: IMAGO / Sebastian Wells)Ein Franzose und sein Baguette: Michel Descombes beim Berlin-Marathon 2016.

Teilnehmerrekord bei der 50. Auflage – auch im Ziel?

Schon weit vor dem Startschuss am Sonntag hat der Berlin-Marathon das nächste Kapitel seiner Erfolgsgeschichte geschrieben. 58.212 Läuferinnen und Läufer aus 161 Nationen haben sich für die Jubiläumsauflage angemeldet – so viele wie nie zuvor.

"Natürlich freue ich mich über diese Riesen-Zahlen – auch wenn ich sie nicht alle per Handschlag begrüßen kann, so wie ich das vor 50 Jahren gemacht habe", sagt Milde mit einem Lachen. "Für die Stadt ist das ein Spektakel und Abenteuer. Es muss zumindest mal schönes Wetter sein, dann muss die Stimmung gut sein – und dann zählen wir nachher nach, wie viele wirklich im Ziel waren."

Sendung: rbb24, 23.09.2024, 21:55 Uhr

Beitrag von Anton Fahl

15 Kommentare

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  1. 15.

    Auch ich wünsche Ihnen viel Spaß und vor allem viel Erfolg......auch wenn ich den Marathon nicht brauche:-)

  2. 12.

    Herzlich Willkommen in Berlin, Miicca! Schön, dass Du mitmachst. Viel Spaß am Sonntag :-)

  3. 11.

    Halten wir fest, Sandra braucht den Berlin Marathon nicht, einige andere ärgern sich auch über Absperrungen und Einschränkungen, die Mehrheit ist jedoch happy über das Event und Berlin zeigt, dass es Großveranstaltungen mit vielen Freizeitsportlern kann und ist für die gute Stimmung auch bei ausländischen Läufern berühmt. Ich werde teilnehmen, bin extra aus Israel angereist und freue mich sehr drauf.

  4. 10.

    Wieder mal Parkplatz und Verkehrschaos in Berlin.
    Dann noch Demos und Fahrrad-Demos, Trecker-Demos, da kommt was zusammen!

    Ach ja, die Baustellen die nicht fertig werden hab ich vergessen

    Insgesamt nervt es im allgemeinen.

  5. 9.

    Wo habe ich von Verboten gesprochen....oder das ich keine Freude am Sport habe ?? Nirgends. Sie haben meinen Kommentar nicht verstanden.

  6. 8.

    Ich muß auch am So. arbeiten, wohne in Schöneberg. Habe mich darauf eingestellt und vorgeplant. Man muß nur wollen, aber viele meckern lieber. Wünsche allen Teilnehmern und Zuschauern einen tollen Tag.

  7. 7.

    Ein riesiges Danke an alle Helfer und Unterstützer, ohne die dieses Event nicht möglich wäre! Egal ob Volunteer, BSR, Polizei, Rettungsdienst, Absperrdienste... ihr seid klasse! Und an alle Zuschauer, die die Läufer über die Strecke tragen und so wunderbare Stimmung machen!
    Ja, es ist ein Riesending, aber es ist schön, wenn Berlin mal fröhliche Bilder um die Welt schickt und keine gewaltbehafteten Demos oder schlechte Politik! Ich empfehle allen, die schlechte Laune zu Hause zu lassen und bei einem Sonntagsspaziergang das Ganze mal auf sich wirken zu lassen.

  8. 6.

    Nur zur Info: Ich muss am Sonntag arbeiten (Altenpflege). Ich weiß , das ich zum Spätdienst 20 Minuten länger brauche als sonst mit den Öffis. Aber.....es ist mir völlig egal....Zuschauer wie auch Teilnehmer des Marathons sind keine Menschen, die irgendwie schlechte Laune verbreiten (so wie Sie gerade). Miesmacher und aggressive Menschen erlebe ich ständig im ÖPNV, besonders nach dem Spätdienst. Insofern, Alles Gute Allen Teilnehmenden des Marathons....!

  9. 5.

    Zum Glück leben wir in einem Land, welches noch nicht jeden Bezug zu Sport und Spaß verloren hat.
    In dem Verbote nicht Überhand nehmen und solche Miesepeter noch nicht Mainstream sind.

  10. 4.

    Die Zuschauer..wie schön. Keiner von denen geht am Wochenende arbeiten und muss sich über diverse Absperrungen ärgern. Aber am Montag wenn die U-Bahn 10 Minuten Verspätung hat, dann ist das Geschrei groß.....so viel zur Toleranz.

  11. 3.

    "...braucht kein Mensch ". Was ist denn das für eine Feststellung? Die da mitlaufen und die Zuschauer sind keine Menschen? Was für tolerante Mitmenschen es doch gibt.

  12. 2.

    Eigentlich ist es doch ein schöner Event. Leistungssport der Weltklasse, gepaart mit sehr ambitionierten Newcomern, "Lauffreaks" und der Spass kommt auch nicht zu kurz. An der Strecke tobt teilweise der Bär.
    Vll. wäre es ohne Kommerz nicht so'n Riesending aber vierunddrölfzigmal um den Nudelpott rennen wäre ebenso keine Alternative wie 42 Km durch die Pampa. Das wäre als "Cross-Marathon", Brandenburger Mud Race oder so, aber vll. zusätzlich ein Bringer.

  13. 1.

    Was für ein Event......braucht kein Mensch.

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