Dritte Liga - Cigerci dirigiert Cottbuser Höhenflug
Nach schwierigem Start in die 3. Liga schießt Aufsteiger Energie Cottbus gerade einen Gegner nach dem anderen aus dem Stadion. Einer der Gründe für den Erfolg: Tolcay Cigerci. Der 29-Jährige ist der Dirigent der starken Lausitzer Offensive.
Innerhalb von ziemlich genau vier Wochen hat sich die Fußballwelt in der Lausitz auf den Kopf gestellt. Als die Profis des FC Energie Cottbus am 6. September mit dem Bus zu ihrem Landespokalspiel nach Babelsberg aufbrachen, dürfte die Stimmung durchwachsen gewesen sein. Drei Niederlagen hatten die Schützlinge von Trainer Claus-Dieter Wollitz in ihren ersten vier Drittligaspielen nach dem lang ersehnten Aufstieg kassiert. Auch die Leistungen des damaligen Tabellensechzehnten hatten eher Anlass zum Grübeln als zur Freude geboten.
Exakt einen Monat später dürften die Cottbuser und ihr Bus den Weg zum Eilenriedestadion in Hannover faktisch erneut fahrend antreten. Gefühlt aber könnte es durchaus sein, dass es sich für die Lausitzer eher wie Schweben anfühlt. Zwölf Punkte und 16:3 Tore, so lautet die eindrucksvolle Bilanz des Aufsteigers aus den vergangenen vier Drittligaspielen. Dank vier vor allem offensiven Glanzleistungen grüßt der Aufsteiger vor dem Gastspiel bei der Zweitvertretung von Hannover 96 vom vierten Tabellenplatz.
Der Dirigent Cigerci
Ähnlich hoch hinaus geht es für einen der Energie-Erfolgsgaranten Anfang dieser Woche. Tolcay Cigerci, mit seinen schon fünf Saisontoren maßgeblich am Cottbuser Klettern in der Tabelle beteiligt, ist da zu Gast zum Gespräch beim rbb in Berlin. Für den Weg auf die Dachterrasse des Fernsehzentrums entscheidet er sich – sportlertypisch – für den Fahrstuhl. "Wir wussten natürlich um unsere Qualität", sagt der 29 Jahre alte offensive Mittelfeldspieler mit einem Blick über die Dächer Charlottenburgs. "Aber damit hat natürlich so niemand gerechnet", schiebt er mit Blick auf den Höhenflug seiner Mannschaft hinzu.
Im Sommer war Cigerci aus Altglienicke nach Cottbus gewechselt. Sechs Jahre hatte er zuvor für verschiedene Berliner Klubs gespielt – mit Ausnahme von einem sechsmonatigen Abstecher in die Türkei. Viele Leute würden ihn mittlerweile für einen Berliner halten, sagt der gebürtige Niedersachse, stören würde ihn das nicht. Zumal er zwar mittlerweile in Cottbus spielt, aber noch immer in Berlin wohnt, von dort aus täglich zur Arbeit pendelt. "Das funktioniert bislang ziemlich gut", sagt Cigerci, "auch, weil ich mit der Sonne und der Sommerzeit morgens gerne aufstehe."
Das sportliche Aufwachen von Energie Cottbus in der 3. Liga hat Cigerci zuletzt maßgeblich geprägt. Zusammen mit Timmy Thiele sezierte er in den vergangenen Spielen die Defensivreihen aus Osnabrück, Verl, Stuttgart und Saarbrücken. Im offensiven Mittelfeld ist er der Cottbuser Dirigent, organisiert das Spiel der Lausitzer mit Genauigkeit und Kreativität und sucht auch selbst den Abschluss, wenn es ihm angebracht erscheint. "Ich bin ein Spieler, der gewisse Freiheiten braucht, weil ich auch mal andere Ideen habe", sagt Cigerci.
Ein perfektes Zusammenspiel
Zuletzt erwiesen sich die anderen Ideen oft als sehr gute Ideen. Wobei sich das auch für nahezu alle Neben-, Hinter- und Vorderleute des Mittelfeldspielers sagen lässt. Zwar dirigiert hauptsächlich Cigerci die Cottbuser Offensive, aber auch seine Mitspieler folgen nicht nur seinem Takt, sondern brechen regelmäßig selbst für Soli aus. "Jeder versucht seine Qualitäten einzubringen und im Moment klappt das gut", erzählt er.
Dabei gibt Trainer Wollitz am Rand des Rasens quasi den Komponisten – mit einer ganz eigenen Art, die bei seinen Schützlingen ankommt. "Man sieht ja, dass er ein sehr emotionaler Mensch ist", sagt Cigerci mit einem Schmunzeln, "manchmal denkst du, er spielt selbst mit und ist unser zwölfter Mann. Aber das ist genau das, was wir brauchen."
Gemeinsam wollen sie nun die Erfolgssträhne des Aufsteigers so lange wie möglich aufrecht halten. Denn jeder einzelne Punkt bringt die Lausitzer ihrem großen Ziel ein Stückchen näher: dem Klassenerhalt. Und trotz aller derzeitigen Freude: "Wir nehmen das natürlich mit und wissen, dass wir gerade in einem Flow sind und einen guten Lauf haben. (...) Doch so schnell wie es nach oben geht, kann es auch wieder nach unten gehen", mahnt Cigerci.
Sendung: Der Tag, 01.10.2024, 19:15 Uhr