AGB nicht zugestimmt - Mittelbrandenburgische Sparkasse verschickt tausende Kündigungen

Fr 04.08.23 | 19:04 Uhr | Von Carsten Krippahl und Georg-Stefan Russew
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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.08.2023 | Carsten Krippahl

Weil sie den neuen Geschäftsbedingungen nicht zugestimmt haben, hat die Mittelbrandenburgische Sparkasse tausende Kündigungsschreiben an Kunden verschickt. Nun könnten sie bald ohne eigenes Konto dastehen. Von Carsten Krippahl und Georg-Stefan Russew

Dieser Tage haben rund 8.600 Menschen Kündigungsschreiben der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS) in ihren Briefkästen vorgefunden. Weil sie nicht aktiv den neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zugestimmt haben, könnten sie noch in diesem Jahr ihre Konten bei der MBS verlieren. Dabei ist es gleichgültig, wie lange man schon Kundin oder Kunde bei dem Geldhaus ist.

MBS-Vorstandsvorsitzender Andreas Schulz. (Foto: rbb)
MBS-Vorstandsvorsitzender Andreas Schulz | Bild: rbb

"Das ist eine juristische Notwendigkeit, denn wir brauchen eine sichere Rechtsbeziehung zu unseren Kunden und dafür brauchen wir die aktive Zustimmung der Kunden zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ohne diese aktive Zustimmung dürfen wir eine solche Geschäftsbeziehung nicht unendlich fortsetzen", sagte der MBS-Vorstandsvorsitzender Andreas Schulz dem rbb zur Erklärung der Kündigungswelle.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. April 2021. Der BGH hatte entschieden, dass Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie beispielsweise bei Konto-Gebührenerhöhungen, die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Die Klausel, wonach die Institute von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, benachteilige Kunden unangemessen. Geldhäuser mussten daher im Nachhinein um Zustimmung zu aktuellen Gebühren bitten.

VZB-Experte Erk Schaarschmidt. (Foto: rbb)
Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale Brandenburg | Bild: rbb

Verbraucherzentrale: Es geht auch um Konto-Preiserhöhungen

Nach Angaben von Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) hat der überwiegende Teil der MBS-Kunden (97 Prozent) zugestimmt. Drei Prozent - also rund 8.600 - haben dies laut Schaarschmidt nicht getan und als Quittung nun die Kontokündigung kassiert. "Das finden wir nicht toll, insbesondere weil wir wissen, dass es auch um Konto-Preiserhöhungen geht und der Vorstand sich Millionen-Gehälter auszahlt", sagte VZB-Experte Schaarschmidt.

Er geht davon aus, dass einigen der jetzt betroffenen MBS-Kunden "sauer aufgestoßen" sei, dass die monatliche Kontoführung auf 4,90 Euro angehoben worden sei. Zudem habe die MBS ihre veränderten AGB nicht an die Kunden verschickt. Das Geldinstitut hat dies laut Schaarschmidt damit begründet, dass man nicht jedes Mal mehr als 100 Papierseiten aus Nachhaltigkeitsgründen verschicke. Letztlich wüssten viele gar nicht, was sie zustimmten.

Die MBS schreibt dazu auf ihrer Internetseite, dass sie die AGB wegen des großen Umfangs grundsätzlich über das elektronische Postfach zur Verfügung gestellt hätte. Kunden, die das elektronische Postfach "noch nicht nutzen, erhalten die AGB in Papierform".

Erste Sparkasse in Brandenburg, die Kündigungen verschickt

"Was die Kündigungen anbetrifft, ist die MBS in Brandenburg die erste Sparkasse", so der VZB-Experte. Solche Aktionen hat es laut Schaarschmidt bereits bundesweit bei anderen Sparkassen wie in Nürnberg, Köln/Bonn oder Berlin gegeben - in der Hauptstadt wurde im Februar rund 17.000 Kunden gekündigt. Die MBS sei bundesweit die Nummer sieben. "Ich glaube, dass die anderen demnächst folgen werden", so der VZB-Experte. "Das ist doof. Rein rechtlich ist der MBS nicht beizukommen. Da ist kaum etwas zu machen", so Schaarschmidt weiter. Die Sparkasse Spree-Neiße hatte dagegen Ende Februar erklärt, auf Kündigungen verzichten zu wollen.

Basiskonten auch betroffen?

Aktuell wisse man noch nicht, was für Kontoinhaber betroffen sind. "Kündigen die jetzt hier Basiskonten, dann hätte es Geschmäckle", so Schaarschmidt. Laut Zahlungskontengesetz sind alle Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken verpflichtet, jedem ein (Basis-)Konto einzurichten. Anrecht hierauf haben alle Privatpersonen, die sich legal in der EU aufhalten, egal, ob sie einen festen Wohnsitz haben oder nicht. So können Wohnsitzlose, Asylsuchende und geduldete Ausländer ein Girokonto eröffnen. Wenn solche Kunden betroffen wären, könnten diese widersprechen. Jedoch ist hier laut Schaarschmidt der Ausgang offen.

Aktive Nutzung kann nach Kündigung als Zustimmung gewertet werden

Jedoch sollen die rund 8.600 Betroffenen laut Mittelbrandenburgischer Sparkasse nicht gleich aus dem Geldinstitut geworfen werden, versicherte MBS-Chef Schulz dem rbb. "Und selbst nach der Kündigung werden wir selbst das Konto nicht schließen, sondern wir werden noch einmal einen Zeitraum von gut vier Wochen den Kunden zur Verfügung stellen, in denen sie durch aktive Nutzung ihres Kontos dann auch die Zustimmung gegenüber uns erklären können", so Schulz.

Als aktive Nutzung gelten beispielsweise Kartenzahlungen mit der Sparkassen-Card oder das Erteilen von Überweisungsaufträgen.

Verträge sollten geprüft werden

Die Verbraucherzentrale rät den Sparkassenkunden, ihre Verträge nun zu prüfen und gegebenenfalls unberechtigte Kontogebühren zurückzufordern. "Wir haben dafür einen Musterbrief auf unserer Webseite vzb.de bereitgestellt. Und dann ist es eine Frage, um wie viel geht es dann. Der Kunde muss schon wissen, was er gezahlt hat, und sollte das auch beziffern können", so Schaarschmidt.

Ende Oktober werden dann die tausenden Konto-Kündigungen wirksam. Mit der Nachfrist von vier Wochen wäre dann Ende November Schluss, wenn man nicht aktiv geworden ist.

Die Mittelbrandenburgische Sparkasse ist nach eigenen Angaben die großte Sparkasse in Ostdeutschland mit mehr als 500.000 Kunden. Ihr Geschäftsgebiet umfasst die Landkreise Havelland, Oberhavel, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald sowie die kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel und Potsdam.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.08.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Carsten Krippahl und Georg-Stefan Russew

46 Kommentare

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  1. 46.

    Das wurde ewig vorher von den Banken mit dem Hinweis auf die Kündigung bei Nichtzustimmung hingewiesen. Der Schritt ist also logisch und richtig.

  2. 45.

    Die Kündigungen sind ein Vorgeschmack auf das was droht, wenn das Bargeld abgeschafft ist.

  3. 44.

    Hallo, einen schönen Guten Abend wünsche ich Ihnen,
    Sind diese Kontokündigungen der Sparkasse, denn nicht rechtswidrig, denn der Staat selber verlangt doch von jeden Bürger ein Konto zu haben!
    Denn ohne ein Konto geht es leider nicht mehr, und die Sparkasse arbeitet doch im Auftrag des Staates um die Bürger mit Geld versorgen zu können! oder nicht? Die Versorgung der Bürger mit Geld gewährleisten zu können!
    Mit freundlichen Gruß
    M. Eggert

  4. 43.

    Ich finde Vertrag ist Vertrag und muss eingehalten werden. Die Kunden haben sich nichts zu Schulden kommen lassen und vertragstreu gehandelt. Zumal der Grund für die Kündigungen, der mangelnde Ertrag der Kasse in Niedrigzinszeiten längst wieder entfallen ist.

  5. 42.

    Damals hatte ich die AGB wirklich gründlich durch gearbeitet und auch verstanden was die Spk. bietet bzw. haben möchte. Es gibt wirklich Umstände, die zur Wahl der teuersten Kontoführungsgebühr führen oder zwingen.

  6. 41.

    Auch für Privatkunden gibt es mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Da zahlen Sie aber für jede Überweisung.

  7. 40.

    Dann zahlen Sie aber kräftig für jede Überweisung und wie ist es am Auszugsdrucker ?

  8. 39.

    Wir stimmten zähneknirschend zu und zahlen seit einiger Zeit 11,99 € Kontoführungsgebühr. Für 20 € Überweisungskosten sind incl. Home Banking machen wir nicht; die Spk.-Geschäftsstelle ist sehr nahe.

  9. 38.

    Kabel/Telefonanbieter ändern auch gerne mal ihre Konditionen, aber nicht zum positiven. Da gibt es in der Regel dann ein Sonderkündigungsrecht, das hätte ich für das Bankwesen klüger gehalten als diese aufdringliche Hexenjagd nach der Zustimmung. Das machen die ja schon fast fanatisch.
    Meine Mutter ü80 hat auch so ihre Probleme diese AGB-Änderungen zu begreifen was das für sie konkret bedeutet.

  10. 37.

    Der BGH ist nicht für die Bequemlichkeit sondern bundeseinheitliche Rechtssprechung zuständig.
    Aus Sicht des Vertragsrechts ist das Grundsatzurteil durchaus nachvollziehbar.
    Allerdings wundere ich mich, dass das Grundsatzurteil sich ausschließlich auf das Bankwesen erstreckt. Denn die Rechtsmittel sind, wenn auch im Ergebnis gleich, doch in ihrem Prozedere bei Energieversorgern anders.
    Hier gilt nach wie vor die stillschweigende Änderungsduldung der Preiserhöhung, wenn nicht explizit vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht wird.

  11. 36.

    Ja aber sie sind vermutlich jünger und ihnen ist der persönliche Ansprechpartner auch egal. Insofern nehmen sie den Qualitätsverlust hin und müssen sich nie Bargeld einzahlen.
    Aber es gibt ältere Menschen, denen der jahrelange Habitus wichtig ist. Das gleiche Verhalten sehen sie auf dem Energiemarkt.
    Und gerade in den ländlichen Regionen gibts zur Sparkasse keine Alternative mehr.
    Ich würde es begrüßen, wenn Sparkassen weniger Zocken als sich um die regionale Geldwirtschaft kümmern würden und ihren regionalen Charakter zum „schmalen“ Taler gerecht würden.

  12. 35.

    Es wurden auch Kündigungen an Kunden verschickt, die mehr als 100.000€ auf dem Konto haben.
    Beste Grüße

  13. 34.

    Wie alt sind Sie?
    Es gab früher nur kostenlose Konten.
    Die Gebühren haben die Banken mit Krediten etc. finanziert. Jetzt ja immer noch und trotzdem werden seit paar Jahren Bankgebühren erhoben.

  14. 33.

    Die fehlende AGB-Zustimmung wird wohl eher als willkommener Anlass gesehen seine Kunden loszuwerden. Die Postbank hatte eine paar gemeine Klauseln eingebaut, die Kunden zu zwingen alles online oder telefonisch zu machen-ob sie nun wollen/können oder nicht, auch die Zustimmung zu diesem grässlichen Best Sign-Sicherheitsverfahren wurde eingebaut.

  15. 32.

    Ich stimme Ihnen voll und ganz zu! Der einzige objektive Kommentar hier.
    Wenn es den Kunden nicht passt, dass ab jetzt Gebühren erhoben werden, dann müssen sie sich schlicht und einfach eine andere Bank suchen und dort ein Konto eröffnen. Habe ich auch vor ca. 15 Jahren gemacht als meine alte Bank Kontoführungsgebühren beschlossen hatte.

    Wo ist also das Problem???

  16. 31.

    Es geht aber noch schlimmer.
    In der Familie wurde eine fast 90 jährige Dame von ihrer Sparkasse in Mecklenburg schriftlich aufgefordert, in die örtliche Filiale zu kommen, und das ohne nähere Angaben von Gründen, alles sehr schwammig formuliert.
    Monate später kam die schriftliche Androhung der Kontokündigung, da sie nicht gekommen ist und dort den AGB nicht zugestimmt hat. Also anstatt das zuzuschicken, sollte dort sogar persönliches Erscheinen erzwungen werden.

    Umgang mit den Kunden ist ein Glaubenssatz und zeigt in dem Fall von erhöhter Ignoranz in Chefetagen.

  17. 30.

    Es geht aber noch schlimmer.
    In der Familie wurde eine fast 90 jährige Dame von ihrer Sparkasse in Mecklenburg schriftlich aufgefordert, in die örtliche Filiale zu kommen, und das ohne nähere Angaben von Gründen, alles sehr schwammig formuliert.
    Monate später kam die schriftliche Androhung der Kontokündigung, da sie nicht gekommen ist und dort den AGB nicht zugestimmt hat. Also anstatt das zuzuschicken, sollte dort sogar persönliches Erscheinen erzwungen werden.

    Umgang mit den Kunden ist ein Glaubenssatz und zeigt in dem Fall von erhöhter Ignoranz in Chefetagen.

  18. 29.

    Dann soll doch die Sparkasse am besten gleich allen Kunden kündigen. Das ist so ein Unternehmengrundsatz, der lautet: Kündigst du einen treuen und ehrlichen Kunden, dann hast du dich dabei in Wirklichkeit selbst gekündigt. Na ja, wer hat, der hat. Und nun müssen diese armen gekündigten Kunden ohne Girokonto dastehen. Oder?

  19. 28.

    Die Kunden werden natürlich erst angeschrieben oder über ihre Apps informiert, dass eine Zustimmung zu den AGB erforderlich ist. Auch über die Folgen wird garantiert informiert. Wenn man dann nicht handelt (zustimmt oder sich ein anderes Institut sucht) ist man doch logischerweise in der Situation, eine Kündigung zu bekommen - und diese wie ich verstehe sogar noch mit reichlich Zeitvorlauf und vielleicht auch nochmals der Möglichkeit den AGB doch zuzustimmen. - auf jeden Fall mit genug Zeit sich ein anderes Konto zuzulegen. Ich mag die Sparkassen nicht, war mal Kunde der MBS und vermisse sie nicht, aber hier sehe ich die „Schuld“ beim Kunden und nicht bei der Bank.

  20. 27.

    Ich frage mich eher, wo diese "ich will alles umsonst Einstellung" in unserem Land herkommt. Das Bewusstsein, dass hinter allen Leistungen Arbeit, Löhne und Investitionen stecken, scheint verloren gegangen zu sein. Ähnlich wie bei staatlichen Leistungen. Der Staat sind wir alle und Bankkunden auch.

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