Glasmanufaktur Brandenburg - Solarglasproduktion in Tschernitz steht möglicherweise vor dem Aus
Die Solarindustrie in Europa hat mit günstigen Angeboten von Modulen vor allem aus China zu kämpfen. Nun droht mit der Glasmanufaktur in Tschernitz einem weiteren deutschen Produktionsstandort das Aus - wenn die Politik nicht reagiert.
Die Glasmanufaktur Brandenburg (GMB) in Tschernitz (Spree-Neiße) steht möglicherweise vor dem Aus. Das geht aus einen Brief der Mehrheitseigentümer des Werks an Bundespolitiker hervor, der dem rbb vorliegt. Zuerst hatte der Spiegel [spiegel.de/Bezahlinhalt] berichtet. Der Brief ist unter anderem an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) adressiert.
Die GMB ist nach Angaben des indischen Mutterkonzerns Borosil der "einzig verbliebende relevante Hersteller von Solarglas in der europäischen Union". Zu ihren Kunden gehört unter anderem das schweizer Unternehmen Meyer-Burger mit ihrem Standort im sächsischen Freiberg. Der Produzent von Solarpanelen hatte vergangene Woche angekündigt, die Produktion in Deutschland im März zu beenden und das Werk zu schließen, sollte von der Politik keine finanzielle Hilfe kommen [mdr.de]. Die brauche es, um gegen subventionierte Produkte aus China bestehen zu können.
Über 300 Arbeitsplätze betroffen
Wenn Kunden wie Meyer-Burger nicht mehr produzieren, werde in Tschernitz "zwangsläufig im selben Zeitraum die Produktion" eingestellt werden müssen, schreibt das indische Unternehmen Borosil, dem die GMB gehört, in dem Brief. Borosil geht demnach davon aus, dass weitere Solartechnologieproduzenten dem Beispiel von Meyer-Burger folgen werden.
Ohne "kurzfristig wirksame Stützungsmaßnahmen wie dem Resilienzbonus [...] werden wir nicht in der Lage sein, die Flachglasproduktion in Tschernitz aufrecht zu erhalten", heißt es weiter. Der Bonus soll die Einspeisevergütung für Erzeuger von Solarstrom erhöhen, die Produkte aus Europa kaufen. Borosil und GMB gehe es nach eigenen Angaben nicht um dauerhafte Subventionen.
Innerhalb der Bundesregierung gibt es laut "Spiegel" derzeit Streit darüber, wie die deutsche Solarbranche unterstützt werden kann, die vor allem durch günstige chinesische Produkte unter Druck steht. SPD und Grüne im Bund wollen den Resilienzbonus im Solarpaket 1 einbauen, die FDP ist dagegen.
Sollte im März keine Entscheidungen zur Unterstützung der deutschen Solarindustrie getroffen werden, müsse die Produktion eingestellt und die GMB geschlossen werden, so Borosil.
Auch die GMB-Mitarbeiter unterstützen den Brandbrief, sagte der Betriebsrats-Chef Lars Günther dem rbb. "Wir wollen diese Energiewende auch mitgestalten, wir wollen nachhaltig werden", so Günther. Am Standort Tschernitz würden 320 Arbeitsplätze hängen. "In unserer strukturschwachen Region bauen viele Firmen Arbeitsplätze ab. Das würde heißen, dass vielleicht wieder viele aus der Region abwandern würden."
Gewerkschaft zeigt sich überrascht
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) ist nach eigenen Angaben von der Mitteilung überrascht worden. Das sagte die Cottbuser Bezirksleiterin Ute Liebsch dem rbb in einer ersten Reaktion. Die Gewerkschaft habe demnach davon nichts gewusst.
Es sei aber damit zu rechnen gewesen, dass, "wenn der Panelhersteller zu macht, natürlich alle Zulieferbetriebe genauso in Schwierigkeiten kommen." Deshalb müsse nun die Politik reagieren, so Liebsch. "Und es ist auch berechtigt, zu sagen, dass wir die Arbeitsplätze sichern müssen."
Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) unterstützte die Forderung von Borosil. "Wir brauchen eine eigene Produktion in Deutschland, sowohl für die Panele als auch für die Zulieferelemente", sagte er dem rbb. "Es ist schon ein bisschen erschreckend, dass das so lange dauert, ehe wir endlich eine Hilfestellung für die entsprechende Wirtschaft haben.
Übernahme im Jahr 2022
Das indische Unternehmen Borosil Renewables (0BRL) hatte 2022 Europas größten Solarglas-Produzenten Interfloat Corporation übernommen - und damit die Glasmanufaktur Brandenburg. Borosil hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten rund 50 Millionen Euro in die Modernisierung des Standortes investiert. Es sei ein Standort mit "herausragendem Know-how in der Produktion von Flachglas", so das Unternehmen. Borosil ist nach eigenen Angaben das erste und einzige Solarglas produzierende Unternehmen in Indien.
Sendung: Antenne Brandenburg, 28.02.2024, 09:30 Uhr