Ausbau des Prignitz-Express - Im 30-Minutentakt nach Neuruppin, mit der S-Bahn bis nach Velten

Mi 12.06.24 | 21:46 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Die RB55 soll ab Ende 2027 bis nach Neuruppin verlängert werden, um einen Halbstundentakt in Richtung Berlin zu ermöglichen.(Quelle:rbb/B.Haase-Wendt)
Audio: Büro Perleberg | 12.06.2024 | Björn Haase-Wendt | Bild: rbb/B.Haase-Wendt

Der Nordwesten Brandenburgs war einst gut per Bahn nach Berlin angebunden. Nach der Wende wurde gespart und teils ganze Streckenabschnitte stillgelegt. Nun soll die Region besser angebunden werden – mit dem Ausbauprojekt des Prignitz-Express. Von Björn Haase-Wendt

Wer im Nordwesten Brandenburgs unterwegs ist, sieht ihn manchmal durch die Landschaft fahren: den roten Prignitz-Express der Deutschen Bahn. Er verbindet die Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel mit Berlin. Doch ein Express ist er längst nicht, verkehrt nur einmal stündlich pro Richtung und ist vor allem aufgrund der Pendler aus Neuruppin und Umgebung oftmals voll.

Seit Jahren fordert die Region Verbesserungen, doch Kapazitäten gab es dafür bislang nicht. Denn in den 1990er-Jahren wurden während der Streckensanierung aus Kostengründen Gleise und Weichen abgebaut, Streckenabschnitte stillgelegt und es fehlt auch komplett eine Oberleitung. Das soll sich nun ändern – mit dem Ausbau des Streckenabschnitts des Prignitz-Express.

Schiene muss attraktiver werden

Für Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner (SPD) ein wichtiges Projekt. "Von Velten aus pendeln täglich 4.600 Menschen nach Berlin und Umgebung, zugleich kommen 4.000 Menschen zum Arbeiten in unsere Stadt", sagt sie bei der Vorstellung der aktuellen Ausbauplanungen durch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, der Deutschen Bahn und Vertretern der Länder Brandenburg und Berlin in der Veltener Stadthalle. "Es wäre schön, wenn die Schiene so attraktiv wird, dass man sagt, nee das Auto lasse ich stehen", fügt Hübner hinzu.

Halbstundentakt von und nach Neuruppin

Die Projektpartner wollen das bis Mitte der 2030er-Jahre im Rahmen des gemeinsamen i2030-Investitionsprogramms umsetzen – in vier Teilabschnitten. Zu erst soll die Ostprignitz-Ruppiner Kreisstadt Neuruppin mit ihren gut 33.000 Einwohnern profitieren. Ab Ende 2027 wird die Stadt im Halbstundentakt von Regionalzügen angefahren – wie bisher mit dem RE6 und künftig auch mit der RB55, die bisher in Kremmen (Oberhavel) endet und verlängert werden soll.

"Wir bauen dort auf etwa acht Kilometer Länge ein neues zweites Gleis, dass die Züge aneinander vorbeifahren können, außerdem werden in den Bahnhöfen zusätzliche Kreuzungsmöglichkeiten geschaffen", erklärt Ole Grassow von der DB InfraGo AG, dem Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn. Auch werden an neun Bahnstationen im Abschnitt zwischen Velten und Neuruppin die Bahnsteige verlängert oder neugebaut und drei Elektronische Stellwerke errichtet.

Wichtige Entwicklung für den Wirtschaftsstandort

Für Neuruppins Stadtentwicklungsdezernenten Jan Juratschek sind das wichtige Entscheidungen: "Die Pendler kommen damit besser nach Berlin rein und die Berliner auch zu uns. Das ist ein wichtiger Beitrag für Neuruppin als Wirtschaftsstandort und die gesamte Region."

Denn Neuruppin ist eines der Wirtschaftszentren im Nordwesten Brandenburgs und lebt auch vom Tourismus. Der Ausbau des Streckenabschnitts soll zwischen Januar und August 2027 stattfinden. Zuvor sind bereits zwischen August 2025 und Februar 2026 Instandhaltungsmaßnahmen zwischen Velten und Neuruppin auf der bestehenden Strecke notwendig.

"Wir wollten das eigentlich zeitgleich mit dem Streckenausbau machen, weil sicher der Ausbau aber verzögert hat, kann die Instandhaltung nicht warten", sagt Ole Grassow von der DBInfra Go. Bedeutet für die Pendler: Streckensperrungen und Ersatzverkehre über Monate.

Keine Direktanbindung für Klinik Sommerfeld

Während Neuruppin vom Streckenausbau ab Ende 2027 schließlich profitiert, muss Beetz-Sommerfeld bei Kremmen mit der großen orthopädischen Klinik und ihren 600 Mitarbeitern hingegen über Jahre Einschnitte hinnehmen. Um den 30-Minuten-Takt in die Fontanestadt zu ermöglichen, soll der RE6 in Beetz-Sommerfeld über mehrere Jahre dort nicht mehr halten, sondern nur noch die RB55.

Eine direkte Verbindung von und nach Berlin gibt es für die Mitarbeiter und Patienten nicht mehr. In Sommerfeld sorgt das für massive Kritik, ändern wird sich das aber erst mit Abschluss der Ausbaumaßnahmen Mitte der 2030er-Jahre. "Wenn alle Baustufen umgesetzt sind, dann wird es wieder die direkte Anbindung mit einem Regionalexpress geben", erklärt Ole Grassow. Gleiches gilt für Bahnnutzer aus Wustrau-Radensleben.

Anbindung nach Spandau und Gesundbrunnen

Im Zuge des Ausbaus bis Mitte der 2030er-Jahre soll die gesamte Strecke des Prignitz-Express zwischen Wittenberge, Wittstock, Neuruppin und Hennigsdorf eine Oberleitung bekommen. Allerdings gibt es auch hier Herausforderungen: die Fußgängerüberführung am Bahnhof Velten ist zu niedrig für eine Oberleitung und auch in der Unterführung des nördlichen Berliner Rings der A10 könnte es eng werden.

Außerdem soll bei Hohenschöpping eine neue Verbindungskurve gebaut werden, um die Strecke mit dem nordöstlichen Berliner Außenring anbinden zu können. "Damit können wir Neuruppin einmal pro Stunde nach Berlin-Gesundbrunnen und einmal nach Berlin-Spandau anbinden", erläutert Grassow. Heißt konkret: der heutige RE6 soll künftig von Neuruppin über Velten nach Berlin-Gesundbrunnen geführt werden.

Zusätzlich soll nach Abschluss aller Ausbauprojekte der RE2 über die Berliner Stadtbahn, Berlin-Spandau, Hennigsdorf bis nach Neuruppin-West verkehren. Auch kleinere Haltepunkte werden dann besser angebunden sein, wie Walsleben, Netzeband, Fretzdorf und Dossow, aber auch Schwante, Vehlefanz und Bärenklau.

S-Bahn bis nach Velten

Neben dem Halbstundentakt für Neuruppin soll auch Velten profitieren. Dafür soll – ebenfalls bis Mitte der 2030er-Jahre – der S-Bahnabschnitt von Hennigsdorf nach Velten reaktiviert werden. Die S25 soll laut den Planungen künftig alle 20 Minuten zwischen beiden Städten verkehren, außerdem wird in Hennigsdorf der zusätzliche S-Bahnhof Hennigsdorf Nord gebaut, um neue Wohngebiete erschließen zu können. Zwischen Hennigsdorf und Berlin-Schönholz soll in einem weiteren Schritt die S25 Nord alle 10 Minuten verkehren. Es ist mit das aufwendigste Teilprojekt im Vorhaben.

Zum einen muss die Strecke zwischen Schönholz und Hennigsdorf ausgebaut werden, inklusive einem Neubau eines S-Bahnhalts Borsigwalde. Zum anderen soll die S-Bahnstation Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik weiter in Richtung Ollenhauer Straße verlegt werden, um einen verbesserten Umstieg zur U8 zu ermöglichen. Als Engstelle könnte sich bei dem Teilvorhaben aber der Bahnübergang Gorkistraße in Berlin-Tegel erweisen.

Durch den engeren 10-Minutentakt würden die Schranken noch häufiger geschlossen sein als jetzt schon, ein Problem vor allem für den Busverkehr der BVG. "Wir prüfen mehrere Alternativen: entweder Schiene tiefer, Straße höher oder eine Mischung aus beidem", erläutert Ole Grassow von der DB InfraGo.

Knackpunkt Finanzierung

Für Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner sind die vorgestellten Gesamtplanungen aber Grund zur Freude. Immerhin gibt es in der Stadt seit 30 Jahren den Wunsch nach der Reaktivierung der S-Bahnstrecke: "Es ist gut, dass das Endzielkonzept steht. Jetzt geht es aber darum, es auch umzusetzen – das erwarten auch die Menschen von uns."

Allerdings: über allem steht noch die Frage der Finanzierung durch den Bund. Für die Taktverdichtung zwischen Neuruppin und Velten gebe es aktuell Abstimmungen zwischen dem Land Brandenburg und dem Bund, um den Ausbau finanziell absichern zu können. Aber auch für die anderen Teilprojekte fordert Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner eine Zusage: "Wenn man eine Mobilitätswende möchte, muss natürlich auch Geld für den öffentlichen Personen- und Schienennahverkehr zur Verfügung stehen."

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 12.06.2024, 09:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

15 Kommentare

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  1. 15.

    Das werde ich wahrscheinlich nicht mehrerleben.
    Ich habe Herzhaft gelacht.

  2. 14.

    >"dann entschuldigen sie mich bitte das ich glaube dass sie ein brett vorm kopf tragen."
    What? Jemand der meint, die Steuermittel SINNVOLL über mehrere wichtige Ressorts zu verteilen, hat bei Ihnen ein Brett vorm Kopf? Echt schräge Ansicht so. Natürlich muss der ÖPNV immer subventioniert werden und auch mehr Geld für den Ausbau da sein. Bildung braucht mehr Geld, Soziales braucht mehr Geld, Verteidigung braucht mehr Geld usw. Alles auf einmal geht eben nicht. Wäre schon mehr drin, wenn auch die Steuern in Hochfinanzbereichen erhöht würden. Das ist politisch derzeit und auch zukünftig nicht gewollt. Sorry, aber als Realist hab ich dann nach Ihrer Meinung gerne mal nen Brett vorm Kopf.

  3. 13.

    Minusplus?

    Soll Fernpendeln wirklich noch attraktiver werden, wo doch viele Unternehmen von Berlin nach Brandenburg ziehen?

  4. 12.

    die finanzminister der letzten jahrzenhte bekamen doch alle schnappatmung sobald sie öffentliche infrastruktur in der brd finanzieren sollten und wenn sie den vom bund, land oder kommune ihnen und allen anderen menschen in der brd geschenkten gehweg oder strasse zum kreissaal der kita, den spielplatz, der schule der universität, oder oder oder nur wertschätzen nachdem sie extra dafür gezahlt haben, dann entschuldigen sie mich bitte das ich glaube dass sie ein brett vorm kopf tragen.

  5. 11.

    >"Modernisierung und den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur sowie zum anderen einen unentgeltlichen ÖPNV gleichzeitig zu ermöglichen!"
    Na für soviel aufeinmal reichts dann auch nicht. FDP Finanzminister bekommt immer schon Schnappatmung, wenn ein Ressort von ihm mehr Geld haben will.
    Kostenloser ÖPNV ist für mich auch unsinnig. Das hat was mit Wert und Respekt zu tun. Wir Deutschen habens ja nicht so mit der Wertschätzung bei geschenkten Sachen. Wenn ÖPNV fast nix kosten soll dann mit 1 EUR im Nahverkehr bis 5 km. Nen Euro hat wohl jeder in der Tasche... und für die wenigen, die es nicht haben, gibts andere Möglichkeiten wie Sozialticket oder so.

  6. 10.

    Entgegen allen Unkenrufen seitens bestimmter Politiker samt Anhang, Geld ist in der BRD ausreichend vorhanden um zum einen eine Modernisierung und den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur sowie zum anderen einen unentgeltlichen ÖPNV gleichzeitig zu ermöglichen! Wenn etwas den ÖPNV-Ausbau behindert dann sind es Planungs und Arbeitskapazitäten, die durch Wolkenkuckucksheimprojekten wie Magnetschwebebahnen, Hyperloops und U-Bahn-Ringe weiter veringert werden bzw. worden.

  7. 9.

    >"Man lässt sich feiern Baubeginn 2027 was für Verarschung"
    So ganz Verarsche ist das gar nicht. Wenn in 2027 angefangen werden kann, können wir noch hoch zufrieden sein. Das dauert in Deutschland leider alles viel zu lange. Allein das ganze Umweltgutachten Zeugs sind 4 Jahre. Die Planungsunterlagen liegen jetzt erst zur öffentllichen Beteiligung aus. Wenn da irgendeiner kommt und wegen der Kreuzweiseegalen Strunznatter an der Strecke nen Einspruch anmeldet, dauerts noch länger.

  8. 8.

    Man lässt sich feiern Baubeginn 2027 was für Verarschung was sitzen da für unfähige Leute die so etwas als Erfolg verkaufen da fühlt man sich so .....................

  9. 7.

    >"nördlich Ringbahn von Nauen über Kremmen, Germendorf bis Oranienburg"
    Na das war nicht wirklich eine Ringbahn, sondern die nördliche Güterumgehungsbahn und ist ja mittlerweile auch schon Geschichte. Gebaut eigentlich nur aus stratetegischen Erwägungen. Wirklich ausgelastet wurde dieser Teil auch nicht genutzt. Und ja, seinerzeit war die ganze Strecke innerhalb 2 Jahren fertig. Für heute Verhältnisse superduper Tesla-Geschwindigkeit.

  10. 6.

    Der Ausbau des Prignitz-Expresses würde nur Privatfahrenden etwas bringen. Durch die exorbitant verlangten Geschäftsraum-Mieten drängte es viele Unternehmen ins weitere Umland, die mit ihren Geschäftswagen doch für Aufträge nach Berlin müssen.

  11. 5.

    (nur) 40 Jahre warten? Sie unverbesserlicher Optimist. Die Prioritäten sind mittlerweile anders gesetzt. Wir erinnern uns an " Kanonen statt Butter (Verkehrswege)".

  12. 4.

    Heute kömmte man schon Anfangen und gestern.Von Hennigsdorf bis Heiligensee Zweites Gleis,durch Ziehen.
    Und Nicht 40 Jahre Warten.
    Und mehr

  13. 3.

    Tja, "verlängern" ist gut, wie so oft zur Zeit.

    Lange schon, bis 1961 war S-Bahn bis Velten, danach trotz Mauer "in der DDR", also sogar Hennigsdorf bis Velten S-Bahn (!) bis 1983...

    also keine "neue" Strecke, im Gegenteil.

    irgendwann in den 30ern, gut wenn 2 Gleis Velten-Kremmen-Neuruppin das wirklich ein Neubau also, mindestens ...

    Danke, irgendwann...

  14. 2.

    ....räusper...hört bitte auf...Wahlkampf von 1994...nächstes Thema, nur mal so. Wie lange dauerte der Bau der nördlich Ringbahn von Nauen über Kremmen, Germendorf bis Oranienburg?......von der Planung bis Übergabe, 4 Jahre...ohne GPS Vermessung, CAD Planung, Email......heutzutage bis 7 Jahre Genehmigungsverfahren....

  15. 1.

    Das ist kein Neubau. Bis in die 70er gab es eine S-Bahn bis Velten. Vor dem Mauerbau durchgehend, später dann als Inselbetrieb Hennigsdorf Velten fuhr. Das Stadlerwerk in Velten ist das ehemalige S Bahn Werk. Der Bahnsteig vor dem alten Empfangsgebäude ist noch rudimentär zu sehen. Die Strecke hat sogar schon Stromschiene, allerdings für die Versuchsfahrten von Stadler und Alsom. Leider hat DB Netz den Bahnsteig Velten so dicht am Gleis gebaut, das Züge mit Seitenstromabnehmer gegenrammeln.

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