Neue Regeln in Deutschland - Der Parkplatz der Zukunft soll größer werden

Do 19.01.23 | 06:23 Uhr | Von Kira Pieper
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Symbolbild: Parkplatz mit großen Parkbuchten für SUVs, auf einem Discounter-PP. (Quelle: imago images/H. Blossey)
Video: rbb24 Abendschau | 18.01.2023 | L. Thio | Bild: imago images/H. Blossey

Parkplätze sollen künftig breiter werden. Das empfiehlt ein zuständiges Fachgremium. Die Verkehrsplaner haben zwar einige Argumente, die dafür sprechen, andere Experten sagen aber: Das Problem der zu vielen Autos in Innenstädten wird das nicht lösen. Von Kira Pieper

  • Verkehrsexperten empfehlen für Parkplatz-Neubauten künftig eine Breite von 2,65 Meter, bislang hatte ein Wert von 2,50 Meter gegolten
  • Damit wollen sie dem Problem der immer breiter werdenden Autos begegnen
  • Kritiker sagen: Diese Herangehensweise werde nicht dafür sorgen, Innenstädte in Zukunft autofreier zu machen

Autos werden größer, schneller und breiter - was bedeutet das für die Verkehrsplanung? Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) rät in ihrem neuen Regelwerk, auch die Parkplätze zu vergrößern: Künftig wird für Parklücken nicht mehr die zuletzt geltende Breite von 2,50 Metern empfohlen, sondern 2,65 Meter.

Das bestätigt Petra Schäfer, Professorin für Verkehrsplanung an der Frankfurter University of Applied Sciences, auf rbb-Nachfrage. Schäfer wirkt an dem Entwurfsregelwerk für die FGSV mit, die Neuauflage soll noch in diesem Jahr erscheinen. Ihr Arbeitsausschuss blickt auf den ruhenden Verkehr, also auf alles, was mit Parken zu tun hat.

Neue Regel soll nur für Neubauten gelten

Größere Parkplätze für größere Autos - wie passt das zu den Themen Verkehrswende und das Bestreben beispielsweise des Berliner Senats, die Innenstädte möglichst autofreier zu machen? Gleich zu Beginn des Gesprächs stellt die Mobilitätsforscherin klar: Die Empfehlung ihres Teams beziehe sich ausdrücklich auf Neubauten, nicht auf bestehende Parkplätze. Im Straßenraum nehme das Parken ohnehin schon viel Platz weg, sagt sie. "Da lassen wir es bitte so, wie es ist. Aber für neue Parkplätze, Parkhäuser und Tiefgaragen sollte die Richtlinie angepasst werden, weil die Fahrzeuge nun mal größer werden."

Ihr sei klar, dass diese Empfehlung auf Kritik stoße. Sie und ihre Kollegen würden oft damit konfrontiert, sie würden dafür sorgen, dass sich Menschen mit ihren großen Autos wohlfühlten. Trotzdem verteidigt sie die 2,65 Meter breite Parklücke der Zukunft: "90 Prozent der Infrastruktur ist schon gebaut. Das heißt: Die großen Autos haben jetzt schon ein massives Problem. Und wenn wir uns jetzt vorstellen, es wird ein neues Parkhaus gebaut und es entspricht nicht den jetzigen Fahrzeugen, dann ist das Geld für das Parkhaus aus dem Fenster geworfen."

Es sei also besser, die großen Autos in die Zukunftspläne mit einzubeziehen. "Die Frage ist doch eher: Warum fahren die Menschen mit diesen riesigen Autos herum?", gibt Schäfer zu bedenken.

SUVs und Geländewagen sind besonders beliebt

Laut Kraftfahrtbundesamt nimmt die Zahl der zugelassenen Autos seit Jahren zu. Besonders beliebt sind SUVs und Geländewagen. In Berlin sind aktuell mehr als 1,2 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Die Anzahl steigt auch hier: Jährlich um drei bis vier Prozent.

In einer Studie mit dem Titel "Autos und Stadtraum" [tu.berlin] der Technischen Universität (TU) Berlin heißt es außerdem: Die Pkw seien seit 1950 immer länger geworden. Die maximale Länge betrage aktuell 6,80 Meter. Das seien 60 Prozent mehr als 1950. Auch die Breite der Fahrzeuge nehme seit 70 Jahren zu: Im Schnitt betrage diese mehr als 2,10 Meter mit Spiegel. Das sei eine Steigerung um fast 35 Prozent.

Problem wird schon länger diskutiert

Siegfried Brockmann, Leiter bei der Unfallforschung der Versicherer (UDV), ist das Problem ebenfalls bewusst: "Ich glaube, jeder hat sich schon mal darüber geärgert, dass ein Auto zwei Parkplätze belegt hat oder dass Fahrzeuge in die Fahrbahn hineinragen." Dies sei eine Folge davon, dass das Auto von heute nicht mehr in die Parklücke passe. Deswegen würden Experten das Problem auch schon länger diskutieren und man habe sich darauf geeinigt, dass man darauf reagieren müsse.

"Wir werden das Problem mit den großen und schweren Autos aber nicht anhand der Parkplatzfrage lösen", sagt er dem rbb. Solange der Verbraucher große, breite Autos fahren möchte, werde das Problem bestehen bleiben.

Umkämpfter Straßenraum

Wissenschaftler Oliver Schwedes hat zusammen mit seinem Kollegen Felix Huber an der oben genannten TU-Studie gearbeitet. In einer Pressemitteilung vom November schreibt Schwedes: "Es ist, als ob sich die deutsche Automobilindustrie der olympischen Idee verschrieben hätte – höher, schneller, weiter, im Fall der Autos – breiter. Nur ist es nicht das, was in der Stadt- und Verkehrsplanung gegenwärtig und künftig notwendig ist – nämlich kleine, leichte, sparsame und vor allem auch flächensparende Modelle zu bauen."

Das Gewohnheitsrecht 'freie Fahrt und freies Parken für freie Bürger' beschneide die Rechte Dritter, so Schwedes weiter. "Alle Nicht-Autofahrer sehen sich gezwungen, sich den städtischen Raum zurückerobern zu müssen. Das ist nicht sozial und nicht gerecht." Schwedes ergänzt: Diese Rückeroberung des städtischen Raums durch Nicht-Autofahrer werde von Autofahrenden als eine Art Enteignung erlebt.

Andreas Knie: Viele Autos, weil es viele Parkplätze gibt

Auch Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, sagt: Größere Parkplätze seien keine gute Idee für Innenstädte. Das Problem sei, es gebe zu viele Autos, weil es zu viele Möglichkeiten gebe, sie abzustellen.

"Im Moment ist Berlin ein Paradies für Autofahrende, und das muss man ändern." Die Idee, dass alle Menschen Auto fahren sollten, sei für die Städte schon lange nicht mehr leistbar. "Das heißt, wir müssen den Platz verknappen. Man muss den Menschen sagen, die Zahl der Parkplätze wird deutlich geringer werden und sie werden teurer. Und dann werden wir am Ende des Tages auch weniger Autos haben."

Verkehrsplanerin: Autos sollen in Parkhäuser fahren

Die Verkehrsplanungsexpertin Schäfer stellt sich die Stadt der Zukunft eigentlich auch anders vor, verrät sie zum Ende des rbb-Gesprächs. Künftig sei das Parken im Straßenraum massiv zu reduzieren, sagt sie. "Wer Auto fahren möchte, soll in die Parkhäuser fahren. Im Straßenraum brauchen wir den Platz für die anderen Verkehrsmittel. Das heißt, mein Stadtbild der Zukunft ist: Viel weniger Autoverkehr, viel weniger parken und Platz für die anderen umweltfreundlichen Verkehrsmittel."

Sendung: rbb24 Abendschau, 18.01.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Kira Pieper

163 Kommentare

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  1. 163.

    so ist es! da bin ich voll und ganz bei Ihnen. Mir geht das Verkehrskonzept des Berliner Senats leider auch nicht weit genug. Dies ist inkonsequent und einfach nach dem Motto: Wasch mich, aber mach mich nicht nass.

  2. 162.

    Ein solches Gesamtkonzept vermisse ich aber weiterhin auf der politischen Agenda. Man verrennt sich in Kleingefechten.

  3. 161.

    Na Ihre Frage habe ich doch schon mehrfach beantwortet.
    Mittels regulatorischer Maßnahmen muss Eingriff in das Konsumverhalten genommen werden. In einer schon eng bebauten Stadt kann man eben nicht erwarten, mit einem überdimensioniertem Fahrzeug einen Parkplatz zu finden. Deshalb ist der hier im Artikel geforderte Weg der Anpassung von Regelwerken für Parkplatzgrößen absoluter Nonsens.
    Es kann nicht das Problem der Gesellschaft sein, wenn einzelne ihr Substitutionsprodukt nicht abstellen können.

  4. 160.

    Ich empfinde die SUV-Diskussion als eine Sackgasse und überhaupt nicht zielführend - schon weil diese Bezeichung gar nicht scharf definiert ist und auch gern mal nur als "Kampfbegriff" in der Diskussion benutzt wird; wenn, dann muß man unabhängig von der Fahrzeugklasse über konkrete Platzanforderungen diskutieren.

  5. 159.

    "richtigerweise die Bereitstellung und Nutzung öffentlichen Raums nach Verwendungszweck verändert wird." Ja, das ist legitim. Problem ist dabei, daß die Fahrzeuge nun mal da sind und irgendwohin müssen und sicher nicht genug Baulücken oder noch freie Flächen in den jeweiligen Straßen zur Verfügung sind, um die Fahrzeuge in Parkhäuser oder Tiefgaragen verschwinden zu lassen. Schon von der Optik wäre ich auch sofort dafür, daß der parkende Verkehr vom Straßenrand verschwindet - nur wohin in einer schon eng bebauten Stadt?

  6. 158.

    Da hier ja penibel drauf geachtet wird, den schlechten Ruf von SUVs zu retten:
    1. ja alle Autos werden breiter gebaut als früher, aber SUVs und Geländewagen liegen mittlerweile und je nach Quelle zw. 36 und 40 % bei den Neuzulassungen in D und sind daher ein Faktor. Das Dienstwagenprivileg ist hierbei ein großer Treiber.
    2. Die dicksten SUVS sind deutlich dicker als die von vielen hier als Vergl.-exemplar genannten, ebenfalls größer werdenden Mittelklassewagen -> Mercedes GLS: 5,21 m L x 1,96 m B; BMW X7: 5,18 m L x 2,00 m B.
    3. Höhe und Gewicht dieser Fahrzeuge sind relevant und ein Sicherheitsrisiko. Menschen IN diesen Fahrzeugen sind natrl sicher. Die phys. Auswirkungen von 2.2 t auf Menschen bei einem Unfall sind verheerender als 1.2 t. In Berlin leben ½ Mio Kinder und Heranwachsende und nicht nur Sie, die Erwachsenen. Zugeparkte Ecken durch Häuser auf 4 Rädern behindern (deren) Sichtachsen massiv.
    4. Breitere Parkpl. verschlimmern das Platzproblem in Berlin statt es zu lösen

  7. 157.

    Antwort auf Holgi
    Schade das Sie nicht geschrieben haben von Wo nach Wo?
    Nun dann hätte man es besser nachvollziehen können natürlich unter Einbezug der Uhrzeit.
    Aber ich denke wenn ich in der Bahn sitze kann ich schmökern in meinem Buch das ginge doch in einem Auto nicht.
    Oder an die Biertrinker im Auto undenkbar in der Bahn toleriert.

  8. 154.

    Ja, wieviele denn? Rechnen sie das mal bitte vor. Kleiner Tipp: kompakte SUV, die den Hauptanteil an SUV-Zulassungen darstellen, sind nicht breiter und länger als ein VW Golf. Die sind nur etwas höher. ;-)

  9. 153.

    "Sie verstehen den Zusammenhang gut."
    Danke ;-) gelernt ist gelernt.

    "Wenn Sie jetzt noch die Fahrzeughöhe in Bezug auf den Schwerpunkt so erklären können, dass man nicht unendlich flach und breit werden kann,..."
    Die Fahrzeughöhe hat nun mit dem Flächenbedarf, um den es hier bei immer breiter und länger werdenden Fahrzeugen geht, aber mal so gar nichts zu tun ;-) Dennoch zu Ihrer Erleuchtung. Der Schwerpunkt verlagert sich in richtung der Höhenachse eines Fahrzeugs nach oben, je Größe die Höhe des Fahrzeugs ist und je mehr Gewichtskraft in größeren Höhen über der Fahrbahn wirkt. Um Stabilität zu behalten, müssen höhere Fahrzeuge physikalisch bedingt eben auch länger und breiter sein. Eine Begrenzung von Länge und Breite ist durch die Höhe nicht gegeben. Man kann also unendlich lang und breit werden, wenn man dann noch mit einem so dimensionierten Fahrzeug zurecht kommt ;-)

  10. 152.

    Das sehe ich ganz anders. Die Nutzung des öffentlichen Raums wird eben maßgebend von den politischen Rahmenbedingungen bestimmt. Es war vielleicht über Jahrzehnte bequem und politisch gewollt, dass dem privaten Individualverkehr derartig viel Raum gegeben wurde. Inzwischen hat man glücklicherweise dazu gelernt und sich ein Stück weit von Lobbyarbeit unabhängig gemacht (auch wenn solche Experten wie hier von der FGSV nicht aufgeben wollen), was dazu führt, dass richtigerweise die Bereitstellung und Nutzung öffentlichen Raums nach Verwendungszweck verändert wird. Und den Blechbüchsen, die eh die meiste Zeit nur rumstehen, noch mehr wertvollen öffentlichen Raum zu überlassen nur weil die immer größer werden und die meisten Lenker nicht wirklich mit diesen umgehen können, ist eindeutig der falsche Weg.

  11. 151.

    Das sehe ich ganz anders. Die Nutzung des öffentlichen Raums wird eben maßgebend von den politischen Rahmenbedingungen bestimmt. Es war vielleicht über Jahrzehnte bequem und politisch gewollt, dass dem privaten Individualverkehr derartig viel Raum gegeben wurde. Inzwischen hat man glücklicherweise dazu gelernt und sich ein Stück weit von Lobbyarbeit unabhängig gemacht (auch wenn solche Experten wie hier von der FGSV nicht aufgeben wollen), was dazu führt, dass richtigerweise die Bereitstellung und Nutzung öffentlichen Raums nach Verwendungszweck verändert wird. Und den Blechbüchsen, die eh die meiste Zeit nur rumstehen, noch mehr wertvollen öffentlichen Raum zu überlassen nur weil die immer größer werden und die meisten Lenker nicht wirklich mit diesen umgehen können, ist eindeutig der falsche Weg.

  12. 150.

    Ja kann man so machen aber es bleibt nicht immer beim Schloss auswechseln wo nur ein Kreuzschraubenzieher gebraucht wird.
    Dabei bleibt es aber nicht Türen ,Zargen , Fenster wird kaum einer mit ein Lastenrad machen.

  13. 149.

    Parkplätze für kleine, leichte, sehr sparsame Autos wären ein Anreiz diese zu erwerben. Aber in Berlin möchte man alle Fahrzeuge reduzieren. Räumlich und zeitlich undifferenziert. Zwischen Kleinwagen und schweren Geländewagen wird nicht unterschieden. Auch wenn man ganz überwiegend nicht in der Innenstadt sondern außerhalb dieser fährt muss man irgendwo parken. Wer will anderen Menschen vorschreiben wie sie zu fahren und zu reisen haben? Erst sollte der Individualverkehr mit Verbrennungsmotoren wegen der Schadstoffe eingeschränkt werden. Wenn es danach ginge müsste ja für reine Elektrofahrzeuge überall freie Fahrt sein. Aber in Berlin will man offensichtlich die individuelle Mobilität grundsätzlich einschränken.

  14. 148.

    Es ist schlimm was hier untereinander passiert. Ich bin Auto, Radfahrer und Fußgänger. Hier vergessen das es Leute gibt die nicht mehr Rad fahren können? Ich gehöre nun auch dazu. Mit der Bahn einkaufen für eine Woche nicht möglich. Kinder stehen nicht mehr auf und die meisten Erwachsenen auch nicht (mußte zur Behandlung mit Krücken). Ausländer schon garnicht. Wenn ich zum Arzt will, muß ich 1x umsteigen und brauche 50 min., mit dem Auto 15 min. Noch 1 Frage?

  15. 147.

    Konservative Wahlkämpfer unterwegs? Wer der Meinung ist mit dem Stadt- Panzer fahren zu müssen, hat weder ein Recht noch einen Anspruch auf einen Parkplatz. Wie viele Parkplätze gäbe es mehr ohne diese 'modischen" Traktoren? Braucht es Prämien für Erwachsene die ein 'vernüftiges" Auto fahren?

  16. 146.

    Na sehen Sie, geht doch. Deshalb führt die Diskussion über öffentlichen Raum auch zu nichts. Er ist da und wird benutzt.
    Von wem auch immer. LG

  17. 145.

    Die Studie aus Dresden macht hier regelmäßig die Runde, weiß aber augenscheinliche Mängel auf. Zum einen werden diverse staatliche Einnahmen nicht berücksichtig. Gänzlich ausgeblendet werden z.B. die Einkommenssteuern, die die Mitarbeiter, die rund ums Auto tätig sind, zahlen. Zum anderen werden den betriebswirtschaftlichen Einnahmen aus ausgewählten Steuern volkswirtschaftliche Kosten gegenüber gestellt.

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