Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen - Diese Fristen und Vorgaben sind jetzt für Heizungen geplant
Das Heizungsgesetz ist längst zum Symbol für den Streit in der Ampel-Koalition geworden. Nach viel Gegenwind und noch mehr Änderungen hat der Bundestag es am Freitag beschlossen. Der erste Entwurf vom April wurde deutlich abgeschwächt. Von Frank Preiss
- Bundestag beschließt umstrittenes Heizungsgesetz
- Nur in Neubauten in reinen Neubaugebieten gelten ab 2024 strengere Regeln für Heizungen
- In Bestandsbauten ändert sich in Berlin frühestens 2026 etwas
- In Brandenburg dürften Änderungen ab 2028 greifen
- Bestimmte Ölheizungen müssen schon jetzt ausgetauscht werden
Was war bisher geplant - und was hat sich jetzt geändert?
Neu eingebaute Heizungen sollen nach den Plänen der Regierung künftig zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. An dieser Regelung hält die Ampel-Koalition weiterhin fest, allerdings ab 2024 nur in Neubauten.
Für Bestandsgebäude gelten der Koalitionseinigung zufolge andere weichere Regeln: Muss eine defekte irreparable Heizung ausgetauscht werden, kann auch weiterhin eine Gasheizung eingebaut werden, die das 65-Prozent-Ziel nicht erreicht. Eine Kombination beispielsweise mit einer Wärmepumpe oder Solarquelle ist also vorerst nicht nötig.
Ursprünglich sollte schon ab 2024 möglichst jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Das sollte das Ende von Gas- und Ölheizungen einläuten. Nach deutlicher Kritik auch innerhalb der Ampel-Koalition wurde diese Vorgabe nun aufgeweicht – und an eine "Kommunale Wärmeplanung" gekoppelt.
Wann ändert sich was für Bestandsgebäude?
Erst wenn die Stadt oder die Kommune eine konkrete Wärmeplanung erarbeitet und vorgelegt haben, müssen Eigenheimbesitzer und Vermieter tätig werden.
Großstädte sollen bis Ende 2026 kommunale Wärmepläne vorlegen, kleinere Städte und Landkreise bis Ende 2028. Solange keine Wärmeplanung vorliegt, gelten die Vorgaben für neue Heizungen nicht für den Gebäudebestand.
Hintergrund ist folgender: Das Gebäudeenergiegesetz und ein sogenanntes Wärmeplanungsgesetz sollen aneinander gekoppelt werden und beide zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Das Wärmeplanungsgesetz soll Länder und Kommunen in die Pflicht nehmen: Sie sollen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen - etwa über den Ausbau der Fernwärme. Wer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, muss sich keine Gedanken mehr über den Einbau etwa einer Wärmepumpe mehr machen.
Welche Regeln sollen für Neubauten gelten?
Neu eingebaute Heizungen müssen, so weiterhin der Plan, ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können.
Gasheizungen dürfen der Einigung zufolge ab 2024 auch in Neubauten noch eingebaut werden, wenn sie grundsätzlich auf Wasserstoff umgerüstet werden können und diese Neubauten nicht in Neubaugebieten entstehen. Die neuen Regeln gelten vollumfänglich, also zunächst lediglich für neue Gebäude in Neubaugebieten.
In Neubauten, die nicht in Neubaugebieten entstehen, können auch künftig Gasheizungen eingebaut werden, die mit "Biomasse, nicht leitungsgebundenem Wasserstoff oder seinen Derivaten betrieben werden", heißt es in dem Kompromisspapier weiter. Ursprünglich war die Ausnahme für den Einbau einer umrüstbaren Gasheizung nur vorgesehen, wenn ein verpflichtender Plan für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes zur Versorgung der Heizung vorliegt.
Innerhalb welcher Zeit muss umgerüstet werden?
Grundsätzlich können defekte Heizungen im Bestand repariert und weiterbetrieben werden. Ist eine Heizung irreparabel und gelten die neuen Bestimmungen - in vielen Fällen also frühesten ab 2028 - , bleiben dem Hauseigentümer mindestens drei Jahre, um eine neue Heizung einzubauen, die das 65-Prozent-Ziel erreicht. Für Mehrfamilienhäuser gelten teils Fristen von bis zu zehn Jahren.
Ausnahmeregelungen gibt es derweil für Sozialhilfeempfänger, grundsätzlich auch dann, wenn die Umstellung in einem Gebäude technisch und ökonomisch keinen Sinn macht, sowie für hochbetagte Hauseigentümer, die im Eigenheim wohnen - wobei die Regelung zur 80-Jahre-Grenze nach deutlicher Kritik "überarbeitet und plausibler gestaltet" werden soll, heißt es in dem Koalitionspapier.
Wie weit sind Berlin und Brandenburg mit ihrer Wärmeplanung?
In Berlin gibt es bereits eine noch vom rot-grün-roten Senat auf den Weg gebrachte "Wärmestrategie", eine wissenschaftliche Studie, die erste Optionen in der Stadt für eine umweltfreundliche Energiegewinnung erarbeitet hat. Die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Studie sollen bis Ende 2023 zu einem Wärmekataster ausgebaut werden, das wiederum Grundlage für die Berliner Wärmeplanung sein wird. Mit diesem Wärmekataster kann definiert werden, was dort möglich ist und was unternommen werden sollte. "Ziel ist die Erstellung eines Wärmeplanes 1.0 bis Anfang 2026", heißt es auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Umwelt [berlin.de].
In Brandenburg ist die Lage differenzierter und von Landkreis zu Landkreis, von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Der Brandenburger Grünen-Energiepolitiker Clemens Rostock sieht das Land aber grundsätzlich auf einem guten Weg, mit den Wärmeplanungen bis 2028 fertig zu werden. "Vier Jahre für das Erarbeiten einer kommunalen Wärmeplanung sind eine akzeptable Frist. Das ist machbar, weil der Osten Deutschlands besser darauf vorbereitet ist: Wir haben eine viel höhere Fernwärmequote, und die Umstellung erfolgt ja über den Versorger und nicht über den Abnehmer", sagte er dem rbb. Voraussichtlich werde auch Geothermie eine große Rolle spielen, "aber insgesamt ist das machbar, auch mit industrieller Abwärme", schätzt Rostock.
Welche Möglichkeiten gibt es zum Erreichen des 65-Prozent-Ziels?
In Ballungsräumen sollen die Fernwärme-Netze stark ausgebaut werden, um mehr Häuser daran anschließen zu können. Damit dies auch tatsächlich klimaneutral ist, sollen die Fernwärmenetze, die bislang hauptsächlich mit fossiler Energie betrieben werden, ab 2030 größtenteils auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Außerdem sind elektrische Wärmepumpen oder auch Solarthermie-Systeme möglich, bei denen Wasser in Kollektoren von der Sonne erwärmt wird. Stromdirektheizungen kommen für sehr gut gedämmte Gebäude infrage. Auch Ölheizungen können noch eingebaut werden, wenn sie etwa in Verbindung mit einer Wärmepumpe nur an besonders kalten Tagen die Spitzenlast ausgleichen.
Was ist mit Holzkaminen und Pelletheizungen?
Ihre Wärmeleistung kann laut Kompromisspapier uneingeschränkt auf das 65-Prozent-Ziel angerechnet werden. Wegen der begrenzten Verfügbarkeit der Brennstoffe sollte dies der ursprünglichen Koalitionseinigung zufolge nur im Bestand möglich sein, nicht jedoch in Neubauten. Diese Einschränkung wurde nun mit der Fraktionseinigung gekippt.
Was ändert sich nun für Mieter und Vermieter?
Mehr Mieterschutz war ein zentrales Anliegen vor allem der SPD. Im Eckpunkte-Papier heißt es nun: "Mieter sollen nicht über Gebühr belastet werden." Vermieter sollten aber Anreize haben, in moderne Heizungssysteme zu investieren - das war der FDP wichtig.
Bei den strittigen Punkten drehte es sich vor allem um die Modernisierungsumlage - damit kann der Vermieter Investitionskosten für eine neue Heizung auf den Mieter umlegen, sprich: Die Miete erhöht sich. Nach der Einigung soll nun gelten: Falls der Vermieter in eine klimafreundliche Heizung investiert und Förderangebote nutzt, soll er Anspruch auf eine "weitere Modernisierungsumlage" erhalten, wenn die Mieter von der Förderung finanziell profitieren.
Wie sieht es mit staatlicher Förderung aus?
Die Bundesregierung hat bereits Pläne für eine staatliche Förderung vorgelegt. Im Papier der Koalitionsspitzen heißt es nun, die Förderung werde aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert - einem Sondertopf - und solle "möglichst passgenau" die einzelnen Bedürfnislagen und soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft berücksichtigen. Aber: Die Details, etwa zur genauen Höhe der staatlichen Förderung, sind weiter offen.
Aktuell gebe es eine Förderung von bis zu 30 Prozent für alle Käufer von klimafreundlichen Heizungen und von 50 Prozent für die Bezieher unterer Einkommen, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge bei der Präsentation des Kompromisses am Dienstag. Dieses Programm solle so weit ausgeweitet werden, "dass es noch mehr in die Mitte der Gesellschaft hereinreicht und noch mehr unterschiedliche soziale Härten adressiert".
Von wem erfahre ich, welche Lösung für mich die beste ist?
Die Ampel-Koalition reagiert auch auf Warnungen von Klima- und Verbraucherschützern, dass auch der ausnahmsweise erlaubte Einbau von Gasheizungen sich für Verbraucher am Ende als Kostenfalle entpuppen könnte. Die Fraktionseinigung sieht nun vor, dass der Verkauf entsprechender Heizungen ab Januar 2024 nur mit Beratung (vor allem durch staatlich zertifizierte Energieberater) mit Blick auf eine mögliche Unwirtschaftlichkeit erlaubt ist.
Außerdem soll es "Aufklärungskampagnen über CO2-Bepreisung und Klimaschutzgesetz geben". Wegen der Ausweitung des Emissionshandels auf den Gebäudebereich dürften die Preise für fossile Brennstoffe in den kommenden Jahren merklich ansteigen.
Welche Fristen sieht das bisherige Gebäudeenergiegesetz vor?
Bislang sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor, dass ab 2026 keine reine Ölheizung mehr verbaut werden darf. Dann greift ein Ölheizungsverbot. Seit 2022 gibt es auch keine Fördergelder mehr für reine Öl- und Gasheizungen.
Es gibt aber eine Ausnahme: Wenn im Gebäude aus technischen Gründen keine andere Wärmeerzeugung als Öl möglich ist, darf auch nach 2026 eine reine Ölheizung eingebaut werden. Das gilt beispielsweise für Gebäude, bei denen kein Gas- oder Fernwärmenetz vorhanden ist und keine erneuerbaren Energien anteilig eingebunden werden können.
In Kombination mit erneuerbaren Energien sind Öl-Hybridheizungen auch nach 2026 noch erlaubt. Auch Gasheizungen sollen nach bisherigem Gesetz weiterhin erlaubt bleiben.
Als endgültiges Ziel wurde ausgerufen, bis 2045 alle fossilen Heizungen abzuschalten, um eine Klimaneutralität zu erreichen.
Welche Austauschpflichten gibt es bislang in Deutschland?
Dem nach wie vor geltenden GEG aus dem Jahr 2020 zufolge müssen veraltete und ineffiziente Öl- und Gasheizungen durch energiesparendere Heizungen ausgetauscht werden, wenn sie über mehr als 30 Jahre alte Konstanttemperaturkessel verfügen. Diese heizen besonders ineffizient und verbrauchen deutlich mehr Energie als nötig, warnen Verbraucherschützer.
Nicht alle Hausbesitzer müssen ihre Heizung nach 30 Jahren tauschen. So sind jene Verbraucher ausgeschlossen, die ein Ein- oder Zweifamilienhaus bereits seit dem 1. Februar 2002 als Eigentümer selbst bewohnen. Zum Tausch verpflichtet sind jene, die das Eigentum durch Kauf, Schenkung oder Erbe übernehmen. Für die Erfüllung dieser Pflicht haben sie dabei zwei Jahre Zeit.
Falls das Haus oder die Wohnung vor dem 1. Februar 2002 erworben wurde, kann die alte Ölheizung bleiben.
Wo kann ich nachschauen, wie alt meine Heizung ist?
Das Alter beziehungsweise das Herstellungsjahr einer Heizung steht auf dem Typenschild der Heizung. Falls das Typenschild inzwischen unlesbar ist, kann man im Schornsteinfegerprotokoll, in alten Bauunterlagen oder Rechnungen nachsehen.
Redaktioneller Hinweis: Dieser Beitrag wurde bereits im Juni veröffentlicht.
Sendung: rbb24 Abendschau, 08.09.23, 19:30