Interview | Starkregen - Wie können Großstädte vor Überflutungen geschützt werden?
Viele ländliche Regionen in Deutschland stehen gerade unter Wasser - in Städten hingegen treten Überflutungen eher nach starken Gewittern auf. Ein Gespräch mit dem Hydrologen Axel Bronstert von der Uni Potsdam über die Gefahren des Wassers.
rbb|24: Herr Bronstert, was ist das Gefährliche für Menschen bei Starkregenereignissen?
Prof. Dr. Axel Bronstert: Im Gegensatz zu den in Anführungszeichen normalen Hochwassern an den großen Flüssen, die wir momentan in Mitteldeutschland und Nordwestdeutschland in den Medien sehen, entstehen durch Starkregen verursachte Hochwasser dann, wenn Sie ganz starke, kurzfristige, meistens lokale Niederschläge haben, vereinfacht gesagt Gewitter. Diese sind von der Lokalisation und auch von dem Eintreten, also wann sie eintreten, nur ungenau vorhersagbar.
Wenn diese Art von "Spezial-Hochwasser" auftreten, dann weiß man nicht genau, wo und wann. Und dann kann man auch keine Vorwarnung machen, also jedenfalls keine sehr genaue, und die Menschen können sich darauf kaum vorbereiten. Und dann kann das sehr überraschend kommen, wenn das Haus ungünstig liegt oder die Menschen sich zur falschen Zeit am falschen Platz befinden.
Kann man sich in Städten darüber informieren, ob das eigene Haus möglicherweise in einer Senke liegt oder Ähnliches, was man ja nicht unbedingt merkt?
Das ist eigentlich die entscheidende Frage. Das wird einem auch nicht mitgeteilt, wenn man ein Haus kauft oder mietet. Und man sieht es auch nicht, jedenfalls nicht in unseren Regionen, wo wir keine eingeschnittenen Täler haben in den Städten. Es gibt aber Analysen in den Städten, noch nicht lange, muss man sagen. Und diese Karten liegen teilweise vor, teilweise nicht - auch für Berlin und für die gesamten nördlichen Bundesländer.
In Deutschland sind wir da eigentlich relativ vorne dran. Das ist noch aktuelles Forschungsgebiet, aber sie können sich in Berlin zum Beispiel nicht frei dazu informieren. Noch nicht, aber da tut sich anscheinend was. Die Karten liegen also zumindest testweise vor, aber der Datenschutz hat da Bedenken.
Datenschutzbedenken, wenn ich einfach nur wissen will, wie tief liegt der Keller von meinem Haus? Müsste man das ändern und einsehbar machen?
Ich denke schon. Eigentlich denken das alle Fachleute, aber was die Fachleute denken, und welche Interessen da vielleicht noch dahinterstehen, ist nicht immer identisch. Ich habe vor Kurzem gehört, dass politisch etwas getan wird. Da hoffen wir mal, dass das auch so kommt in diesem Jahr.
Sie haben von Starkregen und Wasser gesprochen, was dann nicht im Boden versickern kann, sondern sich in U-Bahn-Schächten oder auch in Unterführungen sammelt. Städte versuchen zur Schwammstadt zu werden, also Wasser nicht wegzuleiten, sondern aufzunehmen und zu speichern. Gerade wenn man es in den trockeneren Zeiten braucht. Passiert da genug?
Gerade Berlin ist da vorn dran oder versucht seit einiger Zeit, Vieles zu tun. Man muss sich trotzdem bewusst sein, dass diese Versuche oder diese Art das Wasser zu speichern, begrenzt ist. Es fällt wirklich wahnsinnig viel Regen. Das kann man nicht mit irgendwelchen Eimern auffangen, auch nicht mit großen Rückhaltebecken, jedenfalls nicht so viel, als dass dann irgendwelche Senken nicht mehr volllaufen würden.
Gleichwohl ist es durchaus ein richtiges Konzept, möglichst viel Wasser im Gelände oder im Gebiet zu lassen. Ein Teil wird natürlich, je stärker der Niederschlag ist, immer noch abfließen. Das ist auch durchaus gewollt. Man kann ja nicht das gesamte Gewitter in der Stadt halten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Angela Ulrich für rbb24 Inforadio. Es handelt sich um eine redigierte Fassung.
Sendung: rbb24 Inforadio, 05.01.2024, 7:25 Uhr