Tödlicher Schuss am Grenzübergang - Ex-Stasi-Mitarbeiter bestreitet mutmaßlichen Mord vor 50 Jahren

Do 14.03.24 | 10:59 Uhr
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Archivbild: S-Bahnhof Friedrichstraße DDR, Berlin. S-Bahnbrücke über die Spree, am Schiffbauerdamm, von der Weidendammbrücke aus gesehen. (Quelle: imago images/Zöllner)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 14.03.2024 | Norbert Siegmund | Bild: imago images/Zöllner

Im März 1974 soll ein damaliger Stasi-Offizier einen Mann erschossen haben, der seine Ausreise aus Ost- nach West-Berlin erzwingen wollte. Am Donnerstag begann am Berliner Landgericht der Prozess gegen den Angeklagten - fast 50 Jahre nach der Tat.

Unter großem öffentlichen Interesse hat am Berliner Landgericht der Mordprozess gegen einen Ex-Stasi-Mitarbeiter wegen der Tötung eines Polens am DDR-Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße begonnen. Die Anklage wirft dem inzwischen 80 Jahre alten Leipziger vor, dem 38 Jahre alten Opfer Czesław Kukuczka am 29. März 1974 aus zwei Metern Entfernung gezielt von hinten in den Rücken geschossen zu haben.

Der Angeklagte soll zur Tatzeit einer Operativgruppe des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit angehört haben und mit der so genannten "Unschädlichmachung" Kukuczkas beauftragt worden sein. Dieser soll versucht haben, über die Grenzübergangsstelle Friedrichstraße die Ausreise nach West-Berlin zu erzwingen.

Der Angeklagte schweigt im Prozess vor dem Landgericht Berlin. Seine Verteidigerin erklärte zum Prozessauftakt am Donnerstag, ihr Mandant bestreite den Tatvorwurf.

Bis es zur Anklage kam, vergingen Jahrzehnte. Erst im vergangenen Jahr sah die Behörde eine Chance, den Fall vor Gericht zu bringen.

Mann soll mit Bombe gedroht haben

Czesław Kukuczka soll am 29. März 1974 in der polnischen Botschaft in Ost-Berlin mit einer Bombe gedroht haben, falls man ihn nicht ungehindert nach West-Berlin lasse. Der angeklagte Stasi-Offizier habe den Polen schließlich in den Tunneln des Grenzübergangs vom Bahnhof Friedrichsstraße erschossen, so die Staatsanwaltschaft.

Nach der Vereinigung Deutschlands fanden die Ermittler zwar den Namen des erschossenen Polen heraus, seinen Obduktionsbericht und die Stasi-Unterlagen der DDR und aus Polen, doch ein Täter war nie gefunden worden.

Zeuginnen geladen, die damals auf Klassenfahrt waren

Zwei zur Tatzeit minderjährige Schülerinnen aus Hessen, die am Tattag auf der Rückreise von einer Klassenfahrt nach Ost-Berlin waren, sollen als Zeuginnen aussagen.

Neue Erkenntnisse aus der Stasi-Unterlagenbehörde, so heißt es aus Justizkreisen, sollen jetzt unter Umständen eine große Rolle spielen, um den vorgeworfenen Mord vielleicht fast 50 Jahre nach der Tat verurteilten zu können. Zunächst ging die Behörde nach Angaben eines Sprechers jedoch von einem Totschlag aus. In diesem Fall wäre die Tat verjährt gewesen. Inzwischen sieht die Staatsanwaltschaft jedoch das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. Ein Argument könnte sein, dass das Opfer ohne jede Möglichkeit sich zu wehren oder etwas zu ahnen von hinten erschossen wurde und die Erschießung ganz bewusst geplant war.

Zwei von Kukuczkas Kindern - ein Sohn und eine Tochter - treten im Verfahren als Nebenkläger auf. Sieben Prozesstage sind bis Ende Mai geplant. Wegen seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung wird der Prozess aufgezeichnet. Die Tonaufnahmen werden dem Landesarchiv zur Verfügung gestellt. Den Auftakt des Verfahrens verfolgten auch zwei Staatsanwälte aus Polen sowie ein Historiker, der an der Aufarbeitung des Falles beteiligt war.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 14.03.24, 19:30 Uhr

125 Kommentare

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  1. 125.

    Tut mir leid, ich finde nichts, was Ihre steile These stützt. geben Sie doch mal eine Quelle für Ihre Behauptung an.

  2. 124.

    Das ist keine Info. Das ist erwiesen. Ich will jetzt nicht endlos ausholen und am Thema vorbei schreiben: Forrest Gump John Lennon mit Tom Hanks auf einem Bild. So geht das.

  3. 123.

    Die Frage der Anwendbarkeit der Radbruchschen Formel muss in diesem Fall überhaupt nicht geklärt werden (und der BGH hat sie bereits rechtskräftig geklärt), weil hier der im Widerspruch zum Menschenrecht stehende Unrechtsparagraph der vorauseilenden Tötung § 27 Abs. 2 Grenzgesetz überhaupt nicht greift.
    Der Täter kann sich NUR UND AUSCHLIEßLICH NUR auf einen finalen Rettungsschuss oder Notwehr berufen. Notwehr durch Tötung von Hinten ist eigentlich nicht erklärbar. Ein finaler Rettungschuß ist von hinten möglich, allerdings fehlen dazu sowohl in den Unterlagen als auch bei den Zeugenaussagen die notwendigen Hinweise einer abzuwendenden Gefahr für Mensch und Leben.
    Bzw. umgedreht muss das Gericht aufgrund von Beweisen der Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kommen, dass die Tat geplant (z.B: beauftragt wurde) war.

  4. 122.

    Das Dokument wurde gleich am ersten Prozesstag im Gerichtssaal an die Wand projiziert, auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Können Sie in der Presse nachlesen, entweder bei spiegel.de oder sueddeutsche.de. Aber mir ist klar, dass das sowieso nichts an Ihrer Meinung ändern wird, also können Sie natürlich auch gerne auf den Versuch verzichten. Angenehmes Wochenende

  5. 121.

    Warum sollte irgendjemand versuchen wertvolle zeithistorische Unterlagen zu fälschen, außer denen die an einer vernünftigen Aufarbeitung nicht interessiert sind.
    Der Angeklagte hat ja Rechte und Fälschungen in der Neuzeit lassen sich von Forensikern auch als solche entlarven. Es liegen immerhin schon 50 Jahre dazwischen. Auch müssen Fälschungen in sich valide sein, also zu dem System MfS, seiner Datenhaltung, der Redundanz, Prozessabläufe, Befehlsstruktur etc. passen. Zu beauftragende Spezialisten und die werden sowieso vom Gericht hinzugezogen werden müssen, kriegen sowas raus.
    Außerdem war das nur eine Theorie meinerseits, denn an den Aussagen und der Menge an Zeitzeugen, kann sich ja vermutlich nichts geändert haben. Allerdings können inzwischen auch Whistleblower aus den eigenen Reihen hinzugekommen sein.

  6. 120.

    "... An die Grenze kamen nur 110%ig Staatstreue ohne Westkontakte und wahrscheinlich auch nur SED-Genossen. ..."
    Widerspruch! Bitte noch einmal recherchieren!

  7. 119.

    "sondern Stasi-Mitarbeiter, der den von Mielke persönlich unterschriebenen Auftrag bekam, den Mann bei Ausreise zu erschießen."
    Diesen Auftrag möchte ich gerne mal sehen!

  8. 117.
    Antwort auf [Kerstin Meyer] vom 15.03.2024 um 11:28

    "Man denke nur an das berühmte Panzerbild vom17. Juni, welches passend zusammen geschnitten wurde."

    Aha. Woher haben Sie denn diese "Info"?

  9. 116.

    Ich habe beschlossen, mal etwas Positives gegen den Trend des Kritisierens zu setzen und mich deswegen entschieden, mich bei den Foristen zu bedanken, deren Kommentare ich gut finde. Deswegen ein Dankeschön auch an Sie für Ihre Kommentare. Ich bin fast immer Ihrer Meinung.

  10. 115.

    Sollte der Angeklagte freigesprochen werden, dann hat der Rechtsstaat so entschieden und dann ist das auch zu akzeptieren. Aber dass man derart verbohrt überhaupt den Bedarf zur Strafverfolgung in diesem Fall abstreitet und alle anderen Ausflüchte bemüht, nur nicht um Unrecht als das zu bezeichnen was es ist, lässt mich sprachlos zurück. Das Grenzregime der DDR war verbrecherisch und Unrecht, Menschen mit Waffengewalt zu zwingen, im Land zu bleiben und Existenzen zu zerstören, wird nie vergessen

  11. 113.

    Was denn für eine "Siegerwillkür West"??? Ich wusste gar nicht, daß die DDR mit der BRD im Krieg war!?

  12. 112.

    Sie irren sich. Artikel 13 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

    https://www.humanrights.ch/de/ipf/grundlagen/rechtsquellen-instrumente/aemr/artikel-13-aemr-freizuegigkeit-auswanderungsfreiheit

  13. 111.

    Achso, weil Sie in einem anderen Fall Unregelmäßigkeiten festgestellt haben, kann hier nicht sein was nicht sein darf, verstehe. Um welchem Fall handelt es sich denn und kann man das nachprüfen?

    Abgesehen davon war der mutmaßliche Schütze kein einfacher Wehrdienstleistender, sondern Stasi-Mitarbeiter, der den von Mielke persönlich unterschriebenen Auftrag bekam, den Mann bei Ausreise zu erschießen. Das ist aktenkundig - aber natürlich sicher im Nachhinein von der BRD gefälscht, bestimmt!

  14. 110.

    "Das mit den neu gefundenen Unterlagen glaube ich nicht.............es wurden von staatlicher Seite der BRD nach dem Mauerfall Unterlagen verändert und verfälscht" ===> Also ich vermute, es gab auch gar keine Mauer!

  15. 109.

    Das klingt interessant. Ob das allerdings "von staatlicher Seite" der BRD kam oder nur von übereifrigen Historikern oder Mitarbeitern, lassen war mal offen.
    Allerdings würde es mich nicht wundern, denn im Kalten Krieg hat wohl jedes System Interesse daran, einem anderen eins auszuwischen.

  16. 108.

    Leute wie Gysi, Diestel, o.a., hätten möglicherweise oder sicher andere Argumente, Begründungen, Darstellungen, als ein westlich geschulter Jurist.

  17. 107.

    "Die Gesetze der DDR wurden von der Volkskammer beschlossen" ===> Sie haben noch "einstimmig" vergessen, um die 100-prozentige Legitimation zu beweisen.
    Des weiteren:
    "Es gibt kein Menschenrecht auf Freizügigkeit". ===> Zur Wissenserweiterung: Es gibt eine "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10.12.48, der einen Artikel 13 mit genau diesem Menschenrecht enthält.

  18. 106.

    Das mit den neu gefundenen Unterlagen glaube ich nicht. Denn ich habe bei einigen Recherchen( zu einer anderen Person) im Nachhinein angepasste Veränderungen in genau schon vorhandenen Unterlagen feststellen müssen. Das heisst, es wurden von staatlicher Seite der BRD nach dem Mauerfall Unterlagen verändert und verfälscht. Langsam kommen diese auch ans Licht. Der Westen hat seinen Bürgern in den Medien auch häufig Unwahrheiten über den Osten vermittelt. Man denke nur an das berühmte Panzerbild vom17. Juni, welches passend zusammen geschnitten wurde.

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