Besonders hohe Sicherheitsstufe - Warum der Schutz von Joe Biden Berlin lahmlegt

Do 17.10.24 | 16:19 Uhr
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Archivbild:17.10.2024, Berlin: Menschen steigen am S-Bahnhof Friedrichstraße in die S-Bahn.(Quelle:dpa/F.Sommer)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 17.10.2024 | Laurence Thio | Bild: dpa/F.Sommer

Für besonders hochrangige Politiker gilt eine entsprechend hohe Sicherheitsstufe, wenn sie Berlin besuchen - so auch für den scheidenden US-Präsidenten Biden. Die Sicherheitsvorkehrungen für seinen Besuch ab Donnerstag haben weitreichende Auswirkungen auf die Stadt.

US-Präsident Joe Bilden besucht in dieser Woche Berlin. Um seine Sicherheit zu gewährleisten, treffen die Behörden in der Hauptstadt besondere Vorkehrungen, die auch für die Bürger zu spüren sein werden: beispielweise durch Straßensperrungen oder Ausfälle im öffentlichen Nahverkehr.

Insbesondere das Regierungsviertel und der Ort, an dem der US-Präsident Joe Biden übernachten wird, unterliegen einer besonders hohen Sicherheitsstufe und sind Sperrgebiete während des Staatsbesuchs. Aber auch auf den Routen, auf denen er durch die Stadt fährt, wird es Einschränkungen geben.

BKA nimmt individuelle Bewertungen vor

Für sehr hochrangige Politiker gilt in der Regel die höchste Sicherheitsstufe 1 - wobei sich die Maßnahmen, die tatsächlich ergriffen werden, von Fall zu Fall unterscheiden können - alleine schon, weil das Besuchsprogramm unterschiedlich ist.

Zuständig für die Festlegung der Schutzmaßnahmen bei Staatsgästen ist das Bundeskriminalamt (BKA). Die Fachleute unterteilen die Gefährdung der Besucher normalerweise in drei Stufen. Zur ersten Sicherheitsstufe zählen Personen, die als erheblich gefährdet gelten und bei denen jederzeit mit einem Anschlag zu rechnen ist.

Das BKA teilte dem rbb anlässlich des Biden-Besuchs mit, die Sicherheitsmaßnahmen für gefährdete Personen basierten "auf einer ausführlichen Bewertung der individuellen Gefährdung". In Präsident Joe Bidens Fall dürfte es auch Anforderungen des Secret Services geben. Das BKA arbeitet nach eigenen Angaben "regelmäßig mit den ausländischen Sicherheitskräften von Staatsgästen zusammen". Der Grad der festgestellten Gefährdung bestimme dann die Intensität der Maßnahmen, schreibt das BKA.

Scharfschützen und versiegelte Gullis

Zu den Maßnahmen der Sicherheitsstufe 1 gehört die zeitweise Überwachung des für die meisten Flüge und Drohnen gesperrten Luftraums mit Hubschraubern, technische Geräte sollen Flug und Steuerung von Drohnen stören, auch werden Boote der Wasserschutzpolizei auf der Spree eingesetzt.

Im Sperrbereich des Hotels gelten Parkverbote, sogar für Fahrräder und Ausweiskontrollen, Menschen dürfen nur mit einem berechtigten Grund in das Gebiet - zum Beispiel wenn sie dort wohnen oder arbeiten und sie müssen sich mit Ausweisen legitimieren könne. Auch große Hausmülltonnen dürfen beispielsweise nicht auf die Straße gestellt werden. Versammlungen sind in diesem Bereich verboten.

Mitunter werden auch Gullideckel einzeln überprüft und versiegelt, Imbissbuden müssen je nach Lage schließen und werden ebenfalls versiegelt. Teilweise mussten Anwohner bei Staatsbesuchen in der Vergangenheit Fenster geschlossen halten und durften ihre Balkone nicht betreten, um Scharfschützen nicht zu irritieren - so beim Berlin-Besuch des damaligen Papstes Benedikt XVI. im September 2011.

Je nach Besuchsprogramm gab es auch schon umfassende Sprengstoff-Suchaktionen in Veranstaltungsräumen. Im Regelfall sind mehrere Tausend Polizisten im Einsatz, viele davon unterstützen aus anderen Bundesländern.

Unterbrechungen bei der S-Bahn

Für den Biden-Besuch - und vor einer Woche den von Wolodymyr Selenskyj - sei die ohnehin geltende höchste Sicherheitsstufe gewissermaßen auf die "allerhöchste" Stufe hochgesetzt worden, schreibt die "Berliner Zeitung" am Donnerstag. Eine ähnlich hohe Sicherheitsstufe wie bei Präsident Biden galt beispielsweise bei der Ukraine-Konferenz im Juni 2024, beim Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im November 2023 oder dem des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu im März desselben Jahres.

Daher kommt es nun voraussichtlich auch zu Unterbrechungen im S-Bahn-Verkehr auf Strecken, die in der Nähe des Kanzleramtes und dem Sitz des Bundespräsidenten vorbeiführen.

Bahnen und Busse betroffen

Schon für Donnerstagnachmittag kündigte die S-Bahn Ausfälle an. Der Verkehr auf einigen Strecken wird ausgedünnt, manche Züge müssen voraussichtlich zu bestimmten Zeiten in der Innenstadt langsamer fahren, das hängt von den Anweisungen der Polizei ab.

Auch bei den Regional- und Fernzügen gibt es Änderungen, weil Zugstrecken am Schloss Bellevue entlang verlaufen, wo Biden von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen wird. Betroffen sind voraussichtlich auch Busse und - wenn auch in geringerem Maße - U-Bahnen.

Genaue Informationen wollte die Polizei wegen der Gefährdungsstufe erst am Donnerstag – oder eventuell auch gar nicht - veröffentlichen.

S-Bahn im Notfall-Modus

Der Chef der Leitstelle Plus, Tobias Mertens, spricht von einer "absoluten Ausnahmesituation" [s-bahn.berlin] bei Staatsbesuchen. Zum Schutz vor Attentaten müssten in solchen Fällen immer wieder einzelne Streckenabschnitte gesperrt werden - welche, erfahre auch die S-Bahn selbst nur sehr kurzfristig. Daher werde zunächst auf einen Grundtakt umgestellt, "das heißt, dass auf allen Linien nur im 20-Minuten-Takt gefahren wird". Nicht zuletzt deshalb seien die Auswirkungen solcher Staatsbesuche dann oft in der ganzen Stadt zu spüren.

Bei hohen Staatsbesuchen werde die S-Bahn zudem kurzfristig immer wieder von der Bundespolizei aufgefordert "auf Sicht zu fahren" (Tempo so langsam, dass S-Bahn-Zugführer vor beispielsweise Hindernissen sicher anhalten kann – höchstens 40 Stundenkilometer) oder den Betrieb ganz einzustellen. Es sei eine große Herausforderung für das Unternehmen, so Mertens.

Die ausfallenden Fahrten stünden dann in den Fahrgastinformationen wie der App nicht mehr zur Verfügung. Daher informiere man grundsätzlich, dass es wegen eines Staatsbesuchs währenddessen kurzfristig zu Verspätungen und Ausfällen kommen könne.

Während des Berlin-Besuchs von US-Präsident Joe Biden am Donnerstag und Freitag kann es nach Angaben der Verkehrsinformationszentrale (VIZ) auf auf den Straßen zu "massiven Verkehrseinschränkungen" kommen. Besonders während der An- und Abreise von Biden sei mit Sperrungen und Staus zu rechnen - vor allem in Berlin-Mitte. Verkehrsteilnehmer sollten die genannten Bereiche meiden und möglichst weiträumig umfahren, hieß es von der Verkehrsinformationszentrale weiter.

Herbstferien-Beginn fällt mit Bidens Abflug zusammen

Am Freitagnachmittag soll der US-Präsident dann auf dem militärischen Teil des Flughafens BER wieder in seine Air Force One, eine Boeing 747, steigen.

An diesem Tag werden wegen des Ferienbeginns fast 100.000 Fluggäste am Hauptstadtflughafen erwartet. Inwiefern der Biden-Besuch die Situation am Flughafen selbst beeinflusst, ist derzeit noch unklar. Der normale Linienverkehr ist nicht vom Staatsbesuch betroffen.

Der Nahverkehr zum und vom Airport jedoch wird sicherlich zumindest temporär betroffen sein. BER-Flughafen Flughafen-Sprecherin Sabine Deckwerth empfiehlt Fluggästen, sich vor ihrem Abflug genau zu informieren, wie man am besten zum Flughafen kommt. Auch, weil es Baumaßnahmen auf den S-Bahnlinien S9 und S45 gebe.

Interessant: Als der damalige US-Präsident Barak Obama Berlin im November 2016 besuchte, gab es zwar weitreichende Sperrungen in der Stadt und auch der Luftraum war gesperrt. Doch im Nahverkehr gab es nur "einige Einschränkungen": Die U-Bahnlinie 55 zwischen dem Brandenburger Tor und dem Hauptbahnhof fuhr während des Besuchs nicht und bei der S-Bahn hielten die Nord-Süd-Linien nicht am Bahnhof Brandenburger Tor.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.10.2024, 15 Uhr

74 Kommentare

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  1. 74.

    Und Top leise, ist gestern zweimal über unser Haus geflogen.

  2. 73.

    >"hätte FaceTime oder Ähnliches vollkommen ausgereicht."
    Wenns vertraulich und abhörsicher sein soll, ist Facetime oder ähnliches nicht gerade angebracht. In der internationalen Diplomatie gehören persönliche Treffen und Gespräche zum guten Ton.

  3. 72.

    Mit solch ein Flugzeug möchte man doch gerne durch die Welt fliegen ;-) Innen Ausstattung Top u.gut gewartet und nicht wie unser Regierungsflieger. Au Backe.

  4. 70.

    hätte FaceTime oder Ähnliches vollkommen ausgereicht. Vor allem, da der neue Amtsinhaber,- in sicher auch bald wieder vorbei schauen will.

  5. 69.

    Die ganze Stadt? Wirklich? Hier ist Ruhe, das Fort Hahneberg steht wohl nicht auf dem Progarmm.

  6. 68.

    Au ja, vorher berichten was gesagt wird. Herrliche Vorstellung. Da kann man sich ja das gemeinsame Gespräch sparen, muss man nur die Presse lesen. Super. Bitte stellen Sie uns Ihre Glaskugel zur Verfügung, würde gerne wissen, wie der Spielbericht zum heutigen Fußballspiel ausschaut.

  7. 67.

    Der Schutz von hochrangigen Politikern ist eine Selbstverständlichkeit. Das man das hier stundenlang zerreden muss, liegt wahrscheinlich an den Foristi. Es wurden schon immer hochrangige Politiker geschützt, der Unterschied ist nur, heute verlagert sich der Stammtisch ins Netz und ist öffentlich einsehbar.

  8. 66.

    >"Haben denn Journalisten nicht auch die Pflicht, etwas darüber zu schreiben, was besprochen wird?"
    Kommt doch noch... die Gespräche fangen gerade erst an. Instant-Journalismus gabs in der Aktuellen Kamera. Da waren die Berichte schon fertig, ehe die Gespäche begonnen hatten ;-))

  9. 65.

    Komisch,dass es nur noch um Sicherheit geht, die überall bedroht zu sein scheint. Haben denn Journalisten nicht auch die Pflicht, etwas darüber zu schreiben, was besprochen wird?

  10. 64.

    Denken Sie mal an die Tötung des Hamas-Führers in Teheran und die damit verbundenen Konsequenzen. Das Gastrecht ist in der arabischen Welt heilig. Die Mullahs mussten Vergeltung üben, andernfalls wäre der Iran in der arabischen Welt als nicht mehr satisfaktionsfähig angesehen worden. Ich, als Bürger dieses Landes, möchte, daß alles erdenkliche unternommen wird, um einem Staatsgast, er mag mir gefallen oder auch nicht, der Aufenthalt in Deutschland, also auch in Berlin, so angenehm, wie nur irgend möglich gestaltet wird und dazu gehört nun auch mal die Sorge um die Sicherheit des betreffenden Staatsgastes. Auch das ist ,,Hohe Diplomatie".

  11. 63.

    Werte Staatsoberhäupter*innen und Spitzendiplomaten,

    damit keine Missverständnisse entstehen: Je nach Hintergrund & Zweck halte ich Staatsbesuche, so etwa auch diesen, für wichtig & richtig.

    Jedoch fände ich es sehr löblich, wenn Sie und Ihre Sicherheitskräfte zukünftig das Leben der sich am Treffpunkt des Abhaltens Ihrer Staatsbesuche lebenden & aufhaltenden Menschen respektieren würden.

    Mit Verlaub, zumindest aber darf von Ihnen erwartet werden, dass Sie oder Ihre Sicherheitskräfte jeweils im Voraus offen, verständlich und nachvollziehbar erklären, weshalb die Wahl des Austragungsortes mit deutlich weniger Auswirkungen auf das alltägliche Leben derjenigen außerhalb Ihrer Kaste oder Ihres Standes, etwa der zahlenmäßig wesentlich überlegenere Plebs, nicht auf Alternativen, wie etwa Schloss Meseberg oder auch ein still- und trockengelegter Übertagebau in der Lausitz, fiel.

    Ihnen einen herzlichen Dank.

    Hochachtungsvoll
    Ein Plebejer

  12. 62.

    Wie ich es wahrnehme: Die Bundespoliizei ist dabei nur die "Spitze des Eisbergs" eines Denkens, dass im Deutschen verhältnismäßig stärker vorhanden ist als vglw. woanders: Soweit noch irgendeine Möglichkeit offenkundig geworden ist, dass da jemand durchschlüpfen könnte, muss auch diese Möglichkeit noch verbaut werden.

    Deutsch zu sein heißt in diesem Sinne, auch noch den Eventualfall des Eventualfalles des Eventualfalles ausschließen zu wollen - was allerdings gänzlich unmöglich ist. Im Endergebnis führt das m. E. dazu, dass der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen wird.

    Der Grund für diese systematisch angelegte Hysterie liegt m. E. darin, dass bei einem tatsächlich vorkommenden Attentat noch vor einer empfundenen Bestürzung darüber unversehens die Schuldigen ausgemacht und an den Pranger gestellt werden. Diese Rolle will natürlich niemand einnehmen.

  13. 61.

    Dass die S-Bahn Anweisung bekommen hat, auf betreffenden Streckenabschnitten langsamer zu fahren, hat nichts mit dem betriebstechnischen Zustand "Fahren auf Sicht" zu tun, sondern ist eher wie ein Vorsichtsbefehl zu betrachten. Die Lokführer sollen langsamer fahren, um evtl. auftauchende Hindernisse rechtzeitig erkennen zu können. Z.B. Protestler auf den Gleisen oder ähnliches. Fahren auf Sicht darf nach EBO nur in Ausnahmesituationen erfolgen, wenn die Signaltechnik plötzlich gestört wurde und sich Züge noch auf der Strecke befinden. Diese können dann nach Anweisung auf Sicht langsam bis zum nächsten Bahnhof fahren. Hier handelt es sich aber nicht um eine Betriebsstörung im technischen Sinn, sondern um eine reine Vorsichtsmaßnahme.

  14. 60.

    Solche Besuche sollte man wirklich in Frage stellen und Kritik ist berechtigt. Weil Berlin Hauptstadt ist, muss son Selbstdarstellungszirkus nicht gutgeheissen werden.

  15. 58.

    Ich vermisse hier die Nettikette . Alle werden nur beschimpft, der Kanzler, Biden, andere Kommentatoren (obwohl ich das bei denen manchmal noch verstehen kann). Manche Kommentare sind so daneben, dass ich nicht verstehe warum sie veröffentlicht werden.

  16. 55.

    Daß Joe Biden und Selenski geschützt werden, sehe ich ein. Aber wenn für Netanjahu und Erdogan vorzeitig ein Nachfolger gewählt werden muß, wäre es gut für die Menschheit. Schließlich kann Berlin nichts dafür, daß sich letztere bei der Weltbevölkerung unbeliebt machten. Und der Sinn des Fahrens auf Sicht? Hat man Angst, daß sich der Staatsgast versehentlich verläuft und auf den Gleisen umher irrt? Oder befürchtet man, daß durch ein Attentat die Gleise beschädigt werden? Die Höchstgeschwindigkeit beim Fahren auf Sicht war früher, als ich gelernt habe, am Tag 50 km/h, in der Nacht 15 km/h und bei unsichtigem Wetter (Nebel) Schrittgeschwindigkeit, aber maximal so schnell, daß bei Hindernissen im Gleis angehalten werden kann. Hat sich das geändert oder hat der RBB einen Schreibfehler?

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