Linken-Fraktionschef gegen AfD - "Nazischwein"-Eklat im Brandenburger Landtag

Do 23.11.23 | 21:25 Uhr
Archivbild: Sebastian Walter, Fraktionsvorsitzender Die Linke Brandenburg. (Quelle: dpa/S. Stache)
Video: rbb|24 | 23.11.2023 | Material: Brandenburg aktuell | Bild: dpa/S. Stache

Der Brandenburger Linken-Fraktionschef Walter wird in einer Landtagsdebatte zum Thema Antisemitismus ungehalten und beleidigt die AfD-Abgeordneten. Die AfD will nun rechtliche Schritte einleiten.

In einer Debatte über den Kampf gegen Antisemitismus hat es am Donnerstag im Brandenburger Landtag einen Eklat gegeben. Der Linken-Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter rief: "Du triffst dich doch mit Antisemiten, du Nazischwein!" während einer Rede von AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt ins Plenum - an Landtagsvizepräsident Andreas Galau (AfD) gewandt - wie ein rbb-Reporter berichtet. Später bekannte er sich dazu, Berndt und Galau als Nazis bezeichnet zu haben.

Ordnungsruf für Linken-Abgeordneten

Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke verhängte einen Ordnungsruf gegen Walter, allerdings hatte sie den ursprünglichen Begriff "Nazischwein" nach eigenen Worten zunächst nicht gehört. Sie reagierte mit dem Ordnungsruf, als Walter später im Plenum sagte, er habe die AfD-Mitglieder "Nazis" genannt. Der Linksfraktionschef warf Berndt und Galau zudem Antisemitismus vor.

Galau forderte eine Sondersitzung des Präsidiums und sagte, er lasse eine Strafanzeige prüfen. Die AfD-Fraktion hatte während der Debatte gesagt, mit der Zuwanderung von Flüchtlingen werde Antisemitismus importiert. Die anderen Fraktionen hatten dies kritisiert.

Woidke: Dulden keine antisemitische Taten

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte den Jüdinnen und Juden im Land einen größtmöglichen Schutz vor Antisemitismus zu. "Wir dulden keine antisemitischen Taten. Wir dulden keine antisemitischen Äußerungen", sagte Woidke. "Wir lassen Hass und Hetze gegen Jüdinnen und Juden auf unseren Straßen oder andernorts nicht zu. Wir werden den Antisemitismus wirksam bekämpfen." Er räumte ein: "Fast 80 Jahre nach dem Holocaust ist der Antisemitismus hier bei uns und auch weltweit verbreitet."

Der Linke-Abgeordnete Andreas Büttner sorgte mit einer sehr emotionalen Rede für parteiübergreifenden Applaus. Er berichtete von einer Bekannten in Israel, die bei dem Angriff der Hamas am 7. Oktober ums Leben kam. "Jüdisches Leben in Deutschland ist in Gefahr", sagte Büttner. "Wir haben nicht genug getan. Die Bekämpfung des Antisemitismus ist ein dauerhaftes Problem."

CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagte an die jüdische Bevölkerung gerichtet: "Wir stehen zu Ihnen ohne Wenn und Aber, und wir müssen ihre Sicherheit mit aller Kraft durchsetzen." Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Budke betonte die Solidarität mit Israel und warnte den Bund vor der Kürzung von Mitteln für die Demokratieförderung. Der Abgeordnete Matthias Stefke von den Freien Wählern sagte, nun sei Zivilcourage gefragt. Die AfD-Fraktion warf der Landesregierung vor, Antisemitismus mit der Zuwanderung von Flüchtlingen zu importieren. Das wiesen andere Fraktionen zurück.

Brandenburg bekommt Antisemitismusbeauftragten

Unterdessen wurde in der Landtagssitzung beschlossen, dass es im Land künftig einen unabhängigen Antisemitismusbeauftragten geben wird. Mit großer Mehrheit wurde einem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf von SPD, CDU, Grünen, Linken und Freien Wählern zugestimmt. Er war bereits im Juni Thema im Plenum des Parlaments. Der oder die Antisemitismusbeauftragte soll institutionell beim Landtag angesiedelt werden.

In der Begründung für das neue Amt heißt es, Antisemitismus gefährde die Demokratie. Angesichts zunehmender antisemitischer Vorfälle bleibe die Bekämpfung des Judenhasses eine vordringliche und fortwährende Aufgabe. Wichtig sei auch, die Menschen im Land "noch stärker als bisher für antisemitische Tendenzen in der Gesellschaft zu sensibilisieren". Die Bekämpfung des Antisemitismus ist in Brandenburg seit dem vergangenen Jahr als Staatsziel in der Landesverfassung verankert.

Der oder die Beauftragte soll dem Gesetz zufolge auf Vorschlag der Fraktionen in geheimer Wahl vom Landtag bestimmt werden. Die Amtszeit soll sechs Jahre betragen. Vor der Wahl sollen Vertreter der jüdischen Gemeinschaften angehört werden. Die Staatsanwaltschaft soll dem Gesetz zufolge verpflichtet werden, quartalsweise über Strafverfahren, Klagen und Entscheidungen zum Thema Antisemitismus zu unterrichten.

Konkretisierung: In einer früheren Version des Textes hieß es, Sebastian Walter habe sowohl Hans-Christoph Berndt und Andreas Galau "Nazischwein" genannt. Konkret hat er sich dazu bekannt, beide als Nazis bezeichnet zu haben, die Beleidigung "Nazischwein" rief er aber in Richtung Galau.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.11.2023, 19:30 Uhr

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