"Juristische Bedenken" - Berliner Kulturverwaltung setzt Antidiskriminierungsklausel aus

Mo 22.01.24 | 15:25 Uhr
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Symbolbild: Joe Chialo (CDU), Berlins Kultursenator. (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Video: rbb24 Inforadio | 22.01.2024 | Bild: dpa/Britta Pedersen

Die Antidiskriminierungsklausel für den Berliner Kulturbetrieb wird nicht mehr angewendet, weil sie laut Senat nicht rechtssicher ist. Sie wurde erst im Dezember eingeführt und sollte Antisemitismus vorbeugen.

Die erst im Dezember von der Berliner Kultuverwaltung eingeführte Antidiskrminierungsklausel bei Fördermitteln wird ab sofort nicht mehr angewendet. An der Klausel gebe es juristische Bedenken, teilte die Verwaltung von Kultursenator Joe Chialo (CDU) am Montag mit. Das Ziel einer diskriminierungsfreien Kultur bleibe davon unberührt.

Maßnahme erst im Dezember eingeführt

Die Kulturverwaltung hatte Anfang Januar mitgeteilt, Empfänger von öffentlichen Fördergeldern mittels einer Klausel unter anderem zum Bekenntnis gegen Antisemitismus zu verpflichten. Grundlage dafür sollten eine Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) und ihre durch die Bundesregierung ergänzte Erweiterung sein. Kultursenator Chialo wollte damit nach eigenen Worten bewirken, dass mit öffentlichen Mitteln nicht rassistische, antisemitische, queerfeindliche oder anderweitig ausgrenzende Ausdrucksweisen gefördert werden. Laut Angaben der Kulturverwaltung von Montag war die Klausel schon vor rund einem Monat eingeführt worden.

Teile der Kulturszene und die Opposition hatten die Klausel und das Vorgehen des Kultursenators kritisiert.

Chialo möchte sich nach eigenen Angaben weiter für Diskriminierungsprävention in der Berliner Kulturlandschaft stark machen. "Ich werde mich weiter für die diskriminierungsfreie Entwicklung der Berliner Kultur einsetzen", sagte er, "ich muss aber die juristischen und kritischen Stimmen ernst nehmen, die in der eingeführten Klausel eine Beschränkung der Kunstfreiheit sahen".

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.01.2024, 15 Uhr

31 Kommentare

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  1. 31.

    Wenn die Stimme der rechtsextremen AfD von "hanebüchener Unfug!" schwadroniert kann man sich sicher sein, dass derjenige der damit diffamiert werden soll zu 100 % richtig lag. Ihre Hetze hier ist unerträglich.

  2. 29.

    Es war gerade das Anliegen der documenta 15, der indones. Gruppe ruangrupa weitestgehend freie Hand zu lassen und gerade nicht "unser" Verständnis von Kunst überzuhelfen. Darin ist dann auch ein unterschiedl. Zugang zu Demj. eingeschlossen, was als Diskriminierung empfinden wird o. nicht. Das meine ich keineswegs bagatellisierend.

    Das abgehängte Bild vom Friedrichsplatz kenne ich nicht, es war schon weg, als ich dort war. Das andere große Bild, dass BEI GENAUEM HINSCHAUEN Elemente der Diskriminierung enthält, würde ich differenzierter betrachten: Tenor des großen Wandbildes war das Wehren gegen Unterdrückung; im Zentrum des Bildes Suharto, der indon. Diktator, daran angelagert dann Bilder, Skizzen u. Symbole, die als Unterdrückung empfunden wurden - darunter dann eine Mossad-Figur mit Davidsstern.

    Ist der Panzerkreuzer-Potemkin-Film antisemitisch, weil die Figur des "Geldjuden" oben auf der Freitreppe von Odessa steht? Oder ist er nicht frei von Antisemitismus?

  3. 28.

    Wird sowas nicht im Vorfeld von Juristen auf Rechtssicherheit geprüft? Dann würde man sich eine derartige Blamage gleich ersparen.

  4. 27.

    Die Angelegenheit ist juristisch überhaupt nicht zu lösen, soweit die Realität darin besteht, dass Einschlägige zwar beleidigen und tatsächlich diskriminieren, Menschen in der Kunst aber genau dies zitieren (müssen), um Anstöße zu geben. Für den Behördenapparat ist aber Beides gleich, käme so ein Gesetz.

    Eine Analogie besteht zum seinerzeitigen und später dann wieder - wegen Unpraktikablität - außer Kraft gesetzten Gewaltbefürwortungsparagrafen der End-Siebziger: "Schriften, die geeignet sind ..."

  5. 26.
    Antwort auf [Denkanstoßender] vom 23.01.2024 um 03:43

    Überlegen sie bitte mal etwas weiter… was wäre wenn… hätte die Dokumenta die Unterschrift verweigert, hätte sie nicht stattgefunden… hätten sie die Unterschrift geleistet… was wäre mit dem Wandbild geschehen ? Muss dann alles was öffentlich gemacht werden soll erst einmal (wem auch immer) zur Freigabe vorgelegt werden ?
    Hätte es dieses Wandbild nie gegeben weil ?
    Und wenn sie sich an die Mohrenstraße erinnern… was der eine als diskriminierend ansieht ist für den anderen nicht so.

  6. 25.

    Ich gehe davon aus, dass man sich vorher schon entsprechend verhalten hat und man so die Klausel ruhig zeichnen kann, da sich ja für einen selbst gar nichts ändert. Nur wer sich nicht entsprechend verhält oder verhalten möchte, der protestiert natürlich gegen die Klausel.

  7. 24.

    Chialo meint: "ich muss aber die juristischen und kritischen Stimmen ernst nehmen, die in der eingeführten Klausel eine Beschränkung der Kunstfreiheit sahen"

    Das hätte er mal vor seiner par ordre du mufti verhängten Verpflichtungserklärung gegenüber Kunstschaffenden bedenken sollen. Nun muss er ganz offensichtlich zerknirscht die juristischen Bedenken zur Kenntnis nehmen und zurück rudern. In einem Beitrag der Abendschau von vor einigen Wochen versuchte Volker Wieprecht mit ihm zum Thema ins Gespräch zu kommen, aber Chialo bestand nahezu bockig darauf, dass seine Order: "Keine Unterschrift, keine Förderung" der Ausgangspunkt eines konstruktiven Austausches sein soll. Nichts gegen Führungsstärke, aber was Chialo hier abgeliefert hat, grenzt schon deutlich an Arroganz eines Mächtigen.

  8. 23.

    Typisch Politiker: statt vorher nachzudenken und sich abzusichern wie immer Schnellschussentscheidungen, um dann wieder alles zurückzunehmen. Einfach nur amateurhaft und schlampige Arbeitsweise. Auch dieser Politiker ist unfähig.

  9. 22.

    Wie lautet denn die Antidiskriminierungsklausel? Kann man diese irgendwo nachlesen?

  10. 21.

    Chialo hat natürlich ins Wespennest, den berechtigten Streit darüber ob die IHRA oder die JDA Auslegung anzuwenden sei, gestochen.
    Es ist übrigens der derselbe Streit darüber, den wir alle bei passender Gelegenheit führen, zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus.
    Eigentlich hätte er es besser wissen müssen, gerade und insbesondere bei Künstlern.

  11. 20.

    Was für ein hanebüchener Unfug! Wer die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen will, hat einzig und alleine die hier herrschenden humanistischen und demokratischen Werte zu akzeptieren. Wo da eine Diskriminierung stattfinden soll, wissen wohl nur Sie, der überall strukturellen Rassismus und Benachteiligung wittert, wo gar keine/r ist.

  12. 19.

    Ja, Blut-und-Boden-Ideologie im Wahlkampf zu betreiben oder die rechtsextremen Parolen eines Merz in Schutz nehmend, über angeblichen Sozialmissbrauch durch Geflüchtete, nach Silvester kein Problem mit Sippenahft zeigend - Chialo glänzt nur mit Süßholzraspeln, nicht mit politisch integeren Handlungen. Aber Andere sollen sich dann möglichst diskrimnierungsfrei zeigen. Was man selbst nicht kann, sollen Andere bewerkstelligen.

    Auf Bundesebene, unter anderen Parteien, ist es aber ähnlich: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen möchte, möge doch bitte Rassismus, Sexismus, Antisemitismus ablegen. Auch dort nur Doppelstandards und Selbstentlastung. So wird eine Staatsbürgerschaft unter Vorbehalt, nur von oben herab gewährt, nicht auf Augenhöhe verdient. Die Diskrimnierungen, die von Menschen ausgehen, die bereits Staatsbürger*innen sind? Egal. So funktioniert Antidiskrimnierung nicht, auf keiner Ebene der Politik. Sie ist keine Wahlkampfparole, sondern Verfassungsgrundsatz.

  13. 17.

    Muss die Frage nicht eher lauten, was versemmeln die Berliner Senate aller Coleur nicht? Auch die vorherigen Senate haben so einiges versemmelt um höflich zu bleiben!

  14. 16.

    Ist schon eine Frechheit von den Bürgern, sich nicht für alle neuen/veränderten Verordnungen bei der Regierung zu bedanken.

  15. 14.

    Mir ust nicht ganz begreiflich, dass es da eine Rechtsunsicherheit geben könnte. Es sollte doch wohl selbstverständlich sein, dass Steuergeld nicht an Extremisten gezahlt werden darf.

  16. 13.

    Besucht der Senator eigentlich mal das Anti Kriegs Museum (U Ameruner Straße) im Wedding als Alternative zum Besuch bei der Bundeswehr?

    Mit Video in der Abendschau bitte.


  17. 12.

    Das Komplettversagen hat einen Namen. Oliver Friederici. Kennt man von dem.

    "Friederici überraschte mit einem Statement zur Wahl des Bundespräsidenten 2022 auf Facebook: „Die Frank-Minus-Walter-Wahl“ interessiere ihn überhaupt nicht, das sei auch jenen gesagt, „die sich so über die Minus-Wahl freuen oder sich noch geehrt fühlen“. Es sei keine Ehre und „nicht mein Präsident. Basta!“ Die Berliner CDU distanzierte sich von Friederici."

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