Standortsuche in Berlin - Studie hält Windräder im Grunewald oder am Müggelsee für möglich

Di 09.01.24 | 13:16 Uhr | Von Jan Menzel
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Symbolbild:Zwei Personen geniessen die Aussicht vom Teufelsberg auf den Grunewald und die Berliner Skyline.(QUelle:picture alliance/Schoening)
Video: rbb24 Abendschau | 09.01.2024 | Bild: picture alliance/Schoening

Berlin ist Schlusslicht bei der Windenergie, der Bund hat den Ländern aber konkrete Ziele vorgegeben. Der Senat hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Sie zeigt, dass Wälder kein Tabu sind und Berlin wohl die Hilfe anderer Bundesländer braucht. Von Jan Menzel

Während sich in Hamburg und Bremen schon Dutzende von Windrädern drehen, kommt die Hauptstadt gerade mal auf sechs solcher Anlagen. An mangelndem Wind liegt es jedenfalls nicht. Der weht auch in Berlin überall ausreichend, stellen die Autoren der Potenzialanalyse fest. Der Senat hatte sie vor über einem Jahr in Auftrag gegeben. Nun liegt sie vor, und damit könnte Bewegung in die Debatte kommen. Hatten verschiedene Senate doch die Windenergie jahrzehntelang stiefmütterlich behandelt und stets auf den Nachbarn Brandenburg gezeigt.

Die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts und der Beratungsfirma Bosch & Partner haben dazu eine mehrere hundert Seiten starke Analyse abgeliefert. "Wir haben das auf zehn Quadratmeter genau gemacht und haben insgesamt 4.300 Quadratmeter in Berlin untersucht. Welche Nutzungskonflikte, welche Gegensätze, welche Herausforderungen stellen sich da für die Windenergienutzung", beschreibt Wirtschaftsstaatssekretär Severin Fischer (SPD) die Aufgabe.

Studie listet 32 mögliche Standorte auf

Jede theoretisch mögliche Fläche hat dabei einen Steckbrief bekommen. Interessenskonflikte sind detailliert aufgeführt. Mal sind es Vogelarten, die dort leben und brüten. In anderen Arealen ist es die Nähe zu Landschaftsschutzgebieten, Wohnhäusern oder Flächen, die eigentlich für Industrie und Gewerbe reserviert sind. Kommt nun die Windkraft dazu, sind Kompromisse nötig, macht Fischer deutlich. "Windkraft und Wald schließt sich nicht komplett aus. Genauso gibt es auch andere Nutzungen, die wir mit der Windkraft kombinieren können."

So finden sich in der Studie 32 theoretisch denkbare Standorte für einzelne Windräder. Sowohl ganz große mit einer Gesamthöhe von 230 Metern fallen darunter, als auch etwas kleinere bis 150 Meter Höhe. Die meisten liegen in Industrie- und Gewerbegebieten, an Kraftwerksstandorten wie Reuter und Klingenberg, an der Gradestraße oder in Johannisthal. Auch hier sind Windräder, wenn sie denn tatsächlich gebaut werden, nicht zwingend Selbstläufer. Doch noch auf deutlich mehr Vorbehalte dürfte stoßen, dass die Studienautoren auch kleine Areale im Grunewald und unweit des Müggelsees für theoretisch geeignet halten, um dort mehrere Windkraftanlagen zu errichten.

Größte Potentiale in Gatow und Buch

Wirtschaftsstaatssekretär Fischer betont aber: "Der ganz überwiegende Teil des Grunewalds und des Berliner Waldes insgesamt ist durch das Berliner Waldgesetz geschützt." Doch zumindest einige kleine Bereiche des Grunewalds und auch einen kleinen Zipfel an der Landesgrenze zu Brandenburg unweit des Müggelsees stufen die Studienautoren als Potenzial mit der Priorität 1 ein.

"Dort wo beispielsweise nur dünne Bepflanzung ist, da ist es durchaus denkbar, diese Flächen zu nutzen", so Fischer. Auch die Ränder des Grunewalds etwa an der Avus sind Bereiche, in denen eine "gute Kooperation von Wald und Windkraft" gelingen könnte, wie Fischer formuliert.

Die Untersuchung zeigt auch, dass die größten Flächenpotenziale für Windenergie in Gatow ganz im Westen und vor allem im Norden Pankows in Buch und Blankenfelde verortet werden können. Wobei längst noch nicht klar ist, ob Berlin damit die Wind-Energie-Vorgaben erreicht. 0,5 Prozent der Landesfläche muss die Stadt für Windnutzung ausweisen. Das sind rund 450 Hektar, was und entspricht in etwa der Größe des ehemaligen Flughafens Tegel entspricht.

Bis Ende Mai muss entschieden werden

Ob das angesichts der diversen Interessenskollisionen gelingt, ist fraglich. Die Autoren der Potenzialanalyse sehen lediglich 330 Hektar, auf denen der Konfliktrisikowert mit anderen Nutzungsinteressen im moderaten Bereich liegt. "Wir wissen es noch nicht so genau", räumt Wirtschaftsstaatssekretär Fischer auf die Frage ein, ob Berlin es schaffen wird, 0,5 Prozent seiner Landesfläche für Windenergie zu öffnen.

Dem Senat bleibt aber eine Hintertür. Berlin kann sich Kompensationsflächen in anderen Bundesländern sichern. Das sehen die Vorgaben des Bundes ausdrücklich vor. Spätestens bis Ende Mai muss die Windplanung der Hauptstadt aber fertig und damit auch das 0,5-Prozent-Ziel mit konkreten Flächen unterlegt sein. Entscheidungen über den Bau von Anlagen an bestimmten Standorten sind damit noch nicht getroffen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.01.2024, 13:20 Uhr

 

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Beitrag von Jan Menzel

103 Kommentare

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  1. 103.

    Selbst die offenkundigsten Umstände - hier eben die massivsten Subventionen gleich zur seinerzeitigen Einführung der Atomenergie - werden heutzutage mit PR-Vokabular wegdefiniert. George Orwell wäre aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. ;-

  2. 102.

    Ich habe die Quellen genannt. Recherchieren können Sie mit Hilfe bekannter Suchmaschinen selbst.

  3. 101.

    Und dann noch was zum Thema indirekte Subventionierung von Braunkohle für Sie:

    https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3572.pdf

    Ist jetzt vielleicht ein bisschen viel für Sie aber lesen Sie sich gerne mal ein.

    Einen schönen Feierabend wünsche ich.

  4. 100.

    Und natürlich kostet die Transformation erstmal Geld. Aber diese Kosten wurden seit Einführung des EEG stark reduziert und sie werden dazu führen, dass folgende Generationen davon profitieren. Dafür muss der Planet aber nicht vergewaltigt werden, wie er es für Kohle- und Atomenergie wird.

    Darüber hinaus gibt es eine Fülle an klimaschädlichen Subventionen, ein Großteil davon im Verkehrssektor. Nur so hat man DL überhaupt zu einem Autoland gemacht. Nur ein Beispiel: Die Pflege eines Parkplatzes im öffentlichen Raum kostet tausende Euros im Jahr. Was zahlen Menschen für Anwohnerparken? Teilweise unter 20 Euro. Im Jahr. Wer kommt für die verbleibenden Euros auf? Richtig - alle. Nicht nur Menschen mit Auto. Es gibt unzählige Beispiele.

    Also, Maik: Quellenauswahl diversifizieren - Fakten richtig einordnen - Emotionen hintenanstellen

  5. 99.

    Äh wie bitte?

    "Subvention" wird möglicherweise nicht immer "Subvention" genannt. Dann halt Steuervergünstigung oder sonst wie.

    Schauen Sie mal hier (https://www.bundestag.de/resource/blob/877586/4e4dce913c3d883a81adcf2697313c7d/WD-5-090-21-pdf-data.pdf) oder googlen Sie selbst - es gibt genug Quellen, die meine Behauotungen belegen.

    Bei Ihrer Quelle hingegen fällt direkt auf, dass die NEA (Nuclear Energy Agency) mitgewirkt hat.

    Und Sie sagen, dass "lediglich" die Steinkohle subventioniert wurde. Ist das etwa keine Kohle? :D Ich hatte nicht unterschieden zwischen Stein- und Braunkohle.

    Und dann noch, wie bereits erwähnt, die Folgekosten, welche Sie und ich übernehmen werden. Ein Schelm, wer das Subvention nennt, nicht wahr?

    Zu guter Letzt empfehle ich Ihnen diese Ausarbeitung des Bundestages aus dem Jahre 2021. Schauen Sie sich den Kostenvergleich an: https://www.bundestag.de/resource/blob/887090/1867659c1d4edcc0e32cb093ab073767/WD-5-005-22-pdf-data.pdf

    VG

  6. 98.

    »Windstrom ist heutzutage der günstigste Strom. Eine kleine Recherche lohnt sich.«

    Dann suchen Sie doch mal nach »Projected Costs of Generating Electricity 2020«, das ist von der IEA, also der internationalen Energieagentur. Und deren Zahlen widersprechen Ihnen.

    »Und dann nochmal kurz über die Milliardensubventionen und Folgekosten von Kohle und Atom und schon müssten Sie ihre Aussage korrigieren. Aber das wollen Sie vermutlich nicht hören.«

    Kernenergie wurde in Deutschland nie subventioniert (siehe Drucksache 14/8084 des Deutschen Bundestages, S. 16, Antwort). Bei der Kohle gab es lediglich Subventionen für die heimische Förderung der Steinkohle, insbesondere weil die SPD die Jobs retten wollte. Die Braunkohle wurde nie subventioniert.

    Im Gegensatz dazu summiert sich die kumulierte EEG-Umlage auf hunderte Milliarden Euro (siehe Monitoringberichte der Bundesnetzagentur, jeweils im Unterkapital "Umlagen").

  7. 97.

    Windstrom ist heutzutage der günstigste Strom. Eine kleine Recherche lohnt sich. Und dann nochmal kurz über die Milliardensubventionen und Folgekosten von Kohle und Atom und schon müssten Sie ihre Aussage korrigieren. Aber das wollen Sie vermutlich nicht hören.

  8. 96.

    Dachte ich mir doch: Bäume werden im Herbst gepflanzt und nicht im Winter bei Bodenfrost und gefrierendem Gießwasser. Danke.

  9. 95.

    Absolut berechtigt, Ihre Kritik. Den Personenkreis nennt man „Nimbys“ - not in my backyard.
    Ich finde die Windräder auch nicht so schön, aber wer das eine will, muss halt mit dem anderen leben. Man gewöhnt sich dran.
    Und warum soll die Metropole eine Ausnahme machen, wo hier so viel Strom gebraucht wird? Wenn es geeignete Standorte gibt, immer her damit - soviele wie's geht!

  10. 93.

    Hier in Pankow, bei den Stinkefeldern, wo deswegen keine Wohnungen entstehen sollen, könnten Windräder stehen. Denen ist schlechte Luft egal.

  11. 92.

    "Muss es nicht beide Male ‘die Windräder‘ heißen?"
    Nee, das wäre dann Berliner Akkudativ. Orthographisch richtig: Akkusativ "mit den Windrädern" bzw. über die Windräder.

  12. 91.

    Richtig so! Warum immer nur in Brandenburg. Ihr sollt auch was savon haben!

  13. 90.

    Schön, dass sich hier wieder reichlich besorgte Bürger und Möchtegern-Naturschützer die Mäuler nicht nur über Windräder zerreißen, sondern natürlich (hat ja gerade einen Lauf) gleich noch über die Politik mit pöbeln. Passt ja wieder gut zusammen, den notwendige Energieumbau als Bedrohung vors eigene traute Heimchen. Dann doch weiter die Dreck in die Luft pustenden Kohlekraftwerke, die so „saubere“ Kernenergie (aber bitte nicht hier) und das nette Gas von den „russischen Freunden“, nicht wahr?

  14. 89.

    Da sind sie leider fehlinformiert. Die Berliner Forste werden zum geringeren Anteil fortwirtschaftlich genutzt. Vor allem im Grunewald ist sehr viel "Wildwuchs", gehen Sie doch mal aus Ihrer Blase und in den Wald, dann werden Sie mit eigenen Augen die Schönheit sehen, die wir vor unserer Haustür haben!

  15. 88.

    Mit etwas Phantasie könnte im manchmal ästhetisch ambitionierten Berlin auch Windräder vielfältiger Gestaltung errichtet werden, die sich von der 08/15-Einheitsware landauf, landab unterscheiden. Die Eisenbahn hat ihren seinerzeitigen Durchbruch auch mit exzellenten Anlagen hinbekommen, nicht mit überall gleich aussehenden Bahnhöfen.

    Was die Neu- und Wiedereinführung der Straßenbahn auf breitester Ebene angeht, lohnt ein Blick in unser Nachbarland Frankreich: Was Anlagen und Fahrzeuge angeht, visuelle "Leckerbissen". Astronomisch teurer wird´s dadurch nicht, aber ungemein attraktiver.

  16. 87.

    Zivilisation fordert immer Opfer.
    Windräder auf dem Land, aber preiswertere Mieten. Teuer wohnen in der Stadt, aber keine Windräder.
    So ein Quatsch.
    Irgendwas ist immer "falsch".
    Wenn z.b. der Berliner Senat nicht jahrelang Solarausbau behindert hätte mit Vorschriften,die eine ausschl. Eigennutzung verboten haben oder der Nachbar sich evtl durch Reflexionen gestört fühlen könnte oder das Stadtbild verschandelt würde...
    Wer Fortschritt erwartet sollte offen und flexibel sein und kein Kleingeist.

  17. 85.

    Dem ist nichts hinzuzufügen Danke völlige Zustimmung meiner Seitz.

  18. 84.

    Hält das für möglich nee da passen aber 250 Stück hin wo kein Platz ist wird Wald gerodet wie in Brandenburg
    sollte noch was an Platz übrig bleiben wären Solarparks angebracht mit 100ha Flächenfrass pro Solarpark.
    Das ist echte Grüne Berliner Energiewende und passt super ins Landschaftsbild .

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