Pro-palästinensische Proteste - Polizei räumt besetzte FU Berlin - Lehrbetrieb eingestellt
Die Berliner Polizei hat ein pro-palästinensisches Camp an der Freien Universität geräumt. Aktivisten hatten dort einen Hof besetzt. Einzelne Teilnehmer wurden festgenommen. Der Lehrbetrieb wurde eingestellt.
- Rund 150 pro-palästinensiche Aktivisten besetzen am Vormittag einen Hof der FU Berlin
- Die Polizei räumt das Gelände am Nachmittag
- Pro-palästinensische und pro-israelische Demonstration vor der Mensa
- Der Lehrbetrieb in Rost-, Silber- und Holzlaube wird eingestellt
- Uni und Regierender Bürgermeister verurteilen die Besetzung
Die Berliner Polizei hat am Dienstag eine pro-palästinensische Protestveranstaltung auf dem Gelände der Freien Universität beendet. Eine Polizeisprecherin sagte dem rbb, es seien teils antisemitische Parolen gerufen worden. Einzelne Personen seien wegen Volksverhetzung und Hausfriedensbruch vorübergehend festgenommen worden, schrieb die Polizei im Kurznachrichtendienst X.
Die Palästina-Aktivisten hatten am Vormittag den Theaterhof an der sogenannten Rostlaube der Universität im Stadtteil Dahlem besetzt. Nach rbb-Informationen beteiligen sich rund 150 Personen an der Aktion, es wurden einige Zelte aufgestellt.
200 Polizisten im Einsatz
Wie die Polizeisprecherin sagte, wurden die Aktivisten zunächst aufgefordert, den Hof freiwillig zu verlassen. Einige Personen seien dem nachgekommen. Andere wurden den Angaben zufolge weggetragen. Die Polizei war mit rund 200 Kräften im Einsatz.
Vor der Mensa kam es nach rbb-Informationen am Nachmittag zu zwei spontanen Demonstrationen. Dort versammelten sich etwa 50 pro-palästinenische und etwas mehr als 20 pro-israelische Personen. Auch dort hat die Polizei das Areal geräumt. Die Veranstaltung sei aufgelöst worden, es würden keine Ersatzveranstaltungen geduldet, sagte die Polizei über Lautsprecher an.
Organisatoren rufen zu Israel-Boykott auf
Eine Gruppe "Student Coalition Berlin" veröffentlichte am Vormittag auf Instagram Bilder von Zelten, die auf dem Camus errichtet wurden. In einer gemeinsamen Erklärung mit mehren anderen Gruppen auf Instagram heißt es: "In Solidarität mit dem palästinensischen Volk haben wir, die Berliner Studierenden, unser Camp an der Freien Universität errichtet."
Die Gruppe forderte die Universitäten in Berlin unter anderem dazu auf, sich für eine Waffenruhe im Gazastreifen einzusetzen und Israel "akademisch und kulturell" zu boykottieren. Die Teilnehmer kritisierten das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza. Dies erfordere sofortige Reaktionen und internationale Solidarität, hieß es zur Begründung des Protests.
Lehrbetrieb eingestellt, Bibliotheken und Mensa geschlossen
Die Universität hatte am Vormittag die Räumung angeordnet. Der Präsident der Freien Universität, Günter Ziegler, sagte der rbb24 Abendschau, die Unis seien nicht der Ort für Protest-Camps. Vielmehr seien sie der Ort für wissenschaftlichen Dialog und Austausch. Die FU sei, wie andere Hochschulen auch, ein offener Ort. Man werde auch weiter den Dialog kultivieren und dazu einladen, in angemessenem Rahmen die Themen in Forschung und Lehre zu verhandeln, so Ziegler.
Ziegler zufolge hatten die Demonstranten am Vormittag auch versucht, in Räume und Hörsäle der Uni einzudringen, um diese zu besetzen. Es sei zu Sachbeschädigungen gekommen. Die FU habe Strafanzeigen erstattet.
Der Lehrbetrieb in den Gebäuden Rost-, Silver- und Holzlaube wurde für den Rest des Tages eingestellt. Auch die Bibliotheken in diesen Gebäuden und die Mensa seien geschlossen worden, erklärte der FU-Präsident.
Pro-palästinensische Demonstranten besetzen FU-Gelände
Wegner: Konsequentes Vorgehen völlig richtig
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die FU-Besetzung durch pro-palästinensische Aktivisten verurteilt. "Wir dürfen auch an den Hochschulen nicht wegschauen, wenn antisemitische Parolen und Judenhass an den Universitäten verbreitet werden", sagte der CDU-Politiker am Dienstag. Er sei der Universität für ihr Vorgehen sehr dankbar: "Ich finde dieses konsequente Vorgehen völlig richtig."
Auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) verurteilte die Besetzung des FU-Hofes scharf. Es sei zwar legitim, gegen Krieg zu demonstrieren, aber nicht in dieser Form. Hier seien jüdische Studierende und Mitarbeitende am Campus angegriffen worden und antisemitische und volksverhetzende Sprüche geäußert worden, so Czyborra. Das dürfe man nicht dulden. Diese Art des Protests sei auch keine Form des Dialogs, so die Wissenschaftssenatorin.
Zentralrat der Juden kritisiert Uni-Leitung
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat nach der Räumung des Protestcamps die Leitung der FU kritisiert. "Der Israel-Hass und der antizionistische sowie antisemitische Hintergrund der Aktion ist offensichtlich", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster laut einer Mitteilung vom Dienstag. Er habe eine klare Positionierung erwartet. "Leider scheinen die Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate in der FU-Leitung keine ausreichende Entwicklung hervorgerufen zu haben", kritisierte Schuster.
In den vergangenen Monaten war es in und vor den Berliner Universätiten mehrfach zu pro-palästinensischen Protesten gekommen. Zuletzt hatten am Freitag Aktivisten an der Humboldt-Universität in Berlin protestiert. Rund 150 Menschen waren laut Polizei zu einer nicht angemeldeten Kundgebung zusammengekommen.
Seit Wochen Proteste an US-Universitäten
In den USA gibt es seit mehr als zwei Wochen an zahlreichen Universitäten Proteste gegen den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen und für Solidarität mit den dort lebenden Palästinensern.
Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Terrororganisation Hamas vor. Medienberichten zufolge sind in dem Zusammenhang 2.000 Menschen festgenommen worden.
Hintergrund ist das Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steht Israel international in der Kritik. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in Gaza inzwischen fast 35.000 Menschen getötet. Auch UN-Generalsekretär António Guterres sprach am Dienstag von mehr als 34.000 getöteten Palästinensern.
Sendung: rbb24 Abendschau, 07.05.2024, 19:30 Uhr