Berlin - Wissenschaftsausschuss bringt verschärftes Hochschulgesetz auf den Weg

Mo 17.06.24 | 14:00 Uhr
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Außenansicht der FU Berlin in Dahlem (Bild: imago images/Schöning)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.06.2024 | Kirsten Buchmann | Bild: imago images/Schöning

Der Wissenschaftsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition einer Verschärfung des Berliner Hochschulgesetzes zugestimmt. Vorgesehen sind demnach mehr Sanktionsmöglichkeiten der Hochschulen bei Gewalttaten. Noch vor der Sommerpause will die Koalition die Hochschulgesetzänderungen im Plenum des Abgeordnetenhauses beschließen.

Der Opferschutz solle in den Mittelpunkt gerückt werden, betonten der CDU-Wissenschaftspolitiker Adrian Grasse und der SPD-Abgeordnete Marcel Hopp in der Ausschussitzung am Montag. Studierende müssten sich auf ihrem Campus sicher fühlen können.

Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung sollen deshalb Hochschulen bei Gewaltvorfällen künftig mit abgestuften Maßnahmen vorgehen können. Die können bis zu einer Exmatrikulation reichen, wenn ein Täter strafrechtlich verurteilt worden ist. Die Hochschulen sollen Tatverdächtigen auch ein bis zu neunmonatiges Hausverbot erteilen können. Es kann bei wiederholten Vorfällen erneut angeordnet werden.

Linke und Grüne üben Kritik

Von der Opposition kamen im Wissenschaftsausschuss kritische Worte zu dem Vorhaben. Tobias Schulze (Linke) sprach von einem "untauglichen Instrument". Er erwarte, dass die Exmatrikulationen vor Gericht keinen Bestand haben werden. "Selbst Leute im Knast, verurteilte Straftäter, werden dazu angehalten, zur Resozialisierung ihr Studium fortzusetzen", argumentiert Schulze. Die Grünen-Politikerin Silke Gebel forderte, das Klima an den Hochschulen zu verbessern sowie Beschwerdestellen zu stärken.

Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) betonte, die Hochschulen wollten mehr Instrumente, um auf Gewaltvorfälle reagieren zu können. Anlass war die Gewalttat im Februar auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität (FU) durch einen anderen Studenten.

Senatorin: harter Kern der HU-Besetzer waren keine Studierenden

Czyborra äußerte sich auch zu der Besetzung des sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt-Universität (HU) im Mai sowie zu Aktionen an der FU durch pro-palästinensische Studierende. Sie sagte, ein Drittel der Beteiligten seien Studierende gewesen, zwei Drittel dagegen nicht. Czyborra geht davon aus, dass es sich bei dem "gewaltbereiten, harten Kern" nicht um Studierende handelt. Hier greife nicht das Ordnungsrecht der Hochschulen, sondern das Strafrecht.

Nach der Besetzung an der HU am 22. Mai hat die Polizei 230 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das geht aus der Antwort der Wissenschaftsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Grasse hervor, die dem rbb vorliegt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.06.2024, 13:30 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Unabhängig davon. weche härteren Strafen man fordert, es ist eine rückschrittliche Entwicklung, den Hochschulen Ordnungsmacht zu geben, die ihnen nicht zusteht. Wir sind nicht im Preußen des 19. Jhd. Ferner ist der rein ordnungspolitische Umgang mit politischen sowie sozialen Phänomenen ein willkürlicher, der am eigentlichen Thema vorbeigeht.

    Es ist eine verfassungswidrige Idee, jemanden aufgrund von begangenen Straftaten von Ausbildung bzw. Studium auszuschließen. Das ist ein Eingriff in die freie Berufswahl. Zudem ist es eine hoheitliche Maßnahme, die sich ausschließlich gegen Studierende richtet - Lehrende, inkl. Leitung, können auch antisemitisch handeln.

    Eine Sensibilisierung für Antisemitismus ist in diesem Fall sinnvoller, insbes. durch hochschulexterne Akteur*innen, da die internen tendenziell dazu neigen, bestehende Missstände aufrecht zu erhalten. Auch ist gewaltfreie Kommunikation an Hochschulen nicht so verbreitet, wie man von außen vielleicht annimmt.

  2. 9.

    Was ist mit dem Strafrecht und einer Anzeige durch die Uni? Zu schwierig?! Polizei rufen zu schwierig? Straftäter wegen Hausfriedensbruch durch die Polizei des Hauses verweisen lassen? Geht alles nicht?

  3. 8.

    Czyborra ist lernfähig, besteht doch sonst das Risiko, dass sie von den mutmaßlichen Tätern wg. Verletzung der Neutralitätspflicht verklagt wird.

  4. 7.

    Ihnen geht der Täterschutz offensichtlich vor Opferschutz. Die Ausübung des Hausrechtes ist öffentlichen Institutionen nur innerhalb eines gesetzlichen Rahmens möglich. Der ist unter RRG jedoch 2021 eingeschränkt worden.

  5. 6.

    „ Hier greife nicht das Ordnungsrecht der Hochschulen, sondern das Strafrecht.“

    Also das Strafrecht greift überall, natürlich auch an Unis und bei Studenten, daher hallte ich eine Verschärfung des Ordnungsrechts für reinen Populismus.
    Bewiesen werden muss die Tat in beiden Fällen (nebst Rechtsmittel, Klageweg ) und das Hausrecht kann die Uni, wie übrigens jede andere Institution auch, jederzeit ausüben.

    Gegenfrage; auf welcher Beweisgrundlage sollen die Studies exmatrikuliert werden, wenn die gleichen Beweise ja offenbar bisher zu keinen strafrechtlichen Konsequenzen führen?

  6. 5.

    "Czyborra geht davon aus, dass es sich bei dem "gewaltbereiten, harten Kern" nicht um Studierende handelt."

    Auf deutsch, sie weiß es nicht.

  7. 4.

    Das ist - für mich - ja das Problem.
    War es ein ,mutmaßlicher' oder ein ,wirklich' antisemistischer Vorfall?
    Was haben Zeugen gesagt, was wurde staatsanwaltschaftlich bisher ,aufgeklärt'?
    Der Bruder hat wohl den Polizeimeldungen widersprochen. Fragen über Fragen ...

    Außer Frage steht:
    Gewalt - jeder Art - muss strafrechtlich verfolgt und bestraft werden, ohne wenn-und-aber!

  8. 3.

    Auch wenn es schon längere Zeit her ist, sollte man es nicht vergessen. Eine HochschulReform ist längs überfällig. Diese antisemistischen Vorfälle sind abstoßend.

  9. 2.

    Tja Politiker haben eine Meinung und nur die hat zu zählen.
    Die Meinung anderer kann man vernachlässigen.
    Iss schon sehr seltsam.

  10. 1.

    "... Anlass war die Gewalttat im Februar auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität (FU) durch einen anderen Studenten. ..."

    Gibt es in diesem Fall Details, Urteile oder sonstige Aufklärung, was sich vor der Bar abgespielt hat?
    Der ,Februar' ist ja nun auch schon ein Weilchen her ...

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