Rechtsextremes Magazin - Juristen bezweifeln Verfassungsmäßigkeit des "Compact"-Verbots

Mi 17.07.24 | 16:47 Uhr
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Eine Mitarbeiterin einer Bahnhofsbuchhandlung hält eine Ausgabe des Magazins "Compact". (Quelle: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)
Bild: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Bundesinnenministerin Faeser hat das Compact-Magazin verboten - mit dem Hinweis, es verstoße mit seinen Inhalten gegen die Verfassung. Staatsrechtler befürchten derweil, das Verbot könnte vor Gerichten keinen Bestand haben.

Nach dem Verbot des rechtsextremen "Compact"-Magazins bezweifeln Juristen, ob die Entscheidung verfassungskonform ist. Benjamin Lück, Rechtsanwalt der Gesellschaft für Freiheitsrechte, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur am Mittwoch, es sei "ein totaler Blick ins Ungewisse, wie die Gerichte entscheiden".

Er gehe fest davon aus, dass die Betreiber rund um den Herausgeber Jürgen Elsässer sich juristisch gegen das Verbot zur Wehr setzten. Auch wenn die Inhalte des "Compact"-Magazins Lück zufolge "unerträglich, hetzerisch und dumm" seien, fielen sie zu einem Großteil unter den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit.

Lück: Medien genießen besonderen Schutz

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Dienstag zwei Unternehmen verboten, die hinter dem Magazin stehen, die "Compact-Magazin GmbH" und die "Conspect Film GmbH". Faeser nutzte für das Verbot das Vereinsgesetz, nachdem der Staat Vereine und auch Unternehmen verbieten darf, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten.

Jurist Lück sagte dazu, das Vereinsrecht passe nicht zu hundert Prozent auf Presseunternehmen: "Medien genießen einen besonderen grundrechtlichen Schutz. In den Verbotsgrundlagen im Vereinsgesetz findet sich keine Regelung, die sagt, dass ein Verein, der Presseerzeugnisse herausgibt, nur unter besonders hohen Voraussetzungen verboten werden darf."

Auch Journalistenverband hinterfragt Verbot

Ähnlich wie Lück äußerte sich der Oldenburger Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler. "Das Grundgesetz räumt der freien Meinungsäußerung und damit der Pressefreiheit einen überragenden Stellenwert ein", sagte Boehme-Neßler der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Die Meinung, Feinde der Pressefreiheit hätten keinen Anspruch auf Pressefreiheit, sei nicht vereinbar mit der Verfassung.

"Freie geistige Auseinandersetzungen sind die wirksamste Waffe gegen totalitäre Ideologien", sagte der Jurist. Er gehe davon aus, dass das Verbot bei einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht keinen Bestand hätte. "Das Gericht hat immer wieder festgestellt: Ohne Pressefreiheit gibt es keine Demokratie."

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hatte sich differenziert zum Verbot geäußert. Mika Beuster, Bundesvorsitzender des DJV, ging im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zwar davon aus, dass das Bundesinnenministerium sauber gearbeitet habe, und sieht bei "Compact" die Schwelle zum Extremismus überschritten. Pressesprecher Hendrik Zörner weist in einem Beitrag auf der DJV-Webseite aber darauf hin, dass es für ein Verbot mehr brauche als die Ausführungen in der Pressemitteilung des Innenministeriums.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.07.2024, 17 Uhr

 

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75 Kommentare

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  1. 74.

    Man sollte sich schon juristisch entscheiden.

    Ist Compact der AfD zuzurechnen oder nicht?

    Juristisch ist das wichtig.

    Mal Hü, mal Hott geht nicht.

  2. 73.

    Ein Parteiverbot ist doch sowieso immer das äußerste Mittel, völlig unabhängig davon wie das Verbot gegen "Compact" ausgeht. Der zugrundeliegende Abwägungsprozess stellt ja gerade eine hinreichenden feingranularen Umgang mit den Extremisten sicher ohne gleich das Kind mit dem Bade auszukippen.
    Wo sie und @Pest oder Cholera Risiken sehen, sehe ich Chancen! Und selbst wenn das BVerfG das Verbot kassieren sollte, auch kein Problem aus meiner Sicht für Faeser. In diesem schwer beweisbaren (messbaren) Raum, benötigt man auch ein bisschen Mut zur Lücke um etwas zu erreichen. Leider kann man die Brüder nicht wie Tumurzellen mit radiokativen Isotopen einfach in bildgebenden Verfahren sichtbar machen ;-) Dazu sind viele von denen zu schlau und lernen täglich dazu.

  3. 72.

    Der Spruch war wieder zu erwarten. Nein, ich verteidige ausschließlich Grundrechte und die gelten nun mal auch für Feinde der Demokratie, genau so wie es das BVerfG selbst gesprochen hat. Oder wollen Sie ernsthaft behaupten, dass das BVerfG Rechtsextremismus gutheißt und deshalb verteidigt?

  4. 71.

    Im Kommentar werden nicht die Rechtsextremisten verteidigt, sonder die Rechtslage erläutert

  5. 70.

    Genießt Alle noch die Ruhe vor dem Sturm mit nem Hafer/Soja- Milch-Kaffee.
    Iiiich, ich liebe EUCH doch Alle!

  6. 68.

    Frage eines Laien:
    Kommt dieses Verbot nicht einem ,Berufsverbot' gleich?

  7. 67.

    Ach was?
    Ist ha was ganz neues! Die Anwälte von Höcke z.B. haben eine ,,rechte“ Vergangenheit. Aber hier gehts nur um die Meinung von 2 Juristen, die aber keine Relevanz haben. Das Blatt mußte aus wohlbekannten weil hetzerischen Gründen, eingestampft werden. Jetzt muß es weiter gehen!
    Nazis (sag nur 80 Jahre Hitlerattentat!) haben in unserem Labd nichts zu suchen!

  8. 66.

    "Faeser kann auch Grundrechte entziehen." Oh mein Gott! Wo haben Sie denn diesen Schwachsinn (Entschuldigung für die Wortwahl, aber hier fällt einem nichts anderes mehr ein) her? Sehen Sie doch einfach mal ein, dass Ihre persönliche Auffassung irrelevant ist, da das Bundesverfassungsgericht dazu bereits klar und deutlich zu Gunsten der Grundrechte geurteilt hat. Grundrechte entziehen kann im Übrigen ausschließlich die Justiz und auch das nur im aller äußersten Notfall. Genau deswegen heißen die nämlich GRUNDrechte.

  9. 65.

    Ja, man kann zunächst gegen einzelne Inhalte vorgehen. Und bitte lassen Sie Ihre Unterstellungen gegen einen ganzen Berufsstand. Anwälte sind nicht politisch motiviert.

  10. 64.

    "Sie verschweigen das Wesentliche und lenken ab" Nein, der Kommentator hat die Fakten klar und punktgenau benannt. Kriterium in einem Rechtsstaat ist die Strafbarkeit von Handlungen. Die ist offenbar bislang schlicht nicht gegeben, wenn es kein einziges Urteil zu Lasten des Verlags oder der Autoren gibt.
    Welche politische Einstellung jemand vertritt, auch wenn sie extremistisch ist, ist zunächst mal vollumfänglich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Einen Neonazi, der keine strafbaren Handlungen begeht, kann man nicht verurteilen und ihm auch keine Handlungen verbieten. Wir haben kein Gesinnungsstrafrecht sondern verurteilen ausschließlich strafbares Handeln. Denken, glauben und fühlen darf Jeder in diesem Staat, was er will, auch wenn er dadurch zu einem Zeitgenossen wird, mit dem man keinerlei Kontakt haben mag.

  11. 63.

    Zum Glück kann und darf das kein Regierungsmitglied. Das wäre schrecklich, wenn jemand solche Macht hätte.

  12. 62.

    Hallo ,,Oma gegen Rechts“. Es gibt sehr viele Zeitungen, soll ich die Ihnen alle aufzählen? Süddeutsche Zeitung, FAZ, Tagesspiegel, Die Zeit, Taz und und und. Fragen Sie mal Ihre Enkel oder Kinder! Bzw. Ihre Ärztin. Die helfen Ihne weiter, bestimmt! Ihr Horst!

  13. 61.

    "Hat einer einen anderen Vorschlag um rechtsextreme Magazine zu unterbinden?" Die gibt es schlicht so nicht. Auch extremistische Meinungen sind zunächst mal von der Meinungsfreiheit gedeckt, soweit sie nicht strafrechtlich relevant sind. Das muss und vor allem kann eine Gesellschaft aushalten. Dies ist bereits in der Vergangenheit genau so klar und deutlich vom Bundesverfassungsgericht geurteilt worden.
    Gegen strafrechtliche Inhalte muss separat vorgegangen werden. Hierfür haftbar ist zunächst mal der Verfasser, nicht das Magazin. Ein Gericht dürfte aber bei entsprechender Schwere und im Wiederholungsfall durchaus ein Publikationsverbot für diesen Verfasser, im aller schlimmsten Fall, wenn nicht anders unterbindbar, auch für das gesamte Magazin in Betracht ziehen. Das Innenministerium ist kein unabhängiges Gericht und hat daher nur eingeschränkte Kompetenzen zur direkten, akuten Gefahrenabwehr. Die dürfte hier kaum gegeben sein.

  14. 60.

    Welche Zeitungen sind das? Würde mich gerne informieren. Geben Sie mir doch bitte einen Tipp.
    Danke !
    Muss mich als Oma für Recht informieren und Argumente sammeln.

  15. 59.

    Par Ordre de Mufti geht in diesem Lande nicht - Glücklicherweise. Der Grundrechtsentzug kann durch die Bundesregierung, der Landesregierung beim BVerfG "beantragt" werden. Dies entscheidet übder die Zulässigkeit und Dauer. Alle drei bisherigen Fälle wurden vom BVerfG zurückgewiesen. Demokratie ist manchmal echt anstrengend - aber gut.

  16. 58.

    Leider haben unsere Regierenden kein Fingerspitzengefühl und verfügen über wenig Weitsicht und auch über noch weniger Fachwissen und Ahnung. Das ist aber eine Grundvoraussetzung für solche Ämter und Positionen. Alles zusammen ist eine toxische Mischung, die nicht gutes verheißt. Auch die bisherigen Ergebnisse leiden an chronischer Erfolglosigkeit.

  17. 57.

    Sie Ahnungsloser!? Sind Sie so einfältig ider tun Sie nur so? Der Prozeß gegen die ,,Reichsbürger“ ist im vollen Gang! Lesen Sie keine Zeitung oder sind Sie nur bei telegram unterwegs? Naiv.

  18. 56.

    Dann wird aber die Partei nur schwerlich aufgrund „Gewicht“ verboten werden können, s. NPD.

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