Geplante Auflösung - Wie geht es weiter mit der Jungen Alternative in Brandenburg?

Sa 07.12.24 | 08:12 Uhr | Von Amelie Ernst
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Archivbild: Mitglieder der Jungen Alternative, der Nachwuchsorganisation der AfD auf einer Wahlkampfveranstaltung der AfD Brandenburg in Cottbus. (Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.12.2024 | Amelie Ernst | Bild: dpa/Frank Hammerschmidt

Die AfD will ihre Jugendorganisation "Junge Alternative" neu ordnen - wohl auch, um einem Verbot der gesamten JA zuvorzukommen. Die Brandenburger JA gilt als gesichert rechtsextrem - und steht der Idee der Mutterpartei skeptisch gegenüber. Von Amelie Ernst

Es klingt nicht so, als wolle sich Anna Leisten, die Brandenburger Landesvorsitzende der Jungen Alternative, den Plänen des AfD-Bundesvorstands einfach fügen: Eine Auflösung ihrer Organisation sei zum jetzigen Zeitpunkt völlig falsch, schreibt sie bei "X" (ehemals "Twitter"). Man habe noch viele wichtige Aufgaben zu meistern. Außerdem verlinkt sie einen Artikel des rechten Vordenkers Martin Sellner, der sich ebenfalls gegen eine Auflösung der Jungen Alternative ausspricht. Man hat Angst, zum "Schoßhündchen" der AfD degradiert zu werden. Andere in der JA hoffen, durch die laufende Debatte noch Zugeständnisse beim Aufbau einer neuen Parteijugend erreichen zu können.

"Fürsorgepflicht" für die Jugendorganisation

Der AfD-Landtagsabgeordnete Dennis Hohloch war selbst fünf Jahre Vorsitzender der Jungen Alternative in Brandenburg. Inzwischen ist er Mitglied im AfD-Bundesvorstand – und als solcher für die Auflösung der JA. Es gehe darum, eine Jugendorganisation aufzubauen, "die stärker ist, die wirkmächtiger ist". Außerdem habe die Partei eine "Fürsorgepflicht" für ihre Jugend. Denn die JA sei "durch instrumentalisierte Regierungsgremien wie dem Verfassungsschutz einer besonderen Ächtung ausgesetzt".

AfD und JA als Opfer von vermeidlich gesteuerten "Regierungsgremien" – auch dieses Bild versuchen ihre Vertreter:innen zu zeichnen. Außerdem könne ein Verbot der JA durch die Aufnahme in die Partei verhindert werden, so die Befürworter:innen.

Ansatzpunkte für ihre extremistischen Bestrebungen hat auch der Brandenburger Verfassungsschutz über Jahre gesammelt. Die Junge Alternative verletze bewusst zentrale Grundprinzipien der Menschenwürde, so Verfassungsschutzchef Jörg Müller bei der Vorstellung des entsprechenden Berichtes im vergangenen Jahr. Denn sie propagiere ein "ethnisch homogenes, deutsches Staatsvolk" und spreche Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund ab, Deutsche zu sein.

Schutz vor Vereinsverbot

Der Kasseler Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder meint: Mit einer Jugendorganisation innerhalb der Partei (statt als eigenständiger Verein) wäre diese nicht nur besser geschützt vor einem Verbot, sondern die Partei könne auch mehr Einfluss nehmen auf die radikalen jungen Mitglieder. "Die eine Lesart ist, dass durch die Integration in die AfD diese Truppe besser kontrolliert und sanktioniert werden kann", sagt Schröder. "Die andere ist, dass sich innerhalb der AfD dann noch mehr Druck, noch mehr Auseinandersetzung, noch mehr Radikalisierung vollziehen könnte."

Besonders unter Druck steht in der laufenden Debatte Hannes Gnauck, der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative. Gnauck sitzt für die Brandenburger AfD im Bundestag und ist gleichzeitig Mitglied im AfD-Bundesvorstand. Er trägt die Pläne zur Auflösung der JA und zur Gründung einer neuen Jugendorganisation innerhalb der AfD mit - und wurde deshalb von seinem Stellvertreter bereits zum Rücktritt aufgefordert. Fragen des rbb dazu ließ Gnauck unbeantwortet.

Doch über ihre Auflösung kann nur die JA selbst entscheiden. Gut möglich, dass das scheitert, so Politikwissenschaftler Schröder. "Dann hätte man mittelfristig zwei Jugendverbände – einen offiziellen und einen abgestoßenen, inoffiziellen. Das könnte auch in Richtung eines Überbietungswettbewerbes im Bereich dieser radikalen Truppen führen." Und das sei auch für die AfD nicht ganz unproblematisch.

Keine Deradikalisierung

Oder die Junge Alternative wird zur radikalen Aktionsgruppe, die die AfD und ihre Ziele von außen unterstützt, so wie es dem rechten Ideologen Martin Sellner vorschwebt (ähnlich eines "Political Action Committee" in den USA). Absehbar ist in jedem Fall, dass sich die AfD und ihr Nachwuchs mit der Gründung einer eigenen Jugendorganisation nicht deradikalisieren werden.

Das sei auch gar nicht das Ziel, meint Verfassungsschutzchef Müller. Es gehe vor allem um eine engere Bindung an die Partei. Man habe gemerkt, dass man gemeinsam mehr erreichen könne. AfD-Bundesvorstandsmitglied Dennis Hohloch bestätigt das: Die handelnden Personen blieben schließlich dieselben. "Es geht darum, eine neue Struktur zu schaffen, die verbindender und stärker ist als die bisherige." Auch in ihrer Brandenburger Landtagsfraktion beschäftigt die AfD mehrere JA-Funktionäre.

Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder sieht in alledem ein Manöver, das radikale JA-Aktivisten nur scheinbar unter Kontrolle bringen wird und soll. "Das Ganze ist eine Form von Selbstverharmlosung, denn die Personen werden weiter aktiv sein, die Ideen werden aktiv sein und die Vernetzungsmuster werden deshalb ja nicht neutralisiert und aufgelöst." Möglicherweise soll auch an potenzielle neue AfD-WählerInnen das Signal gesendet werden: "Seht her, wir haben die Radikalen unter Kontrolle."

Beim Parteitag im Januar muss zunächst die AfD über die Gründung einer eigenen Jugendorganisation entscheiden. Doch für eine Selbstauflösung braucht es anschließend eine große Mehrheit innerhalb der Jungen Alternative – die ist derzeit (noch) nicht in Sicht.

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Sendung: rbb24 Inforadio, 06.12.2024, 08:25 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

52 Kommentare

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  1. 52.

    Ich unterhalte mich viel mit jungen Menschen. War ja jahrzehntelang meine Arbeit und ihre Meinungen und Ansichten sind mir immer sehr wichtig.
    Mir ist dabei aufgefallen , daß es mit Jugendlichen die die AFD Gedanken vertreten, kaum bis wenig Möglichkeiten des konstruktiven Gedankenaustausches gibt. Sie verfallen schnell in die Wiederholung bekannter Aussagen und sind kaum offen für einen Fakten Check. Dann kommt auch schnell mal eine " Drohgebärde" und die Gespräche sind beendet.
    Ich gebe so schnell nicht auf. Vielleicht denken Sie später nochmal darüber nach. Es sind junge Leute und sie stehen am Anfang ihres Lebens.

  2. 51.

    Was die AfD damals in Ihrem Pamphlet alles abgelassen war wirklich unterstes Niveau, und der Partei ist nix passiert.
    Und bei D-Day der FDP machte man sich ins politische Hemdchen!

  3. 50.

    Warum wählen die Leute denn die AfD? Ja klar, es geht allen so schlecht und die Flüchtlinge besetzen jetzt schon die Dörfer. Und wenn sie weg sind, ist hier Friede Freude Eierkuchen....Ich möchte hier auch keine Kriminellen, weder Inländer noch Ausländer, aber dieses platte Geschwafel der AfD ist nicht auszuhalten.

  4. 49.

    Dann erläutern Sie doch mal wo Sie Intoleranz sehen. Sevim hat die Wahrheit gesagt - Frau Weidel lebt mit einer Frau mit Migrationshintergrund zusammen und die AfR hetzt gegen Ausländer und Homosexuelle. Das kann man nachlesen. Und für Intoleranz ist die AfR gut bekannt.

  5. 48.

    Finde ich nicht, es ist gut wenn über deren Umtriebe berichtet wird, zumal sie immer frecher und unverblümter auftreten und ihre faschistische Fratze offen zeigen...

    "Was geht ab, wir schieben sie alle ab..."

    Oder wenn Mitglieder der JA und AfD Häuserkampf für den Tag X üben. Waffen horten...

    Ich ziehe meinen Hut vor Journalisten die sich von denen und merkwürdigen Urteilen deutscher Gerichte nicht einschüchtern lassen.

    Die "vierte Gewalt". Natürlich auch vor allen anderen Menschen die gegen diese Brut anschreiben, demonstrieren... unsere Demokratie verteidigen.

  6. 47.

    Eine Jugendorganisation die sich weiter radikalisieren will unter dem Schutz einer zugelassenen, im Deutschen Bundestag vertretenen Partei, ist so unproblematisch wie eine IS-Zelle. Sarkasmus aus. Jugendliche oder im Hauptberuf Jugendliche, als WahlKämpfer?

  7. 45.

    Na klar, so ist es auch. Es wird diesen Jungfaschisten zu viel Aufmerksamkeit gegeben.

  8. 44.

    Wäre es nicht besser und ehrlicher sich nicht mehr JA sondern in HJ ( Höcke Jugend ) umzubenennen !!
    Und gebt denen alle Nachhilfe Unterricht in Geschichte.

  9. 42.

    Ob Auflösung oder nicht - diese Jungen Faschisten haben in Deutschland keine Daseinsberechtigung.Sie werden deshalb, mittelfristig verboten werden, wie auch ihre extreme Mutter (Weidel,-)-Partei.

  10. 41.
    Antwort auf [Scherer] vom 07.12.2024 um 17:02

    Warum machst Du hier JA-Propaganda, wenn Ihr eine Minderheit im Volksdeutschen seid? Nutze diese verschwendete Energie lieber zur Nach-und Fortbildung, Junge! Wir wollen Euch nicht.

  11. 40.
    Antwort auf [Scherer] vom 07.12.2024 um 17:02

    "Trotzdem wird es munter weiter herumposaunt." Richtig und zwar von der bayrischen AfD.

    "In dem Papier verlangt die AfD eine "Remigrationsagenda", "um dem Staatsziel einer umfassenden Remigration im Millionenbereich für die kommenden zehn Jahre gerecht zu werden". Asylsuchende sollen demnach "umgehend in ein außereuropäisches Schutzzentrum" gebracht werden. "

  12. 39.
    Antwort auf [Scherer] vom 07.12.2024 um 17:02

    Das ist alles hochinteressant, ja, Mir genügt zur Bewertung eigentlich, wenn Politiker einer Partei oder deren belegt rechtsextreme Jugendorganisation deutsche Staatsbürger in verschiedene Klassen einteilen - von so richtig deutsch bis leider nicht deutsch genug, um gleichwertig als Teil der Gesellschaft akzeptiert und wertgeschätzt zu werden. Und dass man auf so einem Treffen den österreichischen Rechtsradikalen Sellner darüber fabulieren lässt, wie man auf Deutsche mit Wurzeln in anderen Ländern legal dazu bringen könnte, ihr Land zu verlassen - das steht dann für sich. Aber das Treffen haben ja Sie nun angebracht. Was genau hat das jetzt mit der Zukunft der "Jungen Alternative" zu tun, um die es hier geht??

  13. 38.

    Die rechtsextreme AfD fordert die "millionfache" Deportation, auch deutscher Staatsbürger.

    Alleine diese Forderung, neben weiteren GG Verstößen sollte für ein umgehendes Verbot ausreichen.

    "Außerdem verlangt die AfD die "Rückführung" von "Personengruppen mit schwach ausgeprägter Integrationsfähigkeit und -willigkeit" in ihre Heimat. Wann eine fehlende Integrationsfähigkeit vorliegt, lässt das Papier offen. Auch will es die AfD ermöglichen, die deutsche Staatsbürgerschaft "bei schweren Verstößen gegen das geltende Recht" wieder zu entziehen. "

  14. 37.

    "Doch für eine Selbstauflösung braucht es anschließend eine große Mehrheit innerhalb der Jungen Alternative – die ist derzeit (noch) nicht in Sicht".

    Wenn eine Partei der Meinung ist, sie brauche eine Jugendorgansation, wo auch die Mitgliedsschaft in der Partei erforderlich ist, kann die Partei das bestimmen. Eine Selbstauflösung der bestehenden Jugendorganisation ist sicherlich wünschenswert, aber nicht erforderlich.

  15. 36.

    Nein, das hat die bayrische AfD nochmals bekräftigt.

    "In dem Papier verlangt die AfD eine "Remigrationsagenda", "um dem Staatsziel einer umfassenden Remigration im Millionenbereich für die kommenden zehn Jahre gerecht zu werden."

    Wollen sie das abstreiten?

    https://www.br.de/nachrichten/bayern/auslaenderfeindlich-entsetzen-ueber-afd-papier-zu-remigration,UV8vOxt

  16. 35.

    Da haben Sie recht, dem ZDF wurde das untersagt. "Vielmehr propagiert er (Sellner) die ebenfalls rechtsextreme Idee, die nicht assimilierten Deutschen sollten durch Druck und maßgeschneiderte Gesetze dazu gebracht werden, das Land zu verlassen."

    https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/ulrich-vosgerau-afd-correctiv-potsdam-rechtsextremismus

  17. 34.

    Wenn schon nichts sachliches kommt, dann wenigstens noch einige erheiternde Worte zum 2.Advent. Danke dafür ! Außerdem heißt der Mann nicht Wortwitz sondern Wanderwitz !

  18. 33.

    Wurde die Behauptung der "millionenfache" Deportationen nicht vom Landgericht Hamburg per einstweiliger Verfügung untersagt (Besch. v. 20.10.2024, Az. 324 O 439/24)?

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