Alba Berlins Sommer mit Fragezeichen - Ein Umbruch als Ende einer kleinen Ära?

Nach dem frühen Playoff-Aus steht Alba Berlin diesen Sommer ein Umbruch bevor: Acht auslaufende Verträge könnten das Ende einer kleinen Alba-Ära mit sich bringen. Auch hinsichtlich der europäischen Zukunft gibt es offene Fragen. Von Jakob Lobach
Es war in doppelter Hinsicht ein Kontrastprogramm, das die Akteure von Alba Berlin am Dienstagmittag absolvierten. Während Marco Baldi, Geschäftsführer der Berliner Basketballer, sein Fahrrad vor dem Haupteingang des rbb-Gebäudes am Theodor-Heuss-Platzes abstellte, bestiegen seine Spieler gerade ihre Autos. In der Theorie hätten sowohl sie als auch ihr Chef sich am Dienstagmittag eigentlich auf ein zweites Halbfinalspiel gegen den FC Bayern vorbereiten sollen. In der Realität verabredeten sich Albas Spieler am Dienstag zum Kartfahren, während Marco Baldi ungewöhnlich früh im Jahr eine Saison bewerten sollte.
Dass diese Bewertung nicht einfach war und ist, liegt auf der Hand: Vor exakt einer Woche endete die Saison von Alba Berlin überraschend bereits im Viertelfinale der Playoffs gegen Ulm. Nach einem fünf Jahre andauernden Höhenflug und zuletzt drei Meisterschaften in Serie kann man dieses durchaus als Bruchlandung bezeichnen. Neben der vielzitierten körperlichen Erschöpfung haben – so scheint und klingt es – vor allem viel selbstauferlegter Druck und personelle Inkonstanz zu dieser harten Landung beigetragen. Und wenngleich das bittere Ende einer schwierigen Saison für Alba verkraftbar sein wird, kommt es doch zur Unzeit: Allein schon deshalb, weil bei Alba in einem Sommer mit einigen Fragezeichen eine kleine Ära zu Ende gehen dürfte.
Druck statt Widerstandskraft
Eingeläutet wurde dieser Sommer der Fragezeichen mit ein paar Tagen Ruhe. "Das war schon sehr, sehr enttäuschend", sagt Alba-Forward Johannes Thiemann mit etwas Abstand über das Aus gegen Ulm. Marco Baldi ersetzt das "sehr" durch ein "super" und ergänzt: "Das war ein abruptes Ende, das wir sacken lassen mussten." Damit einher ging auch die Erkenntnis, dass sich das abrupte Ende irgendwie doch angekündigt hatte. "Es hatte sich abgezeichnet, dass diese letzte Widerstandskraft aufgebraucht war", sagt Baldi.
Was genau er damit meint, wird klar, wenn man mit Thiemann über die Gründe für das Viertelfinal-Aus spricht. Der 29-Jährige berichtet von einer "schwierigen Saison", bezeichnet sie als "emotional aufreibend". Insbesondere die nur elf Siege und zwölf Niederlagen in Serie in der Euroleague hätten nachhaltig Spuren hinterlassen, sagt Thiemann: "Da hatten wir viele Phasen, in denen die Stimmung schwierig war und in denen von außen unsere Konkurrenzfähigkeit infrage gestellt wurde. Das ist verbunden mit viel Druck."
Druck und eine schwierige Stimmung – zwei Aspekte, mit denen sich Alba in vorherigen Saisons in diesem Ausmaß nicht auseinandersetzen musste. Hinzukamen viele Verletzungen, personelle und spielerische Inkonstanz. "Hinten raus haben uns die Kraft, vor allem aber die mentale Stärke gefehlt", sagt Johannes Thiemann.
Prägende Spieler vor dem Abschied
Wenngleich die Art und Weise des frühen Saisonendes sowohl Thiemann als auch Baldi spürbar frustriert, scheint das Viertelfinal-Aus an sich aus Albas Sicht doch verkraftbar. "Das Konto ist sehr gut gefüllt mit Freude, mit Überzeugung, Identität und Titeln, sodass wir ein solches Jahr, in dem relativ viel nicht funktioniert, irgendwie hinnehmen können", sagt etwa Baldi. Auch wenn akzeptieren vielleicht das bessere Wort wäre. Denn einfach hinnehmen will, wird und darf Alba dieses enttäuschende Jahr nicht. Allein schon deshalb, weil an vielen Stellen Handlungsbedarf besteht.
Die offensichtlichste Baustelle ist dabei der Kader der Berliner. Nachdem im vergangenen Sommer nur ein einziger Spieler den Verein verließ, laufen nun die Verträge von gleich acht Alba-Akteuren aus. Luke Sikma und Maodo Lo führten Alba zu den Titeln der vergangenen Jahre, Spieler wie Louis Olinde, Jonas Mattisseck und Ben Lammers bekleideten hierbei ebenfalls wichtige Rollen, und auch Tamir Blatt erspielte sich bei Alba zuletzt Euroleague-Format – nun gehören sie zu denjenigen, die den Klub verlassen könnten. So, wie Jaleen Smith, dessen Vertrag zwar noch läuft, der sich aber für noch größere Aufgaben und Klubs empfohlen hat. Auch wenn vermutlich nicht alle Erwähnten tatsächlich gehen werden, wird wohl zumindest ein Teil der Spieler, die Albas letzte Jahre und auch die so positive Stimmung im und um den Verein geprägt haben, künftig anderswo Basketball spielen.
Für Marco Baldi ist dieses Wissen kein Grund zu großer Sorge. "Wir werden an unserer Identität weiterarbeiten", sagt Albas Geschäftsführer und ergänzt: "Wir haben unseren Weg." Auch in diesem Sommer wird Alba versuchen, gute Spieler zu verpflichten und diese anschließend noch besser zu machen – auch, weil das Berliner Budget weiterhin nicht ausreicht, um gestandene und erfahrene Euroleague-Spieler für sich zu gewinnen. Womit wir bei der nächsten wichtigen Frage des Alba-Sommers wären, der nach der Euroleague.
Alle Zeichen stehen auf Euroleague
Die vergangenen vier Jahre spielte Alba dort mit einer Wildcard, zuletzt auch mit der Aussicht auf eine A-Lizenz, sprich ein dauerhaftes Startrecht in der europäischen Belletage des Basketballs. Und in der kommenden Saison? "Wir gehen ganz klar davon aus, dass wir nächstes Jahr Euroleague spielen", sagt Marco Baldi und ergänzt mit Nachdruck: "Alle Zeichen werden uns in diese Richtung gesendet." Was fehlt, ist eine offizielle Bestätigung vonseiten der Euroleague. "Die wird Anfang Juli erfolgen", gibt Baldi hoffnungsvoll den Zeitplan vor. Bis dahin fehlt Alba – auch in den Verhandlungen mit potenziellen neuen Spielern – allerdings eine hundertprozentige Gewissheit, die eine A-Lizenz selbstverständlich mit sich brächte.
Die zuletzt gehegte Hoffnung, dass Alba eine solche bereits in diesem Sommer bekommt, wird sich aller Voraussicht nach nicht erfüllen. Eine neue Führungsriege in der Euroleague und zwei noch uneinige Lager diskutieren aktuell eher über tiefgreifende Reformen der Euroleague als über Lizenzen für einzelne Klubs. Von kleinen Veränderungen bis hin zu deutlich mehr Mannschaften in zwei sogenannten Conferences scheint vieles möglich. "Unsere weitere Zukunft hängt davon ab, wie sich die Euroleague strategisch ausrichten will", sagt Marco Baldi.
Hungrig zurück in die Mercedes-Benz Arena
Während zumindest das langfristige Euroleague-Fragezeichen Alba Berlin also noch ein wenig begleiten wird, haben die Berliner eine andere, nicht weniger wichtige Frage dieses Sommers jüngst bereits beantwortet: Am Dienstag stellte Baldi bei seinem Besuch beim rbb klar, dass die Berliner auch die kommenden drei Jahre in der Mercedes-Benz-Arena spielen werden.
Es ist eine wichtige erste Tatsache, der Alba im Verlauf des Sommers weitere folgen lassen wird. Wie diese dann aussehen werden, wird entscheidend dafür sein, wie es für Alba nach der schwierigen vergangenen Saison und dem Viertelfinal-Aus weitergeht. Johannes Thiemann jedenfalls blickt optimistisch auf das, was nach dem Sommer kommt: "Sicherlich ist jetzt eine kleine Erfolgsgeschichte zu Ende gegangen", sagt Albas Forward, "gleichzeitig ist es die Chance, hungrig zurückzukommen und den nächsten Run zu starten."
Sendung: rbb24, 31.05.2023, 18 Uhr
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