70 Jahre Eisbären Berlin - Über einen toten Rehbock und einen Fernsehstar im Krankenhaus
Mit Sonder-Trikot und großen Ambitionen sind die Eisbären Berlin in ihre Jubiläumssaison gestartet. Ein Blick auf sieben besondere Anekdoten aus 70 Jahren Geschichte des amtierenden Eishockey-Meisters. Von Antonia Hennigs
Wie sich die Eisbären in der kleinsten Liga der Welt wiederfanden
Ein Fakt, der allgemein eher in die Kategorie "unnützes Wissen" fällt - für die Eisbären Berlin (damals noch SC Dynamo Berlin) aber große Bedeutung hatte: Erich Mielke war Eishockey-Fan. 1970 wollte die DDR-Sportführung nur noch medaillenträchtige Sportarten fördern. Da Mielke sich für den Eishockeysport einsetzte, gab es hier einen Kompromiss: Die DDR-Oberliga wurde nicht gänzlich aufgelöst, aber auf zwei Teams reduziert. Alle Mannschaften außer des SC Dynamo Berlin und der SG Dynamo Weißwasser wurden zu Hobbymannschaften degradiert und durften nicht mehr am Ligabetrieb teilnehmen. So spielten die beiden Klubs ganze 20 Jahre lang - bis 1990 - in der kleinsten Liga der Welt.
Wie ein toter Rehbock in der Kabine auftauchte
Franz Steer - seines Zeichens Eisbären-Verteidiger, Bayer und passionierter Jäger - war während seiner Zeit bei den Eisbären (1991-1993) offenbar auch in den umliegenden Wäldern unterwegs und brachte eines Tages einen geschossenen Rehbock mit in die Kabine. Das zweite Zuhause der Spieler eben. Eine ausreichend große Kühltruhe scheint wohl vor Ort gewesen zu sein, sodass das Hobby vor dem Training oder Spielen ausgeübt werden konnte. Der Rehbock soll später zum Rehbraten für die Mannschaft geworden sein.
Wie eine einzigartige Fan-Freundschaft entstand
Wir schreiben das Jahr 1999. Finalrunde des Continental Cups. Im Wellblechpalast treffen der slowakische Klub HKM Zvolen, Ak Bars Kasan aus Russland, die Schweizer vom HC Ambri-Piotta und die Eisbären Berlin aufeinander. Besagter HC Ambri-Piotta kommt aus der italienischen Schweiz, genauer gesagt aus dem Tessin und hat 400 bis 500 Fans mitgebracht, die den Wellblechpalast in ein Tollhaus verwandelten und die Eisbären-Fans zum Staunen brachten. Die Konsequenz: kein Hass, keine Rivalität. Sondern: aufeinander zugehen und voneinander lernen. Es enstand eine Fan-Freundschaft, die bis heute gepflegt wird.
Wie der Papst den Eisbären die Titelseite klaute
Nach einem 3:0-Sieg in der Best-of-Five-Serie gegen die Adler Mannheim wurden die Eisbären Berlin im April 2005 erstmals (gesamt-)deutscher Meister. Ein historischer Tag für den Verein, ein historischer Tag für die Eishockey-Welt.
Und der Rest der Welt? Der fand ein weiteres geschichtsträchtiges Ereignis doch tatsächlich interessanter als den DEL-Gewinner. Am 19.04.2005 wurde der Deutsche Joseph Ratzinger zum Papst gewählt und war seitdem bekannter unter dem Namen Papst Benedikt XVI. Erstmals seit 500 Jahren war wieder ein Deutscher zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt worden und nicht nur die "Bild"-Zeitung konzentrierte sich mit ihrer legendären Titelseite "Wir sind Papst!" eher auf dieses Ereignis. Auch bei den regionalen Medien fiel die Meisterschaft der Eisbären etwas hinten runter.
Wie Manager Peter John Lee (beinahe) die Meisterschaft verpasste
Peter John Lee war Spieler, Trainer und Manager des Hauptstadtklubs. Ein wahrer Vollblut-Eisbär eben. So vollblütig, dass die ganz spannenden Playoff-Spiele irgendwann zu viel für seine Nerven waren und er sie nicht mehr im Stadion verfolgen konnte. Stattdessen ging er spazieren und genehmigte sich die ein oder andere Zigarette. 2008 in der Verlängerung des letzten Playoff-Spiels gegen die Kölner Haie kam Lee der Legende nach dann so knapp zurück, dass der rote Teppich für die Eisbären bereits ausgerollt wurde. Die Berliner waren Meister.
Wie die Eisbären eine Bilderbuchgeschichte schrieben
Die DEL-Playoffs 2012: Adler Mannheim gegen die Eisbären Berlin. Die Eisbären hatten das erste Duell gewonnen, die Adler Mannheim Duell Nummer zwei und drei. Im viertel Spiel sorgten die Berliner nun für eine Dramatik, die seinesgleichen suchte.
Bei einem 2:5-Rückstand und nur noch 13 ausstehenden Spielminuten stellten die DEL-Verantwortlichen schon die Pokale und Medaillen für die Mannheimer bereit, die Fans in der Mannheimer Arena sangen "Wir holen die Meisterschaft" und die Mannheimer Spieler auf der Bank lagen sich in den Armen.
Doch die Berliner kämpften, glichen aus und gewannen die Partie noch in der Verlängerung. Und nicht nur das: Da auch das fünfte Spiel der Best-of-Five-Serie an die Berliner ging, feierten sie letztendlich die Meisterschaft.
Wie Florian Busch Joko Winterscheidt ins Krankenhaus rammte
Für die Dreharbeiten einer Folge der damaligen Sendung "neoParadise" von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf vergaß Eisbären-Profi Florian Busch kurz, dass es mit Winterscheidt kein ebenbürtiger Spieler war, der mit ihm auf dem Eis stand, sondern ein TV-Moderator. Das Ziel des Drehs war es, zu verdeutlichen, welche Kräfte im Eishockey wirken.
Ungebremst und mit voller Wucht rammte Busch Winterscheidt deshalb von vorne. Der konnte natürlich nichts entgegensetzen, war aber mit Helm und Körperpolstern geschützt. Das Ziel des Drehs war offensichtlich erreicht, Winterscheidt aber musste dem Krankenhaus einen Besuch abstatten. Er wurde untersucht, durfte die Klinik dann aber schnell wieder verlassen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 09.09.24, 15:15 Uhr