Kommentar | Standort-Wahl Zukunftszentrum - "Mit Halle ist das eine Entscheidung für die Vergangenheit - und nicht für die Zukunft"

Mi 15.02.23 | 14:42 Uhr | Von Andreas Oppermann
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Ein großer Aufsteller steht am Riebeckplatz in Halle an der Stelle, wo das neue Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation gebaut werden soll. (Quelle:dpa/H.Rebsch)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.02.2023 | Andreas Oppermann | Bild: dpa/H.Rebsch

Die Jury hat ihr Urteil zum Zukunftszentrum gefällt. Am Ende lieferten sich Frankfurt (Oder) und Halle ein Kopf-an-Kopf-Rennen, die Stadt an der Saale setzte sich durch. Eine falsche Entscheidung, meint Andreas Oppermann.

Für Frankfurt (Oder) ist das ein weiterer heftiger Schlag. Die Hoffnungen waren riesig. Aber das Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit kommt nicht an die Oder, sondern an die Saale nach Halle. Insgesamt 220 Millionen Euro wird die Bundesregierung dort in außergewöhnliche Architektur investieren, um bis zu eine Millionen Besucher jährlich zu locken.

Die Einrichtung, die Museum, Begegnungsstätte und Veranstaltungszentrum nach dem Vorbild des Europäischen Solidarnosc-Zentrums in Danzig sein soll, wird zudem mit 40 Millionen Euro im Jahr finanziert. Mit dem Zuschlag für Halle endet für Frankfurt ein Jahr der Hoffnung auf eine schillernde Zukunft.

Erfahrungen aus der Vergangenheit für die Zukunft

Der Stadt an der Oder war es gelungen, Begeisterung für das seltsam abstrakte Projekt in der Bevölkerung von Frankfurt und der polnischen Nachbarstadt Slubice zu wecken. Laut Bund soll das Zukunftszentrum die Deutsche Einheit mit ihren ostdeutschen Brüchen aufarbeiten.

Dabei sollen auch die Brüche in den osteuropäischen Gesellschaften nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums in den Blick genommen werden. Aus solchen Erfahrungen kann für die Zukunft gelernt werden. Denn Veränderung und Transformation bestimmen unsere Zukunft. Zum Beispiel bei der Umstellung der gesamten Wirtschaft und unseres Lebens auf CO2-Freiheit angesichts der schleichenden Klimakatastrophe.

Der Blick von Frankfurt über die Staatsgrenzen

Was den Zusammenbruch der Wirtschaft nach der Wiedervereinigung angeht, ist Halle mit seinem Umfeld von Bitterfeld bis zum Braukohletagebau um Leipzig herum sicher eine gute Wahl. Auch die Verkehrsanbindung von Halle ist besser. Auf der Autobahn 38 fährt man direkt in den Westen und mit dem ICE in nur drei Stunden nach München. Das benachbarte Leipzig, das sich auch beworben hatte, kann zudem auch noch profitieren. Denn hier gibt es genug Hotelbetten für die vielen erwarteten Besucher.

Aber was die Zukunft angeht, ist Halle die falsche Wahl. Gerade für den europäischen Teil der Ausschreibung ist Frankfurt wesentlich besser aufgestellt. Hier werden schon jetzt die Bücken nach Osteuropa gebaut. An der Oder gibt es ein Zentrum für interdisziplinäre Polenforschung. Das erste Zentrum für Ukraine-Forschung in Deutschland überhaupt wird aktuell an der Europauniversität Viadrina aufgebaut. Und im deutsch-polnischen Grenzraum wird Veränderung, Annäherung und die gemeinsame Gestaltung der Zukunft schon jetzt über die Staatsgrenze hinweg gedacht.

Die Jury für das Zukunftszentrum hat eine Entscheidung getroffen. Mit Halle ist das eine Entscheidung für die Vergangenheit - und nicht für die Zukunft.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.02.2023, 15.10 Uhr

Beitrag von Andreas Oppermann

23 Kommentare

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  1. 23.

    Als mündiger Bürger sollte man aber in der Lage sein, dies zu differenzieren und auch einen Journalisten als normalen Bürger betrachten können, der dann eben ohne den Deckmantel der Anonymität der Leser eine Diskussion anstößt.
    Falsch wäre es wenn er keine Kommentare der Leser zugelassen hätte.

    Ist ja nicht wie bei der Bundeswehr oder Polizei "Bürger in Uniform" wo man mit Uniform eben nicht ganz frei in seiner öffentlichen Meinungsäußerung ist.

  2. 22.

    Ein Kommentar soll nur die persönliche Meinung des Journalisten wiedergeben. Aber ein Journalist, zumal von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, ist nicht irgendein Bürger der seine Meinung sagt. Er übt mit seiner veröffentlichten Meinung seinen Beruf aus - auch im Sinne seines Dienstherrn. So mutiert der Kommentar oftmals zum Deckmantel für parteiliche Information und "Bildung". Man (die Anstalt) will sich schließlich objektiv und unabhängig darstellen.

  3. 21.

    Das "Zukunftszentrum" ist schmeckt doch sehr nach "Quark mit Soße" - und dessen Kosten mit 220+X sowie jährlichen 40 Millionen €uros wären für das Ziel der allgemeinen Bildung in Kitas, Schulen und Universitäten effizienter investiert.

  4. 20.

    Sie haben offenbar nicht verstanden, dass es sich um einen Kommentar handelt! Die Bemerkung zum Journalismus ist also völlig fehl am Platz!

  5. 19.

    Nun ja, wer die Region Halle und seine Entwicklung im Vergleich zu sozialistischen Zeiten wirklich kennt, wird die Entscheidung durchaus nachvollziehen können. Klar, dass es auch immer Neider gibt. Bei einer Wahl auf Frankfurt hätte zudem die Gefahr bestanden, dass gut zu beobachten wäre, wie schnell Deutschland von seinen Nachbarn, die wir vor wenigen Jahren noch belächelten, abgehängt wird.

  6. 18.

    Halle ist sachlich betrachtet sicher keine falsche Wahl, bis auf den Teil Osteuropa, den ich mit Halle gedanklich nicht verknüpft bekomme, vielleicht mangels Informationen.
    Auch der Punkt Erreichbarkeit spricht nur bedingt für Halle und gar nicht wenn man aus Polen, Weißrussland oder der Ukraine also Osteuropa anreist. Die meisten Kriegsflüchtlinge sind zuerst in FF angekommen.
    Auch das Argument des wirtschaftlichen Bedarfs zieht irgendwie nicht, wenn man bedenkt, dass Halle bereits Teil der Strukturhilferegion Kohleausstieg Mitteldeutsches Revier in Sachsen Anhalt ist. Sicher nicht so fett wie in der Lausitz oder im rheinischen Revier, aber öffentlich geförderte Leuchttürme gibt es da bereits einige.
    Desweiteren gibt es die Chemieindustrie und einiges mehr von "früher" noch.
    Der DDR-Leuchtturm Halbleiterwerk in FF ist ein Callcenterstandort geworden.
    Interessant wird der Standort, aus meiner Sicht die hässlichste Straßenkreuzung die ich kenne. Das Ding umzubauen wird spannend.

  7. 17.

    Nach Halle fährt wenigstens der ICE. Nach Frankfurt Oder nicht.

  8. 16.

    Ich stimme Ihnen zu, Halle hat in den letzten Jahrzehnten viel verloren und wenn mein Mann und ich vor mehr als 20 Jahren dort eine Perspektive gehabt hätten, wären wir nicht in die Lausitz gezogen. Vielleicht kann die Nähe zu Leipzig auch ein Vorteil sein. Von einer falschen Wahl zu sprechen, finde ich übertrieben. Es gibt einen Gewinner und das sollte respektiert werden, ob es Herrn Oppermann gefällt oder nicht.

  9. 15.

    Herr Oppermann ist selbst in Frankfurt/Oder ansässig. Das er da wegen der Standort-Wahl knietschig ist, ist nachvollziehbar. Deswegen jetzt aber Halle als eine Entscheidung für die Vergangenheit zu bezeichnen ist schlichtweg infantil und entbehrt jeglicher Grundlage. Ein Kommentar mit viel Emotion und wenig Fakten. Der Kommentator hätte vielleicht lieber nochmal eine Nacht drüber schlafen sollen.
    Glückwunsch an Halle.

  10. 14.

    ...und weswegen sollte man nun nach Halle fahren?

  11. 13.

    Mal abgesehen von der Frage, was das wohl für ein "Zukunftszentrum" werden soll und von welcher europäischen "Transformation" da die Rede sein wird, ist es eine ziemliche Unverschämtheit, der weit über 1000jährigen Saalemetropole und geistigen Wiege der deutschen Aufklärung die Zukunftsfähigkeit abzusprechen. Gerade die einstige Bezirksstadt der "abgewickelten" ostdeutschen Chemieindustrie, die sich so tapfer dem opferreichen vollständigen Strukturwandel zu stellen hatte und einen unvergleichlichen Aderlass erdulden musste, hätte eine gute Portion gesamtdeutscher Solidarität verdient. Statt dessen wird hier die Händelstadt als Symbol der Vergangenheit diffamiert. Wie wäre es demgegenüber gewesen, Stärken und Potentiale beider Städte, ja, natürlich auch Frankfurts, herauszustellen und der Aufmerksamkeit des Publikums nahe zu bringen? Was für ein schlechter Journalismus!

  12. 12.

    Da der Bund als Investor, Bauherr und Träger auftritt, hätte die Stadt die vergleichsweise einfachen Aufgaben, Infrastruktur und Baugenehmigungen zu stemmen.
    Daher kann man zwar im Rathaus oder Stadthaus im Kreis diskutieren, was aber keine Auswirkungen auf das Projekt gehabt hätte, weil die Entscheidungen dazu nicht in FF getroffen werden.
    Das was bauseits geliefert werden müsste, kann FF mindestens so gut wie jeder andere. (Strom Gas, Wärme, Wasser, Abwasser etc.)
    Andererseits wäre es interessant zu erfahren ob es irgendwo in Deutschland ein OB jemals geschafft hat volle Zustimmung aus allen Fraktionen für ein vergleichbares Großprojekt zu bekommen. Wenn auch mit einigen Zweiflern die über ihren eigenen oder den Schatten ihrer Partei springen mussten.

  13. 11.

    Also ich sehe in Ihrem Kommentar etwas zusammenkonstruiertes was bei Herrn Oppermann überhaupt nicht steht.
    Die neblig angedeutete Transformation der CO2 freien Gesellschaft war auch immer Teil des Projektes, da es nicht nur um Technologie sondern gesellschaftliche Auswüchse von Transformationen gehen soll. Und das bei den derzeitigen Verkehrs- Energie- und was auch immer Transformationen gesellschaftlich einiges nicht optimal läuft, kann man ja täglich in allen Medien/Kommentaren wahrnehmen. Auch diese Konflikte müssen wissenschaftlich betrachtet werden.
    Wie Sie darauf kommen, dass in FF nun die Lichter ausgehen, sei Ihnen überlassen. Ich habe davon außer in Ihrem Kommentar noch nirgendwo etwas wahrgenommen. Straßenbeleuchtung funktioniert und auch bei mir zu Hause ist es nicht dunkler geworden.
    Da Sie für mich inzwischen bekannt dafür sind an nichts außer sich selbst ein gutes Haar zu lassen, würde ich Ihren Kommentar genau in diese Schublade schieben.

  14. 10.

    Kleine Hilfestellung denjenigen die Herrn Oppermann etwas "falsches" o.ä unterstellen.
    Erklärung Kommentar siehe Duden
    kritische Stellungnahme zu einem aktuellen Ereignis oder Thema (in Presse, Rundfunk o. Ä.)
    Ein Kommentar kann also nicht inkorrekt sein.
    Er kann mir nicht gefallen oder ich kann anderer Ansicht sein aber inkorrekt o.ä. geht nur in Diktaturen in denen man auch die Meinungen vorschreibt oder Journalisten kein Recht auf eigene Meinung haben.

  15. 9.

    Halle ist die bessere Wahl gewesen, der Kommentar ist inkorrekt. Meinen Glückwunsch!

  16. 8.

    Ich mag dem Kommentar nicht zustimmen. Frankfurt/Oder hat außer der Lage an der Ostgrenze unseres Landes kein Argument, welches Halle nicht auch in die Waagschale werfen konnte. Halle ist strukturschwach, nachdem die Industrie nach der Wende in Mitteldeutschland größtenteils zusammengebrochen ist, und kann solch eine Förderung daher auch ganz gut gebrauchen. Zudem liegt es deutlich verkehrsgünstiger. Lokalpatriotismus schön und gut, aber man muss halt auch mal dem Nachbarland was gönnen können. Ich hätte mich für beide Städte gefreut und daher empfinde ich es nicht als Niederlage, dass nun Halle das Rennen gemacht hat.
    Ob die erwarteten Besucherzahlen jemals auch nur ansatzweise erreicht werden, bezweifle ich persönlich allerdings stark und das völlig unabhängig vom Standort.

  17. 7.

    Auch ich glaube,daß Frankfurt alleine wegen seiner geographischen Lage die bessere Wahl gewesen wäre.Da geht es gar nicht um Verlierer oder Sieger,Frankfurt liegt ganz einfach vor den Toren eines derzeit nicht westeuropäischen aufgestellten EU Staates der so oder so die Zukunft des Mittel- osteuropäischen Gebietes entscheidend mit bestimmen wird.Halle liegt in der Mitte einer Region ohne gravierende innerregionale Probleme.

  18. 6.

    "um bis zu eine Millionen Besucher jährlich zu locken"

    Ich kann mir unter diesem Zukunftsforum rein gar nichts vorstellen, aber eine Millionen in einer 56.000 (Tendenz sinkend) Einwohhnerstadt...

  19. 5.

    Herr Oppermann vermischt Dinge und konstruiert etwas, was es nie gab.
    CO2 hat nix mit (Auf-)Bruch des Osten Deutschlands mit den noch weiter östlichen Nachbarn und RGW-Bruderstaaten zu tun.

    Und ganz ehrlich: Wenn Frankfurt(Oder) so am Tropf hängt, das mit dem Nichtkommen eines nur auf dem Papier skizzierten Projektes dort jetzt die Lichter ausgehen, dann war die Entscheidung richtig!
    Aber schreibt der Kommentator nicht selbst, welche Leuchtturmprojekte, ja sogar einzigartige, es an der Viadrina gibt? Es soll also dort noch mehr hin, wo schon was ist?
    Was ist das? Besitzneid?
    Die anderen waren besser.
    Von Berlin bis Halle fahren Sie in einer Stunde. Was die Bahnstrecke nach München soll, wissen nur Sie.

    Herr Oppermann, Sie sind ein unfairer Verlierer.

    Dafür nehme ich ihnen auch den freudschen Verschreiber voll und ganz unkorrigiert ab. :)

  20. 4.

    Eine schlechte und zugleich gute Entscheidung. Denn diese Aufgabe hätte eine Stadt die tief verschuldet ist nur noch weitere Visionäre Bauwerke beschert die sich hinterher als Kostenfalle erweisen. Ich hätte auch kein Vertrauen in die Verwaltung von Frankfurt diese Aufgabe zu meistern. Verschiedene Interessenlagen hätte dazu geführt das man Jahre lang im Kreis diskutiert hätte. Frankfurt hat andere Probleme und die sollte man lösen bevor man sich neue ans Bein bindet. Man kann gespannt nach Halle schauen wie man dort diese große Aufgabe lösen wird, Peinlich Vorfälle wie sie bei Großprojekten in Deutschland an der Tagesordnung sind wird man uns nicht ersparen. Ich glaube auch das dass in Halle auch mit er gemischten Gefühlen sieht...

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