Schauspielerin Brigitte Grothum wird 90 - Eine Dame vom Grill mit Herz und Berliner Schnauze

Auch mit 90 Jahren noch lange nicht im Ruhestand: Die unvergleichliche Schauspielerin Brigitte Grothum feiert ihren runden Geburtstag auf der Bühne. Von Corinne Orlowski
Die schaurigen Gruselgeschichten von Edgar Wallace an der Seite von Klaus Kinski machen sie Anfang der 1960er Jahre zum Kinostar. Doch in Erinnerung geblieben ist Brigitte Grothum vermutlich vor allem als eine der drei resoluten Imbissbesitzerinnen in der Vorabend-Serie "Die drei Damen vom Grill".
16 Jahre lang, von 1977 bis 1992, spielte sich die Rotblonde mit den blauen Augen und der Berliner Schnauze in die Herzen der Zuschauer. 140 Folgen an der Seite von Brigitte Mira, Günther Pfitzmann und Harald Juhnke.
Den Erfolg sieht Brigitte Grothum in der Freundschaft, die die Schauspieler von Anfang an verband: "Das waren gut geschriebene Bücher, wir waren gut besetzt mit den Rollen, aber wir haben wirklich so viel Spaß gehabt und die Dinge mit Humor genommen. Wir haben uns gegenseitig geholfen. Wir waren wirklich ein tolles Team in der Zeit. Und ich glaube, die Leute haben das auch gespürt."
Startschuss in den 70er Jahren
Die gebürtige Dessauerin wollte eigentlich Pianistin werden, aber ein gebrochener Finger ließ den Traum platzen. In ihrer Kindheit im Krieg erlebte sie Bombenalarm und Evakuierung im brandenburgischen Fläming. 1950 flüchtete die Familie nach West-Berlin. Dort nahm sie Schauspielunterricht bei Marlise Ludwig und Herma Clement und debütierte bereits mit 19 Jahren am Tempelhofer Zimmertheater. Danach folgten Engagements an fast allen Bühnen des damaligen West–Berlin. Bis heute wird sie von ihren Fans als Theaterschauspielerin verehrt.

Grothums Liebe gilt ihren literarischen Solo-Lesungen und Monologen. Seit fünf Jahren brilliert sie in "Ein deutsches Leben" als Goebbels' Sekretärin Brunhilde Pomsel am Berliner Schlosspark-Theater. Ein eindringlicher Text, der auf einem Interview basiert, das Brunhilde Pomsel im Alter von 102 Jahren gegeben hat. Darin erzählt sie aus ihrem Leben und aus dieser Zeit an der Seite des unheimlichen Propagandaministers. F
ür Brigitte Grothum einer ihren späten Lebenshöhepunkte, denn mit dieser Inszenierung verarbeitete sie den Tod ihres geliebten Ehemannes Manfred Weigert 2019, mit dem sie 50 Jahre verheiratet war. Das Stück habe sie gerettet, sagt sie heute.
28 Jahre lang der Berliner "Jedermann"
Grothum spielte nicht nur auf der Bühne und in 200 TV-Rollen, sondern führte ab Ende der 1980er Jahre auch Regie. Die von ihr ins Leben gerufenen, produzierten, inszenierten "Berliner Jedermann Festspiele" waren 28 Jahre lang eine Institution des Berliner Kulturlebens. Spielstätte war zunächst die Kreuzberger Kirche am Südstern, später die Gedächtniskirche und ab 1993 der Berliner Dom.
Obwohl der Berliner "Jedermann" immer hochkarätig besetzt war, unter anderem mit Brigitte Mira, Iris Berben, Ilja Richter, Winfried Glatzeder oder Jeanette Biedermann, erhielt Brigitte Grothum nie Förderungen für die Produktion. Da sie immer um Geld "betteln" musste, wie sie sagt, beendete sie 2014 die alljährlichen Festspiele. "Es war die schwerste Entscheidung meines künstlerischen Lebens, da loszulassen, aber ich musste loslassen. Ich war damals 79."
Als berührendstes Erlebnis in der "Jedermann"-Geschichte schildert Grothum ein Gastspiel im Juli 1989 im Osten der Stadt, in der Marienkirche am Alexanderplatz wenige Monate vor dem Fall der Mauer: "Das Publikum hat unten gestanden und geweint und wir haben oben gestanden und geweint." Es regnete Rosen und gab Sprechchöre: "Wiederkommen, wiederkommen!" Insgesamt haben eine halbe Million Menschen die Berliner "Jedermann"-Vorstellungen gesehen.

Auszeichnungen und Orden
Ihre Leistungen als Schauspielerin und Regisseurin sind so vielfältig, dass sie unter anderem mit dem Berlin-Orden, dem Bundesverdienstkreuz am Bande und 2024 mit dem Askania Award für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. "Ich habe sehr viel Glück gehabt im Leben", sagt Grothum in einem rbb-Interview. "Ich habe eine wunderbare Ehe gehabt, ich habe zwei wunderbare gesunde Kinder und ich kann in meinem hohen Alter wirklich noch das machen, was ich am allerliebsten mache, nämlich Theaterspielen und auch Fernsehen machen oder so."

Und jetzt macht sich Brigitte Grothum zu ihrem 90. selbst noch ein Geschenk: Sie wird im Berliner Schlosspark-Theater von Freund Dieter Hallervorden auf der Bühne stehen, in der Hauptrolle der Komödie "Oma Trick". An einen Ruhestand denkt die unermüdliche Brigitte Grothum also auch mit 90 Jahren noch nicht – zum Glück.
Sendung: "Der Tag", 26.02.2025, 18:00 Uhr