Holzbau in Brandenburg - "Wir müssen die Art des Bauens verändern"
In Eberswalde soll das größte Holzmodulwerk Deutschlands entstehen. Holz gilt als weniger klimaschädlich als Beton. Doch bisher setzen Holzbauer vor allem auf Fichte, einen vom Klimawandel besonders betroffenen Baum. Nun suchen sie Alternativen. Von Kristin Langen
Die ersten Holzmodule für den Wohnungsbau aus Eberswalde (Barnim) sollen im kommenden Frühjahr hergestellt werden: Dort wird aktuell nach Angaben des Holzbauers Timpla das größte Holzmodulwerk Deutschlands gebaut. Nach Plan werden zunächst 100 Mitarbeitende 1.000 Holzmodule pro Jahr herstellen und damit die Grundlage für mehrgeschossige Gebäude in Berlin und Brandenburg schaffen. Nach ein paar Jahren soll die Produktion dann verdoppelt werden.
Während bei der Herstellung von Beton und Zement hohe CO2-Emissionen entstehen, gilt Holz als weniger klimaschädlich. Ein Holzmodul könne man sich wie einen Container aus Holz vorstellen, sagt Sven Schwartz, verantwortlich für Marketing und Kommunikation bei Timpla.
"Wenn wir beispielsweise ein Hotel bauen, dann sind die Raummodule fast komplett ausgebaut. Sie haben die Küche drin, sie haben Sanitärzellen drin, sie haben Parkett drin, wenn gewünscht. Sodass die Raummodule auf der Baustelle nur noch wie Legobausteine zusammengebaut werden müssen." Danach gebe es eine große Nachfrage. Sowohl die Stadt Eberswalde als auch Bauunternehmen aus Berlin hätten schon Interesse an den Holzmodulen angemeldet.
Reine Fichtenwälder sind nicht mehr überlebensfähig
Bisher wird im Holzbau vor allem Fichte verwendet, der klassische Holzbau-Baum. Deshalb werde auch die Produktion in Eberswalde zunächst mit Fichte starten, so Schwartz weiter. Doch ausgerechnet die Fichte leidet besonders unter der klimawandelbedingten Trockenheit, Hitze und daraus folgendem Schädlingsbefall.
Schon jetzt sei die Fichte "an ihren Kipppunkt gekommen, vom Ökosystem her. Diese reinen Fichtenwälder sind nicht mehr überlebensfähig", sagt Peter Spathelf, Professor für angewandten Waldbau an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE). "Insofern müssen wir uns von der Fichte über weite Strecken in Deutschland verabschieden", prognostiziert er.
Die Traditions-Baumart in Brandenburg ist allerdings nicht die Fichte, sondern die Kiefer. Und die möchten Holzbau-Unternehmen wie Timpla gern für den Holzbau nutzen. In den nächsten Jahren, so Spathelf, werde viel Kiefernholz anfallen. Im Zuge des Waldumbaus werde der Wald verjüngt und neue Baumarten angepflanzt, die in Brandenburg vorherrschende Kiefer wird dadurch an vielen Standorten gefällt und auf den Markt kommen. Nach Wunsch der Holzbau-Unternehmen sollte sie dann für den Hausbau genutzt werden. Doch dafür gibt es noch einige Hürden zu nehmen.
Nutzung von Kiefer im großen Stil braucht noch Zeit
Mit diesen Hürden beschäftigt sich unter anderem Ulrich Schwarz, Professor am Institut für Holzingenieurwesen an der HNEE. Im Rahmen des Forschungsprojektes "Adapt-Regulus" [hnee.de] erforscht die Hochschule in Kooperationen mit Timpla und anderen Holzbauunternehmen aus Brandenburg, wie zukünftig die Kiefer im Holzbau eingesetzt werden könnte.
Die Fichte hat kleinere Äste als die Kiefer und das Holz verhält sich anders, wie Schwarz sagt. Dazu kommen rechtlichen Vorgaben, so der Forscher. "Das, was an der Kiefer so schön nach Holz riecht, das gefällt dem Bundesgesundheitsamt nicht." Dabei hätten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass die organischen Bestandteile, die aus dem Holz ausdringen, nicht gesundheitsgefährdend seien.
Bis die Kiefer in Deutschland tatsächlich im großen Stil für den Holzbau verwendet werden kann, braucht es also noch Zeit. Geforscht werde währenddessen nicht nur an der Kiefer, sondern auch anderen Holzarten wie Buche und Robinie, sagt Schwarz. Es sei schwer vorherzusagen, welche Holzarten in zehn Jahren genutzt werden. "Klar ist, dass wir heute nicht mehr so bauen können, wie wir die letzten 100 Jahre gebaut haben", sagt Sven Schwartz vom Holzbauer Timpla.
Integratives Waldkonzept
Doch ist es überhaupt sinnvoll, Holz in großem Stil für den Hausbau zu nutzen? Braucht es nicht langsam wachsende Hölzer, die viel CO2 speichern und im Wald halten? Der Wald ist angesichts der zunehmenden Trockenheit in keinem guten Zustand, wie im RBB-Podcast "Feld, Wald und Krise" besprochen wird. Peter Spathelf von der Hochschule in Eberswalde plädiert deshalb für ein integratives Waldkonzept: "Das bedeutet, man bewirtschaftet Wälder auf einem größeren Teil der Fläche aktiv, man nutzt, man pflegt die Wälder und lässt dann bestimmte Biotope in Ruhe."
Wichtig sei die Kombination: Einerseits eine vorsichtige, nachhaltige Nutzung in Dauerwald und andererseits der Schutz bestimmter wertvoller älterer Waldteile. Zehn bis 15 Prozent der Flächen könnten stillgelegt werden. Würde man allerdings zu viel Wald unter Schutz stellen, so befürchtet Spathelf, wird Holz zunehmend aus Ländern importiert, die weniger nachhaltig erzeugen.
Während momentan die Kiefer 70 Prozent der Waldfläche in Brandenburg ausmacht, prognostiziert Spathelf einen starken Rückgang. Im Zuge des Waldumbaus werden in den nächsten Jahren andere Bäume nachwachsen und die Kiefer auf 30 bis 40 Prozent der Waldfläche zurückgedrängt.
Vor allem in besonders trockenen und nährstoffarmen Regionen wird die Kiefer weiterhin vorherrschend sein. An den besseren Standorten werden andere Bäume gepflanzt, erklärt Spathelf: „Hier im Eberswalder Raum, Choriner Raum, der Endmoräne werden wir verstärkt auf Edellaubbäume wie Ahorn, Esche und seltenere heimische Laubbaumarten setzen“. Die großflächigen Kiefern-Reinbestände werde es in Zukunft nicht mehr geben.
Die Art des Bauens muss sich verändern
"Wir müssen die Art des Bauens verändern", fasst Sven Schwartz von Timpla zusammen und meint damit nicht nur die Holzarten. "Wir müssen auch weniger bauen", sagt er. Ein Satz, den man selten von Bauunternehmen selbst hört. "Wir als Holzbauer sind daran interessiert, dass wir einen resilienten Wald haben. Wir sagen auch selbst, dass Holzbau nicht die alleinige Lösung ist. Wir können den gesamten Neubaubedarf nicht mit Holz gewährleisten."
Auch Ulrich Schwarz von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung betont: "Es braucht eine Umbaukultur, wo überhaupt nicht mehr neu gebaut wird, sondern wo wir alte oder ältere Gebäude sanieren und umbauen." Gebäude umbauen, aufstocken, anbauen, Materialen wiederverwenden – und wo es Neubau braucht, dort Holz verwenden. In dieser Kombination läge das Potenzial.
Sendung: Antenne Brandenburg, 28.06.2023, 16:40 Uhr