Fahrradbranche - Fast jedes zweite neue Fahrrad ist ein E-Bike

Do 03.08.23 | 06:11 Uhr | Von Lisa Splanemann
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Archivbild: Eine junge Frau fährt mit einem E-Fahrrad auf der Straße. (Quelle: dpa/Z. Scheurer)
Video: rbb24 Abendschau | 02.08.2023 | Bild: dpa/Z. Scheurer

Ob als Lastenrad, Transportmittel oder für Ausflüge: Seit einigen Jahren sind E-Bikes nicht mehr aus dem Berliner Stadtbild wegzudenken. Lieferkettenprobleme während Corona hatten trotz hoher Nachfrage den Markt zwischenzeitlich ausgebremst. Von Lisa Splanemann

Sie sind unkompliziert, schnell und ermöglichen bequemes Fahren: E-Bikes, oder auch Pedelecs genannt, sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden.

"In den letzten Jahren war die Tendenz: mehr von allem. Mehr Akku, mehr Motor, mehr Watt, mehr Reichweite", sagt Annette Blum, Geschäftsführerin des Berliner Fahrradhändlers Velophil. Inzwischen gehe der Trend hin zum leichteren Modell. "Vor allem im Innenstadtbereich benötigt man nicht die 300-Kilometer-Akkus." Praktikablere, alltagstauglichere Pedelecs – die beispielsweise unkompliziert über die Treppe in den Keller transportiert werden können – würden stattdessen in der Großstadt immer beliebter, so die Fahrradspezialistin.

Ein Fahrrad mit Motorunterstützung biete einige Vorteile, sagt Reiner Kolberg vom Zweirad-Industrie-Verband. Das E-Bike werde stark mit dem Thema Komfort verbunden. "Es erschließt neue Anwendungsgebiete – viele ältere Menschen nutzen Pedelecs, Leute wollen vom Auto auf eine andere Mobilitätsform umsteigen. Gleichzeitig kann das E-Bike in der Freizeit genutzt werden", sagt Kolberg.

E-Bikes auf der "Überholspur"

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt rund 4,6 Millionen Fahrräder in Deutschland verkauft, wie Daten des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) zeigen. Knapp die Hälfte aller verkauften Fahrräder sind inzwischen E-Bikes. Sie seien in Deutschland somit auf der "Überholspur", so der Verband. In diesem Jahr könnte sogar die Zahl der verkauften Pedelecs zum ersten Mal die der unmotorisierten Fahrräder übersteigen, so die Prognose des ZIV. Einzelne Bereiche, wie etwa der Mountainbike-Sport, seien inzwischen größtenteils motorisiert, schätzt Annette Blum vom Fahrradhändler Velophil.

Nachfrageboom und Lieferprobleme in Corona-Zeiten

Vor allem in den vergangenen Corona-Jahren hat die E-Bike-Branche einen großen Nachfrageboom erlebt. Viele Menschen sind auf das Zweirad – mit oder ohne Motor – umgestiegen. Die Fahrradbranche hat das zu spüren bekommen. "Die Branche hat einen plötzlichen Nachfrageschub in der Corona-Zeit erlebt", schildert Reiner Kolberg vom Zweirad-Industrie-Verband.

Doch die Fahrradindustrie wurde gleichzeitig mit großen Lieferproblemen konfrontiert. "In asiatischen Ländern sind von einem Tag auf den anderen ganze Fabriken und Häfen geschlossen worden." Das habe dazu geführt, dass es zu Lieferengpässen bei Teilen und Rohstoffen gekommen sei, "die Kosten für Rohstoffe und den Transport sind dadurch deutlich gestiegen", so Kolberg.

Rabattaktionen durch volle Lager

Inzwischen gebe es keine Lieferprobleme mehr. Um drohenden Engpässen entgegenzuwirken, haben die Unternehmen ihre Lagerbestände aufgefüllt. Nun versuchen die Fahrradhändler und -hersteller, die Vorräte zu verkleinern und die Bestände abzubauen. Das führt zu Preisnachlässen. "Wir haben beispielsweise schon deutliche Preissenkungen bei den Herstellern sehen können", beobachtet Reiner Kolberg. Dass die Preise runtergeschraubt werden konnten, liege an der verbesserten Einkaufssituation am Markt. So komme es bei den regionalen Händlern immer wieder zu Rabattaktionen, "die aus Kundensicht natürlich sehr gut sind".

Der Preis eines Pedelecs spielt bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle. Günstige E-Bikes gibt es für rund 1.000 Euro. Wer ein hochwertiges, sicheres Pedelec kaufen will, müsse deutlich tiefer in die Tasche greifen, so Fahrradhändlerin Annette Blum.

Gebrauchte E-Bikes als preiswertere Alternative

Das französische Startup Upway hat sich auf den Weiterverkauf von gebrauchten E-Bikes spezialisiert. Das junge Unternehmen wurde 2021 gegründet und hat in mehrere Länder expandiert. Dazu gehört auch Deutschland. In Berlin-Bohnsdorf befindet sich das Lager der französischen Firma. In einer etwa 10.000 Quadratmeter großen Halle werden die Fahrräder mit Motorunterstützung gelagert, geprüft, aufbereitet und gesäubert, bevor sie für die Website fotografiert werden.

"Das gebrauchte E-Bike soll einem neuen Produkt in nichts nachstehen", sagt Florian Groß, der bei Upway unter anderem für den Kundenservice zuständig ist. Das junge Unternehmen beziehe die gebrauchten Fahrräder aus unterschiedlichen Quellen – etwa von Händlern oder Herstellern. Bei den E-Bikes könne es sich beispielsweise um Ausstellungsstücke handeln oder um Produkte, die durch Überkapazitäten nicht verkauft worden seien, sagt Groß.

Im vorderen Teil der schlauchförmigen Halle werden die verkauften Räder für den Versand vorbereitet. Rund 20 Mitarbeiter sind am deutschen Standort tätig. "Wir wollen mehr Menschen den Kauf eines E-Bikes ermöglichen", sagt Florian Groß.

Inflation als kurzfristige Bremse

Die Branche beobachtet aktuell einen Nachfragerückgang. Das kann an der derzeit hohen Inflation liegen – die Teuerungsrate im Juli lag nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamts bei 6,2 Prozent. Längerfristig rechnen die Händler und Hersteller allerdings mit einem Nachfrageboom. "Das Fahrrad ist nicht mehr aus dem Straßenbild wegzudenken", sagt Annette Blum von Velophil, "wenn wir wegwollen vom motorisierten Autoverkehr – und das müssen wir, weil der Platz nicht reicht – dann ist das Fahrrad unter anderem die Lösung".

Sendung: rbb 88,8, 02.08.2023, 17 Uhr

Beitrag von Lisa Splanemann

50 Kommentare

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  1. 50.

    Antwort auf Büro
    Na meine Rede 70 Millionen Fahrradfahrer sind mal 100€ Steuern erträgliche Einnahmen 70Milliarden.
    Da soll keiner sagen es lohnt sich nicht.
    Davon können viele Fahrradwege gebaut werden ,die Sicherheit damit erhöhen, Neue Ampelanlagen ..... usw.
    Also bitte mitmachen.

  2. 49.

    Ohne in die Pedale zu treten, passiert auch beim e-bike nix außer nach rechts oder links umfallen.
    Wenn e-bikes so schnell geklaut werden, scheinen sie ja doch recht beliebt zu sein.
    Dachte aber eigentlich Fahrraddiebstahl ist ein uraltes gesellschaftliches Problem und hat wenig mit dem technischen Fortschritt zu tun.
    Was die körperliche Fitness angeht, ist alles nur eine Frage der Dauer und der Belastung.
    Und da ist mit dem e-bike zum Bäcker fahren immer noch gesünder und umweltfreundlicher als mit dem Auto.

  3. 48.

    Nicht umweltfreundlich !! Das gute alte Rad ist mega Umweltfreundlich und gut für Beine Po usw. Diese Elektrobikes sind wie SUW völlig überflüssig in der Stadt. Außerdem werden die Elektrobikes oder ihre Akkus ruckzuck geklaut. Ein richtiger Radfahrer tritt in die Pedale und nichts anderes.

  4. 47.

    Na, die Leute müssen ja alle Geld haben...
    Habe mir gerade auch in fortgeschrittenem Alter ein neues Rad gekauft, natürlich ein normales - erstens sehe ich gar keine Notwendigkeit für ein anderes, schließlich ist Berlin ja nun auch nicht gerade gebirgig.
    Zum anderen würde ich nie diese Preise zahlen, auch wenn die Vertreter der Branche in diesem Artikel ja schon fast wie Samariter daherkommen und einem offenbar diese Räder bald schenken werden...

  5. 46.

    Anette Blum von Velophil lebt davon, dass Fahrräder gekauft werden. Eine andere Aussage wäre geschäftsschädigend.

  6. 45.

    Eine Fahrradsteuer analog zur Kfz-Steuer ist nicht notwenig. Es reicht eine einmalige satte Abgabe auf den Verkaufspreis, analog zur Cooyright-Abgabe bei DVD-Brennern und Co.

  7. 44.

    Ja, da stimme ich Ihnen zu.
    Wobei ich auch 1-2 Leute kenne, die zumindest häufiger das Auto stehen lassen, seitdem sie ein E-Bike haben.

  8. 43.

    „wenn wir wegwollen vom motorisierten Autoverkehr – und das müssen wir“
    Entweder mag da jemand keine Verkehrsmittelvielfalt oder aber will E-Bike‘s verkaufen. Das Wörtchen „wir“ ist zudem dreist gewählt. Ist nicht genau das mit ein Grund für den letzten Wahlausgang gewesen?
    Nur noch Radfahrerbevorzugung? Wende- E-Kfz sind wohl doch für alle zu teuer und müssen „verteufelt“ werden? Hm? Wo das wohl endet?

  9. 42.

    Auch diese Fälle wird es zuhauf geben,
    ich bin nur der Überzeugung das es bedeutend mehr Wechsler Rad -> E-Bike gibt.
    Der Mensch ist halt träge und bequem...daher auch die bemerkenswerte, gesamtgesellschaftliche Adipositas Entwicklung.

  10. 41.

    Na ja, Radfahrer tun doch niemandem weh, Unfälle gehen viel glimpflicher aus als mit einem bösen SUV, daher auch keine Steuer, kein Nummernschild und wozu auch noch einen Helm tragen?

  11. 40.

    "Wo sind denn die für die Steuer anzubietenden Radwege in diesem Moment? Ich zahl doch keine Steuer für was, das noch nicht Mal in 30 Jahren steht"

    Steuern werden unabhängig von der Bezeichnung verpulvert. Meine Kfz-Steuer finanziert ganz andere Dinge, nur nicht den Strassenverkehr. ;-)

  12. 39.

    Das ist gut zu wissen.
    Das E-Bike wird auch solche Insellösungen wie den E-Scooter ersetzen können.
    Die Batterien werden schon seit Jahren recycelt oder zumindest thermisch behandelt, sprich verbrannt.
    Da muss keiner Panik haben zumal die Recyclingkapazitäten massiv ausgebaut werden, schon wegen der E-Fahrzeuge allgemein.
    Ich kann mich noch an die Diskurse pro und contra Scheibenbremse erinnern... Was wurde da gelabert, wie schlecht die Scheibenbremse an einem Fahrrad sei und erst hydraulisch - Sakrileg! Heute haben fast alle Neuräder eine hydraulische Scheibenbremse.
    Ginge es nach den Ewiggestrigen, würden wir heute wie Fred Feuerstein mit steinernen Walzenrädern fahren...Jappa-Dappa-Duuu

  13. 38.

    Guten Tag, Herr Teichert,
    vielen Dank für Ihre Anregungen. Wir werden umgehend Ihren Wünschen nachkommen und eine Fahrradsteuer für Radrowsdys einführen sowie auch für behelmte. Außerdem werden wir Fahrradkennzeichen einführen.
    Wenn wir sonst noch etwas für Sie tun können, gerne...
    [sarcasm off]

  14. 37.

    Es stimmt leider nicht, dass größere Anstrengung besser für die Gewichtsreduzierung ist. Länger andauernde gleichmäßige leichtere Anstrengung ist viel wirksamer - siehe z.B. Nordic Walking contra Gewichtestemmen. Eigene Erfahrung, per Zufall bemerkt nach langer Zeit nur per E-Bike.

  15. 36.

    Bin mein Leben lang viel Fahrrad gefahren, fast jeden Weg zur Arbeit usw. Jetzt mit ü70 reicht die Puste "bergauf" nicht mehr ganz. Habe noch vor Corona ein E-Bike erworben und fahre fast alle Wege nur noch damit, schon über 13000 km. Ihrer Meinung nach soll ich jetzt also nicht mehr Rad fahren? Es ist meine Lieblingsfortbewegungsart und ich bin dabei glücklich, bei (fast) jedem Wetter.

  16. 35.

    "Was machen sie dann? "
    ich verweise höflichst auf §8 Batteriegesetz ;-) Sollten Sie mal versuchen. Funktioniert!
    Sich seiner gesetzlichen Pflichten zu entziehen, nur um Kosten für eine fachgerechte Lagerung und Zuführung zum Recycling zu sparen, kann man sich gefallen lassen, muss man aber nicht.

  17. 34.

    Warum geben Sie mir Recht in Ihrer Überheblichkeit? Es geht ums amüsieren über das Leid anderer Menschen.
    Fühlen Sie sich wirklich als besserer Mensch nur weil andere anders ticken? Und dazu noch ihren Lebensstil als einzig umweltfreundlich darstellen.
    Sie tun mir leid mit Ihrem kurzen Horizont.

  18. 33.

    „… wie Daten des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) zeigen“
    Für diesen Verband interessieren nur die Herstellungs- bzw. Verkaufszahlen. Bestand ist abgehakt und für einige Jahre nicht als Kunde erreichbar also weniger interessant. Auch wenn der Trend zum Zweit- oder Drittrad geht.
    Ich habe 3 und noch kein elektrisches. Das nächste irgendwann hat aber einen Motor.

  19. 32.

    Nach Ihrer Argumentation würde ich dann leider manch einen Bahnhof nicht mehr verlassen und müsste jeden Morgen meinen Nachbarn das Fahrrad raustragen, weil es für sie zu schwer ist, aber der Meinung sind damit zur Arbeit fahren zu wollen. Fehlende Infrastruktur ist sicherlich ein Problem. Ich kann mir auch keine LKW kaufen, wenn ich es nicht händeln kann. Man sollte schon in der Lage sein, sein Fahrrad tragen oder heben zu können, wenn es Unwegbarkeiten gibt. Ansonsten sollte man es sein lassen.

  20. 31.

    Ich fahre täglich mit dem Rad zur Arbeit und trage einen Helm mittlerweile. Der Grund sind die Autofahrer, welche an Kreuzungen leider vergessen, dass es rechts vor links gibt und 30 nicht pro Reifen gelten. Ich hänge einfach an meinem Leben und meinen Körperteilen, weswegen ich inzwischen Katzenaugen, Speichenreflektoren und eine Warnweste trage. Immer in der Hoffnung das es was bringt. Ich bin nicht auf der Flucht und fahre daher angemessen. Daher sind nicht alle mit Helm Rowdys.

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