Tarifstreit - Warnstreik legt BVG-Verkehr in Berlin weitgehend lahm

Do 29.02.24 | 15:31 Uhr
  63
Eine Anzeige mit Hinweis zum Warnstreik am Bahnhof Alexanderplatz am 29. Februar 2024 in Berlin (Quelle: imago images/Manngold)
Video: rbb24 Abendschau | 29.02.2024 | Nachrichten | Bild: imago images/Manngold

Nichts geht mehr bis Freitagnachmittag bei U-Bahnen, Trams und Bussen der BVG: Am frühen Donnerstagmorgen hat der Warnstreik der Beschäftigten begonnen. Auch in Teilen Brandenburgs wird der Nahverkehr weiter bestreikt.

Die aktuelle Berichterstattung zu den Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr in Berlin und Brandenburg am Freitag finden Sie hier.

  • seit Donnerstag 3 Uhr wird in Berlin Bus-, Tram- und U-Bahn-Verkehr der BVG bestreikt
  • S-Bahn und Regionalverkehr nicht betroffen
  • mehrere Hundert Teilnehmer bei Kundgebung von Verdi vor dem BVG-Hauptsitz
  • in Brandenburg ist auch Nahverkehr in Ostprignitz-Ruppin betroffen

Pendler und Fahrgäste in Berlin müssen am Donnerstag und Freitag deutlich mehr Zeit für ihre Wege einplanen. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gibt es bis Freitagnachmittag, 14 Uhr einen Warnstreik, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hatte. Der Ausstand sei mit Betriebsbeginn am Donnerstag, 3 Uhr wie geplant angelaufen, sagte der Berliner Verdi-Verhandlungsführer Gordon Günther.

Nach Angaben der BVG fahren keine U- oder Straßenbahnen und nur wenige Busse. Lediglich auf einzelnen Linien, die von Privatanbietern betrieben werden, sind Fahrzeuge unterwegs. Auch die Fähren sowie der Fahrdienst Muva werden nicht bestreikt und fahren nach Angaben der BVG wie gewohnt.

S-Bahn erhöht Frequenz

Der S-Bahn-, sowie der Regional- und Fernverkehr auf der Schiene sind derweil nicht betroffen. Die Berliner S-Bahn wollte am Donnerstag und Freitag das Angebot auf den Linien S3 und S5 verstärken, wie sie auf X mitteilte. "Auf beiden Linien gilt an beiden Tagen auch tagsüber das Angebot der Hauptverkehrszeit", teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

Die S5 verkehrt demnach in der Zeit von 6 bis 18 Uhr zwischen Mahlsdorf und Ostbahnhof durchgehend im Fünf-Minuten-Takt. "Auf der S3 ergänzen zwischen 6:00 und 18:30 Uhr zusätzliche Züge im 20-Minuten-Takt zwischen Karlshorst und Ostbahnhof das Grundangebot", hieß es.

VIZ: Volle Straßen im Berufsverkehr

Der Warnstreik machte sich auch im morgendlichen Berufsverkehr bemerkbar. Autofahrer mussten mehr Zeit einplanen. Die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) schrieb auf X: "Insgesamt ist es sehr voll auf den Straßen."

Vor allem waren die A100 Richtung Neukölln, die A113 vor dem Dreieck Neukölln sowie der Tiergarten-Tunnel Richtung Kreuzberg und die B1/B5 vor dem Blumbeger Damm betroffen. Auf der Stadtautobahn gab es zudem einen Unfall, der für weitere Beeinträchtigungen sorgte. Auch aktuell kommt es zu langen Verzögerungen im Berliner Stadtverkehr, wie die VIZ über ihren X-Kanal meldet [twitter.com/VIZ_Berlin].

BVG bezeichnet Streik als "völlig unnötig"

Am Vormittag versammelten sich Streikende für eine Kundgebung vor dem BVG-Hauptsitz in Berlin-Friedrichshain. Nach rbb-Informationen nahmen mehrere Hundert Menschen teil.

Die BVG kritisierte den Streik am Donnerstag erneut als "völlig unnötig". "Zugunsten der bundesweiten Dramaturgie verspielt die Gewerkschaft die Chance auf schnelle und gute Ergebnisse für die Mitarbeitenden - und das auf dem Rücken der Berliner Fahrgäste", teilte das Unternehmen mit.

Zahlreiche Beschäftigte nehmen am 29.02.2024 an einer Kundgebung in Berlin teil (Quelle: imago images/Manngold)Zahlreiche Streikende haben sich am Donnerstag vor dem Hauptsitz der BVG versammelt

Festgefahrene Tarifverhandlungen

Mit dem Ausstand will die Gewerkschaft den Druck auf die BVG im laufenden Tarifkonflikt über bessere Arbeitsbedingungen erhöhen. Als Knackpunkt der Verhandlungen in Berlin gilt die Forderung nach einer Verlängerung der sogenannten Wendezeiten auf allen Linien. Verdi will
diese Zeit zwischen dem Erreichen der Endhaltestelle und der Umkehr in die Gegenrichtung von derzeit vier auf zehn Minuten erhöhen. Die BVG lehnt das ab. Die Gewerkschaft fordert außerdem Urlaubsgeld und mehr Urlaubstage. Um höhere Entgelte geht es in Berlin in dieser
Tarifrunde nicht.

Die Arbeitgeber haben die für diesen Freitag geplante dritte Verhandlungsrunde mit Verweis auf den Arbeitskampf abgesagt. Der nächste reguläre Verhandlungstermin ist für den 11. und 12. März angesetzt.

In Brandenburg ist Ostprignitz-Ruppin betroffen

Auch in Brandenburg wird der Nahverkehr bestreikt. Am Donnerstag sind die Beschäftigten der Ostprignitz-Ruppiner Nahverkehrsgesellschaft mbH aufgerufen.

Rund 30 Busfahrerinnen und Busfahrer der Busgesellschaft ORP beteiligten sich allein in Neuruppin an dem Warnstreikt, zu dem die Gewerkschaft verdi aufgerufen hatte. Es geht unter anderem um bessere Arbeitsbedinungen und um eine gerechte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Bis zum Betriebsschluß in der kommenden Nacht gibt es deshalb im Busverkehr im Landkreis Ostprignitz-Ruppin erhebliche Einschränkungen, so das Unternehmen auf seiner Webseite [orp-busse.de]. Die ORP sei bestrebt, "ein minimiertes Angebot auf vereinzelten Linien" anzubieten. Am Freitag kommen dann eine Vielzahl weiterer kommunaler Verkehrsunternehmen dazu, unter anderem die ViP Verkehrsbetriebe Potsdam GmbH sowie die Cottbusverkehr GmbH.

Bereits am Mittwoch hatten Beschäftigte der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft mbH die Arbeit niedergelegt, wie der Verdi-Bezirksgeschäftsführer für Nordostbrandenburg, Jens Gröger, mitteite. Konkret wurden die Standorte Templin, Prenzlau, Schwedt und Angermünde bestreikt.

Einschränkungen auch am Freitag

Am Freitag werden in Brandenburg dann zwölf Verkehrsbetriebe bestreikt, unter anderem in Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel.

Die BVG rechnet deshalb damit, dass am Freitag auch im Umland mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen ist. Die BVG erklärte, Linien, die Berlin mit dem Umland verbinden, betreibe man gemeinsam mit Verkehrsunternehmen aus den jeweiligen Landkreisen. Deshalb seien einige Linien auch nach dem Ende des Streiks in Berlin am Freitagnachmittag von Ausfällen betroffen.

Bundesweite Ausstände im Nahverkehr

Auch in anderen Bundesländern ruft Verdi zu Ausständen auf. Die Gewerkschaft verhandelt derzeit bundesweit parallel über neue Tarifverträge. Lediglich in Bayern gibt es keine Tarifrunde, weil dort die Verträge noch laufen. Dabei unterscheiden sich die Runden in
den jeweiligen Bundesländern voneinander. In einigen geht es um höhere Entgelte, in den meisten aber vor allem um bessere Arbeitsbedingungen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.02.2024, 6:00 Uhr

63 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 62.

    Warum gab es keinen Notfahrplan der BVG? Es ist wirklich nicht zu glauben, dass a l l e Mitarbeiter der BVG gestreikt haben.

  2. 61.

    Übertrieben nicht, aber sehr unrealistisch. Es fehlt ja jetzt schon das Personal an allen Ecken. Also wird man ganze Linien einstellen oder deutlich weniger Fahrten anbieten müssen, wenn man die Wendezeit auf 10 Min erhöht. Und das dürfte der Auftraggeber nicht so witzig finden, da ja bereits jetzt die bestellte Leistung nicht erbracht wird.

    Ich kann mir daher kaum vorstellen, dass es mehr als 5 Minuten Wendezeit werden, dafür dürfte es dann 1-2 mehr Urlaubstage geben.

  3. 60.

    Eher das Haus verlassen könnte eine Lösung sein. Warme Kleidung hat man bestimmt auch irgendwo und auf dem Fahrrad wird einem bestimmt auch voll schnell warm. Haben diese Angestellten jemand zur Arbeit gezwungen? Das wäre ja unerhört und was genau haben die angesprochenen Arbeitgeber mit Tempolimits, Baustellen, kaputten Straßen und Bürgersteigen zu tun?

  4. 59.

    Streik überwiegend auf dem Rücken von Schülern und Berufstätigen.

  5. 58.

    Nein ich hoffe nicht......und bei Verspätungen die mal schnell auf 10 bis 20 Minuten steigen, hat sich das Thema mit der Kehr oder Wendezeit eh erledigt.

  6. 57.

    "Verdi will diese Zeit zwischen dem Erreichen der Endhaltestelle und der Umkehr in die Gegenrichtung von derzeit vier auf zehn Minuten erhöhen. Die BVG lehnt das ab."
    Wenn das der Knackpunkt ist, ist die BVG selbst schuld. Vier Minuten sind doch ein Witz! Traurig... Und bei einer Verspätung bleiben davon sicher null Minuten übrig. Gibt es irgendjemanden, der zehn Minuten für übertrieben halten würde?

  7. 56.

    Das mit dem Fahrrad finde ich gut, leider stoße ich dabei an meine Grenzen, weil mir nach 10 von 20 km zur Arbeit dann doch die Hände und Füße extrem frieren trotz guter Ausstattung. Das macht ab einem gewissen Alter nicht mehr soviel Spaß wie früher. Übrigens fahre ich fast das Sommerhalbjahr durch mit dem Rad zur Arbeit. Nur nicht um 6 Uhr morgens los bei 0° und Eis und Schnee.

  8. 54.

    Diese böse BVG aber auch. Sperrt einfach Aufzüge und Rolltreppen und das auch noch ganz gemein "bewusst". Nur um die arme Ulrike zu ärgern. Vielleicht sollte Ulrike mal an Bauarbeiten o.ä. denken? Oder meinen Sie wirklich, da sitzt einer bei der BVG und heckt tägliche Gemeinheiten aus?

    Ja, das ist mehr als ärgerlich, wenn - wie häufig - Aufzüge, Rolltreppen etc. nicht nutzbar sind. Aber deshalb versteige ich mich nicht, von Absicht und Bösartigkeit zu faseln.

  9. 53.

    Ist ja schön für den Streik. Aber was hörte ich in den Nachrichten? Vor allem betr. S+U-Bhf. Pankow? Dort sind mobilitätseingeschränke Personen so richtig gelackmeiert. Die kommen nämlich nicht auf den Bahnsteig der S-Bahn weil sich der Fahrstuhl in der Halle zur U-Bahn befindet. Und der Eingang ist verschlossen.

  10. 52.

    Dann kommen Sie bitte zur BVG. Dort werden Fahrer ständig gesucht.

  11. 51.

    Genau, solche in Grundsetz garantierten Arbeitnehmerrechte sollten alle gestrichen werden!!1!!

    Wo kämen wir sonst noch hin? Nachher noch in eine Demokratie?

  12. 50.

    Ja, Aber dann muss man halt arbeiten. Es kann doch nicht sein das ein großer Teilen Der Bevölkerung auf Der faulen haut sitzt und sich Von mir durchfüttern lässt. Ganz egal wie Lang jemand zuvor gearbeitet hat. Schaue man mal nach Japan. Dort wird bis ins hohen Alter gearbeitet.

    Das Geld kann ich wirklich besser gebrauchen.

  13. 49.

    Und wie beim letzten Streik ist diese Liste nicht aktuell.

    Alle Linien die von Schröder Reisen bedient werden verkehren, also z.B. auch Linie 112.

  14. 48.

    Als Mitarbeiter im Einzelhandel fühle ich mich masslos verarscht, seit einem Jahr Verhandlungen und ein paar kleine Streiks. Wozu zahle ich für Verdi, nicht einen müden Cent mehr gibt es. Aber für die BVG sich den ... aufreissen ohne Ende.

  15. 46.

    Meine vollste Unterstützung für die Streikenden. Wenn, dann sollte man sich bei der BVG und dem Land Berlin beschweren. Die zeigen weder Einlenken noch Gesprächsbereitschaft. Da bleibt Mitarbeitern und Gewerkschaften keine Wahl, als vom Streikrecht gebraucht zu machen. Ausgezeichnet.

    Solidarität!

  16. 45.

    Und wie kommen Sie dann zur Arbeit, wenn alle fristlos gekündigt worden sind??

  17. 44.

    Die BVG hat einen Notdienst.....für die Anlagen nicht für die Fahrzeuge.

Nächster Artikel