Schuldneratlas 2023 - Zahl der überschuldeten Verbraucher in Berlin und Brandenburg geht weiter zurück
Die Zahl überschuldeter Menschen in Berlin und Brandenburg ist trotz Rezession gesunken. Regional gibt es allerdings große Unterschiede. Experten sehen außerdem einen "verdeckten Trend", der einen erneuten Anstieg der Schuldnerquote befürchten lässt.
Die Verschuldung der Verbraucher in Berlin und Brandenburg ist weiter rückläufig, Prognosen eines Anstiegs der Schulden durch die gegenwärtige Rezession haben sich bislang nicht bewahrheitet. Zu diesem Schluss kommt die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in ihrem Schuldneratlas für 2023. Der Bericht wurde am Dienstag vorgestellt.
Als überschuldet gelten Menschen, die ihren finanziellen Verpflichtungen dauerhaft nicht nachkommen können, die also mehr für diese Verpflichtungen ausgeben müssen, als sie einnehmen. In Berlin galten laut des Berichts zum Stichtag 1. Oktober 2023 307.575 erwachsene Einwohner als überschuldet. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2004. Die Zahl der überschuldeten Verbraucher sank im Vergleich zum Vorjahr um 3,9 Prozent. Auch in Brandenburg gab es weniger Überschuldete als im Vorjahr, dort waren es 164.518 Einwohner, ein Minus von 6,2 Prozent. Hier ist der Wert in den vergangenen sieben Jahren kontinuierlich zurückgegangen.
Überschuldung in Berlin und Brandenburg
Berlin belegt in diesem Jahr mit gut zehn Prozent überschuldeter Erwachsener den dritten Platz der Bundesländer mit der höchsten Schuldnerquote. Brandenburg steht deutlich besser da, das Land landet mit einer Schuldnerquote von 7,7 Prozent auf Platz 13. Im Bundesdurchschnitt sind knapp 8,2 Prozent der Verbraucher überschuldet.
In der Region liegt erneut die Stadt Brandenburg an der Havel mit einer Schuldnerquote von gut 13 Prozent vorne, gefolgt von Frankfurt (Oder) und Berlin (beide leicht über 10 Prozent).
Auch die Kreise Prignitz, Ostprignitz-Ruppin sowie die Stadt Cottbus zeigen höhere Werte als der Brandenburger Durchschnitt. Die niedrigsten Anteile von überschuldeten Menschen haben Potsdam-Mittelmark (5,6) und Potsdam (6,4). In Berlin hat der Bezirk Spandau die höchste Schuldnerquote (13 Prozent), Steglitz-Zehlendorf die niedrigste (6,4).
Verdeckte Trendumkehr
Als Begründung für den Rückgang der Schuldnerquoten nennt die Creditreform, dass die Verbraucher zaghafter und vorsichtiger bei ihren Konsumausgaben gewesen seien. Diese Vorsicht und Zurückhaltung rühre bei vielen noch aus der Corona-Zeit und wirke noch nach. Zugleich sei die Beschäftigungslage und die Einkommenssituation bei den meisten stabil, die gegenwärtige Rezession wirke sich noch nicht spürbar aus. Die Prognosen für die deutsche Wirtschaftsleistung allerdings verweisen auf einen leichten Rückgang, die Lebenshaltungskosten steigen. Außerdem setze beim Konsum inzwischen ein Nachholbedarf ein.
Creditreform sieht eigenen Angaben zufolge einen "verdeckten Trend" hin zu einer stärkeren Überschuldung, man rechne damit, dass die Schuldnerquoten wieder stiegen. Es sei zu befürchten, dass die verschlechterte Wirtschaftslage in den kommenden Monaten auch auf den Arbeitsmarkt durchschlage.
Schuldnerquote bei Jüngeren in Berlin leicht gestiegen
Nach wie vor gültige Feststellung: Männer sind deutlich häufiger überschuldet als Frauen. In Brandenburg lag die Schuldnerquote bei Männern bei gut 9 Prozent, bei Frauen sind es 5,9 Prozent, in Berlin waren es 12,6 Prozent der Männer und 6,9 Prozent der Frauen. Das liegt laut Creditreform daran, dass Männer bei Finanzentscheidung in der Regel als risikofreudiger gelten und noch immer durchschnittlich den größeren Teil des Haushaltseinkommens verdienen und damit stärkeren finanziellen Belastungen ausgesetzt sind.
Mit Blick auf die Altersstruktur sind 2023 bundesweit die 30- bis 39-Jährigen von der höchsten Schuldnerquote betroffen. Die Gruppe der unter 30-Jährigen weist in Berlin seit 2013 erstmals einen Anstieg an Überschuldungsfällen auf. Dort stieg die Schuldnerquote der jüngeren Erwachsenen um 0,01 Prozentpunkte, in Brandenburg sank sie dagegen leicht, wie auch die aller anderen Altersgruppen. Laut Creditreform gab es in den vergangenen Monaten eine steigende Nachfrage nach Ratenkrediten, Käufen auf Pump also, auch wenn es sich dabei zunehmend um Kleinkredite handele. Zahlungsdienstleister im Online-Handel forcierten diesen Trend, von dem vorrangig jüngere Personen betroffen seien.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 27.02.2024, 19:30 Uhr