Berlin und Brandenburg - Zahl der Insolvenzen in der Gastronomie stark gestiegen

Fr 22.03.24 | 18:08 Uhr | Von Efthymis Angeloudis
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Symbolbild:In der Fensterscheibe eines Restaurants mit hochgestellten Stühlen am Potsdamer Platz ist eine Werbung für Cocktails zu sehen.(Quelle:picture alliance/dpa-Zentralbild/J.Kalaene)
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Deutlich mehr Gaststätten mussten im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden. Die Stimmung in der Gastro-Branche zeigt nach unten. Vor allem, weil Verbraucher weniger essen und trinken gehen - besonders auf dem Land. Von Efthymis Angeloudis

Wer in den kommenden Frühlingswochen ins Restaurant in den Biergarten oder auch einfach nur in die Eckkneipe gehen möchte, muss sich vorher erkundigen, ob es die örtlichen Gastronomiebetriebe noch gibt.

Denn die Insolvenzen in der Branche sind 2023 im Vergleich zum Vorjahr rasant gestiegen. In Brandenburg um 16 Prozent in Berlin um 12 Prozent. Das berichtete die Wirtschaftsauskunftei Creditreform nach Anfrage des rbb.

Dabei sind Berlin und Brandenburg im Ländervergleich von dem drohenden Gaststättensterben verschont geblieben. In Schleswig-Holstein stiegen die Insolvenzen im Gastro-Bereich um 65 Prozent, in Sachsen um 53 Prozent und selbst in der Hansestadt Hamburg um ganze 38 Prozent.

Gastronomie leidet wegen der 19 Prozent MwSt

Seit 2020 haben bundesweit etwa 48.000 Betriebe geschlossen und 6.100 einen Insolvenzantrag gestellt. Allein 2023 hat jedes zehnte Unternehmen in der Gastronomie aufgegeben, wie eine Studie von Creditreform zeigt [tagesschau.de].

Die Folgen der Coronakrise, die Inflation und die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf auf Speisen in Restaurants und Cafés auf 19 Prozent - seit 1. Januar 2024 gelten nun wieder die alten, höheren Steuersätze. "Die Gastronomie leidet unter den gegebenen Umständen überall in Deutschland. Es gibt jedoch große Unterschiede zwischen einem urbanen Milieu und ländlichen Regionen", sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung.

"Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für das Gastgewerbe derzeit alles andere als günstig", betont Hantzsch. Dabei habe die Anhebung der Umsatzsteuer für Speisen Anfang des Jahres sicherlich nicht zur Entspannung beigetragen.

52 Prozent essen seltener im Restaurant

In Berlin merkt man die Zurückhaltung der Konsumenten. "Ich bewege mich ja viel in Charlottenburg und Schöneberg. Abseits der touristischen Hotspots merkt man, dass das Geschäft nicht so gut läuft", sagt Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer der Dehoga Berlin.

Besonders im High-End Bereich tun sich die Restaurants laut Lengfelder gerade schwer. "Unter der Woche ist vieles leer. Menschen essen nicht mehr so oft außerhalb."

Tatsächlich zeigen der Wegfall der Mehrwertsteuer und die daraus entstandenen Preiserhöhungen ihre Auswirkungen bei den Restaurantbesuchen deutschlandweit. Das bestätigt eine Umfrage der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung [bzt.bayern]. 52 Prozent der Befragten gehen wegen der erhöhten Preise seltener ins Restaurant.

In Potsdam und Berlin sind die Leute vielleicht bereit, sechs Euro für ein Bier zu zahlen. Wenn ich mit so einem Preis in der Prignitz ankomme, kriege ich das Glas Bier auf den Kopf gekippt.

Olaf Schöpe, Präsident Dehoga Brandenburg

Sechs Euro für ein Bier? Nicht in der Prignitz

Grundsätzlich seien Gastronomen von der Ausgabenbereitschaft des Endverbrauchers abhängig. "In der Stadt sind die Menschen im Allgemeinen eher bereit, die gestiegenen Preise zu zahlen und auch weiterhin die Lokale zu besuchen", sagt Creditreform-Experte Hantzsch. Hier würden auch Faktoren wie Geschäftsessen, Events und Tagestische für Büroarbeiter eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.

Diesen Unterschied sieht Olaf Schöpe, Präsident der Dehoga Brandenburg und Unternehmer besonders auf dem Land. "In Potsdam und Berlin sind die Leute vielleicht bereit, sechs Euro für ein Bier zu zahlen. Wenn ich mit so einem Preis in der Prignitz ankomme, kriege das Glas Bier auf dem Kopf gekippt."

Fahrradtourismus als Retter

"Auf dem Land erfüllt das Wirtshaus eine noch größere gesellschaftliche Funktion als Begegnungsort", sagt Hantzsch. Doch man könne schon seit Jahren beobachten, dass die Konsumenten weniger essen und trinken gehen. "Stichwort: die berühmte Eckkneipe im Dorf, die zwar von allen gewollt wird, wo es am Ende aber doch an Gästen fehlt." Gerade auf dem Land spiele auch der demographische Wandel eine Rolle, jüngere Menschen würden das Wirtshausangebot deutlich weniger nutzen als die älteren Generationen.

Die Folge: Immer mehr Gaststätten und Wirtschaften auf dem Land schließen und es fehlen dort Orte der Begegnung.

Laut Hantzsch haben Wirtshäuser einen klaren Vorteil, wenn sie in einem Tourismusgebiet eröffnet haben. Tatsächlich könnten Gaststätten und Wirtschaften in Brandenburg beliebte Ausflugsziele für den boomenden Fahrradtourismus werden.

Was aber wenn diese fehlen? "Wir hören von immer mehr Radtouristen, dass über die nächsten 50-60 Kilometer kein Rasthaus mehr angeboten wird", sagt Schöpe. Fehlt das Gasthaus, fehlt es auch an Touristen. "Das Gasthaussterben wird also auch Auswirkungen auf dem Tourismus haben."

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.03.2024, 06:35 Uhr

Beitrag von Efthymis Angeloudis

60 Kommentare

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  1. 60.

    Sechs Euro für ein Bier! Oh je! Da koche ich mir für sechs Euro mein Essen lieber zu Hause und habe noch zwei Bier im Gesamtpreis mit drin.

  2. 59.

    Na dann erklären Sie mir mal das Anliegen was ich nicht verstanden habe. 1.Arbeit wird immer teurer? 2.Warum muss man sowas wie Mindestlohn, SV Pflicht... den Menschen als Pflicht verhelfen... und dann die armen Menschen in die Arbeitslosigkeit zu schicken? Die aufgeführten Pflichten sind mir doch ganz schön übertrieben.

  3. 58.

    Also Ihre Aussage auf dem Lande gibt es angebrannte Bratkartoffeln und Schnitzel in den Gaststätten kann ich nicht teilen. Im Gegenteil, da gibt es noch Hausmannskost und vorallem frisch zubereitet mit Produkten der Region. Und auch der Preis ist meistens in Ordnung .Ich brauche kein Menü von zig Gängen wo der Teller riesig ist das Essen aber mit der Lupe suchen muss. Und diese Lokale sind ja eher in der Stadt zu finden.

  4. 57.

    Dann nochmals öfters lesen ! Das Anliegen ist doch nun wirklich klar dargelegt !

  5. 56.

    Schröder hat mit Hartz zusammen durch die Erfindung der leidigen Ich-AGs genau diesem unmenschlichen System Vorschub geleistet. Mir war damals schon klar, dass das nicht funktioniert. Dadurch sind auch diese Unmengen an Dönerbuden, Nagelstudios und andere sklavenhalterähnlichen Unternehmen gegründet worden.

    Arbeitslose gab es dadurch zwar weniger, aber die Sozialkassen hatten nur geringe Einnahmen (Geringfügig) und die Menschen krepelten als Aufstocker herum. Dazu kamen nun dann noch die Billiglöhner, auch und gerade bei dem 'Staatsunternehmen' Post welches dem Billiglohn Auftrieb gab. Wir doktern hier an einer toten Kuh herum und werden das System nicht ändern.

    Eventuell gibt es mal eine Alternative zum Sozialismus(hat nicht funktionieren können) und Kapitalismus (funktioniert auch nicht richtig)?

  6. 54.

    Mal ganz ehrlich, ich habe Ihren Kommentar mehrfach gelesen, verstanden aber nicht.

  7. 53.

    Ich habe dem @Alex geantwortet, wobei es Ihm um Arbeitskräfte usw. ging, und nicht um die Preise der Waren.
    Übrigens, ich bin für anemessene Preise für die angebotenen Waren und Diensleistungen

  8. 52.

    Wenn Geschäftsmodell nicht aufgeht, dann ist es sicher ärgerlich, aber kein Grund für Subventionen. Der Bürger wird den Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage schnell verstehen und darf dann nicht jammern!

  9. 51.

    Das ist Quatsch, was sie hier erzählen.
    Gerade im ländlichen Bereich gibt es auch gute Restaurants .
    Vorallem mit bezahlbaren Preisen.

  10. 50.

    Dann backen Sie Ihren Kuchen und verkaufen zum Selbstkostenpreis, aber bitte durchgängig. Einmalig zählt nicht. Ich garantiere Ihnen, Sie werden schnell unzufrieden und „gierig“. Wetten? Wahrscheinlich würden Sie aufgeben.

  11. 49.

    „bei einem EK von ca. 0,80 € pro Liter Bier“

    Der Preis bei Fassbier variiert je nach Fassgröße und Sorte. Beim 50l Fass liegt der Preis pro Liter momentan etwa zwischen 2,98 bis 3,70 € bei gängigen Sorten.
    Zum 1*1 der BWL. Bei einfacher Aufschlagskalkulation, Verkaufspreis = Wareneinsatz x 3, ergibt sich beim o.g. EK von 2,98 , ein VK von 4,47€ auf „den Halben“. Kein Markenbier.

  12. 48.

    Volltreffer

    Mehr Lohn, überproportional höhere Kosten und Steuern.

    Lohnerhöhungen waren weder marktwirtschaftlich noch fiskalisch jemals eine wirkliche Reallohnerfolgsgeschichte.

  13. 47.

    ...und der Wirt macht seinen Gewinn hierzulande eher über die Getränke denn über das Essen; deswegen die ziemlich exorbitanten Preise in diesem Bereich. Er meint gemeinhin, dass der Gast lieber einen Wein für 9,00 € statt 6,00 € trinkt, denn dass das Schnitzel statt 19,50 € plötzlich 24,50 € kostet.
    Aber auch da ist die Grenze durch die Zurücknahme der ermäßigten Steuersatzes anscheinend erreicht. Wir sollten uns entweder daran gewöhnen oder eben nicht mehr Essen gehen. Aber wir sollten den meisten Gastronomen da keinen Vorwurf machen oder Gier unterstellen.

  14. 46.

    Um mal beim Schnitzel zu bleiben: Die Gastronomie hat für das Schnitzel immer 19% Mwst. gezahlt, und dann von seinen Umsätzen den geringeren Mwst-Satz an den Staat abgeführt, der im Übrigen nicht dazu gedacht war, dass der Wirt seine Ermäßigung an den Gast weitergibt, sondern damit er mit seinen gestiegenen Kosten bei gleichzeitig geringeren Umsätzen zur Coronazeit und danach (Energiekosten) finanziell entlastet wird.
    Das heißt, dass dem Wirt das Schnitzel immer soviel gekostet hat, wie der Tagespreis gerade so war/ist. In dem Moment hat er noch nicht von der Mwst-Senkung profitiert. Erst beim Abführen der Umsatzsteuer an den Staat; da griff dann die Ermäßigung.
    Kurz gefasst: wahnsinnig profitiert hat der Gastrowirt durch das Mwst-Jongliere nicht. Die Kosten sind insgesamt einfach gestiegen bzw sind noch lange nicht auf den Stand von vor der Corona-/Ukraine-Krise gesunken.
    Er konnte die Preise für den Gast dank der Ermäßigung einigermaßen halten. Und jetzt eben nicht mehr.

  15. 45.

    Im ländlichen Bereich ist oft auch die Qualität der Speisen schlecht. Mit verbrannten Bratkartoffeln und Schnitzel bekommt man die Leute nicht ins Restaurant gelockt.

  16. 44.

    …stimmt. Es gibt keine gemütlichen Kneipen mehr. Aus dem schönen Hofstall in Niederschönhausenrde ein Kindergarten gemacht.

  17. 43.

    Für Getränke war die Mehrwertsteuer nicht gesenkt worden. Wenn ein Glas Bier jetzt 6 Euro kostet, liegt es also nicht an den 19 %. Und bei den Speisen liegen die wahren Preistreiber auch woanders (Energie, Rohstoffpreise, Mindestlohn). Aber "Ursache: Steuer" ist für die Öffentlichkeit natürlich eingängiger.

  18. 42.

    Na ja, sind 23 Euro pro Person, also ein Essen und ein Getränk, sind halt Umlandpreise. Die Herrschaften werden dort nur gegessen haben und dann ihren Ausflug fortgesetzt.

  19. 41.

    Auf diese Fragen gibt es eine eindeutige Antwort, unsere Staat ist der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet, und das ist gut so.

    Trotzdem, es passt nicht allen Unternehmern, manche von ihnen sind auf Gier und Ausbeutung "geeicht", und die gilt es von solchen Vorhaben abzuhalten!!!

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