Interview | Geschäftsführer von Ludwigsfelder Krankenhaus - "Donnerstagabend entscheiden Hebammen und Ärzte, ob die Schwangere verlegt werden muss"

Di 08.10.24 | 13:32 Uhr
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Untersuchungsraum Krankenhaus Ludwigsfelde. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 07.10.2024 | Carsten Krippahl | Bild: rbb

Im evangelischen Krankenhaus Ludwigsfelde können künftig nur noch von Montag bis Donnerstag Kinder geboren werden. Im Interview erklärt Klinik-Geschäftsführer Karsten Bittigau, dass Schwangere am Donnerstagabend im Zweifelsfall verlegt werden.

rbb: Herr Bittigau, warum sind Geburten im evangelischen Krankenhaus Ludwigsfelde nur noch von Montag bis Donnerstag möglich?

Karsten Bittigau: Wir sind dazu gezwungen, aufgrund eines Fachkräftemangels im fachärztlichen Bereich. Es werden in Deutschland zu wenig Ärzte ausgebildet, und zu wenige Ärzte kommen dann im Bereich Gynäkologie/Geburtshilfe zum Einsatz. Die Alternative wäre eine Schließung der Abteilung gewesen.

Wie soll das in der Praxis funktionieren? Dürfen schwangere Frauen am Donnerstagnachmittag gar nicht mehr kommen?

Die Reduktion ist sehr ungewöhnlich. Und deswegen sind die Lösungen wahrscheinlich auch ungewöhnlich. Schwangere, die bis Donnerstag entbinden wollen, können zu uns kommen. Sollte am Donnerstagabend das Ende der Betriebszeit nahen, dann wird ein Team aus Hebammen und Ärzten vor Ort entscheiden, ob die Entbindung kurz bevorsteht oder ob die Schwangere in eines der umliegenden Häuser verlegt werden muss. Das wird jeweils eine medizinische Einzelfallentscheidung sein.

Geschäftsführer des Krankenhauses Ludwigsfeld Dr. Karsten Bittigau. ( Quelle: rbb)
Klinik-Geschäftsführer Karsten Bittigau | Bild: rbb

Ist das zumutbar?

Die Verlegung wird natürlich nur in einer stabilen Situation der Patientin vorgenommen. Andernfalls würde sie erstmal bei uns verbleiben. Und dann werden wir auch einen Weg finden, die Patientin adäquat und in bester Qualität zu versorgen. Eines ist sicher, wir lassen die entbindenden Frauen nicht allein. Wir werden sie versorgen.

Aber freitags müssen die schwangeren Frauen woanders hinfahren?

Freitags müssen die Frauen in eine der drei umliegenden Entbindungskliniken fahren. Das sind Luckenwalde und die beiden Kliniken in Potsdam. Sie sind in Kürze zu erreichen. Auch der Rettungsdienst ist informiert darüber. Wir werden dann also auch gar nicht mehr angefahren. Das betrifft auch gynäkologische Notfälle. Auch dafür sind wir künftig am Wochenende nicht mehr verfügbar.

Was macht das mit Ihnen?

Das war eine der schwersten Entscheidungen. Wir mussten einen Schritt zurücktreten und das natürlich nach außen kommunizieren. Das ist eine Transparenz, die uns wichtig ist, weil alle Patienten und alle Menschen wissen sollten, auf was man sich bei uns verlassen kann und was aktuell eben nicht geht. Das ist auch ein Teil der Verantwortung, die wir haben.

Diese Entscheidung trifft man nicht von heute auf morgen. Wir haben im Vorfeld alle Alternativen geprüft. Vier bis fünf Fachärzte wären erforderlich, um wieder einen Routinebetrieb, so wie wir uns ihn vorstellen, generieren zu können. Aber die kriegen wir nicht. Sie sind aktuell am Markt nicht verfügbar. Und wir zahlen gut. Unser Tarif ist sehr auskömmlich und einer der besten in der Region. Es kommen aber einfach zu wenige Bewerbungen rein.

Welche Alternativen gibt es denn?

Es gibt eine Alternative mit sogenannten Honorarärzten. Das sind freie Ärzte, die für einen Tageseinsatz oder Nachteinsatz gebucht werden können. Hier gibt es allerdings aus meiner Sicht ein ganz großes Problem: Diese Ärzte kennen wir nicht. Wir kennen auch nicht deren berufliche Erfahrung, auch nicht ihre Qualifikation im Detail. Wir wissen nur, dass es Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe sind. Wir haben aus der Vergangenheit nicht die besten Erfahrungen mit diesen Ärzten. Aus diesem Grund möchten wir nicht den Großteil unseres Versorgungsauftrages auf die Schultern dieser Honorarärzte abladen. Zumal, und das ist kein unwesentlicher Aspekt, diese Ärzte ein Vielfaches kosten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Carsten Krippahl, rbb24 Brandenburg aktuell.

Der Text ist eine redigierte Fassung des Gesprächs.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.10.2024, 19:30 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Es ist eine Schande was da passiert ist....und ein Fachkräftemangel ist nicht das Problem gewesen, Problem war eine extreme Sparpolitik zu der das Krankenhaus sich anscheinend gezwungen sah....weil die Geburtshilfe einfach nicht gewinnbringend arbeiten kann. Sogar der Service wurde irgendwann eingespart, Schwestern und Hebammen standen dann in der Küche, bereiteten Essen für Patienten, putzten Bäder, Zimmer, Betten und Toiletten. Keine Zeit, massive Überstunden, keine Anerkennung und Zuwenig Verdienst taten ihr Übriges um auch die letzten die seit Jahren dieses System gepuffert haben in die Knie zu zwingen und aufzugeben. Und nun wird auch im Nachhinein nicht gedankt sondern nur gesagt der Fachkräftemangel auf Arztseite sei Schuld. Das ist eine Schande und demütigend. So sollte man nicht mit Mitarbeitern umgehen.

  2. 3.

    was? Bisher noch nicht getan? Also es gibt da alte Ausgaben von der BRAVO ....;-)

  3. 2.

    Au prima, Planwirtschaft in Reinkultur!
    Noch eine Komponente mehr wo man dann schon beim Sex dran denken sollte….

  4. 1.

    Puh... im Ernstfall schnell nach Potsdam? Schwangere mit Komplikationen jetzt immer im Heli? Hm. Mir ist die Strecke sehr geläufig über die Schnellstraße und Autobahn... naja... da kann man dann auch in Berlin Zehlendorf oder Steglitz sein... eine wirkliche Misere, ich verstehe Hr. Bittigau.

    Natürlich werden geplante Einleitungen und Kaiserschnitte zunehmen. Oder müssen die dort in der Gyn/Neugeborenenstation liegenden Frauen auch Donnerstag Abend raus? Wer versorgt denn die, die vielleicht nach der Geburt Probleme entwickeln? Ist da noch jemand? Macht das der Orthopäde? Oh Mann... Fachkräftemangel wird uns in allen Gebieten die Beine wegschlagen, ich möchte gar nicht drüber nachdenken...

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