Sondervermögen - Berlin hat Angst vor einem Nullsummen-Spiel
Im Bundestag steht am Donnerstag der von CDU und SPD geplante Dreifach-Milliarden-Wumms auf der Tagesordnung. Das gigantische Finanzpaket verspricht viel Geld für die Bundesländer. Doch in Berlin kommt trotz leerer Kassen keine Feierstimmung auf. Von Jan Menzel
Sondervermögen, quasi ohne Ende Geld für die Bundeswehr und eine Lockerung der starren Schuldenbremse – darauf haben sich die Sondierer im Bund im Hauruckverfahren geeinigt. Und zumindest im klammen Berlin müssten sie damit auf ungeteilte Zustimmung stoßen, könnte man meinen. Gehört doch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) seit langem zu den Verfechtern einer modifizierten Schuldenbremse.
Doch von Euphorie ist nichts zu hören und zu spüren im landespolitischen Berlin zwischen Rotem Rathaus und Abgeordnetenhaus. Beinahe pflichtschuldig loben Wegner und sein Parteifreund, Finanzsenator Stefan Evers, die Sondierungsergebnisse als kraftvolles Signal, um dann gleich mahnende Wort hinterherzuschicken.
"Bei Verabredungen, bei Beschlüssen, die so schnell getroffen und mit so heißer Nadel gestrickt werden, wird's am Ende immer auf das Kleingedruckte ankommen", gibt Finanzsenator Evers zu Protokoll. Darauf werde man in allen Gesprächen, die anstehen sehr genau achten und da werde es noch einiges zu diskutieren geben.
Komplikationen durch Bund-Länder-Finanzierungen?
Worauf Evers anspielt, ist das komplizierte Geflecht der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Da wird munter hin- und hergeschoben und verrechnet. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Und was sich am Anfang anfühlt wie ein warmer Geldregen, kann schnell zu einer eiskalten Dusche werden. Etwa dann, wenn eine neue Koalition im Bund im Wahlkampf versprochene Steuersenkungen umsetzt, die dann zu Lasten der Länder gehen.
"Man kennt die Wahlprogramme der Parteien", sagt Evers und dürfte dabei auch die Steuersenkungsversprechen seines Kanzlerkandidaten Friedrich Merz im Blick haben. Der Finanzsenator ahnt jedenfalls, dass da "zusätzliche Belastungen auf Länder und Kommunen zurollen".
Werden den Ländern anderswo neue Kredite untersagt?
Was die Finanzpolitiker im Abgeordnetenhaus zusätzlich umtreibt, ist die Sorge, dass die angedachten Lockerungen bei der Schuldenbremse dazu führen könnten, dass den Bundesländern an anderer Stelle neue Kredite untersagt werden. Diese Erwartung hat bereits die Präsidentin des Landesrechnungshofes Karin Klingen geäußert. Sie gehe davon aus, dass wenn der Bund alle Kreditschleusen öffne, die Länder enthaltsam sein müssten. Sonst gerate die gesamtstaatliche Verschuldung aus den Fugen, so ihre Warnung im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses.
Die Haushaltspolitik der schwarz-roten Koalition würde das jedoch ins Mark treffen, plant man doch in diesem Jahr Notfallkredite für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen von bis zu einer Milliarde Euro fest ein. Wäre dieser Weg verbaut, blieben mutmaßlich nur weitere Kürzungen, und das nach den drastischen Einsparungen, die Senat und Koalition bereits vorgenommen haben.
Bundesmilliarden versus Sparkurs der Koalition
Auch deshalb gebe es keinerlei Anlass, "jetzt hier vorschnell in den Chor der Freudigkeit einzutreten", erklärte der Haushaltsexperte der SPD Torsten Schneider. Und schickte gleich noch eine Warnung hinterher, was im schlimmsten Fall mit der Schuldenbremsen-Änderung drohen könnte: "Wenn sich das verrechnet, macht Berlin Miese"
Was Schneider, aber auch dem Regierende Bürgermeister und dem Finanzsenator zusätzlich Sorgen bereiten muss: Allein die Aussicht auf Bundes-Milliarden weckt Hoffnungen, dass der harte Sparkurs der Koalition in Berlin abgemildert werden könnte. Wenn Berlin am Ende jedes Jahr 500 Millionen aus dem Sondervermögen bekäme, wenn tatsächlich jährlich neue Kredite von bis zu 700 Millionen Euro erlaubt wären, könnten Kürzungen auch wieder zurückgenommen werden, meinen einige in der Koalition hinter vorgehaltener Hand.
Linke will die bestehende Schuldenbremse abschaffen
Grünen-Haushaltspolitiker André Schulze gibt indes zu bedenken, dass man so weit noch nicht sei. "Es braucht ja erstmal eine Einigung im Bundestag und die ist – Stand jetzt – offen. Ich sehe das vorliegende Paket nicht als zustimmungsfähig für die Oppositionsparteien an."
Die Linke ist ohnehin der Auffassung, dass "die ganzen Verrenkungen" mit Sondervermögen und Lockerung der Schuldenbremse halbherzig und unausgegoren sind. "Insofern ist die einfachste und die klarste und die transparenteste Möglichkeit, dass man die Schuldenbremse, so wie sie besteht, abschafft", sagt ihr haushaltspolitischer Sprecher Steffen Zillich.
Ob es aber so kommt, wie die Linke sich den großen Wurf vorstellt oder so wie im Sondierungspapier von CDU und SPD vereinbart oder ganz anders - die Berliner Landespolitiker sitzen vorerst auf der Tribüne, wenn auch als überaus interessierte Zuschauer.
Sanierungsstau von 5 Milliarden in Berlin
Laut jüngstem Bericht der Finanzverwaltung beträgt der Sanierungsstau allein in Schulen, Gerichtsgebäuden, Feuerwehr - und Polizeiwachen, Verwaltungsgebäuden und Kultureinrichtungen satte 5 Milliarden Euro. Noch nicht mitgerechnet sind da die notwendigen Milliarden für Straßen, Brücken und Schienenwege, für Wohnungsneubau und den Umbau der Energieversorgung. Verwendung für die Bundes-Milliarden hätte Berlin also durchaus.
Sendung: rbb24 Abendschau, 13.03.2025, 19:30 Uhr