Debatte um Neubauten - Berliner Schulen sollen kleiner und preiswerter gebaut werden

Mo 14.10.24 | 17:53 Uhr | Von Kirsten Buchmann
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Symbolbild: Neubau Grundschule, Nostizstraße, Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin am 18.04.2024. (Quelle: IMAGO/Schoening)
Video: rbb24 Abendschau | 14.10.2024 | Dorit Knieling | Bild: IMAGO/Schoening

Helle sowie Rückzugs- und Ergänzungsräume: Neue Schulbauten könnten Kindern und Lehrern mehr Möglichkeiten bieten. Doch in Berlin wird auch hier über Sparpotenziale diskutiert, der Senat will die Standards für Neubauten überprüfen. Von Kirsten Buchmann

Um die Kosten zu senken, will der Berliner Senat die Standards für den Schulbau überprüfen. Das sagte Schulbau-Staatssekretär Torsten Kühne (CDU) dem rbb.

Das Land Berlin muss laut der schwarz-roten Koalition im kommenden Jahr drei Milliarden Euro sparen. Der Blick fällt dabei unter anderem auf die Berliner Schulbauoffensive, die seit 2017 läuft. 4,6 Milliarden Euro wurden laut der Bildungsverwaltung bisher investiert. Rund drei Milliarden Euro seien in diesem und kommenden Jahr insgesamt für Schulbaumaßnahmen vorgesehen.

Ruhezonen und Ergänzungsräume

Im Rahmen der Schulbauoffensive ist beispielsweise die Seepark-Grundschule im Lichtenberger Ortsteil Karlshorst errichtet worden. In dem neu eröffneten Gebäude laufen Kinder durch helle, breite Gänge. Dort finden sie sonnengelbe Sitzmöbel und mit Glas umbaute Rückzugsräume. Schulleiterin Olha Bull freut sich, dass der Neubau mehr pädagogische Möglichkeiten biete, "dass ich das Kind rausnehmen kann - ich kann mit ihm ein Gespräch führen". Für ein überfordertes Kind gebe es Ruhezonen, um sich zurückzuziehen. Andere Kinder wollten lesen, in einem Ergänzungsraum hätten sie dazu die Möglichkeit.

Mit solchen Räumen in ihrem neuen so genannten Compartmentbau ließen sich die einzelnen Kinder besser nach ihrem Lernniveau und ihren Bedürfnissen unterrichten, sagt die Schulleiterin. Im Klassenverband mit 26 Kindern sei das nicht immer möglich.

Auch Berlins Schulbau-Staatssekretär Kühne lobt das neue Gebäude. Denn es biete beste Voraussetzungen für gute Ganztagsangebote, Integration und eine inklusive Bildung. Weitere Compartmentschulen sollen folgen.

Standards überprüfen

Nun wird allerdings diskutiert, die Standards für künftige Neubauten abzusenken. Da, wo schon vertragliche Verpflichtungen bestehen, will der Schulbau-Staatssekretär nicht umplanen. Angesichts der steigenden Baupreise müsse man aber bei neuen Schulbauprojekten die Kosten im Blick haben: "Insofern schauen wir uns genau baufachliche und schulfachliche Standards sowie umweltrechtliche und denkmalschutzrechtliche Standards im Schulbau an", sagt Kühne.

In Gang gebracht hatte die Diskussion um die Schulbau-Standards Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Er wolle den Schulbau voranbringen, weil Schulplätze gebraucht würden, sagte er im August in seiner Sommer-Pressekonferenz: "Aber was man schon hinterfragen muss, ist, welche Standards wir haben: Wie viele Teeküchen und Sonderräume braucht es?"

Weniger Quadratmeter, gezieltere Förderung

Für die Sozialdemokratin Maja Lasic hat Priorität, dass überhaupt Schulplätze entstehen. Bei den Standards für den Schulbau sieht sie aber ebenfalls Einsparmöglichkeiten. Sie hält etwa Compartmentschulen mit weniger Quadratmetern Fläche für möglich. Ihre weitere Überlegung: Die neuen Schulen seien darauf ausgerichtet, auch Kinder mit verschiedenen Förderbedarfen zu unterrichten. Nicht alle hätten aber tatsächlich Klassen etwa für Kinder mit dem Förderbedarf "geistige Entwicklung".

Dieses Potenzial gelte es auszuschöpfen, sagt Lasic: "Das wäre eine kluge Art, wie man in der Schulbauoffensive Geld sparen kann, indem man in neuen Schulen, die schon gebaut sind, Klassen für Kinder mit Förderbedarf eröffnet." Dann müssten nicht alle vorgesehenen Schulen für Kinder mit dem Förderbedarf gebaut werden.

Bei allen Einspardiskussionen fordert Silke Gebel von den oppositionellen Grünen, die Umweltstandards nicht anzutasten: "Das ist sehr wichtig, weil die Klimakrise aktuell schon da ist." Die Schulen müssten für die Zukunft gebaut werden.

Welche Standards die schwarz-rote Koalition konkret bei künftigen Neubauschulen absenken wird, ist noch offen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.10.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Kirsten Buchmann

53 Kommentare

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  1. 52.

    Angesicht von ca. 300.000 Analphabeten nur in Brandenburg ist Sarkasmus im Gegensatz zur Realität noch ein mildes Stilmittel. Das Abstellgleis der Bedeutungslosigkeit wird immer länger, hat keinen Prellbock und wird unweigerlich zum Entgleisen führen.

  2. 51.

    Wir versuchen eben mit einem veralteten Schulsystem andere Ergebnisse zu erreichen. Das funktioniert aber nicht. Und in dem gute und innovative Ideen immer mit dem Ruf nach mehr Disziplin und Leistung und "sowas" brauchen wir nicht begegnen, wird sich erst recht nichts ändern. Kaum ist die Idee der Compartmentschule geboren und in der Umsetzung, wird sie aus zweifelhaften Spargründen wieder eingedampft. So wird das nichts mit Veränderungen. Diese brauchen Mut und das nötige Geld um es umzusetzen, damit man langfristig besser wird. Dieses rumdoktern am Bildungssystem hat leider Tradition, weil wir nicht davon lassen können. Alles wird halbherzig ausprobiert, schlecht umgesetzt, weil wir s p a r e n müssen. Kein Geld für Infrastruktur, für Personal, für neue Konzepte etc. Lieber zahlen wir auf lange Sicht die Folgekosten und damit drauf.
    Jetzt habe ich mich genug aufgeregt.

  3. 50.

    Das mag alles sein mit der Benotung. Der Erfolg gibt den Norwegern recht. Funktioniert nur nicht für Deutschland. Wir versuchten spätere Benotung und unsere Pisa-Ergebnisse werden von Jahr zu Jahr schlechter. Mein Skandinavien Vergleich zielte darauf: (Zitat wikipedia) "Nur 17 % eines Jahrgangs legt kein Abitur ab". Das sollte unser Ansporn sein! Und wenn mich nicht alles täuscht, wird in den skandinavischen Ländern von Geburt eines jeden Kindes an durchgerastert und ggf. gegengesteuert. Ob die Infrastruktur ausreichend vorhanden ist: Kita-Plätze, Schulplätze, Abiturplätze, Studienplätze. Die deutsche tatenlose Diskussionsfreude bringt uns im Bereich Bildung auf das Abstellgleis der Bedeutungslosigkeit. Im besten Fall sind wir Mittelmaß mit stark fallender Tendenz. Sarkasmus ein: Zum Glück haben wir genügend Fachkräfte und gut ausgebildeten Nachwuchs am Start. Sonst würde uns dies wirtschaftlich womöglich noch um die Ohren fliegen.

  4. 49.

    Also gleichzeitig Leistung und stramme Disziplin zu fordern und dann Skandinavien als Vorbild zu nehmen, ist schon drollig. Mir scheint, Sie haben sich gar nicht mit den skandinavischen Bildungssystemen befasst, ansonsten würde Ihnen dieser Widerspruch auffallen.
    In Norwegen beispielsweise gibt es erst ab der 8. Klasse Noten. Die Kinder gehen 10 Jahre gemeinsam zur Schule. Die Grundschulzeit vermittelt spielerisch die Grundfertigkeiten, soziale Strukturen sind wichtig. Nichts mit strammer Vermittlung von Wissen.
    Aber vielleicht haben Sie sich auch missverständlich ausgedrückt.

  5. 48.

    Kinder lernen spielend am leichtesten! Kopfschütteln kann man über Ihren Kommentar. Schauen Sie sich mal lernanregende Lernorte an, davon sind die meisten der Berliner Bestandsgebäude weit weit entfernt.
    Altbauten werden immer romantisiert, aber wann waren Sie beispielsweise mal in einer dieser Schulen, wo man die Fenster entweder nicht öffnen kann oder es durchzieht, im Winter eiskalt, im Sommer aufgeheizt, marode Sanitäreinrichtungen mit alten Rohren, Heizung funktioniert so lala uswusf.
    Und dann schauen Sie sich im Gegenzug mal echte Eliteschulen an. Bereits da merken Sie einen gewaltigen Unterschied. Aber sowas soll natürlich nicht allen Kindern zu gute kommen, wo kämen wir denn da hin, wenn alle die gleichen Startchancen hätten unabhängig von der sozialen Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern. Deutschland ist eins der Länder, wo schulischer und damit beruflicher Erfolg immer noch fast ausschließlich von der sozialen Herkunft abhängt. DAS können wir uns leisten....

  6. 47.

    "wieviel Teeküchen braucht es?"
    Bezeichnend, für fast ALLE Politiker, die über Kinder/ Infrastruktur für Kinder entscheiden.

    Arroganz, die trieft.... Unbeschreiblich...

  7. 46.

    Korrekt! Wir leben in einem System, in welchem ausschließlich Leistung zählt. Ohne Leistung fliegst du bis runter zum Boden des Systems. Und unsere Verantwortlichen wollen Grundschüler in Watte packen? Das ist sehr "weitsichtig" und bereitet jeden Schüler "sehr gut" auf das Leben vor. Unfassbar! Vllt. sollten die Verantwortlichen Ideologen zuerst das Gesellschaftssystem an Ihre Schulfantasien anpassen. Oder endlich einmal aufwachen und ihre rosarote Brille absetzen! Schaut ins Ausland. Schaut nach Skandinavien oder Holland. Erfindet den Ball nicht ständig neu. Arbeitet von klein auf an der Verbesserung der desaströsen deutschen PISA-Leistungen. Dafür es keine Rückzugsräume in schulen. Sondern stramme und einheitliche Vermittlung von Wissen. Und zwar ab der 1. Klasse!

  8. 45.

    "Mit solchen Räumen in ihrem neuen so genannten Compartmentbau ließen sich die einzelnen Kinder besser nach ihrem Lernniveau und ihren Bedürfnissen unterrichten, sagt die Schulleiterin."

    Einst war typisch deutsch: schnell, hohe Qualität und recht innovativ. Heute ist typisch deutsch: lahmarschig mit realitätsfremden Kalkulationen und der wichtigste Punkt: endloses Gelabere bevor es überhaupt losgeht. Leute fangt einfach an zu bauen. Egal was. Wohnungen, Schulen, Brücken, Straßen. Hört auf, endlos im Vorfeld zu diskutieren. Themen von denen die Schulleiterin im Text berichtet sind Luxus, den können wir uns bei unserer maroden Infrastruktur nicht mehr leisten. Was soll das sein? Ein Spielplatz oder eine Schule wo Kinder etwas lernen? https://www.berlin.de/schulbau/massnahmen/neubau/compartmentschulen/ Kopfschüttel! Und falls ihr doch wieder rumdiskutieren müsst wg. Compartmentschulen, passt auf, dass die maroden Gebäude während eurer Diskussion den Schülern nicht auf den Kopf fällt!

  9. 44.

    es braucht keine Rückzugsräume, es braucht Erziehung. Im Arbeitsleben wird später auch Leistung erwartet. Aber heute geht ja Mama mit zum Vorstellungsgespräch und erklärt, was ihr Prinzchen oder die Prinzessin braucht.

  10. 41.

    Also unsere Enkel gehen auf eine Schule wo wohl schon zu Kaisers Zeiten Unterrichtet wurde. Ein wirklich toller Bau, der noch heute gut in Schuss ist.
    Meine Schule waren drei, mit Hort vier Villen, direkt am Griebnitzsee. Im Sommer konnte man immer die Sportboote auf der Westseite beobachten. Und ab 14 Jahren brauchte man einen Passierschein.

  11. 40.

    „nun Ihr Konzept für diese Situation?“
    Dann müssen Sie und die Angehörigen pflegen lassen...gegen Geld. Logisch ist, dass „ich“ das nicht leisten kann...nur ein bisschen, über die Pflegeversicherung.

  12. 39.

    „Compartmentbau“ , Schulbauoffensive?, „mit Glas umbaute Rückzugsräume“, "dass ich das Kind rausnehmen kann - ich kann mit ihm ein Gespräch führen", „Für ein überfordertes Kind gebe es Ruhezonen, um sich zurückzuziehen.“, „wollten lesen, in einem Ergänzungsraum hätten sie dazu die Möglichkeit“... usw. usf.

    Ist es nicht besser, sich bei den Erfolgreichen abzugucken, wie man es besser macht? Lümmelecken für das Smartphonegucken, statt auf den Schulhof zu gehen, sind nicht der richtige Weg, egal wie man das umschreibend benennt...

  13. 38.

    Damals war es … Eltern gehen arbeiten, Großeltern wohnen ganz wo anders. So, nun Ihr Konzept für diese Situation? Kommen Sie bitte in der Realität an.

  14. 37.

    Oh, Gott. Mottenkiste Küche,Kirche,Kinder.
    Na ja, Provinz eben.
    Gruß aus der Freien und Hansestadt.

  15. 36.

    Sie haben absolut recht!
    Ich war in B-W im Schuldienst und bin im Ruhestand nach Berlin gezogen und bringe damit andere Erfahrungen zum Thema Schule mit.
    Die Unterschiede kurz und knapp:
    Schule war kein Gantagsbetrieb, an freien Nachmittagen kümmerten sich Eltern, Großeltern, ältere Geschwister usw. ... um die Kinder, die dann in ihrem Tempo lernen konnten.
    Eltern erzogen ihre Kinder, weil sie sich nicht vor Nachbarn blamieren wollten. U.v.a.m. ...
    Warum können Schüler aus B-W viel?

  16. 35.

    danke für Ihre offenen Worte. Auch ein Grund, warum sich dann in der Ausbildung oder im Studium das nächste große Scheitern androht. Wie hoch ist der Anteil junger Menschen zw. Schule und weiterer Bildung, die erstmal "chillen" müssen oder ne Auszeit brauchen? Resilienz wird nicht gelehrt bis dahin? Lehrerende, Erziehende mit der Bildung und vor allem Erziehung dieser kleinen Egos allein zu lassen, ist echt unverantwortlich. Sozialkompetenz sollte schon im Elternhaus gebildet werden...

  17. 34.

    Witziger Kommentar.
    Das Problem ist nicht die Autorität, sondern die 20 Gespräche mit der Schulleitung und den besorgten Eltern im Anschluss. Darauf hat man dann irgendwann keinen Bock mehr.
    Die Ruheräume sind heutzutage deshalb nötig, weil ein großer Teil der Kinder anerzogenenes ADHS hat durch zu viel Medienkonsum. Das war früher nicht so.

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