Schulbau in Berlin - Zwischen Neubauglanz und Regenauffangeimer

Mo 02.09.24 | 21:21 Uhr | Von Kirsten Buchmann
  21
Schulbaustelle. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Abendschau | 02.09.2024 | Sebastian Schöbel | Bild: rbb

Das neue Schuljahr beginnt – für viele Berliner Schüler und Schülerinnen in sanierungsbedürftigen Gebäuden. Doch oft fehlt das Geld für Reparaturen. Zugleich eröffnen frische Neubauten. Von Kirsten Buchmann

  • Zwölf Schul-Neubauten mit insgesamt 11.500 Plätzen sind in Berlin entstanden
  • Laut Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) fehlen weiterhin 27.000 Schulplätze
  • Bezirk Neukölln benötigt bis zum Schuljahr 2030/31 fast 2.300 zusätzliche Plätze
  • An rund 550 Schulen wird zurzeit gebaut und saniert

In der Grundschule Adalbertstraße in Berlin-Mitte riecht es nach Farbe. Vor einem Jahr war Richtfest. In diesem Schuljahr starten hier rund 190 Schülerinnen und Schüler, knapp 580 sollen es einmal werden. Schulleiterin Claudia Rother ist froh, wenn sie durch die helle Mensa und die breiten Flure des Neubaus geht. "Hier können Kinder nicht nur lernen, sondern sich auch bewegen", freut sie sich.

Platz für Kleingruppen

Das Gebäude ist eine so genannte Compartment-Schule. Klassen- und Teilungsräume gruppieren sich um ein Forum. Schulleiterin Claudia Rother will den Unterricht hier anders gestalten als in einem der sonst üblichen Schulbauten, in denen von langen Gängen viele Klassenzimmer abgehen. An ihrer Schule sei Platz für Kleingruppen, "wir können Kinder dadurch sehr viel intensiver fördern, als wir das vielleicht in klassischen Flurschulen machen".

Ihre Grundschule ist eine von zwölf Berliner Schul-Neubauten in diesem Schuljahr mit insgesamt rund 11.500 Plätzen. Mehr als 400.000 Schülerinnen und Schüler werden an den Berliner Schulen unterrichtet, so viele wie seit 25 Jahren nicht.

Trotz Neubau-Schulen volle Klassen

Die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) sagt, "wir haben überall volle Schulen". Rechnerisch fehlten 27.000 Schulplätze. Es sei weiter nötig, im jetzigen Tempo und Umfang zu bauen. "Berlin kann es sich nicht leisten, auf einen einzigen Schulplatz zu verzichten." Denn die Zahl der Schülerinnen und Schüler wird nach Berechnungen der Bildungsverwaltung weiter steigen.

Allein der Bezirk Neukölln sieht bis zum Schuljahr 2030/31 einen Bedarf an fast 2.300 zusätzlichen Schulplätzen. Mit den Mitteln des Landes müssen allerdings neben Neubauten auch Sanierungen finanziert werden. Darauf warten viele Schulen – so wie die Lisa-Tetzner-Schule im Neuköllner Stadtteil Buckow. Schulleiter Stephan Witzke weist auf die Wände des 50 Jahre alten Baus, "die ganze Außenhülle, die Fenster, die Räume, die Sporthalle und die Sanitäranlagen müssten saniert werden."

Bei Starkregen Wasser im Keller

In den Keller dringt bei starkem Regen durch alte Rohre Wasser ein. Witzke zeigt auf Plastikbadewannen und Eimer, die bereitstehen, um es aufzufangen, sowie eine Pumpe in einer Ecke. In einem der Schuleingänge habe er ebenfalls schon fast knietief Wasser gestanden. Für die Turnhalle gab es in den Sommerferien zwar neue Heizkörper. Auch an ihrem Dach wurde bereits gearbeitet. Wegen nach wie vor sichtbarer verwitterter Stellen ist Witzke aber weiter besorgt: "Hier ist es schon mal so, dass die Kollegen, wenn es regnet, mit dem Lappen stehen müssen - richtige Pfützen." Dann könnten sie keinen Sportunterricht machen.

Sein Kollegium ist sichtlich bemüht, mit Bildern an den Wänden, Mosaiken und Wandmalereien den Schulalltag schön zu gestalten. Aber es muss baulich mehr passieren, findet Witzke: "Man versucht hier und da Kleineres zu beheben, mal ein Stück Rohr zu machen oder andere Dinge." Aber es müsse "einfach rangeklotzt werden".

Sanierungsbedarf in Bezirken hoch

Für eine Grundsanierung fehlten aber ein Ausweichstandort für seine Klassen mit mehr als 500 Kindern und das nötige Geld, rund zehn Millionen Euro. Für die Lisa-Tetzner-Schule sind laut einer neuen Schulbaukarte der Bildungsverwaltung [berlin.de] nur 200.000 Euro vorgesehen. Den Angaben zufolge wird derzeit an rund 550 Schulen gebaut und saniert. Mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr fließt in Schulbau und -sanierung.

Zugleich ist der Sanierungsbedarf überall hoch, wie rbb-Nachfragen in allen Bezirken ergaben. Spandau beispielweise hat demnach "an nahezu allen" Schulen des Bezirks Sanierungsbedarf festgestellt, Charlottenburg-Wilmersdorf an allen. Bei 13 Schulen sei Geld für die Sanierung vorgesehen, teilte der Bezirk mit, bei 34 erst mal nicht. Dort sei sie auf frühestens 2030 verschoben worden. Es bestehe "ein ungedeckter Finanzierungsbedarf von circa 132 Millionen". Marzahn-Hellersdorf beziffert das derzeitige Defizit dort auf 230 Millionen Euro.

Sendung: rbb24 Abendschau, 02.09.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Kirsten Buchmann

21 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 21.

    Doppelte Besteuerung. Dieses alberne Robin Hood Getue nervt. Warum sollte etwas was bereits besteuert wurde, ein zweites Mal ohne Anlass besteuert werden? Für eure sozialen Ausgabefantasien?

  2. 20.

    Ein Geschenk würde halt auch versteuert. Verstehen Sie nicht? Meine Güte.

  3. 19.

    Deshalb ja Geschenk. Doppelt kassieren ist nicht. Verstehen Sie das nicht? Meine Güte.

  4. 18.

    Sie haben dem Start für dieses Geldgeschenk noch überhaupt nichts bezahlt. Das passiert erst durch Erhebung einer Erbschaftssteuer. Hat mit Neid soviel zu tun, wie mit Herbstanfang.

  5. 17.

    A100? Ohne angemessene Infrastruktur wird doch alles teurer. Welche Handwerker will für so wenig Geld noch stundenlang im Stau stecken.

  6. 16.

    Wenn ich richtig interpretiere, sind in Berlin die Bezirke für den Schulbau verantwortlich.
    Warum keine zentrale Planung wie in Hamburg , spart unnütze Doppelplanungen,Verwaltung, Baugenehmigung. Also straffe Strukturen.


  7. 15.

    Als Lehrkraft an besagter Schule kann ich Ihnen versichern, dass das neue Gebäude trotz nötiger Nachbesserungen jetzt schon angenehmer ist als das alte. Aber ja, es wäre schön gewesen, in ein fertiges Gebäude zu ziehen, vor allem nach neun Jahren (!!) Bauzeit.

  8. 14.

    Hab mich auch schon gewundert, dass die Schulneubauten die mir in den letzten Monaten begegnet sind, alsle dasselbe potthässliche Äußere haben (wer hat nur dieses grottige "Muster" entworfen und genehmigt?)...
    Wie nahezu alle Neubauten der letzten Jahre hässlich, langweilig, aus Quadern, ohne interessante Fassaden.
    Dass Schulen auch toll aussehen können, repräsentativ, beweisen etliche schöne Bauten aus der Gründerzeit. Aber Backstein ist ja leider völlig out, ebenso Rundbogen- und Sprossenfenster, Erker, Spitzdächer, Säulen...

  9. 13.

    Wenn denn Compartement-Schulen moderne Pädagogik erst möglich machen, wäre interessant zu erfahren, warum so viele "Flurschulen" gebaut werden. Dort kann ganz viel nicht realisiert werden, was unsere Kinder im schulischen Ganztag bräuchten.
    So wird Ungleichheit manifestiert, zumal die Schulen selbst NULL Mitsprachemöglichkeit haben. Eigenverantwortliche Schule findet in Berlin nur statt, wenn dabei gespart werden kann.

  10. 12.

    >" Ist der Sanierungsstau in den letzten 20 Jahren größer oder kleiner geworden?"
    Das war bei der letzten Abgeordnetenhauswahl Berlin hier im rbb schon mal Thema. Der Sanierungsstau war seinerzeit schon sehr hoch. Wenn Milliarden in Berliner Schulen geflossen wären die letzten 2 Jahre, dann wäre das hier beim rbb aber sowas von eine dicke Schlagzeile Wert gewesen. Hab ich aber nicht gelesen.

  11. 11.

    Erinnere ich mich 20 Jahre zurück hieß es "sparen bis es quietscht". Auch der allseits bekannte Spruch "Berlin ist arm aber sexy" von K. Wowereit fällt in diese Zeit zurück. Ich selbst bin damals noch in sanierungsbedürftigen Gebäuden zur Schule gegangen.

    Die Antwort lautet also: Es fehlte damals an Geld und an Finanzierungsideen. Spannender als diese Feststellung fände ich also (vielleicht mal an den RBB gerichtet) die Antwort auf die Frage: Ist der Sanierungsstau in den letzten 20 Jahren größer oder kleiner geworden?

  12. 10.

    Bildungsgerechtigkeit sieht anders aus. Während die einen von einer guten Lernumgebung profitieren und dank zeitgemäßer Raumaufteilung auch zeitgemäß unterrichtet werden können, müssen die anderen in nicht zeitgemäßen Räumen unterrichtet werden.

  13. 8.

    Was hat man über die DDR-Bauten die Nase gerümpft - sehen alle gleich aus. Und jetzt wird (s. Titelbild) ein und dasselbe hässliche Monstrum überall hingestellt.
    Außerdem weiß ich wirklich nicht, warum auch im Jahre 4 nach Baustart immer noch jeden Morgen Punkt 6 Uhr mit ohrenbetäubendem Lärm gestartet wird.

  14. 7.

    Das Geld für die A 100 kommt nicht aus der Senatskasse sondern vom Bund, und warum soll ich Erbschaftssteuer bezahlen, gleich wieviel ich geerbt habe. Da hat der Staat schon vorher kräftig hingelangt. Immer diese Neiddebatte.

  15. 6.

    Es ist doch sehr traurig, wie das Land Berlin mit seinen Lehrern umgeht. Staffel Verträge elf Jahre hintereinander.
    Sowas ist rechtswidrig, in der freien Wirtschaft aber schon beim rot roten Senat Standard gewesen !!!! Das nicht zur Motivation der Lehrer bei.

  16. 5.

    Warum hegt und pflegt man solche Gebäude nicht? Dann würde sowas erst gar nicht vorkommen, daß Gebäude verkommen. Seid es keine Hausmeister gibt, wird alles Marode. Falsch gespart. Und es fehlen Schulplätze, wie gelesen 29000? Wo sind denn die Kinder nun?

  17. 4.

    Für die Sanierung ist mehr Steuergeld notwendig. Eine Vermögenssteuer und eine angemessene Erbschaftssteuer für die wirklich Reichen blockiert aber die FDP im Bund. Da kann das Land auch nicht viel machen, außer vielleicht Gelder umschichten, die dann woanders fehlen. Die rausgeschmissenen Millionen für die A100 würden hier sehr helfen.

  18. 3.

    Es ist zugleich bestürzend und ärgerlich, was für Berlins SuS NICHT getan wird.
    Wer Kinder oder Enkel hat die noch zur Schule gehen, weiß, dass es an allen Enden hakt. Das Bildungsniveau geht immer weiter bergab und SuS werden durch Bulimielernen und Augen zudrücken oft nur noch irgendwie durchgeschleust, hauptsache die Schulpflicht ist erfüllt.
    Da die häusliche Förderung auch immer weniger wird, müssen wir uns nicht wundern, dass es kaum noch Allgemeinwissen gibt.
    Arme Kinder.

  19. 2.

    Traurig, dass das Land Berlin einfach nichts hinbekommt. Schaut mal nach Buckow zum LeonardoDaVinciGym. Da werden die Kinder heut auf einer halben Baustelle eingeschult. Hätte man nicht noch ein halbes Jahr oder Jahr warten können? Hätt den Kohl auch nicht mehr fett gemacht. Die armen Kinder. Und sich dann wundern, wenn das Probejahr nicht bestanden wird unter diesen Lernbedingungen. Wo doch auch Zuhause für eine ruhige und angenehme Atmosphäre fürs Lernen gesorgt werden soll. Einfach traurig.

Nächster Artikel