Interview | Kriminalist zum Fall Rebecca - "Einen Tatort so zu reinigen, dass keine Spuren mehr da sind, ist fast unmöglich"

Do 13.04.23 | 18:16 Uhr
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Archivfoto: Polizeibeamte suchen am 12.03.2019 in einem Waldstück nahe der Brandenburger Ortschaft Rieplos nach der vermissten Rebecca Reusch (Quelle: imago images / Olaf Selchow).
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 13.04.2023 | Holger Brandenbusch | Bild: imago images / Olaf Selchow

Die Berliner Schülerin Rebecca verschwand vor vier Jahren. Die Polizei hält sie für tot. Nun wurde erneut das Haus ihres Schwagers durchsucht. Warum eine Durchsuchung nach so langer Zeit Sinn machen kann, erklärt der Kriminalist Christian Matzdorf.

rbb|24: Herr Matzdorf, gibt es möglicherweise eine neue Spur im Fall Rebecca?

Christian Matzdorf: Davon muss man ausgehen. Wir können allerdings nicht sagen, ob die Spur an sich neu ist oder nur in der Konstellation von verschiedenen Informationen eine neue Bedeutung erlangt hat. Das wird uns die Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen mitteilen.

Wenn ein Ort schon als Tatort im Gespräch war und nach so langer Zeit nochmal durchsucht wird, dann muss man davon ausgehen, dass sich neue Tathergangsversionen ergeben haben.

Es können allerdings auch neue Erkenntnisse zu bereits bestehenden Versionen des Tathergangs dazu gekommen sein. Nur dann kann ein Gericht davon überzeugt werden, einen neuen Durchsuchungsbeschluss auszusprechen. Das heißt, es müssen ganz gewichtige Gründe dafür sprechen, jetzt nach neuen Beweismitteln zu suchen.

Wonach suchen die Ermittlerinnen und Ermittler denn nach vier Jahren noch in diesem Haus? Was könnte in diesem Fall ein Indiz sein, das zur Überführung eines Täter führen könnte?

Ich sage es mal ganz fiktiv: Ein mit DNA behaftetes Kleidungsstück, das zu einem bestimmten Zeitpunkt als nicht relevant eingestuft wird, kann nach neuen Hinweisen oder Aussagen von Zeugen wieder in den Blick von Ermittlern geraten. Dann kann dieses Beweismittel eine Spur sein, die einen hohen Beweiswert hat - obwohl sie schon lange Zeit vorliegt. Wenn ich dann nach diesen Spuren suche, kann ich erfolgreich sein.

Wenn wir in diesem konkreten Fall von einem Bademantel sprechen, bei dem ein Gürtel fehlt, dann hat dieser fehlende Gürtel möglicherweise aufgrund von neuen Hinweisen heute eine ganz andere Bedeutung als noch vor vier Jahren.

Zur Person

Christian Matzdorf, Professor für Kriminalistik, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, im Gespräch mit dem rbb am 13.04.2023 in Berlin (Quelle: rbb).
rbb

Christian Matzdorf

ist Professor für Kriminalistik mit Schwerpunkt Kriminaltechnik an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR). Zuvor war er jahrelang Polizeidirektor.

Hat ein mutmaßlicher Täter innerhalb von vier Jahren nicht alles am Tatort vertuscht?

Wir können uns in der Kriminaltechnik mittlerweile mit Spuren befassen, die vor ein paar Jahren noch gar nicht sichtbar waren. Wenn das dazu führen kann, diese Spuren bei einer neuen Durchsuchung zu finden und neu zu bewerten, kann es dazu führen, einen Täter zu fassen.

Einen Tatort so zu reinigen, dass keine Spuren mehr zu finden sind, das ist nach heutiger Sicht fast unmöglich. Noch Jahre danach kann eine gezielte Suche nach speziellen Spuren noch Ergebnisse liefern, die dann im Rahmen einer kriminaltechnischen Auswertung zum Erfolg führen.

Wir sind heute in der Lage, Spuren in der Größe von einer Hautschuppe so auszuwerten, um damit das DNA-Profil eines Menschen festzustellen. Deshalb ist es nicht abwegig, sich so einen Ort auch nach Jahren noch mal anzuschauen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass nach vier Jahren noch eine Leiche gefunden wird?

Vier Jahre sind ein großer Zeitraum. Es gibt aber andere Fälle, die zeigen, dass auch nach Jahrzehnten noch Fälle aufgeklärt werden und Überreste von getöteten Menschen gefunden werden. Das heißt, die kriminalistische Hoffnung besteht weiter und wir sind mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft optimistisch, zu einem Aufklärungsergebnis zu kommen. Auch wenn es kein schönes Ergebnis im Sinne einer lebenden Person ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Yasser Speck, rbb|24.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.04.2023, 19:30 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    Allein schon das weiterhin ermittelt wird, finde ich äußerst wichtig. Auch wenn es für die Ermittler/innen bestimmt oftmals frustrierend ist die Nadel im Heuhaufen zu finden. Und selbstredend wünsche ich mir eine baldige Aufklärung.

  2. 24.

    Für mich zählt nur ein Argument - niemand rennt endlos mit einer festen Zahnspange herum, da muss irgendwann was dran getan werden, und sei es "abmachen". Das sollte aufgefallen sein, wenn es passiert wäre. Ist es aber nicht. Damit ist die Schlussfolgerung eigentlich klar. Ich wünsche allen Betroffenen einen guten seelischen Beistand.

  3. 23.

    Ja, so mach ich das auch, wenn etwas schmutzig ist werfe ich es weg. Das alles passt nicht zusammen! Als Rebecca verschwunden ist, habe ich mich gefragt …warum schläft eine 15 jährige bei ihrer Schwester? Mitten in der Woche, wo sie doch so ein so schönes Zimmer hatte. ( laut Mutter ) meine Tochter ist etwas älter, ich hätte alles daran gesetzt um sie zu finden, warum haben die Eltern ein Aussage recht in Anspruch genommen??

  4. 22.

    Ohne das Loch zu erweitern eher nicht, ohnehin ist die Aussage der Mutter sehr unlogisch der Gürtel wäre weggeworfen worden da er schmutzig war, da passt so vieles nicht zusammen.

  5. 21.

    Sie wurde an keiner Bushaltestelle gesehen, ist längst geklärt, alte Kamellen.

  6. 20.

    Es ist sehr traurig, dass die Eltern in einer ohnehin kaum erträglichen Situation leben, aber dann auch noch solch dummes "Wissen", das hier manche Leute verbreiten, aushalten zu müssen.
    Leider ist das Internet jedem Wirrkopf zugänglich.

  7. 19.

    Sie sind sehr naiv. Da nützt es auch nicht, wenn Sie zweimal auf meinen Kommentar antworten. Glauben Sie ruhig weiter, manche glauben auch die Geschichten in den bunten Blättern. ;-)

  8. 18.

    Endlich kommen Sie mit Ihrem Wissen daher und erklären der Welt, was Sache ist. Also, pauschal alle Teenager sind so, alle Ermittler unfähig und und und. Dennoch eine Nachfrage. Erst sagen Sie, sie muss noch im Haus sein und dann sollen die Spuren an der Bushaltestelle untersucht werden. Wie passt das zusammen?

  9. 17.

    @Außenstädter, was reden Sie nur für ein dummes Zeug. Die Eltern habe alle Gelder aus Interviews gespendet. Für die Suche nach vermissten Kindern.

    Dass Eltern in so einer Situationv vielleicht alle erdenklichen und nicht erdenklichen Wege gehen, um in ihrer Verzweiflung irgend etwas über und von ihrem Kind zu erfahren, kommt Ihnen nicht in den Sinn? Naja, dazu wäre ja auch Empathie erforderlich.

  10. 16.

    Es gibt keine Spuren von Rebecca außerhalb des Hauses. Insofern hat sie dieses nicht verlassen. Ein Teenager, wo das Handy aus ist, ist komisch, denn ein Teenager nimmt das Telefon mit ans Bett. Fahndungsfotos von einer gestylten und dadurch schlecht erkennbaren Rebecca machen die Aufklärung nicht einfach. Sie wurde an einer Bushaltestelle gesehen. Ist man dieser Spur nachgegangen?

  11. 15.

    "Unsinn. Sie sind - ganz klar - Laie."

    Und sie sind der Chef dieser SoKo, oder wie kann ihr Kommentar interpretiert werden?

  12. 14.

    Man muss schon ein sehr gewissenloser Mensch sein, wenn man sowas über Jahre ohne befreiendes geständnis aushält, und sich weiterhin im familiären Umfeld bewegt !

    UFO-Sichtungen oder Erdrutsche gabs an dem Morgen wohl keine, womit wohl selbst den Eltern klar sein müsste, wie die letzten Stunden ihrer Tochter ausgesehen haben !

  13. 13.

    Was reden Sie nur für ein dummes Zeug. Die Eltern habe alle Gelder aus Interviews gespendet. Für die Suche nach vermissten Kindern.

    Dass Eltern in so einer Situationv vielleicht alle erdenklichen und nicht erdenklichen Wege gehen, um in ihrer Verzweiflung irgend etwas über und von ihrem Kind zu erfahren, kommt Ihnen nicht in den Sinn? Naja, dazu wäre ja auch Empathie erforderlich.

  14. 12.

    Die Schwägerin (Rebecca) schläft im Haus der Schwester. Der Schwager kommt mitten in der Nacht angetrunken/zugekifft ins Haus. In dem Zustand vergreift er sich an der Kleinen und muss nun handeln, um nicht Schwiegereltern, Ehefrau, Kind zu verlieren.
    Dass die Familie sich dieser Version verweigert, ist mehr als verständlich. Man klammert sich verzweifelt daran, dass die Kleine noch leben könnte. Das ist aber wohl leider nicht der Fall. Ein Horror für die Familie. Da fehlt jemand.

  15. 11.

    Eben las ich, der Gürtel sei benutzt worden, um ein Bobbycar zu ziehen. Das dürfte leicht überprüfbar sein. Passt so ein Gürtel in so ein Loch? Haben Nachbarn diese Konstruktion beobachtet?

  16. 10.

    Hallo Namenscousine, man kann nicht einfach ins Blaue hinein einen privaten Ort durchsuchen, und man kann nicht einfach wild Menschen verdächtigen. Und das ist gut so.
    Die Familie hat mein Mitgefühl.

  17. 9.

    Ja, das haben Sie sehr gut rübergebracht! Es soll ja schon eine Erklärung zum neuen Stand geben.
    Wie Sie schon sagten, sehr speziell.

  18. 8.
    Antwort auf [Bernhard ] vom 13.04.2023 um 20:00

    *Schwager (nicht Onkel)
    Überdies ist er der Täter, es fehlt lediglich etwas gerichtsverwertbares, um ihm die Tat nachzuweisen.

  19. 7.

    Ich finde die Familie seit dem Verschwinden der Tochter sehr, sagen wir mal, speziell. Ihre Story haben sie auf jeden Fall meistbietend verkauft...

  20. 6.

    Unsinn. Sie sind - ganz klar - Laie.
    Nicht so schlimm, aber Sie sollten sich zurückhalten.
    Wir sind stets gehalten, Cold Cases (dt.: ungeklärte Fälle) auch nach Jahren "neu aufzurollen", eben auch im Lichte anderer, neuer Erkenntnisse: I. Ü. sei allen jurist.
    Amateuren ins Stammbuch geschrieben: Mord verjährt nie; gewiss ist hier nicht klar, ob es sich um Mord o einen anderen Verbrechenstatbestand handelt(e) o eben nicht. Es ist nicht so, dass je ermittelt wurde, um einen Eifer vor Leuten wie Ihnen zu erzeugen. Stellen Sie sich vor, es wäre Ihr Kind, dass furchtbarer Weise verschwand, wie wäre Ihre Reaktion? Auch nach vier Jahren...

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