Ermäßigungstarif, einheitliche Mitnahme-Regelungen - Fahrgastverbände fordern Nachbesserungen beim Deutschlandticket
Rund drei Millionen Menschen haben sich bislang das 49-Euro-Ticket gekauft, seit Montag gilt es. Die Fahrgastverbände begrüßen das Deutschlandticket, sehen aber noch Luft nach oben. So fordern sie etwa einen Ermäßigungstarif.
Fahrgastverbände haben die Einführung des Deutschlandtickets grundsätzlich begrüßt, mit denen Ticketinhaber seit Montag den öffentlichen Nahverkehr im ganzen Bundesgebiet nutzen können. Allerdings sehen sie noch Nachbesserungsbedarf.
So forderte der Berliner Fahrgastverband Igeb laut einer Mitteilung, das 49-Euro-Ticket müsse in allen Regionalzügen gelten. Im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg sind beispielsweise die Regionalexpresslinien RE17, RE28 und RE56 ausgenommen. Diese Linien werden nicht von der DB Regio betrieben, sondern von der Konzernschwester DB Fernverkehr.
Igeb fordert zudem, in Fernzügen, die das Angebot an Regionalzügen ergänzen, müsse ebenfalls das Deutschlandticket gelten. Dazu gehöre die IC-Linie 17, die den RE8 ergänze. Dort gälten die VBB-Tickets – nicht aber das Deutschlandticket.
Zudem fordert der Igeb ein Deutschlandticket zum Ermäßigungstarif für Studierende, Azubis, Schüler und Geringverdiener. Dieses müsse zum Preis von 29 Euro erhältlich sein. Eine solche Ermäßigung ist beispielweise in Bayern ab September geplant. Aktuell müssen beispielsweise Studenten den vollen Preis für ein Deutschlandticket zahlen, selbst wenn sie bereits ein Semesterticket haben. Eine Lösung soll es in Berlin und Brandenburg im Juni geben, dann sollen Studierende lediglich einen Aufpreis zahlen.
Pro Bahn fordert weitere Vereinheitlichung
Der Fahrgastverband Pro Bahn dringt darauf, dass das Deutschlandticket überall auch als Chipkarte erhältlich sein müsse. Der Vertrieb sei bei vielen Verkehrsunternehmen sehr unterschiedlich gestaltet. "Das muss im Sinne der Fahrgäste verbessert werden", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß.
Zudem seien Fragen "wie zum Beispiel Fahrradmitnahme, Mitnahme von Kindern, zusätzlichen Personen am Wochenende, Hunden und so weiter" noch nicht bundesweit geklärt, kritisierte der Pro-Bahn-Chef. Hier bestehe die Gefahr eines erhöhten Beförderungsentgelts beim Überschreiten einer Landesgrenze, warnte er. "Hier erwarten wir möglichst kurzfristig Lösungen", sagte Neuß.
Dennoch sei das neue Angebot ein großer Fortschritt, betonte er. "Die Vorteile des Deutschlandtickets überwiegen eindeutig", sagte der Pro-Bahn-Chef. Es sei "sehr preisgünstig" und kein Pendler müsse sich mehr Gedanken über Tarifgrenzen machen. "Vor allem dann, wenn die Fahrt zur Arbeit von einem Verkehrsverbund in den anderen geht."
Probleme bei Bestellung und Versand
Nach einer Hochrechnung des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) haben weit mehr als drei Millionen Menschen schon für den Mai den neuen Fahrschein gelöst, der bundesweit im öffentlichen Personennahverkehr gilt. Darunter sind dem Verband zufolge 750.000 Menschen, die bisher kein Nahverkehrs-Abo besaßen. Allein die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben nach eigenen Angaben vom Dienstag bislang 500.000 Deutschlandtickets verkauft, rund 70.000 der Käufer seien neue Abo-Kunden.
Die von einigen Fahrgästen beklagten Schwierigkeiten bei Bestellung und Versand des neuen Deutschlandtickets zeigen aus Sicht von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) Defizite bei der Digitalisierung. "Das sind Probleme, die damit zusammenhängen, dass wir keine ausreichende Digitalisierung im Vertrieb haben", sagte Wissing. Diese Schwierigkeiten seien aber keineswegs überall aufgetreten.
Die BVG hat eine Kulanzregelung angekündigt, wenn die Karte nicht rechtzeitig zugesandt wurde: In diesem Fall könnten Kunden trotzdem fahren, wenn sie die Bestellbestätigung und einen Ausweis vorzeigen können. Ähnlich äußerte sich der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB). Sie könne zwar nicht für jedes einzelne Unternehmen sprechen, so eine VBB-Sprecherin auf Nachfrage von rbb|24. Sie gehe aber davon aus, das Kontrolleure eine Bestellbestätigung plus Ausweis als Nachweis anerkennen.
Rolf Erfurt, Vorstand bei den Berliner Verkehrsbetrieben, räumte ein, dass es Probleme bei den Chipkarten-Herstellern gegeben habe. "Das ist aber jetzt behoben, und alle Chipkarten werden jetzt auch versandt."
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.05.2023, 7:40 Uhr