Fehlende Wohnheimplätze - Viele Berliner Studierende fangen ohne Wohnung an

Mo 16.10.23 | 18:01 Uhr | Von Linh Tran
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Symbolbild: Ein Student steht vor dem Schwarzen Brett der Freien Universität Berlin. (Quelle: Picture Alliance/Bildagentur-online/Schoening)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 16.10.2023 | Material: Roman Garthoff | Bild: Picture Alliance/Bildagentur-online/Schoening

In Berlin beginnen die Vorlesungen für das neue Wintersemester. 3.600 Studierende können nicht mit einem Wohnheimplatz versorgt werden. Das Studierendenwerk Berlin wünscht sich Zuschüsse für den Bau von Wohnheimen. Von Linh Tran

  • Mehr als 108.000 neue Studierende starten in Berlin
  • Günstige Wohnheimplätze belegt: 3.600 Bewerber:innen gehen leer aus
  • Forderung nach Zuschuss für bezahlbare Wohnheime

Wenn das Studium beginnt, soll auch die beste Zeit des Lebens beginnen. Wäre da nur nicht das Problem mit dem Wohnungsmangel. Mehr als 108.000 Studierende starten in Berlin am Montag in das neue Wintersemester 2023/24. Die Freie Universität (FU) sprach von rund 37.600, die Humboldt-Universität (HU) von rund 35.700 und die Technische Universität (TU) von circa 35.000 Studierenden.

Irgendwo müssen diese Studierenden unterkommen.

"Allein im Studierendenwerk stehen 4.900 Studierende auf der Warteliste", sagt Jana Judisch, Pressesprecherin des Studierendenwerks Berlin. Viele davon konnten zum Semesterstart nicht versorgt werden. Darunter seien zwar 1.300 Menschen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt einziehen wollten. Trotzdem seien zum Stichtag noch 3.600 Bewerberinnen und Bewerber unversorgt, so Judisch.

Das sei deutlich weniger als vor einem Jahr, als es 4.600 waren. Und trotzdem: Wer auf einen bezahlbaren Wohnheimplatz warten wolle, müsse derzeit bis zu drei Semester warten.

Auf dem FU-Campus in Berlin-Dahlem sind einige Erstsemestler:innen bereits bei ihren Vorlesungen. Von 15 Studierenden, mit denen der rbb gesprochen hat, haben nur zwei ein Zimmer gesucht und gefunden. Einer hatte Glück. Er sei gleich bei seiner ersten Wohnungsbesichtigung genommen worden, sagt er.

Für Ben aus Karlsruhe gestaltete sich die Suche ein wenig schwieriger. Für ein 25-Quadratmeter-Zimmer in Zehlendorf zahle er nun 650 Euro. "Schon teuer", sagt er. "Gerade als Student kann man jetzt nicht ungebremst Geld anheuern."

Berliner:innen bleiben oft bei Eltern wohnen

Für diejenigen, die in Berlin und Umgebung aufgewachsen sind, kommt die Suche nach einer eigenen Wohnung oft gar nicht in Frage. "Eine Wohnung in Berlin zu finden, ist schrecklich", klagt beispielweise Merlin. Er wohnt bei seinen Eltern in Kleinmachnow und bleibt dort auch erst einmal. Auch sein Kommilitone sagt, es sei finanziell nicht machbar, von zu Hause auszuziehen. "Neben dem Studium müsste man einfach so viel arbeiten, dass es schwierig zu bewerkstelligen wäre."

Wer etwas weiter weg wohnt, für den würde sich ein Umzug vom Weg her lohnen. Alina aus Beelitz fährt eine Stunde und zwanzig Minuten zur Uni und wäre beispielsweise auch mit einer Wohnung in Potsdam zufrieden. Doch auch dort sei die Suche nicht leicht, erzählt Alina. "Es gibt sehr viele Betrüger, die einen verarschen wollen oder man findet auch gar nichts."

Alinas Kommilitonin erzählt von ungewöhnlichen Wohngemeinschaften, in denen sie sich nicht wohlfühlen würde: "Es sind WGs, die fraghaft sind, ob die so gut sind – mit alten Männern."

Für Menschen, die in Berlin keine Familie oder Verwandten haben, bleibt neben Wohnheimplätzen nur der freie Markt. "Was anderes bleibt ihnen gar nicht übrig", sagt Judisch. "Sie leben damit, dass sie sehr viel Miete zahlen müssen, einfach damit sie in Berlin eine Unterkunft haben."

Jana Judisch, Pressesprecherin Studierendenwerk Berlin zum Semesterstart im Oktober 2023.(Quelle: rbb)Jana Judisch, Pressesprecherin des Studierendenwerks Berlin

In anderen Ländern ist das anders

Gerade internationale Studierende seien oft überrascht, wenn sie in Deutschland keinen Platz im Wohnheim bekommen, sagt Studierendenwerks-Sprecherin Judisch. "Denn die wissen das gar nicht, dass mit der Immatrikulation kein Wohnheimplatz verbunden ist. Das ist in anderen Ländern anders."

Eine günstige Alternative zu Berliner WG-Zimmer sind Studierendenwohnheimplätze. In ganz Berlin gibt es insgesamt 9.200 Plätze. Mit einer Durchschnittsmiete von circa 300 Euro liegen Wohnheimplätze des Studierendenwerks weit unter der durchschnittlichen Berliner WG-Zimmer-Miete, die laut einer Anfrage bei "wg-gesucht.de" 2023 bei 650 Euro liegt.

In Berlin ist der Anteil der Studierenden, die in einem Wohnheim leben, mit knapp sieben Prozent im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ klein. In Brandenburg sind es dagegen 23,8 Prozent. Das ergab eine Befragung zu den Wohnverhältnissen durch das Centrum für Hochschulentwicklung [hochschuldaten.che.de]

8 000 Wohnheimplätze in Bau oder Planung

Auf Anfrage des rbb an die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege, wird darauf hingewiesen, dass es ein wichtiges Anliegen sei und bleibe, bezahlbaren studentischen Wohnraum in Berlin auszubauen und die Versorgungsquote zu erhöhen. "Daher befinden sich knapp 8.000 Plätze in Bau oder Planung und sollen bis 2028 fertiggestellt werden." Allein die landeseigene Wohnungsgesellschaft Berlinovo will nach eigenen Angaben bis Ende 2026 rund 6.500 Wohnplätze für Studierende errichten.

Judisch vom Studierendenwerk hat nach eigener Aussage nicht den Eindruck, dass genügend Wohnplätze geschaffen werden. Idealerweise müsse es mehr Wohnheime in Trägerschaften des Studierendenwerks geben und dieser müsse bezuschusst werden, sagt sie: "Wenn man zum Bafög-Satz bauen will, also zu dem Preis, die das Bafög vorsieht, was eine Miete kosten maximal darf, dann braucht es Zuschuss, und zwar gewaltig", so die Pressespecherin.

Neubau deckt Bedarf nur kurzfristig

Auch Wibke Werner vom Berliner Mieterverein sieht das Wohnproblem der Studierenden. Trotzdem sei Neubau allein auch nicht die Lösung, sondern würde nur kurzfristig den Bedarf decken. Es müsse zudem Regelungen geben, bei denen Wohnungen weder zweckentfremdet noch möbliert für viel Geld vermietet werden.

In anderen Studentenstädten wie beispielweise Bologna in Italien ist es gang und gäbe, dass sich Studierende ein Zimmer teilen. Ähnlich wie auch an Universitäten in den USA. Werner sagt, sie fände dieses Modell für Berlin problematisch, wenn die Studierenden sich nicht selbst dazu entscheiden würden, beispielweise als Paar oder sehr gute Freunde zusammen zu leben. "Das ist keine angemessene Wohnraumbeschaffung, nur weil Berlin es nicht hinbekommt, die Wohnungsfrage zu lösen."

Werner empfiehlt den Studierenden, flexibel zu bleiben, auch Randbezirke in den Blick zu nehmen, sich zusammen mit anderen Studierenden nach eine größeren Wohnung umzusehen und eine neue WG zu gründen. Judisch gibt den Suchenden denselben Rat: "Ein paar Wege muss man in Berlin in Kauf nehmen. Und an der Peripherie ist meistens noch was möglich, während hier in der Mitte von Berlin nichts mehr zu finden ist."

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.10.2023 17:30 Uhr

Beitrag von Linh Tran

21 Kommentare

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  1. 21.

    Nicht NUR Studierende.
    Ausser Tauschwohnungen gibt es ohne Millionär oder Clanmitglied zu sein , keine Chance eine Wohnung zu bekommen.

  2. 20.

    Auch städtische Wohnung ist in Ordnung ... solange die Miete gezahlt wird.
    Oder kommt dann der moralische Zeigefinger?

  3. 19.

    Es sollte jeder so wohnen wollen wie er möchte. Solange es keine städtischen Mietwohnungen sind, sondern diese Wohnungen im Eigentum des Bewohners stehen ist es in Ordnung auch mehrere Wohnungen zu haben.

  4. 18.

    Diese Wohnungen stehen nicht leer. Auch Zweitwohnungen sind vermietet.

  5. 17.

    Jammern kann jeder. , Man muss sich halt vorher überlegen, ian welcher Uni man studieren will. Letztlich gibt's genug Wohnungen. Nur halt nicht billig

  6. 15.

    Welche Traumtänzer erkundigen sich nicht wenigstens vor der Bewerbung nach Wohnmöglichkeiten? Und warum ist die erste Assoziation bei Studium "schönste Zeit des Lebens" (= Party, Besuche etc.?) statt Ausbildung? Und wo ist das Menschenrecht auf ein eigenes Zimmer für Studierende festgeschrieben?
    In unseren Mehrbettzimmern (2 Zi = 6 Studis m. gemeinsamem Bad und Etagenküche) im Wohnheim konnten wir zusammen lernen und feiern und in der Regelstudienzeit abschließen. Die beste Zeit kommt danach!

  7. 14.

    Mehr Microappartments wie in München müssen her. Dann durchmischen sich die Stadt. Weniger reine Wohnheime.

  8. 13.

    Der Wohnungsmarkt muss flexibler werden in Deutschland, mehr Freiheiten, weniger gesetzliche Vorgaben. In anderen Studentenstädten wie beispielweise Bologna in Italien ist es gang und gäbe, dass sich Studierende ein Zimmer teilen. Ähnlich wie auch an Universitäten in den USA. Der Wohnungsmarkt ist überreguliert in Deutschland.

  9. 12.

    Also unsere Kinder hatten keine Probleme, haben sich halt nicht blind auf eine der Großstädte beworben. Von anderen Eltern habe ich gehört, dass diese eine 3 oder 4 Zimmer-Wohnung gekauft und dann eine WG daraus gemacht haben. Man muss halt in Lösungen denken. Eventuell macht es auch Sinn, erst einmal eine Ausbildung zu machen statt Geschichte, PoWi oder KuWi zu studieren, obwohl man es sich angesichts der Kosten eigentlich gar nicht leisten kann.

  10. 11.

    Alles auf dem privaten Wohnungsmarkt ist eben freier Markt. Zwang oder Apelle, seine eigene Mietwohnung aufzugeben, gehen nicht. In Stundentenwohnheimen, die eigens nur für Studierende sind, ist dies natürlich anders. Da sollte schon spätestens halbes Jahr nach Studienende Auszug sein. Ne andere Frage sind dann natürlich die s.g. Dauerstudenten, die nach 10 Jahren immer noch nicht mit dem 3. angefangenen Studium fertig sind. Mal so ins Klischee gegriffen... ;-))

  11. 10.

    "Naja... in Studentenheimen ist der Aufenthalt an das Studium geknüpft." -das ist aber wirklich mit Abstand das Verwerfstliche!!!
    "Wer irgendwo ne eigene kleine Bude gefunden hat auf dem privaten Wohnungsmarkt, kann mit der Bude machen, was er will." - weil man dann ja als regulärer/normaler Mieter gilt!!! - und weiter???
    Was bedeutet denn Dein Kommentar?
    Mit Suchen, Bedarf, Finden, Kompromiss sehe ich da Nichts.

  12. 9.

    Bei uns im Mietshaus stehen 2 Wohnungen ca. 8 Monate im Jahr leer. Es sind Zweitwohnungen...

  13. 7.

    Gerade in der Abendschau - 1/5 der Studierenden kommen aus dem Ausland.
    Cool, die Studienplatzanbietenden/-vergebenden weisen die künftigen Studierenden nicht auf die Unterkunftssituation hin.
    Aber auch sondebar, im Beitrag wird von Wohnungen ausgegengen, in der Abendschau eher von Unterkünften.
    Da ergab sich für mich spontan der Gedanke, weshalb ist für Studierende nicht (auch nur vorübergehend) ne Unterbringung wie für Geflüchtete möglich in Objekten aus "Modulbauweise" und/oder Containern.
    Wer verursacht die Zahl der Studierenden in Berlin, auch noch so eine Überlegung!

  14. 6.

    Naja... in Studentenheimen ist der Aufenthalt an das Studium geknüpft. Wer irgendwo ne eigene kleine Bude gefunden hat auf dem privaten Wohnungsmarkt, kann mit der Bude machen, was er will. Auch diese weiterhin mieten. Das ist nicht verwerflich.

  15. 5.

    Wo wende ich hin,wenn ich ein Zimmer vermieten kann?

  16. 4.

    Eine meiner Theorien geht auch dahin, das Fertig-Studierte ihren (Wohnheimunabhängigen) Wohnraum nicht wieder freigeben wollen/möchten.
    Erst recht wenn man nicht aus Berlin kam, aber sich selber "Nötigt" unbedingt in Berlin bleiben zu müssen.
    Das addiert sich natürlich mit den Jahren.
    Und selbst wenn es dieses Jahr genügend Wohnheimplätze geben würde,
    würden Diese nächstes Jahr wieder nicht reichen, da diese Situation eher wieder mehr Studierende anziehen würde.
    Vielleicht sollten die Unis da mal mehr Realität beachten!

  17. 3.

    Vielleicht wäre es sinnvoll, die Zulassung für einen Studienplatz in Berlin an den Nachweis einer Wohnmöglichkeit zu knüpfen.

  18. 2.

    Tja, die Bude in Uni-Nähe, am Besten 50 Quadratmeter für 250 warm. Und zum Thema bei älteren Menschen für die Zeit des Studiums zur Untermiete zu leben ist so alt, wie das Studieren selbst. Und jedem älteren Mann gleich sonstwas zu unterstellen, finde ich, gelinde gesagt, ziemlich platt. Würde ich allein in einer bezahlbaren Wohnung leben, die noch ein Zimmer über hätte, würde ich beim Studiwerk das Zimmer anbieten. Es wäre doch ne WinWin-Situation für beide. Ich verblöde nicht und weiß, da ist jemand, dem ich helfen kann und evtl. der, oder diejenige mir auch bei Gelegenheiten. Meine Güte. Es wird ständig von generationsübergreifenden Hilfen oder Lebensprojekten fabuliert, aber ein älterer Mann dürfte keinem jungen Menschen Studiwohnraum anbieten, ohne gleich auf eine sexuelle Schiene geschoben zu zu werden?
    Dann hört auf zu jammern und träumt weiter.

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