Amtsgericht Berlin-Tiergarten - Angriff auf ZDF-Team: Angeklagte erhalten Bewährungs- und Geldstrafen

Mo 08.01.24 | 14:56 Uhr
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Drei Angeklagte kommen am 08.01.2024 vor Beginn der Verhandlung in den Gerichtssaal im Kriminalgericht Moabit. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Video: rbb24 Abendschau | 08.01.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Monika Skolimowska

In der Hochphase der Corona-Demonstrationen 2020 wurde in Berlin ein ZDF-Team angegriffen. Mehrere Opfer wurden schwer verletzt. Am Montag gab es das Urteil gegen die vier Angeklagten. Die sprechen derweil von einer Verwechslung.

Fast vier Jahre nach einem Angriff auf ein ZDF-Team am Rande einer Demonstration der "Querdenker"-Bewegung sind drei Männer und eine Frau jeweils zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren verurteilt worden.

Das Amtsgericht Tiergarten sprach die Angeklagten im Alter von 28 bis 34 Jahren am Montag der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Sie müssen jeweils 5.000 Euro Geldbuße zahlen. Das Geld soll den Opfern zugutekommen.

Die zwei Männer aus Berlin sowie das Geschwisterpaar aus Baden-Württemberg hatten zuvor gestanden, am 1. Mai 2020 auf das Fernsehteam eingetreten und eingeschlagen zu haben. Nach ihren Angaben handelte es sich um eine Verwechslung. Sie seien davon ausgegangen, dass die Angegriffenen der rechtsextremen Szene angehörten.

Zwei Angegriffene verloren zeitweilig Bewusstsein

Die Angeklagten hatten sich in von den Verteidigern verlesenen, nahezu gleichlautenden Geständnissen bei den Angegriffenen entschuldigt. Das Geständnis der bislang nicht vorbestraften Angeklagten war Voraussetzung dafür, dass das Gericht Bewährungsstrafen aussprach. Darauf hatten sich die Prozessbeteiligten vor Verhandlungsbeginn verständigt, wie Richterin Ulrike Hauser erläuterte. Mit seinem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Das sechsköpfige Fernsehteam war damals im Auftrag für das ZDF-Satireformat "heute-show" unterwegs und berichtete über die Demonstration. Die Angeklagten waren Teil einer größeren Gruppe von Angreifern.

Das TV-Team hatte zuvor Aufnahmen von einer Demonstration gegen die damaligen Corona-Maßnahmen gemacht. Die Angreifer schlugen unter anderem mit Metallstangen und Fäusten auf die Mitarbeiter des Kamerateams und Security-Mitarbeiter ein. Zwei der Angegriffenen verloren dabei zeitweilig das Bewusstsein. Einige der Angegriffenen litten auch Monate nach der Tat noch an den physischen und psychischen Tatfolgen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte die drei Männer und eine Frau bereits vor einem Jahr, im Januar 2023, angeklagt. Gegen zwei weitere Beschuldigte wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt. Für die Ermittlungen waren Videoaufnahmen ausgewertet und DNA-Proben analysiert worden.

Zeugen: Wurden von bis zu 20 Vermummten angegriffen

Zum Prozessauftakt wurden unter anderem zwei Mitarbeiter des TV-Teams als Zeugen angehört. Sie schilderten den Angriff von 15 bis 20 schwarz vermummten Menschen und die erlittenen Verletzungen. Weitere Zeugenaussagen sowie gerichtsmedizinische Befunde wurden verlesen.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten unter anderem gemeinschaftliche, gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Vorwurf in einem Fall wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sollte im Rahmen der Absprache zwischen den Prozessbeteiligten fallen gelassen werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.01.2024, 15:23Uhr

54 Kommentare

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  1. 54.

    Zitat: "Ich hätte gerne gewusst, wie bei Tätern aus dem rechten Spektrum die Strafen ausgefallen wären!"

    Dann haben Sie hier mal etwas zum Sinnieren, Bernd.

    https://www.sueddeutsche.de/meinung/ballstaedt-neonazis-urteil-1.5349741

  2. 53.

    Zitat: "Hieß es nicht . . ."

    Nein. hieß es nicht. Schon am Tag nach dem Überfall berichteten mehrere Medien von "Linksextremisten" als vermutl. Täter und beriefen sich dabei auf die Berliner Staatsanwaltschaft und später auch auf die Berliner Polizei. Und Ihre Behauptung, dass nun ALLE schweigen, mutet schon sehr seltsam an, Karsten.

  3. 52.

    Zitat: "Wird linksextremistische Gewalt weniger hart sanktioniert als Gewalt von Rechtsradikalen Auf mich wirkt dieses Urteil leider so."

    Sie unterstellen also, dass die Täter wesentlich härter bestraft worden wären, wenn sie der rechtsextremistischen Szene zugeordnet hätten werden können? Demnach unterstellen Sie dem Gericht eine Art Gesinnungsjustiz; woraus sich die Frage ergibt, wie Sie zu dieser Annahme kommen, Gregor.

  4. 51.

    "Meine Kollegen und ich sprechen Urteile."

    Wer im Internet rumprotzt, hat sicher kein Problem damit seinen Klarnamen und Gericht zu nennen. Nur zu, wer sind sie?

  5. 50.

    Die lachen sich doch schlapp über das Urteil!

  6. 49.

    Von wegen Verwechslung. Da braucht es nur ein Mikrofon mit ZDF oder ARD drauf und schon wird von manchen zugeschlagen. Die Fragen vorher nicht, was gedreht wird.

  7. 48.

    "Bei Geständnis mildere Strafe" ist allgemein bekannt und die Regelung ebenfalls. Trotzdem kann ich das gedanklich nicht umsetzen. Warum? Weil die Tat die gleiche bleibt, ob mit oder ohne Geständnis. Und nochmal, es kann doch nicht im Sinne der Opfer sein, das Absprachen getroffen werden, um den Prozessablauf zu verkürzen um Kosten zu reduzieren.

  8. 47.

    Dann würden sie nicht urteilen, dann wären sie nämlich befangen.

    Zum Urteil selbst stellt sich in der Tat die Frage, warum die Sache nur am Amtsgericht verhandelt wurde. Wenn das stimmt, was man so der Berichterstattung entnehmen durfte, sollen Metallstangen und unzählige Tritte gegen den/die Köpfe eingesetzt worden sein. Hier könnte man zumindest mal über ein versuchtes Tötungsdelikt nachdenken.

  9. 46.

    Die Strafe ist lächerlich niedrig. Damit wird das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit abgeschafft.

  10. 45.

    Da die Geldstrafe über 1000€ liegt, ist es eine Verurteilung für eine Straftat, somit werden die Einträge im Strafregister nicht gelöscht.

  11. 44.

    ....mit Bewährungsstrafen setzt man kein Zeichen - ist bin über das Gerichtsurteil entsetzt! ! !

  12. 43.
    Antwort auf [Maria ] vom 08.01.2024 um 23:13

    "Kein Opfer wurde schwer verletzt oder behält schwere Folgen zurück" Sie verhöhnen damit die Opfer dieser feigen Attacke! Vor Gericht wurden die schweren Verletzung inklusive der Folgen sehr deutlich zur Sprache gebracht. Oder zählt der Kameramann, der jetzt seine Schulter nicht mehr belasten und deshalb seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, nicht als schwer verletzt und ohne schwere Folgen? Zählt der Regisseur, der potentiell gefährliche Ansammlungen aus lauter Panik meidet für Sie nicht als schwere Folge dieser feigen Attacke? Zählt auch nicht, dass einer der Mitarbeiter sich immer noch einer weiteren OP unterziehen muss? Und als Ausrede der Angeklagten, durch ihre Verteidiger verlesen, kommt dann nur: "Tut uns leid, wir haben euch mit Nazis verwechselt"?

  13. 42.

    Aber die Einsicht der Täter war doch da?
    Sorry, wir wollten eigentlich jemand ganz anderes mit Waffen angreifen und gefährlich verletzen.
    Dieses Sorry ist doch bestimmt als strafmildernd in das Urteil eingeflossen. *ironieoff*

  14. 41.

    Wenn man denen glaubt, die hier so sehr auf ihre juristische Vorbildung pochen, taucht bei mir das Gefühl auf, dass man mit juristischer Ausbildung seine Emphatie verliert und gleichzeitig den Nichtjuristen jegliches Recht auf Meinungsäußerung absprechen würde. Zum Glück ist dieses aber in unserem Grundgesetz verankert!

  15. 40.
    Antwort auf [Maria ] vom 08.01.2024 um 23:13

    "Wenn ich hier so die unqualifizierten Aussagen der Bürger lese, wird mir schlecht."
    Dafür gibt es eine ganz schnelle Lösung: lesen Sie die "unqualifizierten Aussagen" einfach nicht und schon würde es Ihnen besser gehen.

    "Keine Ahnung von der Rechtssprechung, aber ein Urteil bewerten. Das hat nichts mit Meinung zutun."
    Auch wenn es Ihnen nicht gefällt, selbst bei diesem Artikel darf jeder seine Meinung dazu äußern. Das versteht man unter Meinungsfreiheit. Gefällt Ihnen diese Art der Meinungsfreiheit nicht?

  16. 39.

    "Geständnisse müssen sich immer strafmildernd auswirken." Das ist schlicht falsch. Ob Geständnisse strafmildernd wirken, entscheidet immer noch der Richter im Einzelfall und hat dabei die Begleitumstände zu würdigen. Dazu zählt unter anderem die Einsicht zur Tat und erkennbare Reue.

  17. 38.

    Keine Ahnung, warum mein Beitrag mal wieder nicht veröffentlicht wurde. Ich versuche es noch mal neu:
    Bei der Welt kann man mehr Einzelheiten lesen, welche gravierenden Verletzungsfolgen die Angegriffenen davon getragen haben. Dafür sind die Strafen eine Frechheit und eine Verhöhnung der Opfer. Wären die Täter Rechtsextreme gewesen, wäre es mit Sicherheit und absolut zu Recht nicht derart lasch ausgegangen. Auch die Motivation schockiert in ihrer Ehrlichkeit. Selbst wenn die Opfer tatsächlich Rechtsextreme gewesen wären, ist das kein Freibrief, diese zu überfallen. Es kam klar zum Ausdruck, dass hier Menschen absichtlich schwer verletzt werden sollten oder schlimmeres. In Anbetracht dieser Fakten sind die Urteile für mich nicht nachvollziehbar und weder eine Sühne, noch eine Abschreckung.

  18. 37.
    Antwort auf [Marianne ] vom 08.01.2024 um 22:40

    Es ist einfach nur unverschämt, wie Sie hier andere Nutzer angehen. Niemals sind Sie Juristin.

  19. 36.

    Ich hätte gerne gewusst, wie bei Tätern aus dem rechten Spektrum die Strafen ausgefallen wären!

  20. 35.

    Hauptsache, Verweis auf " Querdenker". So vermuten die Leute, dass Personen der " Querdenker" das Team angegriffen hat. Dass das aber die Antifa war, wird vorsichtshalber nicht geschrieben.

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