Hochwasserschutz in der Prignitz - Elb-Deiche nach Winterhochwasser in gutem Zustand

Der außergewöhnlich regenreiche Jahreswechsel hatte an der Brandenburger Elbe zu Hochwasseralarm geführt. Über Wochen stand das Wasser dicht an den Deichen. Die haben letztlich davon profitiert, wie sich bei der Frühjahrsdeichschau zeigte. Von Björn Haase-Wendt
- Starker Regen ließ Anfang des Jahres Elbe-Pegel in der Prignitz stark ansteigen
- Deiche haben die Hochwasserlage gut überstanden
- An drei Orten muss trotzdem nachgebessert werden
- Nagetiere und das Jagdrecht machen den Experten zu schaffen
- Zugleich sorgen sie sich um eine gesicherte Finanzierung des Hochwasserschutzes
Die Sonne strahlt über der Elbe in der Prignitz, Radtouristen sind auf dem beliebten Elberadweg unterwegs. Nichts erinnert mehr an das Hochwasser zum Jahresbeginn. Schnee, Frost und Regen ließen damals über Wochen die Pegel an der Elbe steigen, sogar Hochwasseralarm wurde ausgelöst.
Experten der Umwelt- und Wasserbehörden, von Katastrophenschutz, Bundeswehr und Wasserschutzpolizei haben jetzt bei der Frühjahrsdeichschau begutachtet, wie die Prignitzer Elb-Deiche das Winterhochwasser überstanden haben. Und die Bilanz fällt durchaus gut aus. Die hohen Pegelstände von über sechs Metern haben die Deiche sogar gestärkt, erklärt Stefan Blechschmidt vom Landesumweltamt: "Dass der Wassergehalt im Boden auch mal wieder so war, wie er sein muss. Das sieht man an der Grasnarbe und auch dass sich Risse auch wieder geschlossen haben." Dass die Grasnarbe in einem guten Zustand ist, sei entscheidend für den Hochwasserschutz, denn sie hält den Deich stabil.
Entlang des Ufers sind die Spuren des Hochwassers trotzdem noch zu sehen. Immer wieder türmen sich riesige Berge von Treibgut wie Bäume, Äste und Co. auf, das die Mitarbeiter des Landesumweltamt entlang des Elbvorlandes einsammeln. "Sonst können wir den Deich nicht unterhalten, und bei Hochwasser führt das Treibgut bei Wellenschlag zu Beschädigungen am Deich", sagt Blechschmidt. Gut 3.000 Kubikmeter wurden in den letzten Wochen entlang des Prignitzer Elbabschnitts eingesammelt, über 200.000 Euro dafür ausgegeben.

Baustart für Deichsanierung bei Wentdorf
Auch wenn die Experten mit dem Zustand der Deiche grundsätzlich zufrieden sind, gibt es auch Probleme. Etwa bei Wentdorf, nördlich von Wittenberge. Dort wurden vor zwei Jahren zahlreiche Risse im Deich festgestellt. "Das ist ein alter Deich, der Anfang der 90er-Jahre saniert wurde. Sehr wahrscheinlich ist es so, dass der Boden nicht so widerstandsfähig ist", erklärt Bernd Lindow von der Unteren Wasserbehörde der Prignitz den Grund für die Risse.
Der Deichabschnitt war nicht mehr standsicher. Jetzt startet die Sanierung des gut 700 Meter langen Abschnitts. "Wir rammen eine Spundwand in die Deichmitte, die eine Stabilität und Dichtung des neuen Deiches gewährleisten soll und der Deich wird auch erhöht", erläutert Bauleiter Robert Schmidt vom Landesumweltamt. 3,4 Millionen Euro kostet die Sanierung, die innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein soll.
Ein Ringdeich für Bälow
Die Mitarbeiter des Landesumweltamtes haben auch noch für eine zweite neuralgische Stelle beim Prignitzer Hochwasserschutz gute Nachrichten dabei. Seit Jahren fehlt bei Bälow im Amt Bad Wilsnack/Weisen der Deich. Immer wieder mussten bei Hochwasserlagen mehrere Gehöfte evakuiert werden.
Nach jahrelangen Planungen soll im Herbst dieses Jahres der Bau eines sogenannten Ringdeiches um die Ortslage starten, zumindest in einem ersten Bauabschnitt. Denn vor Ort gibt es mit Grundstückseigentümern teils auch Diskussionen über den Deichneubau.

Nager sind Gefahr für die Deiche
Besorgt blicken die Deichschützer hingegen auf eine geplante Änderung im Jagdrecht. 2019 wurden Nutrias durch das Land Brandenburg in das Jagdrecht aufgenommen, Jäger konnten die Biberratten also bejagen und erhalten dafür teils sogar eine sogenannte Schwanzprämie. Nun sollen Nutrias wieder aus dem Jagdrecht genommen werden. Eine Bejagung wäre damit nur noch mit einer tierrechtlichen Ausnahmegenehmigung möglich.
Bernd Lindow von der Unteren Wasserbehörde der Prignitz kritisiert die Pläne: "Man muss also andere Wege finden, um die erfolgreich zu vertreiben. Wir können nicht verstehen, warum diese bisher gute Regelung wieder aufgehoben werden soll." Die Gefahr durch die Nager: Sie graben Löcher und Gänge in die Deiche, die Standsicherheit ist also bedroht.
Sorge um Finanzierung für weiteren Hochwasserschutz
Ein weiteres Problem sind weitere notwendige Maßnahmen im Hochwasserschutz. Zwar werden Ende 2026 alle Prignitzer Elbdeiche einem Bemessungshochwasser von 7,45 Meter am Pegel Wittenberge standhalten, doch der eigentlich vorgeschriebene Wert wurde schon 2005 auf 7,99 Meter angehoben. "Nur 30 Prozent der Prignitzer Deiche sind derzeit schon auf diese Höhe erweitert worden", sagt Stefan Blechschmidt vom Landesumweltamt.
Umfangreiche Bauarbeiten an den Deichen sind also auch künftig notwendig. Allerdings gibt es in der Prignitz die Befürchtung, dass dafür das Geld fehlt. "Die Sorge machen wir uns tatsächlich", sagt Bernd Lindow von der Unteren Wasserbehörde. In den letzten zehn Jahren sei das Geld bei Hochwasserschutzmaßnahmen nicht das Problem gewesen, das habe sich geändert. "In der neuen Situation mit den Haushaltskürzungen im Bundeshaushalt ist auch die Wasserwirtschaft und der Hochwasserschutz betroffen", fügt Lindow hinzu.
Der Appell aus der Prignitz ist deshalb klar: Es dürfe in diesem Bereich nicht gespart werden, denn das nächste Hochwasser kommt sicher. Außerdem hätten Bundesländer wie Sachsen-Anhalt an ihren Elbabschnitten erheblich investiert und vorgesorgt. Die Befürchtung: Zieht Brandenburg nicht nach, könnte das Elbufer auf Prignitzer Seite bei künftigen Hochwassern zum Knackpunkt werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.05.2024, 16:00 Uhr
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