Neurüdnitz - Fußgängerbrücke im Oderbruch wird zur Migrationsroute
Seit über einem Jahr führt die Bundespolizei an den großen deutsch-polnischen Übergängen stationäre Kontrollen durch. Damit soll die illegale Migration eingedämmt werden. Zuletzt haben Migranten nun den Weg über eine Touristen-Brücke gesucht.
Durch die Europabrücke zwischen Neurüdnitz im Oderbruch (Märkisch-Oderland) und dem polnischen Siekierki rückt die Grenzregion noch näher zusammen. Seit der Eröffnung vor zwei Jahren nutzen vor allem Touristen und Radfahrer die ehemalige Eisenbahnbrücke für Ausflüge. Doch wurde die Verbindung zuletzt auch wiederholt als Migrationsroute für illegale Einreisen genutzt, wie aus Meldungen der Bundespolizei hervorgeht.
Geflüchtete suchen Hilfe bei Anwohnern
Auch die Bewohner des Ortes werden des Öfteren mit unerwartetem Besuch konfrontiert. "Bei der ersten Gruppe, die kam, haben wir selbst die Polizei angerufen", berichtet Anwohnerin Melanie am Dienstag von einer Begegnung. Sie wohnt in einem kleinen Haus nahe der Europabrücke in Neurüdnitz. Vor zwei Wochen hat sie zum ersten Mal wahrgenommen, dass Geflüchtete über Polen nach Deutschland gekommen waren. "Das waren zwölf Männer. Die sind hierhergekommen, haben erst bei uns eingekauft. Mein Lebensgefährte sollte sie dann für Geld zu einer Bushaltestelle fahren. Sie konnten aber kein Deutsch und uns nicht sagen, wo sie hinwollten. Sie hatten nur Dollar dabei."
Dass sich die Einreisen zuletzt gehäuft haben sich, beobachtet auch Michael Rubin. Er ist Bürgermeister der Gemeinde Oderaue, auf deren Gebiet die Fußgängerbrücke liegt. "Wir haben es gemerkt, indem die Migranten bei uns an den Straßenrändern waren und dann in Richtung Wriezen gelaufen sind. Dort wurden sie auch in den Ortschaften gesehen. Sie haben auch teilweise bei den Leuten geklingelt und gefordert, dass die Polizei angerufen werden soll."
Bundespolizei greift im Juni 40 Geflüchtete auf
Die Bundespolizei meldet seit Juni dieses Jahres verstärkt Aktivitäten an der Brücke. Demnach wurden bereits Anfang des Monats elf afghanische und ein irakischer Staatsangehöriger ohne Papiere aufgegriffen. Die meisten von ihnen seien wieder zurück nach Polen verwiesen worden. Mitte Juni wurden dann insgesamt 13 Menschen aus Afghanistan im Alter zwischen 17 und 49 Jahren gemeldet. Während die beiden Jugendlichen von den Beamten an Jugendeinrichtungen übergeben worden seien, wurden die weiteren Eingereisten zunächst registriert und anschließend in die zentrale Erstaufnahme des Landes überstellt, wie es in einer Mitteilung heißt. Ebenso sei mit 15 afghanischen Staatsangehörigen und einem Mann aus Bangladesch am letzten Juni-Wochenende verfahren worden.
Rüdnitzer zeigen sich verunsichert
Anwohnerin Melanie berichtet auch aus Gesprächen mit anderen Anliegern, dass die illegalen Grenzübertritte vor allem in der Nacht stattfinden und häufig unbekannte Fahrzeuge in der Nähe gesichtet werden. "Viele Autos, gerade so um 23-24 Uhr. Auch ohne Licht." Dies sei ihr zufolge aber schon seit der Eröffnung der Brücke vor zwei Jahren so und habe nicht unbedingt mit der Migration zu tun.
Stattdessen sei auch Grenzkriminalität ein Thema. Sie sei beispielsweise erst vor wenigen Tagen von Polizisten angesprochen worden, weil in der Gegend Motorräder gestohlen wurden. "Sie haben uns gesagt: die Männer sind auf freiem Fuß, die wissen nicht, wo sie sind, und wir sollen die Augen offenhalten. Hier ist genug los." Aufgrund der verschiedenen Vorkommnisse spricht Melanie davon, sich verunsichert zu fühlen.
Laut dem Ortsvorsteher Michael Rubin teilen auch andere Anwohner die Angst. "Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Europabrücke jetzt mehr von den Migranten frequentiert wird, die hier illegal einreisen. Wir haben auch ein innerliches Sicherheitsproblem." Dafür führt Rubin eher gewalttätige Auseinandersetzungen in den vergangenen Monaten bei Dorffesten in der Region an.
Mehr Polizei am Grenzübergang
Zumindest in Sachen illegaler Migration zeigt die Bundespolizei nun erhöhte Präsenz an der Europabrücke. Einigen Rüdnitzern zufolge sind zuletzt des Öfteren Hubschrauber an der Grenze unterwegs gewesen. Der Bürgermeister berichtet von zivilen Streifen. Und auch am Übergang selbst stehe in den vergangenen Wochen nahe dauerhaft ein Einsatzfahrzeug. So auch am Dienstag. Dort sagte einer der Beamten dem rbb: "Wir überwachen ganz normal die Grenze. Das ist unsere Zuständigkeit. Hier kommt auch fußläufig jemand rüber. Die Migrationskrise ist gerade aktuell, und die Fußball-EM auch."
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.07.2024, 15:40 Uhr
Mit Material von Magdalena Dercz