#Wiegehtesuns? | Seniorin - "Weihnachten teilen wir uns in der Familie in kleine Gruppen auf"
Gerade bei älteren Menschen gehen die Kontakte durch Corona zurück. Das erlebt auch die ehemalige Religionslehrerin Karin Regierer aus Berlin-Wilmersdorf. Aber die 88-Jährige blickt nach vorn. Ein Gesprächsprotokoll.
Corona stellt noch immer unser Leben auf den Kopf. Was beschäftigt uns am meisten? In welcher Situation stecken wir?
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen uns Menschen aus der Region, wie ihr Alltag gerade aussieht.
Die ehemalige Religionslehrerin Karin Regierer, 88, lebt in Berlin-Wilmersdorf. Im April diesen Jahres hat sie rbb|24 erstmals erzählt, was die Pandemie für sie bedeutet. So geht es Karin jetzt:
Als ich mich nach dem ersten Lockdown wieder traute einzukaufen, durch die Geschäfte zu schlendern, das war toll. Da habe ich gemerkt, wie schön Einkaufen ist, so eine alltägliche Beschäftigung.
Dass jetzt die Geschäfte wieder geschlossen haben, ist für mich nicht so schlimm. Mir tun die Menschen leid, die das direkt betrifft, das ist eine andere Sache. Aber als Verbraucherin – das kann man alles in ein oder zwei Monaten nachholen. Die Leute machen natürlich viel diese Onlineeinkäufe. Ich mache das nicht. Ich kann das aushalten, mal nicht in die Geschäfte zu gehen. Wenn ich den Nachrichten in den Medien zuhöre, bewirkt es bei mir eine ziemliche Weltuntergangsstimmung. Vielleicht muss das aber auch so verbreitet werden, weil die Leute den Ernst der Lage sonst nicht begreifen.
In meinem Umfeld sind einige krank geworden, es gab auch Todesfälle. Ob mir das Angst macht? Angst ist etwas, das da ist. Aber ich bin sehr christlich eingestellt, und mein Glaube hilft mir, mit meiner Angst fertig zu werden. Die Angst drückt mich nicht so nieder, dass ich nicht mehr fröhlich sein kann. Er gibt mir die Kraft, mit der Angst fertig zu werden
Bei uns Älteren gehen die Kontakte zurück. Ich habe mal durchgezählt. Ich war in sieben Gruppen unterwegs: Englischgruppe, Literaturgruppe, Malgruppe, Seniorengruppen, Kirchengruppen. Das fehlt mir schon sehr. Wir sind bemüht, nicht den Kontakt zu verlieren. Wir telefonieren. Aber man kann sich immer nur abfragen: Wie geht es bei euch, wie macht ihr es? Richtige Gespräche sind schwierig.
Zum Glück habe ich eine große Familie, die auch in Berlin lebt. Zu Weihnachten haben wir beschlossen, dass wir uns in drei kleine Einheiten, also Gruppen, aufteilen, die sich treffen und miteinander feiern. Ich werde also nur mit einem Teil meiner Familie feiern können und gehe zur Familie meines jüngeren Sohnes.
Ich freu mich darauf, wenn endlich geimpft wird. Dann wird es sehr viel Veränderungen geben, auch bei den Seniorengruppen. Es ist eine großartige Leistung der Wissenschaft, einen Impfstoff in dieser kurzen Zeit herzustellen. Das gibt uns die Hoffnung, dass wir mit der Pandemie fertig werden. Ich erinnere mich daran, dass in den 70er-Jahren die Kinderlähmung sehr stark im Vormarsch bei uns war, eine große Gefahr. Damals war ich in der Schule angestellt, und es war sehr wichtig, sich impfen zu lassen. Aber – wer spricht denn heute noch von Kinderlähmung!
Ich kann mir gar nicht ausdenken, wie das wird, wenn ich auch tatsächlich eine Impfung haben darf und mich wieder frei bewegen kann. Der Gedanke, dass ich mich wieder mit meinen Gruppen treffen und meine Enkelkinder besuchen kann - ohne Abstand und nur von weitem winken - macht mich glücklich.
Gesprächsprotokoll: Ula Brunner
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