Opposition spricht von Wahlkampfgeschenk - Berliner Senat will Schulessen kostenlos machen

Do 21.03.19 | 21:15 Uhr | Von Christoph Reinhardt
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Audio: Christoph Reinhardt | 21.03.2019

Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin plant, an allen Grundschulen das Mittagessen kostenlos zu machen, um vor allem einkommensschwache Eltern zu entlasten. Die Opposition hält das für teuren Stimmenfang und warnt vor sinkender Qualität. Von Christoph Reinhardt

"There ain't no such thing as a free lunch" sagt man auf Amerikanisch, wenn man sagen will: "Nichts ist umsonst" oder auch "irgendwo muss ein Haken ja sein". Der rot-rot-grüne Senat will in Berlin ausgerechnet das einführen: ein Gratismittagessen für alle Grundschüler. Kein Wunder, dass die Opposition am Donnerstag den Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus äußerst misstrauisch beäugt hat.

In der Sprache des Gesetzes klingt das Vorhaben eher spröde: "Alle Schülerinnen und Schüler der Primarschule erhalten ein kostenbeteiligungsfreies Mittagessen." Die Sprecherinnen der Koalition nennen es lieber einen "historischen Moment" oder ein "großartiges Signal".

CDU: "Leckeres Mittagessen von rot-rot-grün"

Die innenpolitische Sprecherin der SPD, Maja Lasic, will den Plan vom kostenlosen Mittagessen nach der Abschaffung von Hortgebühren, der Lernmittelfreiheit und dem kostenlosen Schülerticket gar in einem noch größeren Zusammenhang sehen: "In keinem anderen Bereich wird es so deutlich wie in diesem: Wir entlasten Berlin."

Für die CDU-Bildungspolitikerin Hildegard Bentele ist das kostenlose Schulessen dagegen grundfalsch. Das Geld aus dem Schuletat werde für Pädagogen fehlen und die Qualität werde sinken, sobald die Eltern nicht mehr in die Auswahl der Caterer eingebunden werden. Das kostenlose Mittagessen sei in Wirklichkeit Stimmenkauf. "Nichts anders ist das: Warmes Mittagessen gegen Stimme. Kostenloses, leckeres Mittagessen von rot-rot-grün."

AfD: "Das ist außergewöhnlich"

So sieht es auch AfD-Schulexperte Stefan Franz Kerker. Laut seiner Analyse verzichte der vorgelegte Gesetzentwurf auf jegliche Begründung. Das sei außergewöhnlich. "Aber wenn sie so erfolgt, kann man davon ausgehen, dass Wahlen anstehen." Und in der Tat könne das Wahljahr 2019 als Superwahljahr bezeichnet werden, so Kerker.

Das wollte die Koalition so aber nicht stehen lassen. Regina Kittler, Bildungsexpertin der Linken, rückte vor allem die Armen in Bezug auf ein kostenloses Mittagessen in den Fokus: "Das bekämpft Kinderarmut. Jedes Dritte Kind in Berlin lebt von Hartz IV." Zudem beseitige es auch jede demütigende Bittstellerposition.

FDP: "Machen Sie es verdammt nochmal ordentlich"

Die SPD rechnete vor, dass eine Familie mit zwei Grundschülern und 35.000 Euro Jahreseinkommen ohne staatliche Entlastungen rund zehn Prozent vom Netto für die Schule ausgeben müsste. Angesichts steigender Mieten sei Entlastung dringend nötig.

Dieses Argument brachte den FDP-Mann Paul Fresdorf in Rage. Das Scheitern der Mietenpolitik mit kostenlosem Schulessen kompensieren zu wollen, sei einfach nur traurig: "Wenn es mit Ihrer ideologischen Brille wichtig ist, es kostenlos zu machen, machen Sie es. Aber machen Sie es verdammt nochmal ordentlich". Der Gesetzentwurf wird jetzt in den Fachausschüssen beraten und soll noch in diesem Sommer in Kraft treten.

Beitrag von Christoph Reinhardt

34 Kommentare

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  1. 34.

    Leher in Berlin - nun auch Kellnern!
    Ab nächsten Schuljahr: kostenloses Mittagsessen für alle berliner Grundschulkindern. Schön und gut!
    Lehrer sollen aber dafür unbezahlt mind. etwa 30 Min länger jeden Tag bleiben und das Essen beaufsichtigen. An Personalkosten wird weiterhin gespart- wir sind unterbesetzt.
    Räume dafür haben wir natürlich auch nicht - unserer Hort verliert dadurch wieder 2 Räume, die bis jetzt für Freizeitaktivitäten benutzt waren.
    Unsere Schule hat zurzeit Kapazitäten fürs Mittagsessen für etwa 1/4 unserer Schüler. Ab nächsten Schuljahr sollen aber ALLE SchülerInnen essen können. An WIE das machbar ist, wurde natürlich wieder kaum gedacht und auch nicht investiert. Unsere Toiletten - eine Gesundheitsgefährdung, die Kanalisation - dritte Welt! Räume streichen und putzen mittlerweile schon Eltern und Lehrer in der Freizeit.Alles Quantität statt Qualität, Fliessbandarbeit.
    Wieder Mal toll geplant, rot-rot-grün! DANKE! Weiter so! Großzügigkeit auf Kosten anderer.

  2. 33.

    Könnten vielleicht Gründe bestehen, die das Essen im Halse stecken bleiben lassen?

  3. 32.

    Blödsinn, sie schließen von sich auf andere. Ehrenamtliche Arbeit ist also nichts wert? Das sehen Tausende zum Glück anders.

  4. 31.

    Das führt dazu, dass Essen weg geworfen wird. Was nichts kostet, ist nichts wert.

  5. 30.

    Vordergründig mag das kostenlose Schulessen eine wohlwollende Institution für Kinder sein und die Eltern entlasten, aber nach Einbeziehung überzeugender Argumente von Kommentator*innen bin ich zur Erkenntnis gelangt, dass damit die Auswirkungen einer familienunfreundlichen bzw. -feindlichen Umwelt (einschl. der Arbeitswelt) kaschiert werden sollen. Betrachtet man die Zeit und Umstände einer vom Arbeitseinkommen abhängigen Familie, bleibt von der angestrebten glücklichen Gemeinsamkeit leider nicht viel übrig, weil die problembeladene Umwelt die meisten Ressourcen auffrisst.

  6. 29.

    Ich habe in der Schule und beim Studium aufgepasst, Marx gelesen - und ihn verstanden.
    Als Mutter und Großmutter unterstütze ich keinesfalls die "krassen sozialen Unterschiede auf dem Rücken der Kinder".
    Aber als seit vielen Jahren freiberuflich arbeitende und sehr viele Steuern zahlende Frau bin ich der Meinung, dass die Kinder der "wohlhabenderen" Eltern ebenfalls kostenloses Schulessen bekommen sollten, da diese "wohlhabenderen" Eltern mit den durch sie erarbeiteten Steuern das Schulessen erarbeiten und das Essen der Kinder "weniger wohlhabender" Eltern sehr wohl mitfinanzieren.

  7. 28.

    Diese "wohlhabenden" Eltern zahlen das Essen ihrer Kinder durch ihre hohen Steuern schon selbst. Und nebenbei damit auch noch das Essen etlicher Kinder weniger "wohlhabender" Eltern..

  8. 27.

    Ah, das Gespenst "Sozialismus" ala DDR. Sie unterstützen also die harten krassen sozialen Unterschiede auf Rücken unserer Kinder?

    Na dann möchte ich nicht wissen wie man das nennt? Manchesterkapitalismus? Neoliberalismus? Zurück zum Feudalismus?

  9. 26.

    Die nächste die aus ideologischen Gründen und weil die Argumente fehlen auf "Kindern wohlhabender Eltern das Essen zu bezahlen" verweist. Plump und durchschaubar.

    Wieviele Kinder "Kindern wohlhabender Eltern" meinen sie gehen auf "normale" Schulen, wie hoch ist der Prozentsatz?
    Was sind "Kindern wohlhabender Eltern"? Ab brutto 1200 € pro Elternteil? Sie leben in einem Wolkenkuckucksheim.

  10. 25.

    In der Gleichmacherei. Enteignung hat schon vor 70 Jahren nicht weiter geholfen.

  11. 24.

    Grundsätzlich stimme ich dem zu, nur kostenlos alleine löst das Problem nicht. Die Unterstützung muss auch zeitlich ausreichend lang sein und vor allem verlässlich! Was nützt zum Beispiel arbeitenden Müttern ein Kita-Platz von 8:00 bis 16:00, wenn sie schon von 7:00 bis 16:00 arbeiten muss und den Weg zur Kita ja auch noch hingekommen muss? Dazu ständige Schließzeiten wegen Sommerferien, Fortbildungen oder Brückentagen. Wie sollen Frauen da normal arbeiten und sich eine eigene Rente aufbauen können? Es mangelt bei der Familienunterstützung an allen Ecken und Enden in diesem Land.

  12. 23.

    Die CDU sollte langsam mal einsehen, dass Konrad Adenauer doch nicht Recht hatte. Die Leute bekommen halt doch nicht immer Kinder...
    Bei der jetzigen demographischen Entwicklung muss man bei der der Rentenzahlung entweder die Lebensleistung berücksichtigen (Rente erst ab zwei Kindern), oder die größere Belastung der Familien ausgleichen.
    Windeln wechseln, Nächte durchmachen, und Pubertät übernehmen Eltern gerne alleine. Den finanziellen Nachteil und die geringeren Karrierechancen sollten dann aber auch die Gesellschaft mittragen. Das wäre dann aber mehr als nur kostenlose Kitas und Schulessen. Z.B. generell freie Bildung (auch Schulbücher usw.), freie Eintritte, Bahntickets erst ab 18 usw..
    Und zwar unabhängig vom Einkommen!

  13. 22.

    Danke für den Hinweis! Ich hatte mir bis jetzt immer eingeredet, dass die Arbeitszeiten Eltern immer mehr in die Rolle der Erzeuger und die Kinder in Kita und Ganztagsschule drängen...

  14. 21.

    Gewisse Leute finden, dass alles richtig läuft: Die Eltern werden dazu angehalten, ihre Kinder möglichst frühzeitig und möglichst lange beim Staat abzugeben, wo sie (teils von hastig angelernten Quereinsteigern)erzogen und verköstigt werden. Wobei letzteres natürlich auch zur Erziehung gehört: Kaum etwas ist ja heute so ideologiebesetzt wie Essen. Um die lieben Kleinen auch hier möglichst frühzeitig zu indoktri-, pardon: zu guten Menschen zu machen (danke an den RBB für den Hinweis auf die Umerziehungsversuche im rot-rot regierten Brandenburg), haut Rot-Rot-Grün gern auch einiges an Steuergeld raus, um den Kindern wohlhabender Eltern das Essen zu bezahlen.

  15. 20.

    Wie bitte? Wann haben sie sich das letzte Mal die Realität angesehen? Ob die horrenden Miten bezahlen zu können sind Familien mit Kindern darauf angewiesen beide Vollzeit zu arbeiten. Manche Kinder bekommen gar kein Mittagessen oder Fast Food. Dieser Senat versucht ALLEN Kindern ein relativ gesundes Mittagsessen anzubieten und sie kommen mit traditionellen und überholten Familienmustern.

  16. 19.

    Zu viel der Ehre!^^ Denken Sie noch mal nach, dann kommen Sie selbst drauf. Auf den wiederholten Blödsinn, dass Enteignungen das Problem lösen könnten, muss man echt erst mal kommen. Aber BWL oder auch nur VWL wird an der Gewerkschaftsschule offensichtlich nicht gelehrt. Wäre aber durchaus sinnvoll gewesen, dann würden die Gewerkschaften jetzt wohl auch nicht auf dem Zahnfleisch krauchen...

  17. 18.

    Traditionell sollte die Familie gemeinsam ein Hauptmahl speisen. Wenn aber Eltern durch Kita und Schule nur noch in die Rolle der Erzeuger gedrängt werden, läuft mMn hierzulande sozialpolitisch einiges in falschen Bahnen.

  18. 16.

    Wenn man Anderen "Blödsinn" unterstellt, sollte man selber keinen solchen verbreiten. Ihre sozialistischen Ideen sind ganz bestimmt nicht die Lösung.

  19. 15.

    Was für einen unglaublichen Blödsinn sie hier zusammenstammeln. Neubau löst nicht das Problem der Mieter, sondern füllt nur die Taschen der Spekulanten. Enteignen oder Rekommunalisierungist das Stichwort. DAS hilft den Mietern, die sich keine Luxuswohnungen leisten können, also geschätzten 90% in der Stadt.

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