Heikler Besuch - Türkischer Präsident Erdogan kommt nach Berlin

Heikler Staatsbesuch in Berlin: In der kommenden Woche reist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Deutschland. Bei Treffen mit Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier soll es um verschiedene, teils brisante Themen gehen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kommt am kommenden Freitag, 17. November zu einem Kurzbesuch nach Deutschland beziehungsweise Berlin.
Wie die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin mitteilte, ist ein gemeinsames Abendessen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundeskanzleramt geplant. Bei dem Gespräch gehe es um "die gesamte Bandbreite politischer Themen", sagte sie. Vor dem Treffen mit Scholz werde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Erdogan empfangen.
Gaza-Krieg im Fokus
Es ist der erste Besuch des Präsidenten in Deutschland seit 2020, als er an der Libyen-Konferenz der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm. Scholz hatte den türkischen Staatschef nach dessen Wiederwahl zum Präsidenten im Mai dieses Jahres nach Deutschland eingeladen. Der Bundeskanzler war im März 2022 zu einem Antrittsbesuch in die Türkei gereist.
Der Besuch gilt vor allem wegen Erdogans Haltung zum Gaza-Krieg als heikel. Nach der Terrorattacke auf Israel mit mehr als 1.400 Toten hatte Erdogan die islamistische Hamas als "Befreiungsorganisation" bezeichnet.
Die mit der Türkei in der Nato verbündeten USA und die EU stufen sie dagegen als Terrororganisation ein. "Es ist ja bekannt, dass die Bundesregierung eine sehr unterschiedliche Haltung und Einordnung gegenüber der Hamas hat", sagte die Sprecherin mit Blick auf das Gespräch mit Erdogan. Der Austausch sei sehr wichtig.
Wichtige Wirtschaftspartner
Andererseits ist die Türkei ein wichtiger Partner für die Bundesregierung. In Deutschland leben rund drei Millionen türkischstämmige Menschen, so viele wie nirgendwo sonst außerhalb der Türkei. Es gibt zudem enge Wirtschaftsbeziehungen. Deutsche Urlauber spielen eine große Rolle in der türkischen Tourismusbranche.
Der Nato-Partner hat für Deutschland und die EU zudem eine wichtige Brückenfunktion in die islamische Welt. Das Land spielt auch bei der Steuerung der Zuwanderung nach Europa eine zentrale Rolle. In dem Gespräch zwischen Scholz und Erdogan wird es der Sprecherin zufolge auch um das EU-Türkei-Abkommen zur Unterbringung von Geflüchteten in der Türkei gehen und um Fragen, die Deutschland und die Türkei als Verbündete in der Nato betreffen.
Kein Besuch bei Fußball-Länderspiel
Das Programm Erdogans in Berlin ist allerdings noch nicht im Detail bekannt. Eins steht aber wohl schon fest: Auf einen Besuch des Länderspiels Deutschland gegen die Türkei am Samstag (18.11.) verzichtet der Fußball-Fan. Der Deutsche Fußball-Bund hatte bereits vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass er nicht mit Erdogan rechne.
Der Besuch eines ausverkauften Stadions mit Zehntausenden türkischen Fans hätte den ohnehin schon umstrittenen Besuch Erdogans auch sicherheitsmäßig noch schwieriger gestaltet. Es hätte sich dann auch die Frage gestellt, wer neben ihm auf der Tribüne Platz nimmt. Angesichts der aufgeheizten Stimmung mit Blick auf den Gaza-Krieg galt ein gemeinsamer Besuch mit Scholz oder Steinmeier als eher schwer vorstellbar. Sprecherin Hoffmann bestätigte am Freitag, dass Kanzler Scholz beim Spiel im Olympiastadion nicht vor Ort sein wird.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.11.2023, 14:00 Uhr