Heikler Besuch - Türkischer Präsident Erdogan kommt nach Berlin

Fr 10.11.23 | 12:13 Uhr
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Archivbild:Recep Tayyip Erdogan am 25.10.2023.(Quelle:dpa/Turkish Presidency)
Audio: rbb24 Inforadio | 10.11.2023 | Christopher Jähnert | Bild: dpa/Turkish Presidency

Heikler Staatsbesuch in Berlin: In der kommenden Woche reist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Deutschland. Bei Treffen mit Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier soll es um verschiedene, teils brisante Themen gehen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kommt am kommenden Freitag, 17. November zu einem Kurzbesuch nach Deutschland beziehungsweise Berlin.

Wie die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin mitteilte, ist ein gemeinsames Abendessen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundeskanzleramt geplant. Bei dem Gespräch gehe es um "die gesamte Bandbreite politischer Themen", sagte sie. Vor dem Treffen mit Scholz werde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Erdogan empfangen.

Gaza-Krieg im Fokus

Es ist der erste Besuch des Präsidenten in Deutschland seit 2020, als er an der Libyen-Konferenz der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm. Scholz hatte den türkischen Staatschef nach dessen Wiederwahl zum Präsidenten im Mai dieses Jahres nach Deutschland eingeladen. Der Bundeskanzler war im März 2022 zu einem Antrittsbesuch in die Türkei gereist.

Der Besuch gilt vor allem wegen Erdogans Haltung zum Gaza-Krieg als heikel. Nach der Terrorattacke auf Israel mit mehr als 1.400 Toten hatte Erdogan die islamistische Hamas als "Befreiungsorganisation" bezeichnet.

Die mit der Türkei in der Nato verbündeten USA und die EU stufen sie dagegen als Terrororganisation ein. "Es ist ja bekannt, dass die Bundesregierung eine sehr unterschiedliche Haltung und Einordnung gegenüber der Hamas hat", sagte die Sprecherin mit Blick auf das Gespräch mit Erdogan. Der Austausch sei sehr wichtig.

Wichtige Wirtschaftspartner

Andererseits ist die Türkei ein wichtiger Partner für die Bundesregierung. In Deutschland leben rund drei Millionen türkischstämmige Menschen, so viele wie nirgendwo sonst außerhalb der Türkei. Es gibt zudem enge Wirtschaftsbeziehungen. Deutsche Urlauber spielen eine große Rolle in der türkischen Tourismusbranche.

Der Nato-Partner hat für Deutschland und die EU zudem eine wichtige Brückenfunktion in die islamische Welt. Das Land spielt auch bei der Steuerung der Zuwanderung nach Europa eine zentrale Rolle. In dem Gespräch zwischen Scholz und Erdogan wird es der Sprecherin zufolge auch um das EU-Türkei-Abkommen zur Unterbringung von Geflüchteten in der Türkei gehen und um Fragen, die Deutschland und die Türkei als Verbündete in der Nato betreffen.

Kein Besuch bei Fußball-Länderspiel

Das Programm Erdogans in Berlin ist allerdings noch nicht im Detail bekannt. Eins steht aber wohl schon fest: Auf einen Besuch des Länderspiels Deutschland gegen die Türkei am Samstag (18.11.) verzichtet der Fußball-Fan. Der Deutsche Fußball-Bund hatte bereits vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass er nicht mit Erdogan rechne.

Der Besuch eines ausverkauften Stadions mit Zehntausenden türkischen Fans hätte den ohnehin schon umstrittenen Besuch Erdogans auch sicherheitsmäßig noch schwieriger gestaltet. Es hätte sich dann auch die Frage gestellt, wer neben ihm auf der Tribüne Platz nimmt. Angesichts der aufgeheizten Stimmung mit Blick auf den Gaza-Krieg galt ein gemeinsamer Besuch mit Scholz oder Steinmeier als eher schwer vorstellbar. Sprecherin Hoffmann bestätigte am Freitag, dass Kanzler Scholz beim Spiel im Olympiastadion nicht vor Ort sein wird.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.11.2023, 14:00 Uhr

49 Kommentare

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  1. 49.

    "Wir haben jetzt schon Nationen in der EU (z.B. Ungarn), die eher heute als morgen aus der EU verbannt werden sollten. " Also Ungarn ist doch wohl wesentlich europäischer als so manches Mitglied (oder künftiges Mitglied) auf dem Balkan. Mit solchen Meinungen wird nur der Spaltung das Wort geredet. Nur weil einem gerade der aktuelle Staatschef nicht paßt, kann man doch nicht eine ganze Nation dafür an den Pranger stellen in einer Art Sippenhaft.

  2. 48.

    "Der Typ sollte mit dem nötigen Gegenwind empfangen werden." Daß wertegeleitete Außenpolitik nicht funktioniert, sollte doch in der Zwischenzeit offensichtlich sein.

  3. 47.

    Der Typ sollte mit dem nötigen Gegenwind empfangen werden. Danach geht der doch sowieso in irgendein Stadion oder einen "Kultursaal" und faselt seinen geistigen Dünnschiss, seine Landsleute sollten sich nicht assimilioeren lassen. DER ist es, der Öl ins Feuer gießt - er sollte entsprechend von unserer Politik empfangen werden.

  4. 46.

    Die Türkei (Erdogan) ist der Wolf im Schafspelz in der NATO. Sie (Er) fällt der NATO nur immer wieder in den Rücken. Wenn es gehen würde, sollte man die Türkei aus der NATO schmeißen.
    Hoffentlich macht die EU niemals den Fehler die Türkei aufzunehmen. Wir haben jetzt schon Nationen in der EU (z.B. Ungarn), die eher heute als morgen aus der EU verbannt werden sollten.
    Erdogan ist ein Autokrat und Diktator, der genauso über Leichen geht wie Putin.

  5. 45.

    "Dummheit mit Härte zu begegnen ist ein Fehler. Es gilt sie zu nutzen."
    Ich befürchte, Sie unterschätzen ihn, wenn Sie ihn so einschätzen. Ich glaube eher, dass er gezielt versucht, Menschen für seine Zwecke unter Druck zu setzen. Damit versucht er Menschen nach seinem Geschmack und mit entsprechenden "Forderungen" zu manipulieren oder zumindest in die Nähe einer Erpressung zu bringen. Deal gegen Deal. Ich schätze ihn alles andere als dumm ein. Er ist ein Meister der Manipulation, wie inzwischen leider so einige Politiker.

  6. 43.

    Was will der hier? Kohle abstauben?

  7. 42.

    Widersprüchlich? Jeder der ihn bauchpinselt und huldigt ist sein bester Freund. So einfach ist das. Daher durchaus manipulierbar. Das sollte sich die Bundesregierung zu eigen machen. So gesehen ist der Besuch von Interesse. Dummheit mit Härte zu begegnen ist ein Fehler. Es gilt sie zu nutzen.

  8. 41.

    Was für eine Frage.
    Klar muss es sein, gerade jetzt ist es im deutschen Interesse.
    .

  9. 40.

    Schlimm genug, dass wir den ertragen müssen.

  10. 39.

    Erdogan, der im Augenblick sehr viel über die "israelische Unterdrückung" jammert, sollte in Deutschland die Frage gestellt werden, warum immer mehr türkische Staatsbürger nach Deutschland fliehen. Nach Syrien und Afghanistan sind Staatsangehörige aus der Türkei die drittgrößte Gruppe der Antragsteller auf Asyl in Deutschland. Die repressive türkische Politik treibt vor allem auch Kurden zur Flucht. Denn tatsächlich ist die Situation in der Türkei besorgniserregend, denn die Demokratie wird mehr und mehr abgebaut. ""Die Demokratie existiert nur noch als Fassade. Menschenrechte sind extrem eingeschränkt, die grunddemokratischen Freiheiten werden nicht eingehalten. Versammlungsfreiheit ist eingeschränkt, Meinungs- und Pressefreiheit existieren quasi gar nicht mehr und die Justiz ist quasi zum Parteiorgan geworden, so dass faire Gerichtsverfahren gar nicht mehr existieren. Es ist ein willkürliches System geworden." sagt die Türkei-Expertin Ulrike Flader von der Universität Bremen.

  11. 38.

    @Toscana, ich hoffe, diesmal hatte man in Berlin mehr Erfolg mit der Anfrage nach Verstärkung aus anderen Bundesländern. Aber was soll es: Ich denke, die Einladung ist so alt wie Erdogans Wahlsieg.
    Egal zu welchem Datum, es würde nicht einfach. Aber im Gespräch bleiben ist wichtig. Da sind Abhängigkeiten auf beiden Seiten und vielleicht sollte man Olaf mehr zutrauen. Er ist eher der ruhige, kein Schaumschläger. Vielleicht sitzt ja auch die Annalena mit am Tisch.
    Ich hoffe in solchen Fällen immer auf Starkregen mit Hagel. Da sind die Straßen leerer.

  12. 37.

    Da t unsere Polizei schon alle Hände voll zu tun, und nun auch Erdogan! Was denkt sich unsere Regierung eigentlich? Die beiden Mannschaften , die am Samstag spielen sind nicht Auslöser von Krawallen, es ist das Publikum, dass sich durch seiner Anwesenheit bestätigt fühlt. Mir tun die Polizisten jetzt schon leid.

  13. 36.

    Schon seine widersprüchliche Rolle als Vermittler im Urkrainekrieg reicht aus. Die Türkei als Urlaubsziel ist bei mir schon seit Jahren aus der Liste, Dank diesem Herrn.

  14. 35.

    Ja, alles richtig, was Sie sagen. Aber: Wäre es klug, in der jetzigen Situation Gespräche mit Erdogan abzulehnen? Welche Folgen hätte es,wenn Deutschland Gespräche mit Erdogan verweigern würde? "Diplomatie dient dazu, das Staaten ihre Beziehungen mit friedlichen Mitteln pflegen ". Eine Ablehnung von Gesprächen wäre eine Eskalation - und sicher nicht hilfreich.

  15. 34.

    Das muss doch nun wirklich nicht sein. Hoffentlich gibt es dann nicht wieder Mega-Tamtqm.

  16. 33.

    Und auch ihm wird Scholz den roten Teppich ausrollen.
    Man muß sich ja profilieren…

  17. 32.

    Trotzdem muss man sich aus diplomatischen Gründen auch manchmal mit bösen Menschen unterhalten!

  18. 31.

    Sehr guter Beitrag, wenn man hier so manchen Kommentar ließt, kann einem schlecht werden!

  19. 30.

    Tja er Kommt uns besuchen...der Erdogan. Gehasst und geliebt. Er ist das Staatsoberhaupt der Türkei. Und auch dass werden wir überleben.
    Eurer ganzes Theater hier ist einfach nur zum Kopfschütteln.

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