Urteil des Verwaltungsgerichts - Sperren für Autos auch in Berlin-Mitte rechtswidrig

Di 16.07.24 | 15:22 Uhr
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Symbolbild: Berlin: Die Kreuzung Tucholskystraße/Auguststraße in Berlin-Mitte. Ein Teil der Tucholskystraße in Berlin-Mitte ist Radfahrern vorbehalten. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Audio: rbb 88.8 | 16.07.2024 | Natascha Gutschmidt | Bild: dpa/Christoph Soeder

Ein Durchfahrtsverbot für Autos in einer Fahrradstraße in Berlin-Mitte ist rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht. Der Bezirk hatte 2023 einen Teil der Tucholskystraße zu einer Fahrradstraße erklärt, nur befahrbar für Anlieger. Zur Absicherung wurden Pfosten aufgestellt, die die Durchfahrt der Autos verhindern sollten, diese sind offenbar nicht rechtens.

Verkehrsverbote nur aus Sicherheitsgründen erlaubt

Der Bezirk hatte die Maßnahme damit begründet, dass sie eine Gefahrensituation entschärfen würden. Gegen die Pfosten klagten Anwohner und Betreiber von Restaurants und Geschäften.

Das Gericht entschied nun, dass das Vorgehen des Bezirks nicht gerechtfertigt sei, weil keine Gefahrenlage dargelegt worden sei. Es gebe keine Verkehrs- oder Unfallzahlen. Laut Straßenverkehrsordnung sind Verkehrsverbote aber nur aus Sicherheits- und Ordnungsgründen zulässt, nicht wegen stadtplanerischer Erwägungen.

Ein ähnliches Urteil hatte es bereits Anfang des Jahres wegen eines Kiezblocks in Pankow gegeben. Damals hatte der Bezirk Poller aufgebaut, um eine zu schnelle Durchfahrt zu verhindern.

Sendung: rbb 88.8, 16.07.2024, 11:30 Uhr

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108 Kommentare

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  1. 108.

    Das mit dem Parkverbot 20-30 m vor der Kreuzung Tucholsky- Ecke Auguststraße wäre wirklich gut, dazu normale Zebrastreifen am Ende der jeweiligen Einmündungen - das würde schon weiterhelfen; dazu eine durchgezogene Mittellinie... Und - sehr richtig - 20 kmh!

  2. 107.

    Schade, ich mag den jetzigen Zustand. Diese Gegend und eigentlich auch die benachbarten Kieze sollten autofrei sein. Überall steht Blech herum, als Radfahrer muss man herumlavieren, Türen öffnen sich unbedacht, meist fahre ich mitten auf der Straße, dann hupen sie; es ist stressig.

  3. 106.

    Die Freiheit ist ein Grunrecht, und Mobilitätsfreiheit gehört selbsverständlich da zu.

  4. 105.

    Danke für Ihre Worte. Eine gute Analyse des Ortes und des Zustandes. Kann man nur unterschreiben und hoffen, dass diese Straße wieder für alle da sein wird und bleibt.

  5. 104.

    Das Urteil ist sehr wohl nachvollziehbar. Alleine das Ausweisen einer Fahrradstraße hat ja schon eine verkehrsberuhigende Wirkung, weil der Radverkehr Vorrang hat, die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt ist und nur Anlieger die Straße nutzen dürfen. Poller sind da nicht zusätzlich zulässig, weil die den Sinn einer Fahrradstraße widersprechen. Wenn man die absolute Verkehrsberuhigung will, muss man eine Fußgängerzone ausweisen. Dann kann man die Mitbenutzung per Rad zwar erlauben, jedoch haben Radfahrer dann nicht mehr den Vorrang, sondern Fußgänger und das Radfahren wäre nur noch in angemessener Geschwindigkeit zulässig, im Zweifelsfall Schrittgeschwindigkeit, damit Fußgänger nicht gefährdet werden.

  6. 103.

    Ein Grundrecht auf Mobilität gibt es nicht. Mobilität ist natürlich eine Vorraussetzung um Grundrechte wahrnehmen zu können. Und muss in ihren Folgen gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Und viel wichtiger: Noch weniger als die Tatsache, dass Mobilität kein Grundrecht ist, ist diese per Definition nur mit dem Kfz verknüpft. Was heutzutage rechtlich sinnvollen Veränderungen im Mobilitätsverhalten entgegensteht, ist eine StVO, die ... wenn auch jetzt leicht aufgeweicht ... vor allem die individuelle Automobilität im Fokus hat.

  7. 102.

    Als Anwohner begrüße ich Kiezblöcke und Fahrradstrassen und finde das Urteil nicht nachvollziehbar. Gut, dass die neue StVO kommt. Solche Maßnahmen beruhigen, entspannen und machen Straßen ruhiger und im Endeffekt das Umfeld lebenswerter. Das ist was eine immer größere werdende Stadt benötigt. Wir leben nicht mehr im letzten Jahrhundert. Jeder sollte für sich überlegen, ob ein Auto innerhalb des Ringes notwendig ist. Ich brauch es nicht. Mit Fahrrad und ÖPNV ist man schneller. Wenn ich eins benötige, miete ich es und weiß, dass ich Umwege in Kauf nehmen muss.

  8. 101.

    Als Anwohner einer Nachbarstraße kann ich feststellen, dass die "Verkehrsberuhigung" in der Tucholskystraße direkte Auswirkungen auf die benachbarten, nicht gesperrten/verbauten Straßen haben. Nicht gut!
    In diesen, meist engeren Straßen, bleiben LKW stecken da dort in der Regel schon zwei entgegenkomme PKW Probleme bekommen.
    Die Polizeiwagen aus der Brunnenstraße heizen mit Blaulicht und 60-70 km/h jetzt durch die Große Hamburger und Krausnickstraße und wenn die Rosenthaler oder Oranienburger mal wieder gesperrt sind bricht das totale Chaos aus.
    Die Tucholskystraße ist von der Breite her viel besser geeignet Durchgangsverkehr aufzunehmen als die Nebenstraßen. Schon weil es die beste Verbindung von Unter d. Linden, Oranienburger- und Torstraße ist. Ohne Umwege, schmale Fahrbahnen und enge Kurven!
    Soll der Senat oder die BVV doch einfach sagen: Wir machen das Autofahren so unattraktiv bis es keiner mehr macht an Stelle sich hinter Sicherheitsbedenken versteckten.

  9. 100.

    Die neue StVo macht es den Bezirken leicht aber es ist trotzdem kein Freibrief nach Gutdünken Verbote und Beschränkungen zu verhängen…. Also schauen wir mal.

  10. 99.

    Die Mobilität ist ein Grundrecht, und Eingriffe in diese Rechte durch politisch Verantwortliche, die bedürfen einer stichhaltiger Begründung.

  11. 98.

    Ihnen ist es offensichtlich nicht bekannt dass die Änderingen der entsprechenden Gesetze sozusagen auf der Ziellinie sind, dann haben Kommunen mehr Rechte Verkehrsberuhigungen anzuordnen.

    Mit dem Hintergrund ist das Skandalurteil der VG Berlin nochmal mehr unverständlich und bürgerfeindlich.

    "„Die Kläger haben sich zu früh gefreut“, sagte Roland Stimpel, Vorsitzender des Fußgängerverbands FUSS e.V. „Wir begrüßen es sehr, dass die Ämter demnächst mehr Gestaltungsfreiheit für Fuß-, Bus- und Radverkehr haben. Die Zeit geht vorbei, in der Poller, Busspuren und sogar Zebrastreifen einfach von Einzelnen weggeklagt werden können.“

    Auch die Grüne-Verkehrspolitikerin Oda Hassepaß warnte angesichts der künftigen Rechtslage davor, die Entscheidung sofort umzusetzen. „Im Sinne der sparsamen Finanzmittelverwendung sollte mit dem Abbau abgewartet werden, bis die neue StVO greift.“

  12. 97.

    Die Fahrradstraße selbst bleibt ja wohl erhalten, nur ohne Durchfahrtsverbot. Die zugehörigen Regelungen kann man in der StVO nachlesen.

  13. 96.

    „ Die haben da nicht zu melden und so muß es bei uns auch kommen!“
    Und jetzt drehen sie ihren Vorschlag mal um… was in die eine Richtung geht, geht ja auch in die andere…. Nur würde ihnen das nicht passen.
    Und darum gibt es Gerichte die klar machen was darf man und was nicht.

  14. 95.

    genau - das städtebauliche Verfahren dauern halt länger
    so wie die Regelung konkret jetzt aussieht, ist die Aura, die Ausstrahlung, die magnetische Kraft dieser Berliner KULTKREUZUNG zerstört, umgewandelt in eine typische (berlinerische) verwaltungsgedachte, technokratische Feindseligkeit

    ein Gedanke: beide Straßen hätten eher noch betont werden müssen, hervorgehoben bei gleichzeitiger "Beruhigung", wie? in die Tucholsky und Auguststraße hinein (ab Kreuzung) jeweils zu beiden Seiten vielleicht 30 Meter Parkplätze streichen, so dass das aufgenommen wird, was dort eh stattfindet: treffen, verabreden, losgehen, ankommen, küssen, umarmen, innehalten, herumstehen, Berlin genießen, ergänzend Geschwindigkeit reduzieren auf 20 Kmh und die Kreuzungsfläche mit einer schönen Farbe markieren & zu einer PIAZZA machen - diese Funktion findet ja so genau dort statt

    alle Verkehrsteilnemerinnen "gleich" machen - das regelt sich unter diesen Bedingungen - der Ort wurde "zerstört"

  15. 94.

    Wer die vor-Ort-Situation vor und nach der Umwidmung kennt - sieht, es ist keine Verbesserung entstanden

    Die vielen rot-weißen Poller, die Wegeführung der Kreuzung, die Querungen durch Markierung auf der Fahrbahn, hat eine große unübersichtlichkeit entstehen lassen

    Der Ort und die Historie dieser "KREUZUNG" ist für diesen zentrumsnahen Teil von Mitte ein hoch aufgeladener, magnetisierender, attraktiver, bedeutungsschwerer Hot Spot für Berlinerinnen, Anwohnerinnen, Gäste.

    Tucholskystraße/Ecke Auguststraße ist ein Start- oder Endpunkt vieler Erkundungen der Berliner historischen Mitte - in Kunstgalerien, zu Gastronomebetrieben, Läden, städtebaulich in die den Grundriss des "alten Berlins" der kleineren Straßen und Höfe. Hier schlendert man zu den Kunstwerken, an dieser Kreuzung trifft man sich, verabschieden man sich, Menschen küssen, umarmen sich

    städtebaufeindlich ist die Fahrradstrasse eines dieser Desaster, typische deutsche Offenbarung gegen Urbanität!

  16. 93.

    Geht mir genauso. Hier um den Nollendorfplatz fahren viele 2 radfahrer wie sie wollen. Auf ein e-scooter sehe eine Frau unten auf dem Brett ein Kind hinter ihr ein Mann mit einem Baby im Arm. In der Massenstrasse immer wieder zusehen Radfahrer auf dem Bürgersteig. Ich weis passt nicht ganz zum Thema wollte ihnen das nur schildern und ihnen recht geben carry

  17. 92.
    Antwort auf [Wossi] vom 16.07.2024 um 23:02

    Hallo, ich wußte wirklich nicht das es solche Dinger gibt. Danke für ihre Antwort. Ich grüsse auch nicht aus einem Panzer in Alaskas Bergen, sondern schüchtern aus dem Schilfgürtel des Uckersee ... Ansonsten wünsche ich ALLEN in Berlin Mitte verkehrsberuhigten Raum. Schönen Abend.

  18. 90.

    Sprechen sie von sich der eben noch einen anderen Namen hatte? Aber dann passt "Trittbrettfahrer" hervorragend.

  19. 89.

    "zulässt, nicht wegen stadtplanerischer Erwägungen" Sprich wenn einmal eine Straße gebaut ist, darf nichts mehr daran geändert werden?

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