"From the river to the sea" - 22-Jährige wegen israelfeindlicher Parole zu Geldstrafe verurteilt

Di 06.08.24 | 17:18 Uhr
Archivbild: Amtsgericht Tiergarten von aussen bei Sonnenschein. (Quelle: dpa/Gora)
Video: rbb24 Abendschau | 06.08.2024 | Cathrin Bonhoff | Bild: dpa/Gora

Erstmals ist in Berlin der Ausruf "From the river to the sea" mit einer Geldstrafe geahndet worden. Bei der Bewertung dieser Parole komme es auf den Kontext an, begründete die Richterin das Urteil. Das Thema an sich ist komplex.

Das Amtsgericht Tiergarten hat eine 22-Jährige aus Berlin wegen Verwendung der Parole "From the river to the sea – Palestine will be free" zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Das teilte das Gericht am Dienstag mit. Rechtlich bewertete das Gericht das Rufen dieser Parole auf einer verbotenen Versammlung in Berlin-Neukölln im Oktober 2023 als Billigung von Straftaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Dem Gericht kam es hierbei vor allem auf den Kontext dieser Parole, insbesondere auf den engen zeitlichen Zusammenhang zum Überfall der Terrororganisation Hamas auf die israelische Bevölkerung am 7. Oktober 2023, an. Der Satz könne in diesem konkreten Zusammenhang nur als Leugnung des Existenzrechts Israels und Befürwortung des Angriffs verstanden werden, so die Vorsitzende in ihrer Urteilsbegründung. "Es sollte das Massaker gebilligt werden", so die Richterin weiter. In diesem Kontext sei die Parole ein "Aufstacheln" gewesen. Das Billigen sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören.

Angeklagte spricht von "legitimer Aktion" - lautstarke Proteste

Die 22-Jährige hatte laut Ermittlungen am 11. Oktober 2023 bei einer zuvor verbotenen Kundgebung in Berlin-Neukölln die umstrittene Parole angestimmt. Dabei habe sie sich in einer Gruppe von etwa 60 Personen befunden. Zunächst war ein Strafbefehl gegen die Angeklagte ergangen. Weil sie Einspruch dagegen einlegte, kam es zum Prozess. Kurz nach der Urteilsverkündung mussten Justizbedienstete den Saal wegen lautstarker Proteste von Zuschauern räumen.

Die Angeklagte hatte erklärt, es habe sich um eine legitime Aktion gehandelt. Sie sei eine Frau, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus engagiere, für "ein Ende der Gewalt" eintrete. Ihre Verteidiger plädierten auf Freispruch. Die Parole sei "mehrdeutig". In diesem Fall gebe es keinen Hamas-Bezug. Der Staatsanwalt forderte eine Strafe von 60 Tagessätzen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Es ist das erste Mal, dass in Berlin seit dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel ein Strafurteil wegen der umstrittenen pro-palästinensischen Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" verhängt wurde. Dass diese Parole zu einer Strafbarkeit führt, ist noch recht neu. Dies liegt an einer Verfügung des Bundesinnenministeriums von Anfang November. Danach wird der Ausspruch grundsätzlich der Hamas zugeordnet. Wer ihn verwendet, soll demnach automatisch das Kennzeichen einer Terrororganisation verwenden. [Tagesschau.de]

Unterschiedliche Auffassungen der Justiz

Allerdings wird dies von der Justiz in Deutschland unterschiedlich aufgefasst. So erklärte das Landgericht Mannheim Mitte Juni, der Ausspruch sei "allgemein gehalten" und habe eine komplexe Geschichte.

Der Bayerische Verwaltungshof argumentierte ähnlich, als die Landeshauptstadt München die Parole im Zuge einer Demonstrationsanmeldung verbieten wollte. Der Verwaltungshof teilte mit: Ob die Verwendung der Parole strafbar sei, hänge "von den Umständen des Einzelfalls" ab, etwa wenn ein Bezug zur Terrororganisation Hamas hergestellt werde. Konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Bezug konnte die Landeshauptstadt nach Auffassung der obersten bayerischen Verwaltungsrichter nicht darlegen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.08.2024, 19:30 Uhr

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