NBA Summer League in Las Vegas - Alba Berlin auf der größten Jobbörse des Basketballs
Jeden Sommer zieht die Summer League hoffnungsvolle Profis, Agenten, Scouts und Klub-Verantwortliche nach Las Vegas. Während Alba-Sportdirektor Ojeda Spieler beobachtet, verfolgen zwei aus seinem Kader ihren NBA-Traum. Von Jakob Lobach
Las Vegas – eine Stadt mit einem Wiedererkennungswert, der so groß ist wie die Dichte der Casinos am berühmten Las Vegas Boulevard. Rund 40 Millionen Menschen sollen jährlich in die Wüste Nevadas reisen, um die bunten Lichter, die unzähligen Clubs und Bars und die riesigen Spielhallen der Stadt zu erleben. 40 Millionen Menschen, zu denen auch Himar Ojeda, Sportdirektor der Basketballer von Alba Berlin, gehört.
"Ich hasse es fast", sagt der Spanier über das Spektakel, das sich Abend für Abend in Las Vegas abspielt. Und trotzdem reist Ojeda Jahr für Jahr aufs Neue in die Wüstenstadt. Dort wird nämlich im Sommer für knapp zwei Wochen neben Poker, Roulette und Baccarat auch Basketball gespielt – im Rahmen der sogenannten NBA Summer League.
Ein Pflichttermin auf der Spielersuche
Was für weniger basketballaffine Ohren wenig spektakulär klingt, ist so etwas wie die wohl größte Jobmesse des Basketballs. Die 30 Teams der besten Basketball-Liga der Welt, der amerikanischen NBA, nutzen sie als eine Mischung aus Vorbereitung und Try-out.
Ihre etablierten NBA-Spieler ersetzen die Teams dabei durch Spieler vom College und aus anderen, oft europäischen Ligen. Und so kommt auch Alba Berlin ins Spiel: Für Sportdirektor Himar Ojeda ist die Summer League ein skurriler Pflichttermin auf der Suche nach neuen Spielern.
"Im Grunde ist es verrückt", sagt Himar Ojeda über das, was sich Sommer für Sommer in Las Vegas abspielt. Früher sei er stets für die gesamte Dauer der Summer League in den USA geblieben, erzählt er, dieses Mal reichten ihm knappe fünf Tage.
Vom vergangenen Donnerstag bis zum Montag besuchte Ojeda zahlreiche Spiele, beobachtete für Alba interessante Akteure, traf sich mit anderen Vereinsverantwortlichen, Agenten und deren Spielern. Was spannend klingt, bedeutete für Ojeda vor allem eines: Stress.
Sechs bis acht Spiele werden während der Summer League pro Tag gespielt – gleichzeitig in zwei mittlerweile prall gefüllten Hallen. In den ersten Jahren der Summer League hätten vor allem Scouts und Klubverantwortliche auf der Tribüne gesessen, Spieler beobachtet und sich ausgetauscht, erzählt Ojeda. "Mittlerweile ist es ein Zirkus mit vielen Fans."
Alba-Profis Olinde und Koumadje und ihr NBA-Traum
Erfahrene NBA-Stars schauen sich die Spiele ihrer Teams umjubelt aus der ersten Reihe an, sitzen dabei neben Promis und erleben, dass auch der Hype um noch werdende NBA-Spieler teils skurrile Züge annimmt.
Ein Beispiel: Als das französische Supertalent Victor Wembanyama vergangenen Freitag sein erstes Spiel im Trikot der San Antonio Spurs absolvierte, war der Andrang so groß, dass die Tickets für die ausverkaufte Partie im Durchschnitt knapp 100 Euro kosteten.
Derweil verfolgen die Alba-Akteure Louis Olinde und Christ Koumadje in Las Vegas aktuell ihren NBA-Traum – und treffen dabei auch auf ihren Berliner Trainer Israel Gonzalez. Während die Summer League für Victor Wembanyama nach zwei Spielen bereits beendet ist, werden Olinde und Koumadje jedes Spiel und jede Einsatzminute, die sie bekommen, dankbar mitnehmen, wie sie sagen.
Für internationale Spieler wie sie ist das Turnier in Las Vegas eine große Bühne. Sie verbringen ein paar Wochen in den Reihen einer NBA-Mannschaft, trainieren unter besten Bedingungen und NBA-Coaches und können sich mit jungen NBA-Spielern messen.
Perfekte Gelegenheit für Eigenwerbung
Hinzu kommt, dass auch sämtliche Top-Klubs abseits der NBA Scouts und Verantwortliche nach Las Vegas schicken. Für Spieler, deren Verträge im Sommer ausgelaufen sind, ist die Summer League die perfekte Gelegenheit, um Eigenwerbung zu betreiben. Nicht grundlos wird der europäische Spielermarkt auch in diesem Jahr erst nach ihrem Ende so richtig in Bewegung kommen.
Himar Ojeda nutzt die Summer League vor allem, um vorbereitet zu sein, wenn das Spielerkarussell Fahrt aufnimmt. Dass Vertragsverhandlungen in Las Vegas zum Abschluss kommen, sei zwar durchaus möglich, aber vergleichsweise selten, sagt er.
Vielmehr ist die Summer League ein Ort, um mit Spielern und deren Agenten aus losen Anfragen einen persönlichen Austausch zu machen. "Ich kann in die Kabinen und in Bereiche gehen, in denen man die Spieler ansprechen und ich mich vorstellen kann", sagt Ojeda.
Der Standard ist das allerdings selbst für Scouts und Sportdirektoren nicht. Vielmehr kommen Ojeda seine Kontakte zugute, die er sich zu seiner Zeit als NBA-Scout bei den Atlanta Hawks aufgebaut hat und die er Sommer für Sommer in Las Vegas pflegt.
Albas Trainer auf Abwegen
Während Himar Ojeda die Summer League also mittlerweile eher zum Netzwerken als zur klassischen Spielerbeobachtung besucht, geht es für seinen Landsmann Israel Gonzalez allen voran um den Basketball an sich. Auch Albas Cheftrainer weilt aktuell in Las Vegas, dürfte dort als Assistenztrainer der Memphis Grizzlies ähnlich viel aufsaugen wie Louis Olinde und Christ Koumadje.
"Israel wurde von den Grizzlies eingeladen und eingeflogen", sagt Ojeda und ergänzt: "Das ist eine tolle und wertvolle Erfahrung für ihn."
Wenngleich Himar Ojeda auf die bunten und lauten Teile seiner diesjährigen Las-Vegas-Erfahrung gerne verzichtet hätte, wertvoll dürfte die Reise zur Summer League auch dieses Jahr gewesen sein. Und zumindest einem Teil des Vegas-Entertainments kann Albas Sportdirektor dann doch noch etwas Positives abgewinnen: "Hier gibt es tolle Shows – Zaubershows, Cirque du Soleil, Musik, einfach alles."