1:3-Niederlage in Wiesbaden - Hertha BSC wird den Aufstieg abhaken müssen

Sa 27.01.24 | 18:28 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Hertha-Trainer Pal Dardai ist nach der Niederlage in Wiesbaden enttäuscht (imago images/Eibner)
Video: Sportschau | 27.01.2024 | Ralf Scholt | Bild: imago images/Eibner

Das 1:3 von Hertha BSC bei Wehen Wiesbaden hat offenbart, dass die Berliner trotz ihrer individuellen Klasse weiterhin große Probleme haben. Probleme, die in dieser Saison wohl nicht mehr gelöst werden können. Von Marc Schwitzky

Seit Saisonbeginn krankt es bei Hertha BSC daran, wirklich Zusammenhängendes zu kreieren. Sei es über mehrere Spiele hinweg oder sogar nur 90 Minuten. Die Könige des Stückwerks. Und so torkelt die alte Dame wankelmütig durch diese Zweitligasaison. Eigentlich talentiert und durchaus ambitioniert zusammengestellt, lassen die Berliner schusselig immer wieder Punkte liegen. So auch am Samstagnachmittag bei der eigentlich leicht vermeidbaren 1:3-Niederlage beim SV Wehen Wiesbaden.

Dardais 60-Minuten-Rechnung

Dabei schien zumindest das Problem der unnötigen Niederlagen gelöst worden zu sein. Hertha hatte seit Ende Oktober 2023 kein Pflichtspiel mehr verloren – insgesamt zehn Partien ohne Pleite hatten sich aneinandergereiht. Eine neue Form der Konstanz der Mannschaft, die sich final erst im Frühherbst zusammengefunden hatte.

Doch auch in dieser positiven Serie gab es gleich mehrere Spiele, in denen die Berliner längst nicht an ihr Leistungsmaximum gestoßen sind. Siege gegen Hansa Rostock, den Karlsruher SC oder Hannover 96 wurden leichtfertig verschenkt. In diesen und weiteren Begegnungen waren es oftmals individuelle Fehler, die Hertha einen Strich durch die Rechnung machten. So zum Beispiel zwei Abwehrböcke von Innenverteidiger Marc Oliver Kempf gegen Fortuna Düsseldorf, die jeweils zu Elfmeter geführt hatten.

"Als Fußballer muss du immer schauen, was kann passieren. Und nicht nachlassen, wenn es gerade läuft. Nach der Netto-Zeit eines Spiels musst du 60 Minuten voll fokussiert sein", definiert Pal Dardai auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Wiesbaden. Eine Rechnung, die auch am Samstagnachmittag nicht von seiner Mannschaft eingehalten wurde.

Herthas Spiel geht selten über Ansätze hinaus

Dabei begann alles so gut. Hertha zeigte in den ersten 20 Minuten der Begegnung einen spielerisch wirklich ansehnlichen Auftritt. Mit Neuzugang und Startelfdebütant Aymen Barkok auf der Spielmacherposition wirkte das Berliner Spiel nahezu gefällig. Die Raumaufteilung im 4-2-3-1 funktionierte, mit Barkok einen echten Zehner zu haben, tat offensichtlich gut.

Immer wieder kam es zu schönen Kombinationen, die aber zu selten in wirklichen Torchancen mündeten. Herthas Spiel – so muss der Vorwurf lauten – ging in seiner besten Phase der Partie nicht über Ansätze hinaus. Auch wenn jene Ansätze für die Zukunft wichtig werden könnten.

Aber wie sagte Dardai? "Nicht nachlassen, wenn es gerade läuft." Doch genau das tat Hertha. In der 24. Minute das 0:1, nahezu aus dem Nichts. Zuvor war Hertha allerdings schon passiver geworden und auch in der Torentstehung fehlte die Galligkeit. Der Doppelsechs aus Marton Dardai und Andreas Bouchalakis mangelte es an Zugriff, Wiesbaden durfte einfach machen. Ein Tor, entstanden aus eigener Nachlässigkeit. "Das 0:1 kam unerwartet und hat uns ein wenig das Genick gebrochen", bilanzierte Barkok nach dem Spiel.

Hertha rannte den eigenen Fehlern hinterher

Dass Hertha aufgrund von Passivität und defensiver Nachlässigkeit Gegentore kassiert und so die Spielkontrolle unnötig abgibt, ist wohl das Kernproblem der laufenden Saison. Oftmals greift jenes Momentum aber erst, nachdem die Hauptstädter zumindest mit einem Tor führen. So aber musste Hertha einem Rückstand hinterherlaufen.

Hertha bemühte sich zwar um den Ausgleich, doch hatte Wiesbaden durch das Gegentor bereits erlaubt, voll in seinem Spiel aufzugehen. Gegen das hessische Abwehrbollwerk wollte den Individualisten, die zu selten als offensive Einheit auftraten, nicht viel einfallen. Das Berliner Stückwerk prallte immer wieder an Wiesbadens Defensive ab. Stattdessen wurde der Drittligaaufsteiger regelmäßig gefährlich – vor allem über Umschaltmomente.

Die oftmals hoch aufgerückten und dadurch entblößten Blau-Weißen ließen sich immer wieder von Wiesbadens Kontern überrumpeln und sahen dabei defensiv dramatisch schlecht aus. "Wir haben in der Restverteidigung nicht gut gestanden und nicht zugepackt, wenn wir in die Zweikämpfe hätten kommen können", so Kapitän Toni Leistner nach Abpfiff. Es war hochgradig naiv, wie Hertha in der 53. und der 72. Minute jeweils ausgekontert wurde und zwei weitere Gegentreffer kassierte. Das Ergebnis einer miserablen Abwehrleistung.

Die Probleme sind bekannt, werden aber nicht gelöst

Zwar konnte Jonjoe Kenny per sehenswertem Distanztreffer den zwischenzeitlichen Anschluss erzielen (59. Minute), doch es sollte beim 1:3-Endstand letztendlich nur Ergebniskosmetik sein. Eine Niederlage, die alte Probleme offenbarte und Fragen aufwirft.

Denn es ist bekannt, dass Abwehrspieler Kempf immer wieder individuell Gegentore verschuldet. Auch gegen Wiesbaden enttäuschte der 28-Jährige. Es ist bekannt, dass die Doppelsechs aus Marton Dardai und Bouchalakis vor allem aufgrund von Tempodefiziten nicht funktioniert. Auch gegen Wiesbaden klaffte durch sie ein großes Loch im Zentrum. Es ist bekannt, dass Hertha mit viel Ballbesitz nur wenig einfällt. Neuzugang Barkok konnte hier nur punktuell für Abhilfe sorgen und es bleibt ein Krampf, gegen Abwehrreihen anzuspielen.

Das Problem ist also nicht nur, dass Hertha Probleme hat. Das Problem ist vielmehr, dass nach 19 Spieltagen immer noch nicht die genauen Ursachen für jene Probleme gefunden sind. Liegt die fehlende Konstanz und Reife am Trainerteam? An den Spielern? An den vielen Verletzungen? Oder liegt es in solch einer Umbruchssaison schlicht in der Natur der Sache? Die Antworten sind nicht offen ausgebreitet, und so ist keine schnelle Besserung in Sicht.

So kann Hertha den Aufstieg abhaken

"Es gibt Dinge, die kann ich nicht coachen", zeigte sich Pal Dardai bereits vor dem Spiel etwas ratlos, was gewisse Eigenschaften seiner Spieler angeht. Es scheint so, als würden Trainer und Mannschaft auch nach einigen Monaten noch immer fremdeln. Dardai findet zu selten die richtige Mischung für ein Spiel und wird durch individuelle Fehler von seinen Spielern im Stich gelassen. Es wird wohl nicht nur die laufende Saison in Anspruch nehmen, ein Team nach Dardais Vorstellungen zu bauen. 2023/24 entpuppt sich immer mehr zu Übergangs- und nicht Aufstiegssaison.

So ist zu erwarten, dass die "alte Dame" auch weiterhin inkonstant durch diese Spielzeit taumelt, aufgrund der hohen individuellen Klasse ab und zu mehr als nur Ansätze aufblitzen lassen wird, nur um dann wieder irritierend gleichgültige Auftritte hinzulegen. Mit diesem Rhythmus wird Hertha in der laufenden Saison keine großen Probleme bekommen, mit etwas Glück sogar unter den besten acht bis sechs Teams landen. Aber den Wiederaufstieg kann der Hauptstadtklub in dieser Form abhaken.

Das macht die Saison nicht automatisch schlecht, aber wie sie letztendlich bewertet wird, hängt maßgeblich von der Art und Weise ab. Wird es das geduldige Ausholen für den großen Wurf in der kommenden Saison - oder aber das Versumpfen in einer Liga, die regelmäßig große Traditionsvereine verdaut?

Sendung: rbb24, 27.01.2024, 21:45 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

29 Kommentare

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  1. 29.

    kempf führt hertha als abwehrchef direkt in die 3. liga, vielen dank dafür.
    sind ja nur noch 6 punkte nach unten.

  2. 28.

    Platz 10.
    Nun ist in Richtung 3.Liga ein kürzerer Weg, als in die 1.
    Wie sang schon eine echte Berlinerin , Hildegard Kneff? "Von nunan geht's bergab."

    Ha Ha Ha

  3. 27.

    Wenn man die heutigen Ergebnisse sieht (HSV, Kiel), wer will denn nun eigentlich aufsteigen? Danke KSC. In dieser Liga kann jeder jeden schlagen, es ist alles möglich, sowohl nach oben als auch nach unten. Aber als 2. oder auch 3. Ligist in der Europa League zu spielen, dass hätte schon was.
    HaHoHe

  4. 25.

    sehe ich genauso.
    kempf ist aus meiner bescheidenen sicht nichteinmal zweitligatauglich.
    solange er spielt, gehe ich trotz dauerkarte nicht mehr ins stadion.

  5. 24.

    so lange kempf spielt, sollte der trainer langsam hinterfaragt werden,
    bin ich der einzige, der dass so sieht ?

  6. 23.

    Das Ziel war schon immer, die 2. oder sogar 3.Liga. Daran hat man ja jahrelang gearbeitet und dazu 380 Mio. benötigt. Insofern alles im grünen Bereich.

  7. 22.

    Die Presse ist nicht schuld daran, wo Hertha momentan steht. Sie ist mit schuld daran, dass jetzt über verfehlte Ziele diskutiert wird, die nie vorhanden waren. Man darf nichts schön reden, aber man muss die Saison bisher auch nicht schlechter reden, als sie ist. Hertha steht da, wo es zu erwarten war.
    Aber wer lästern will, der tut es sowieso. Es wäre hier in den Kommentaren auch nicht anders, wenn Hertha auf einem Aufstiegsplatz stehen würde.

  8. 21.

    Ohhhh, die Presse hat schuld, warum der BCC777 da steht, wo er steht und natürlich auch daran, dass irgendein BCC777er vom Aufstieg in dieser Saison fabulierte.
    Mag ja sein, dass dieser Verein höher kommt, als sie schon einmal waren (Platz 7 in der Tabelle), bedeutet aber auch die Mittelmäßigkeit.
    Ich persönlich sehe den BCC777 eher in der 3. Als in der 1.Liga.

  9. 20.

    Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen - und versenkt! Zweitteuerster Kader der Liga, nach 18 Spieltagen eigentlich eingespielt und lange Ungeschlagenserie... Zählt alles nicht. Fisch stinkt vom Kopf her? Vielleicht. Mir schwant, dass (leider) vom Trainer (für mich eine Hertha-Legende!!!) irgendwas fehlt. Einstellung / Kampf in Wiesbaden? Wer den Aufsteiger zwei Mal triumphieren lässt, MUSS einiges falsch machen! Hertha sollte sich mal ein Beispiel an Pauli, Wehen, Elversberg usw. nehmen: Meist frischer und erfolgreicher Fußball. Wohin es führen kann, wenn man aus Loyalität oder Ausdauer zu lange festhält, sieht man am HSV... So leid es mir für Pal auch tut, ich habe ein komisches Gefühl, was die spielintelligente Entwicklung der Mannschaft anbelangt. Sicherheit und Ruhe - ja und unbedingt! Aufstieg und Begeisterung: Wohl leider eher nicht! Seis drum: Pokal geht immer!

  10. 19.

    Die ersten Kommentare sind genau richtig. Wer hat denn von Aufstieg geredet? Der RBB die Presse. Nur Hertha nicht. 2 bis 3 Jahre 2. Liga. Reese ist im Sommer weg. Immer wieder mal was tun mit Reifen Spielern die den jungen den weg zeigen. Naja und für die 1. Liga dann mal denke ich brauchen wir einen gestandenen Trainer. Jugendarbeit etc.. Passt mit dardai, höheres nicht

  11. 18.

    Der verstorbene President hatte im Juni 2023 klipp und klar im Tagesspiegel gesagt
    Zitat
    .... zurück zur Realität.....der Wiederaufstieg ist erst einmal KEIN Thema.....

  12. 17.

    Wer 2 mal in einer Saison gegen Wehen Wiesbaden verliert,hat in der 1. Bundesliga nichts zu suchen. So einfach ist das.

  13. 16.

    "Ich glaube, das war nicht unser Tag."
    Er glaubt?
    Ja, sind wir jetzt in der Kirche?

  14. 15.

    Das ist ja mal eine 'echt tolle' Prognose:-) Wenn alle Spiele gewonnen werden sollte Platz 1 passen! Zum Ende der Saison wissen wir wie immer mehr, ohne Hellseherei.

  15. 14.

    Es war nicht Hertha die über den Aufstieg fabuliert hat.

  16. 13.

    Und Reese ist nächste Saison weg. Hertha wird sich über die nächsten Jahre in der 2. Liga etablieren und im Mittelfeld aufhalten. Für mehr wird es nicht reichen...

  17. 12.

    Geschichte wiederholt sich nicht heißt es immer - nun, ich bin nun 64 Jahre geborener Berliner und sie wiederholt sich jedes Jahr - ein mittelmäßiger Verein was den Sport angeht, nicht was das fremde unverdiente Geld ausgeben die Skandale und das staatliche Nochobendrauflegen angeht. Passt zu Berlin - jaja viergeteilt werden etc. sollte ich werden;-)

  18. 11.

    Ich weiß offen gestanden nicht, welcher Spieler von Hertha individuelle klasse haben soll. Der einzige, den man diese Note geben kann, war nicht dabei und heißt Fabian Reese. Alle anderen Hertha Akteure sind bestenfalls gute Zweitliga-Spieler, mehr aber auch nicht. Das spiegelt sich natürlich in den Ergebnissen wider. Insbesondere ist das Mittelfeld zu langsam und es fehlt die Kreativität, um die Sturmspitzen in Szene setzen zu können. Kurzum mit dieser Mannschaft wird Hertha nicht aufsteigen.

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