Fußball - Wie der Fünftligist BFC Preussen ein 70-Millionen-Projekt stemmen will
Obwohl der BFC Preussen nie im Profi-Fußball aufgetaucht ist, ist das Gründungsmitglied des Berliner Fußballverbands ein echter Traditionsverein. Jetzt will der Oberligist sein Stadiongelände neu erschließen. Und wirft dabei Fragen auf. Von Ilja Behnisch
Für Fußball-Romantiker, die ihr Glück möglichst jenseits von Hochglanz-Wettbewerben wie der Champions League suchen, kann das Preussenstadion in Berlin-Lankwitz einem Hauptgewinn gleichen. 20.000 Zuschauer passten einst hinein, bei der Eröffnung im Oktober 1938. Heute fasst es noch 3.000 Menschen, 200 davon können auf als Sitzplätze deklarierten Bänken verweilen.
Dem Stadion vorgelagert sind ein Gebäudetrakt mit Geschäftsstelle, Umkleide und Lokal. Und schon wenn man auf die daran anschließende, staubige, unebene Parkplatzfläche ruckelt, ahnt man, dass die Zeit hier vielleicht nicht stehen geblieben ist, aber mindestens mal entspannter von Sekunde zu Sekunde springt. Man kann sich das gut vorstellen: Ein bisschen Fußball schauen, immerhin wieder Oberliga inzwischen, Bierchen und/oder Bratwurst.
So könnte es für immer bleiben. Außer, es ergibt sich eine historische Chance, fortan alles zu verändern. So wie beim Berliner Fußballclub Preussen, dem Stadion und angrenzendes Gelände gehören. Auch der sogenannte Preußenpark, der rund 25 Prozent des rund 80.000 Quadratmeter großen Gesamt-Areals ausmacht und in dem man unter anderem Badminton, Tennis und Squash spielen kann.
Wer soll das bezahlen?
Über 40 Jahre war das so, einem Pachtvertrag sei Dank, dessen Einnahmen immer auch eingezahlt haben auf das Vereinsleben der Preussen. Sehr viel mehr Jahre sollen nun aber nicht dazu kommen. Zumindest, wenn es nach dem Willen von BFC-Präsident Uwe Utz geht. "Preussenarena 3.0" heißt das maßgeblich von ihm angestoßene Projekt, zu dem bereits Entwürfe vorliegen [behzadi-architekten.de].
Es wäre eine komplette Neuausrichtung des Vereinsgeländes. Mit neuem Funktionsgebäude, Sporthotel, zwei Sporthallen, einem Beachvolleyballfeld, einer Kita und einem von Grund auf modernisierten Stadion, das dann 4.000 Plätze bieten soll. 70 Millionen Euro könnte das Ganze kosten. Was die Frage aufwirft: Wer soll das bezahlen? Und: Macht das überhaupt Sinn?
Uwe Utz bittet in seinem Büro zum Gespräch. Im Vorraum wird schwerste Geschäftsstellen-Schreibtisch-Arbeit verrichtet und tatsächlich noch geraucht. Das Büro-Mobiliar des Präsidenten könnte auch gut aus Restbeständen der TV-Serie Liebling Kreuzberg stammen. Man weiß nicht genau, aus welcher Zeit das hier alles gefallen ist, aus der Zukunft jedenfalls nicht.
70 Millionen für 1.000 Mitglieder
Utz ist in der Versicherungsbranche tätig, kommt aber, wie er selbst sagt, aus dem Immobilienbereich. Eine kurze Internet-Recherche ergibt, dass er Geschäftsführer mehrerer Immobilien-Unternehmen ist.
Dazu kommen diverse Geschäftsführerschaften bei einzelnen Bauprojekten sowie für die "Häßler & Rehmer Talentschmiede GmbH". Hinter der wiederum steht "Volltreffer, dein Fußballcamp", bei dem die ehemaligen Nationalspieler Thomas Häßler und Marko Rehmer als Trainer und Zugpferde fungierten. Zum Zeitpunkt der Gründung der GmbH war Häßler zudem Trainer der ersten Mannschaft des BFC Preussen. Den Trainerjob im Fußballcamp haben inzwischen Preussen-Cheftrainer Daniel Volbert und Preussens Spieler Patrick Breitkreuz übernommen. Kurzum: Man darf Uwe Utz durchaus geschäftig nennen.
Die "Preußenarena 3.0" also will er bauen. Woher das "3.0" im Namen kommt, kann er dabei gar nicht mehr sagen, es scheint ihn aber auch nicht sonderlich zu interessieren. Er will vor allem eines: entwickeln. Auch deshalb hat er die rund 1.000 Mitglieder des BFC Preussen bei seiner Wahl zum Präsidenten im November 2023 erfolgreich darum gebeten, die Amtszeit von ansonsten zwei auf nun vier Jahre zu verlängern.
Damit die, mit denen er nun sprechen muss, um dem 70-Millionen-Euro-Traum in die Wirklichkeit zu helfen, zumindest mittelfristig darauf vertrauen können, einen verlässlichen Partner gegenüber sich sitzen zu haben. Einen Alleingang aber wird und kann es nicht geben. Jede Investition über 50.000 Euro muss er sich von den Delegierten des Vereins genehmigen lassen.
"Mitte 2026 an irgendeiner Stelle anfangen"
Noch bauen Utz und sein insgesamt fünf Mann starkes Team, das sich hauptsächlich um das Projekt kümmert, vor allem Luftschlösser. Das Sporthotel etwa könnte in Zusammenarbeit mit einem bereits am Markt etablierten Hotel-Betreiber realisiert werden. Oder einem Hotel-Investor. Zu welchen Bedingungen genau, ist noch Gegenstand von Gedanken. Klar ist nur, dass man immer Herr des Geschehens bleiben wolle. Was das genau bedeutet, muss wiederum noch ein bisschen unklar bleiben. Dass Bedarf besteht, auch für die angedachten Hallen und die Kita, steht außer Frage. Sportflächen sind rar in Berlin und oftmals in schlechtem oder gleich gar nicht nutzbarem Zustand.
Auch deshalb freut sich das zuständige Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf auf rbb|24-Nachfrage über das private Bauvorhaben der Preussen und teilt mit: "Das Bezirksamt steht mit dem Verein im Austausch und begrüßt die Pläne zum Ausbau des Preussenstadiums zu einem Sport- und Leistungszentrum. Fragen der Finanzierung oder der Beteiligung des Bezirks wurden aufgrund des uns bekannten Planungsstands bzw. Konzeptentwurf bisher nicht erörtert."
Das Baurecht ist seit knapp einem Jahr erteilt. Nun zielt der Verein auf einen Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der mit Landesbürgschaft einen nochmals günstigeren Zinssatz erhalten würde, so Utz. "Wir sind in der Finanzierungsphase, sprechen mit den verschiedenen Nutzern", sagt Utz. Sehr viel konkreter kann und oder will er nicht werden. Nur so viel: "Wir werden jetzt demnächst die erste Förderanfrage stellen und dann ist es meine Einschätzung, dass wir im Mitte 2026 an irgendeiner Stelle anfangen."
So schnell schießen die Preussen nicht
Hört man sich im Berliner Fußball um, hört man über den BFC Preussen so manches. Der häufigste Satz, der fällt, lautet: Da wird aber niemand drüber sprechen. Gemeint sind dann vor allem hartnäckige Gerüchte, der Klub sei in den Händen des berüchtigten Abou-Chaker-Clans. Rommel Abou-Chaker, 46, spielt seit 2009 für den Verein, inzwischen für die zweite Mannschaft, die laut Präsident Utz vor allem eines ist, nämlich ein Sprungbrett für den Nachwuchs.
Über das fußballerische Vermögen Rommel Abou-Chakers gibt es widersprüchliche Angaben. Immerhin hat er die erste Mannschaft 2016 als Kapitän zum Landespokal geführt. Im Sommer 2024 wiederholte er das Kunststück im Pokalwettbewerb der zweiten Mannschaft.
Was das alles zu bedeuten hat? Darüber will offiziell niemand sprechen. Andeutungen gibt es viele. Belege hingegen keine. Alles, was man zu hören bekommt, ist, dass man etwas gehört habe. Und den ewigen Zusatz: Da wird aber niemand drüber sprechen. So fügt sich das Geraune über den BFC Preussen bestens ein in das gewohnte Geraune über Fußball-Klubs im gehobenen Amateur-Bereich. Spekulationen, die "Preussenarena 3.0" sei vor allem deshalb inklusive Kita und Sporthotel angedacht, um günstig Mittel für ein Regionalliga taugliches Stadion zu erhalten, inklusive.
Für Präsident Uwe Utz ist klar, dass man als Eigentümer einer solchen Immobilie geradezu verpflichtet ist, sich Gedanken zu machen über die bestmögliche Entwicklung des Geländes, im Sinne aller Mitglieder und Vereinsabteilungen. Wer wollte ihm da widersprechen? Die gute Nachricht für alle Fußball-Romantiker derweil lautet aber offenbar: So schnell schießen die Preussen nicht.
Sendung: rbb24, 26.09.2024, 22 Uhr