Tarifkonflikt bleibt ungelöst - Gewerkschaft EVG startet Urabstimmung über Streik
Die Mitglieder der Bahngewerkschaft EVG müssen über einen Streik entscheiden. Das hat der EVG-Vorstand beschlossen. Auch die Sommerferien könnten davon betroffen sein. Während der Urabstimmung sei man aber verhandlungsbereit, hieß es weiter.
- 110.000 EVG-Mitglieder können über Streik abstimmen
- Mindestens 75 Prozent müssen zustimmen
- Von Bahnstreiks könnten die Sommerferien betroffen sein
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lässt ihre Mitglieder in einer Urabstimmung über Streiks bei der Bahn entscheiden. Das hat der Vorstand der EVG am Donnerstagnachmittag in Berlin mitgeteilt.
Gefragt seien nun 110.000 Mitglieder, erklärte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert. Man rechne mit einem Ergebnis der Urabstimmung in vier bis fünf Wochen. "Sobald 75 Prozent der Stimmberechtigten für einen Streik stimmen, werden wir diesen als Vorstand auf den Weg bringen", erklärte Burkert.
Auch Sommerferien könnten betroffen sein
Ob der Streik tatsächlich unbefristet wird, ließ Burkert offen. Er sprach von einem "längeren Streik", auf den die Bevölkerung rechtzeitig vorbereitet werde. Auch die Sommerferien könnten von Bahnstreiks betroffen sein, so Burkert: "Morgen fangen die Ferien in Nordrhein-Westfalen an und in Bayern enden sie erst Mitte September. Ich kann also nicht ausschließen, dass auch die Sommerferien davon betroffen wären."
Bis zum Ergebnis der Urabstimmung behalte man sich vor, Warnstreiks durchzuführen, betonte der EVG-Chef weiter. EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch ergänzte, dass man aber auch in den kommenden Wochen weiterhin verhandlungsbereit sei. Auch eine Schlichtung sei grundsätzlich vorstellbar, "aber wir haben das heute so beschlossen und werden diesen Weg erstmal weitergehen."
EVG-Vizechefin Cosima Ingenschay fügte hinzu: "Man kann theoretisch jederzeit weiterverhandeln. Wenn die Bahn mit einem guten neuen Angebot auf uns zukäme, wüdren wir auch während der Urabstimmung weiterverhandeln und auf Warnstreiks verzichten."
Burkert: "Sind auf den Vorstand zugegangen"
Gewerkschaftschef Burkert verteidigte die Entscheidung über die Urabstimmung. Knackpunkte der gescheiterten Verhandlungen seien die zu lange Laufzeit des angebotenen Tarifvertrags von 27 Monaten und zum anderen die angebotenen Auszahlunsgzeiträume von zwei mal 200 Euro gewesen. "Das reicht nicht. Unsere Forderung waren 12 Monate und 650 Euro mehr", so Burkert.
Die Gewerkschaft sei auf den Arbeitgeber an mehreren Punkten zugegangen, so zum Beispiel bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit an Wochenenden. Im Busbereich habe man angeboten, eine Stunde mehr pro Woche zu arbeiten sowie grundsätzlich die Teilzeit im Alter nach oben zu setzen. "Am Ende mussten wir feststellen, dass das Gesamtvolumen am Ende immer gleich blieb und das einfach nicht ausreichte."
Bahnsprecher reagiert mit scharfer Kritik
Die Bahn hat derweil die Ankündigung der Gewerkschaft EVG zu einer Urabstimmung über unbefristete Streiks scharf kritisiert. "Diese Eskalation ist absolut unnötig, wir waren ganz kurz vor dem Abschluss", erklärte Bahn-Sprecher Matthias Waha am Donnerstag. Es sei ein "Unding", Reisende mit Streikdrohungen zu verunsichern und ihnen möglicherweise "die Sommerferien zu vermiesen", fügte er hinzu.
"Es liegen 140 Seiten unterschriftsreifer Tarifvertrag auf dem Tisch", fuhr Bahnsprecher Waha fort. Alles bisher in den Verhandlungen Erreichte sei nun weg und ein Abschluss der Tarifrunde werde durch die Urabstimmung um Monate verzögert. An der Bahn liege es nicht, betonte Waha, "sie ist weiterhin lösungsbereit".
Sendung: rbb24 Inforadio, 22.06.2023, 14:20 Uhr