Nach Gerichtsurteil - Objektschützer der Berliner Polizei erhalten mehr Lohn

Fr 28.07.23 | 20:59 Uhr | Von Sabine Müller
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Zwei Berliner Polizisten stehen vor dem Reichtsagsgebäude (Quelle: DPA/Jörg Carstensen)
Video: rbb24 Abendschau | 28.07.2023 | Material: Sabine Müller & T. Schmutzler | Bild: DPA/Jörg Carstensen

Hunderte Objektschützer der Berliner Polizei erhalten rückwirkend eine Lohnerhöhung. Ein Polizist hatte wegen einer zu niedrigen Eingruppierung geklagt. Einige Betroffene könnten Tausende Euro nachgezahlt bekommen. Von Sabine Müller

Mehr als zehn Jahre nachdem der Streit um die Bezahlung von Berlins Objektschützern vor Gericht begann, steht jetzt eine endgültige Lösung bevor. Wie die Finanz- und Innenverwaltung dem rbb mitteilten, wird das Land aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom November 2022 Konsequenzen für alle Beschäftigten im Objektschutz ziehen.

Das Gericht in Erfurt hatte im Fall eines angestellten Polizisten geurteilt, die Eingruppierung in die Stufe E4 des Tarifvertrags der Länder (Einstiegsgehalt aktuell: 2.500 Euro) sei zu niedrig. Denn die Tätigkeit im Objektschutz erfordere "gründliche Fachkenntnisse". Außerdem urteilten die Richter, dass dem Kläger Nachzahlungen für entgangenes Gehalt zustünden. Nach Einschätzung des Klägeranwalts war dies ein Grundsatzurteil, das nun für alle Berliner Objektschützer umgesetzt werden müsse.

"Irrtümlich zu wenig gezahlt"

Danach passierte erstmal monatelang nichts. Im Januar erklärte die Innenverwaltung, man warte zunächst auf die ausführliche Urteilsbegründung. Nachdem diese Mitte April in Berlin eingegangen war, erklärte der Senat Ende Mai nach einer Anfrage der Grünen: "Derzeit wird geprüft, ob und gegebenenfalls welche allgemeinen Konsequenzen aus diesem BAG-Urteil zu ziehen sind."

Klägeranwalt Johannes Weberling vermutete noch Mitte Juli im rbb-Interview, der Senat spiele weiter auf Zeit, weil er und seine Kläger nichts gehört hatten. Erst auf Nachfrage teilte die Finanzverwaltung dem rbb mit, der Senat habe entschieden, "aus dem Urteil für den Personenkreis der Wachschützer im Objektschutz bei der Polizei Berlin allgemeine Folgerung zu ziehen".

Der Polizei und der übergeordneten Innenverwaltung seien am 26. Mai "konkrete Umsetzungshinweise" bezüglich "rückwirkender Eingruppierung und Nachzahlung des irrtümlich zu wenig gezahlten Entgelts" übermittelt worden.

Bessere Tarifgruppe und Nachzahlungen

Laut Polizei Berlin geht es um mehr als 1.500 aktuell im Objektschutz Beschäftigte, außerdem um ehemalige Mitarbeitende. Wer noch in der Entgeltgruppe E4 eingestuft ist, soll in die nächsthöheren Gruppen E5 oder E6 aufsteigen. In der Einstiegsstufe bedeutet das 118 Euro mehr im Monat, aber auch Sprünge von über 200 Euro sind möglich. Das Ganze soll rückwirkend ab November 2022 gelten, dem Zeitpunkt des Gerichtsurteils.

Der Objektschützer Michael Meißner, seit 1999 in diesem Job, begrüßt die Entscheidung. Dass die Politik so spät reagiere, sei aber ein "Armutszeugnis". Er habe als Wachpolizist oft den Kopf hingehalten, wenn es ernst wurde, so Meißner, und habe sich dafür nie gerecht bezahlt gefühlt. "Es gab Tage, wo es wirklich zur Sache ging", erzählt er dem rbb, berichtet von aus dem Ruder gelaufenen Demonstrationen vor dem israelischen Konsulat, das er bewachte. "Man hält auf Deutsch gesagt seinen Arsch hin", so Meißner - und werde dann schlecht bezahlt.

Was ihn und andere Kollegen geärgert habe, sei die Eingruppierung in die Lohngruppe E4, die eigentlich für ungelernte Beschäftigte ohne Ausbildung gedacht ist. Für Meißner bedeutet die Senatsentscheidung, dass er statt 1.800 Euro nun etwa 1.900 Euro Rente bekommt, wenn er im September offiziell in den Ruhestand geht. Dazu kommt die Nachzahlung.

Mögliche Mehrkosten von 4,7 Millionen Euro pro Jahr

Nach Angaben des Klägeranwalts Prof. Dr. Johannes Weberling können etwa 90 Beschäftigte im Objektschutz, die bereits seit mehr als zehn Jahren auf eine höhere Eingruppierung klagen, mit Nachzahlungen von deutlich mehr als 10.000 Euro rechnen.

Finanzverwaltung und Polizei wissen nach eigenen Angaben bisher nicht, welche Summe insgesamt nachgezahlt werden muss. Für die Zukunft rechnet Finanzsenator Stefan Evers mit zusätzlichen Kosten von 4,7 Millionen Euro jährlich, hieß es auf rbb-Anfrage.

Anwalt beklagt mangelnde Wertschätzung

Innensenatorin Iris Spranger (SPD), in deren Zuständigkeitsbereich die Polizei fällt, teilte dem rbb schriftlich mit, sie "unterstütze, dass die Kolleginnen und Kollegen, die als Tarifbeschäftigte im Zentralen Objektschutz arbeiten oder eingestellt werden, höhergruppiert werden. Es geht hier um Tarifbeschäftigte in niedrigen Entgeltgruppen."

Klägeranwalt Weberling kritisiert die Berliner Regierung hingegen scharf. Sie habe jahrelang "auf Zeit gespielt", es sei "unfassbar, wie wenig die Wachpolizei wertgeschätzt wurde".

Weberling fordert die Polizei Berlin auf, nun schnell zu handeln. Sie solle bis zum 20. August schriftlich versichern, dass alle betroffenen Objektschützer bis Ende dieses Jahres ihre Gehaltsnachzahlung bekommen. Andernfalls droht Weberling damit, mit Hunderten Klagen auf rasche Nachzahlung vor das Arbeitsgericht zu ziehen.

Eine Auszahlung bis zum Jahresende scheint es im Moment allerdings sehr fraglich. Zwar betont die Polizei, sie sei bemüht, "die anstehende Aufgabe zeitnah durchzuführen". Dem rbb gegenüber verweist sie darauf, dass noch viele Fragen zu prüfen und viele Berechnungen anzustellen seien. Dafür sei mehr Personal notwendig, das jetzt per Ausschreibung gesucht wird. Außerdem wurden die Senatsverwaltungen um personelle Hilfe gebeten.

Immerhin, eine Konsequenz kommt tatsächlich zeitnah: Ab Oktober sollen die Stellen im Objektschutz nicht mehr wie bisher für die Entgeltgruppe E4, sondern für E5 ausgeschrieben werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.07.2023, 19.30 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

25 Kommentare

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  1. 25.

    Oh man, das ist echt übel, wie die Regierung wegen ein paar Euro mit ihren Angestellten umgeht.

  2. 24.

    Hallo Frau Sabine Müller, Sie schreiben: "Das Ganze soll rückwirkend ab November 2022 gelten, dem Zeitpunkt des Gerichtsurteils."
    Das ist der nächste Skandal der Innenverwaltung. Denn der Tarifvertrag TVL hat eine Rückwirkung (Leistungsausschluss) von 6 Monaten. Im November 2022 entscheidet das BAG, die tarifliche Einstufung ist falsch, und das bereits seit 10 Jahren.
    Jetzt hätte jeder Objektschützer eine Zahlung ab Mai 2022 geltend machen können und tarifrechtlich auch müssen. Aber die Senatsinnenverwaltung hat auf Zeit gespielt und will nun 1500 Objektschützer um diese 6 Monate betrügen.
    Werte Frau Müller, bitte wenden Sie sich an einen Arbeitsrechtler und gehen Sie diesen erneuten Skandal der Missachtung von Mitarbeitern durch die Senatsinnenverwaltung nach.
    Sie können mich auch gerne unter der hier im System hinterlegten Mail-Adresse kontaktieren. Die 1500 Objektschützer, die täglich auch für mehr Sicherheit in der Stadt sorgen, sollten es uns wert sein.

  3. 23.

    Was für ein Skandal für die Senatsinnenverwaltung.
    Erst ist sie 10 Jahre(!) vor Gericht stur und dann hat man sich "geirrt". Man hat sich gerade nicht geirrt, denn die Senatsinnenverwaltung hatte die gleichen Informationen wie die Richter am Bundesarbeitsgericht und sie hatte sehr viel Zeit, ganze 10 Jahre, zu merken, dass man sich irrt.

    Es ging wie immer nur ums zusätzliche) Geld. Und niemand in der Senatsinnenverwaltung hatte den Willen etwas zu tun, weil er dann für die Mehrkosten im Haushalt gesteinigt worden wäre.

  4. 22.

    Also die Objektschützer im Bodemuseum, im Grünen Gewölbe usw.... haben sich um ihren angemessenen Lohn selbst gekümmert. Und das wird nicht das letzte mal sein.

  5. 20.

    Ich persönlich begrüsse nur eine Gehaltserhöhung für sie und ihre Kollegen! Andere Kommentatoren wollen ihnen nicht gönnen, da sie ja angeblich gering qualifiziert sein sollen und das wenige Geld gefälligst ausreicht.

  6. 18.

    Für das Geld bekommt man jetzt schon kaum noch Leute! Nach Qualifikation? Haha, deswegen stellen wir viele, viele Dutzende neue teure Parteisoldaten als Referenten in den Senatsverwaltungen ein und bei denen, die wirklich die Arbeit machen, wird gekürzt.

    Beim nächsten TdL muss es mindestens 450 Brutto + 3000 Inflationsausgleich (auch für Pensionäre) geben. Das entspräche ungefähr dem Bahn-Abschluss. Sonst wird es ganz übel mit dem Personal.

  7. 17.

    Dann sehr verehrte Dame stehen sie in der Nacht, im Winter, bei Minus 13 Grad und Ostwind testweise nur eine halbe Stunde am Davidsstern, in der Stromstraße....danach dürfen auch sie sich noch einmal neu positionieren, wenn sie dann dazu noch die Kraft zum Schreiben in den Fingern haben. Solange empfehle ich ihnen etwas Praxis beim Objektschutz zu schnuppern oder sich klugerweise erstmal fachkundig zu machen.
    Freundliche Grüße von einem Objektschützer, 34 Jahre beim Objektschutz.

  8. 16.

    Diese Bezahlung ist lächerlich, vor allem seit der Inflation, letzte Erhöhung war 2,x% für zwei Jahre ab Januar 2022.

    Das einzige Interessante ist die private KV und die Pension.

  9. 15.

    Geht keine PV ab, das sind Angestellte, keine Beamten. Sicher, dass die diese Zulagen bekommen?

  10. 14.

    Polizeizulage nach einem Jahr: 66,87€, nach zwei Jahren 133,75€. Hauptstadtzulage 150€.

    Nach zwei Jahren wären das brutto: 2678,51€. Die paar Euro für Sonn- und Feiertag und Nachtzulage erhöhen das Brutto vielleicht auf 3000€. Netto um die 2600€. Davon geht noch die private Krankenkasse ab. 2400€ netto für Dauerüberstunden, Wochendendarbeit, Sonn-und Feiertags. Ein Metaller im Schichtdienst lacht über diese Peanuts.

  11. 13.

    Das liegt wohl nicht an der Besoldung. Nach der Ausbildung wird man Polizeimeister, A7, Anfangsbesoldung in Erfahrungsstufe 2 = 2394,76 € brutto. Dazu kommt die Polizeizulage, Hauptstadtzulage, Wechselschichtzulage, Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten. Nicht schlecht für einen Berufsanfänger. Das muss man in der freien Wirtschaft erst einmal finden.

  12. 12.

    Verständlich, dass sich jeder mehr Gehalt wünscht. Aber die Bezahlung sollte sich nach Qualifikation und Leistung richten. Die Ausbildung zum mittleren Dienst der Schutzpolizei dauert in Berlin 2½ Jahre mit Prüfungen. Danach beginnt man mit der Besoldungsgruppe A7, annähernd E7. Dafür muss man auch noch die Krankenkasse selbst bezahlen. Erkennen Sie den Unterschied? Jedem steht es frei für weniger Geld zu arbeiten oder sich zu qualifizieren.

  13. 11.

    Ihr braucht neues Personal, um eine einmalige Nachzahlung für 90 Mitarbeiter sowie eine Höhergruppierung für alle betreffenden Mitarbeiter umzusetzen?
    Dann solltet ihr dringend eure Prozesse im Personalbereich prüfen!

  14. 10.

    Sie bekommen für das Geld keine Leute mehr! Sogar im mittleren Dienst der Berliner Polizei konnten diesen Frühling nur 50% der Stellen besetzt werden.
    Bürgergeld ist mindestens genauso hoch.

  15. 9.

    Stufe 1 ohne Berufserfahrung wären 2.418,66€. Brutto. Netto LSK 1, keine Kinder wären das 1.701,47 €

    Eintausendsiebenhundert Euro netto. Beschützen sie doch Objekte, wenn sie diese paar Piepen als angemessen finden.

  16. 8.

    Ungelernte Arbeiter bei der Berliner Polizei sind nach E3 eingruppiert. Die Ausbildung zum Objektschützer dauert nur 21 Wochen, also keine besonders qualifizierte. Sie fahren in Pkws Objektschutzrouten ab oder stehen vor Schutzobjekten. Hier führen Einlasskontrollen durch, überprüfen die äußeren Schutzeinrichtungen, beobachten die Umgebung, geben Auskünfte und nehmen Fundsachen an. Die tatsächlichen Gefahrensituationen sind äußerst selten.
    E 4 ist m.E. bei den Aufgaben u. Ausbildung angemessen.

  17. 7.

    Wow, 10 Jahre. Was soll man dazu sagen

  18. 6.

    Der eigentliche Skandal ist doch, dass sich Gewerkschaften, deren Funktionäre, beim Selbstverständnis eines Interessenvertreters seit Juni 2010 in die Büsche geschlagen haben, wenn es um die Rechtsvertretung ihrer langjährigen Mitglieder und Beschäftigten beim Objektschutz zum Thema Höhergruppierung ging. Sowohl GdP als auch DPolG gefielen sich darin regelmäßig, wenn sie Anfragen von Mitgliedern zum Thema Höhergruppierung bekamen. Ich war Einer von den enttäuschten Mitgliedern, die auch aktiv als Vertrauensmann für die GdP und später für die DPolG gewirkt haben und im Falle der Anfrage zu einer Rechtsvertretung zur Höhergruppierung von den Rechtsabteilungen der Gewerkschaften abgewiesen wurden.
    Bis ein Rechtsanwalt sich unserer berechtigten Ansprüche angenommen hat und eine kleine Berufsvertretung den Kollegen, die sich keine private Rechtsschutz-Versicherung leisten könnten, gewährt hat.
    Für Gewerkschaften, ist das allein ein skandalöser Offenbarungseid.

  19. 5.

    Träumen Sie weiter!
    Ein Klageantrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.
    Die Zulässigkeit bezeichnet die formellen Prozessvoraussetzungen. Der Begriff Begründetheit bezeichnet die materiell-rechtliche, also inhaltliche Bewertung durch das Gericht. Beides wird dann geprüft und am Ende gibt es ein Urteil. Und da kommt mitnichten immer eine Höhergruppierung raus — auch nicht in Berlin und Brandenburg

  20. 4.

    Ich schrieb ja von einem vorherrschenden Bild. Dieses muss sich nicht unbedingt mit der Realität decken und tut es zu weiten Teilen auch nicht, wie Sie zu Recht beschreiben.

  21. 3.

    Die Aussage ist nicht ganz richtig. Am Objekt haben die Objektschützer alle Rechte diese auch durchzusetzen. Nur nicht wenn sie nicht am Objekt sind. Dann haben sie nur die Jedermannsrechte. Ob eine Höhergruppierung gerechtfertigt ist, muss jeder selbst beurteilen.

  22. 2.

    Immer noch scheint ein Bild vorzuherrschen, dass die Wachmannschaften Diejenigen sind, die vor Ort gegen ihren Schlaf kämpfen müssen und im Notfall dazu da sind, die Polizei zu rufen, weil sie selbst aus rechtlichen Gründen nicht eingreifen dürfen.

  23. 1.

    Wenn jemand in Brandenburg oder Berlin gegen die Lohneingruppierung klagt gewinnt er/sie immer! So also geht man mit den eigenen Leuten um? Wenn man selbst Arbeitgeber ist fallen die Masken...

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