Prignitz - Geplante Biomethananlage in Karstädt weiter in der Kritik

Fr 28.07.23 | 10:30 Uhr
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In vielen Orten in der Gemeinde Karstädt lehnen die Einwohner die geplante Biomethananlage des Ölkonzerns Shell ab und haben dazu Protestplakate aufgestellt. (Foto: rbb/Haase-Wendt)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.07.2023 | Björn Haase-Wendt | Bild: rbb/Haase-Wendt

Der Ölkonzern Shell will in Karstädt eine Biomethananlage bauen. Seit Monaten gibt es dagegen Kritik. Eine Sondersitzung sollte nun zur Verständigung beitragen.

Eine geplante Biomethananlage in Karstädt in der Prignitz ist weiter erheblich in der Kritik. Auch eine Sondersitzung der Gemeindevertreter am Donnerstagabend in Karstädt brachte keine Verständigung zwischen Anwohnern, der Gemeindeverwaltung, den Kommunalpolitikern und dem Investor Shell.

Der Ölkonzern will an der Autobahn 14 künftig täglich bis zu 1.600 Tonnen Gülle und Mist zu Biomethan verarbeiten. Es soll in eine nahegelegene Gasleitung eingespeist und später im Ruhrgebiet zu Flüssiggas für den Lkw-Verkehr weiterverarbeitet werden.

Geruchsbelästigung und viel Verkehr befürchtet

Viele der rund 250 anwesenden Einwohner kritisierten bei der Sondersitzung erneut, dass in der Region nicht ausreichend Rohstoffe für die Produktion zur Verfügung stehen würden. So müssten Gülle und Mist über weite Wege nach Karstädt transportiert werden, sagte etwa Anwohner Tino Schulz aus dem Karstädter Gemeindeteil Semlin. "Das passt nicht hierher. Wenn wir hier die Hochburg der Massentierhaltung wären, dann wäre das eine ganz andere Geschichte", so der Karstädter. Außerdem fürchten die Anwohner Geruchsbelästigungen, zusätzlichen Verkehr von bis zu 90 Lkw pro Tag und Sicherheitsrisiken für den Ort.

Die Biomethananlage soll direkt an der Autobahnabfahrt Karstädt entstehen auf einer Fläche von rund 18 Hektar. Nach den Vorplanungen sollen auf dem Gebiet bis zu 16 große Gärkuppeln, sogenannte Fermenter, errichtet werden. Vertreter des Ölkonzerns kündigten auf der Sitzung in Karstädt aber an, dass voraussichtlich nicht mehr so viele Gärkuppeln benötigt würden.

Runder Tisch sollte Lösung bringen

Auf Vorschlag der Gemeindevertretung sollte ein runder Tisch gebildet werden, um im Streit Lösungen zu erarbeiten. Daran sollten Vertreter der Gemeindeverwaltung, Kommunalpolitiker, aber auch Einwohner und der Investor teilnehmen. Die Karstädter Bürgerinitiative gegen die Biomethananlage lehnte aber eine Teilnahme ab. Man werde nicht mit Shell reden, hieß es zur Begründung. Außerdem würde in der Initiative die Expertise fehlen, um das Projekt weiterentwickeln zu können. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Wolfgang Franzki (CDU), äußerte im rbb-Interview sein Bedauern über die Ablehnung.

Die Gemeindevertreter wollen nun auf ihrer nächsten Sitzung am 12. Oktober entscheiden, ob das Projekt weiter geplant oder gestoppt wird.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 28.07.2023, 19:30 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Die Klimaziele sind nicht geeignet, einfachste Planungsgrundsätze über den Haufen zu werfen. Denn, die Anlagen werden ja nicht abgebaut, wenn die Klimaziele sich als Alibi herausstellen. Die allerkleinste Idee wird mit dem Wort „Klima“ als gut und richtig versehen? Macht denn das heute jemand? Um zu täuschen?

    Die Abstände und Hauptwindrichtung im Ort sind kluge Berater. Seit Jahrhunderten.

  2. 5.

    Auf jeden Fall sollte man Ihren Einwand genau prüfen. "Grundsätzlich" haben Sie recht, mit der Himmelsrichtung und der Lage der Biomethananlage. Und auch die Befürchtungen auf hohen zusätzlichen Lärm durch den Transport der "Rohstoffzufuhr" sind nicht von der Hand zu weisen. Es gibt, wie im normalen Leben auch, immer Pros und Cons bei solchen Vorhaben. Allerdings kann Biomethan einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten, denn als Energieträger ist es nahezu CO2-neutral. Ob das unter dem Stich überhaupt etwas nutzt, wäre allerdings die Frage. Zu quantitativen Betrachtungen des CO2 Ausstoßes durch das geplante GEG läßt sich die Ampel-Regierung ja nicht hinreißen. Und da sieht es doch sehr trübe aus, wenn nun neben der Habeck WP der Anschluss an ein kommunales Wärmenetz, was i.d.R. fossil befeuert wird, die Nachhaltigkeitsanforderungen des Heizungsgesetzes erfüllt werden könnten.

  3. 4.

    Also wenn ich so gedanklich durch die nähere Umgebung reise, finde ich Viehställe meist nördlich oder südlich der Dörfer, vereinzelt auch mal östlich, westlich eher selten. Aber ganz sicher nicht "immer im Osten der Dörfer".
    Scheint so dass sich früher doch nicht Alle daran gehalten haben.

  4. 3.

    Wenn in Karstädt, anders als allgemein üblich, die Anlage westlich vom Ort geplant ist, dann braucht man sich nicht mehr zusammensetzen und Kompromisse finden. Denn jeder ausgebildete Planer weiß: Die Ostlage ist bei Lärm/Geruch zu wählen. Denn die Hauptwindrichtungen braucht man nicht zu lernen. Man kennt sie.
    Deshalb wurden Ställe immer im Osten der Dörfer angelegt. Immer. Alle kannten das.

  5. 2.

    Ist ja mal wieder typisch, Bio-Gas/-strom auf jeden Fall aber nur nicht vor meiner Tür!!!

  6. 1.

    Es ist noch überhaupt nichts gebaut, aber schon wird gemeckert über Dinge, von denen man überhaupt noch nicht weiß, ob sie eintreten werden. Selbst die Teilnahme an einem klärenden Gespräch wird abgelehnt, dass sagt doch wohl schon alles über diese „Bürgerinitiative“!

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