Gerichtsentscheidung - Protestcamp gegen Tesla-Werk Grünheide darf vorerst bleiben

Di 19.03.24 | 17:27 Uhr
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Hoch in den Bäumen hängen am 19.03.2024 zwei Aktivisten im Protestcamp gegen Tesla. (Quelle: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.03.2024 | David Klevenov | Bild: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen

Die Bewohner des Protestcamps am Tesla-Werk haben sich erfolgreich gegen Auflagen der Polizei gewehrt. Das Verwaltungsgericht in Potsdam hat am Dienstag entschieden, dass das Camp mit seinen Baumhäusern vorerst bestehen bleiben darf.

  • Räumung des Tesla-Protestcamps voerst vom Tisch
  • Polizei will Gerichtsentscheid gründlich prüfen
  • Rund 80 Menschen protestieren und hausen aktuell im Wald nahe des Tesla-Werks

Die Baumhäuser im Protestcamp gegen die Erweiterungspläne des E-Autobauers Tesla in Grünheide dürfen bleiben. Das Verwaltungsgericht in Potsdam wies die Auflagen der Polizei am Dienstag zurück und verwies unter anderem auf den grundrechtlichen Schutz der Versammlungsfreiheit. Eine Räumung des Camps ist damit vorerst nicht möglich.

Die "allgemeinen Erwägungen zu einer Unvereinbarkeit des Protestcamps einschließlich der Baumhäuser mit naturschutzrechtlichen und baurechtlichen Vorschriften für die versammlungsrechtlich gebotene Gefahrenprognose" reichten laut der Begründung des Gerichts nicht aus. Auch habe sich die Versammlungsbehörde nicht "im gebotenen Maße" mit dem Umstand befasst, dass die Versammlungsfreiheit durch die Grundrechte geschützt ist.

Vor dem Hintergrund des Protestes hätten versammlungsrechtliche Gefahren ausgemacht werden müssen, anstatt allgemeine bauordnungsrechtliche Umstände anzuführen, erklärte ein Sprecher des Gerichts nach der Entscheidung. Auch habe sich die Versammlungsbehörde nicht "im gebotenen Maße" mit dem Umstand befasst, dass die Versammlungsfreiheit durch die Grundrechte geschützt ist. Gegen die Entscheidung ist noch eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.

Polizei prüft - Aktivisten sehen sich bestätigt

Eine Sprecherin des Brandenburger Polzeipräsidums sagte rbb|24, dass man die Entscheidung jetzt prüfe. Erst danach könne man sagen, ob man weitere juristische Schritte einleite.

"Alle Auflagen, die wir bekommen haben, waren rechtswidrig. Wir haben in allen Punkten Recht bekommen und werden deshalb auch weiterhin hier bleiben", sagte ein Sprecher der Initiative "Tesla stoppen" nach der Entscheidung des Gerichts.

Rund 80 Aktivisten in Protestcamp

Die Auflagen waren am vergangenen Freitag vom Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) vorgestellt worden. Sie sahen neben dem Abbau der Baumhäuser ein striktes Betretungsverbot der Bauten vor. Die Aktivisten lehnten das ab und gingen gegen die Auflagen mit einem Eilantrag am Verwaltungsgericht vor, das seinerseits die Auflagen bis zur Entscheidung am Dienstag einfror.

Etwa 80 Aktivisten besetzen derzeit einen Teil eines Waldes an der Fabrik des E-Autoherstellers. Ihr Ziel ist es, eine Rodung des Waldstücks im Zuge einer geplanten Erweiterung des Geländes mitsamt Güterbahnhof zu verhindern. Ende Februar hatten sie ihr Camp errichtet. Eine Mehrheit der Bürger von Grünheide hatte in einer Bürgerbefragung gegen eine Erweiterung der Fabrik gestimmt. Die Gemeinde Grünheide schlägt in dem Konflikt vor, nur noch etwa die Hälfte des Waldes zu roden.

Nach der Gerichtsentscheidung herrschte im Camp ausgelassene Stimmung. Alle Beteiligten seien froh, dass das Camp nicht geräumt wird, erzählt eine Bewohnerin. "Damit ist das absolute Minimum an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erreicht. Jetzt können wir erst einmal durchatmen".

Man wolle nun bis mindestens zum 20. Mai bleiben, führte eine Sprecherin der Initiative "Tesla stoppen" am Dienstag aus. "Wir gehen erst, wenn die Werkserweiterung verhindert ist." Die Initiative kritisierte rückblickend das Vorgehen der Versammlungsbehörde. Es habe kein Kooperationsgespräch mit der Polizei oder eine angemessene Anhörung gegeben, sagte die Sprecherin der Initiative. Die Landesregierung habe von Anfang an versucht, den Protest zu kriminalisieren. "Unser Protest lässt sich nicht räumen."

Stübgen wollte Gerichtsentscheidnicht kommentieren

Innenminister Stübgen lehnte am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz zur Industriestrategie jeden Kommentar zu Tesla und dem Protestcamp ab.

Die Polizei hatte die Aufforderung zum Rückbau der Baumhäuser mit einem hohen Gefährdungspotenzial für die Menschen in dem Camp begründet. Die Aktivisten lehnten das ab, weil die Baumhäuser elementarer Bestandteil ihres Protestes seien. Innenminister Stübgen hatte am Freitag gesagt, dass Verstöße gegen die Auflagen ein Ende der Versammlung zur Folge haben könnte. Den Begriff "Räumung" vermied er.

Camp als politische Versammlung angemeldet

Die Waldbesetzer hatten nach eigenen Angaben zur Beurteilung der beanstandeten Sicherheitsaspekte an den Baumhäusern eigenständig ein Gutachten eines Bauingenieurs und eines Baumgutachters eingeholt. Der Bauingenieur bescheinigte demnach den Bauten hohe Sicherheitsstandards, so ein Sprecher der Initiative. Die Installationen könnten "über Monate, wenn nicht sogar über Jahre" in den Bäumen verbleiben. Der Baumgutachter habe auch bescheinigt, dass die Baumhäuser baumschonend gebaut seien.

Die Aktivisten erteilten auch den neuen, angepassten Plänen zum Ausbau der Fabrik eine Absage. Den "B-Plan light" lehne man ab, sagte die Sprecherin von "Tesla stoppen". Die Gemeinde Grünheide und Tesla hatten vor wenigen Tagen einen angepassten Bebauungsplan vorgestellt. Statt der über 100 Hektar, die ursprünglich zur Rodung für die Erweiterung des Geländes vorgesehen waren, sollen demnach nur noch knapp 50 Hektar Wald gerodet werden. Ab Donnerstag will die Gemeinde die Bürger in einem Beteiligungsverfahren auch bei diesen Plänen einbeziehen.

Die Aktivisten hatten das Camp wie eine Demonstration als politische Versammlung angemeldet. Solche Veranstaltungen unterliegen dem Versammlungsrecht und müssen von der Polizei nicht extra genehmigt werden. Sie können aber unter bestimmten Umständen untersagt oder mit Auflagen versehen werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.03.2024, 16:00 Uhr

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47 Kommentare

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  1. 47.

    Was hat Ihre AfD hier zu suchen? Im Artikel geht es um Camper im Wald! Wer lesen kann...

  2. 46.

    Wenn sich jeder wie Axt im Wald benehmen kann, und das auch noch einen gerichtlichen Segen bekommt, brauchen wir keine Regierung mehr!

  3. 45.

    Woher wissen Sie das alles? Waren Sie auch in den 70er Jahren mit dem Reisebüro in der Sowjetunion, so in etwas abgelegenen Gebieten?

  4. 44.

    Ein Portapotti ist ein Chemieklo, das darf nur in bestimmte Behälter entleert werden und die werden hoffentlich nicht dort benutzt, wahrscheinlich auch nicht weil die Entsorgung und das spezielle Klopapier dafür relativ teuer ist. Außerdem haben diese Chemietoiletten im Wald nichts verloren, da ist selbst sch….. hintern Baum umweltfreundlicher. Vielleicht erkundigen Sie sich erstmal bei Campingplätzen wie streng die Vorschriften für Chemieklos sind, erst recht in einem Wasserschutzgebiet.

  5. 43.

    Wenn das so einfach ist sich dauerhaft im Wald zu versammeln, dann sollten mal „die Freunde der Kettensäge“ auch über ein Versammlung nachdenken!

  6. 42.

    Haben Baumbesetzer und sonstige Umweltschützer eigentlich jemals Teslafahrer pauschal als rücksichtslose Raser und Umwelt-Ignoranten abgestempelt?

  7. 41.

    Das euer Bürgermeister „Arne“ alias „Peter Förster“ ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie und angesichts der Steuermillionen jedes Feingefühl für die Befindlichkeiten in seiner Gemeinde verloren hat oder nie besaß ist auch ein offenes Geheimnis.
    Daher Augen auf bei der Bürgermeisterwahl.

  8. 40.

    Wenn Deutschland und die Rechtsauslegung so weitermachen hat die letzte Generation mal eine echte Aufgabe. Ansonsten werden wir in einer tollen grünen Welt das Lagerfeuer wieder mit Feuersteinen anzünden.

  9. 39.

    „Die Misere mit den nicht abgeschlossenen Ausbildungen und Wehrdienstverweigerern ist ja jedem hinlänglich bekannt.“

    Sowohl das passive Wahlrecht (Recht gewählt zu werden), als auch das aktive Wahlrecht (Recht zu wählen) sieht keine nötigen Qualifikationen jeweils vor. Einzige Ausnahmen/Voraussetzungen sind im passiven Wahlrecht u.U. Straffälligkeit, damit verbundene Einschränkungen und der Bundespräsident muss mindestens 40 Jahre alt sein.
    Ob es Ihnen passt oder nicht, hat ergo jeder (Ausnahmen s.o.) das Recht aktiv oder passiv Politik zu machen.

    @ Verschwörungstheorie: Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

  10. 38.

    AfD Leute sollten da auch nicht rein. Wer das Grundgesetz nicht akzeptieren will, gehört nicht in staatliche Einrichtungen.
    Falls wir wieder eine rechte Diktatur werden, bekommen diese Leute ja Posten. Hoffentlich kommt es dazu nicht

  11. 37.

    Nicht wirklich, denn Teile der Politik wollen der GDL das Streiken erschweren. Die Gewerkschaften werden dann wohl auch politische Versammlungen anmelden und können das, nach dem heutigen Urteil, so lange verlängern, bis ihre Lohnforderungen usw. erfüllt sind. Mit anderen Worten, so kann man gerichtlich bestätigt das Land auch lahm legen. Mal sehen wann der große Besen der Weltgeschichte kommt und die Reste der einstmals großen deutschen Nation zusammenkehrt und auf dem Haufen der untergegangenen Völker entsorgt.

  12. 36.

    Die rechten Verschwörungstheorien haben mit Wahrheit nur wenig zu tun. Die Justiz z.B. wird nach dem Ergebnis der Staatsexamina besetzt.

  13. 34.

    ……nicht zu vergessen, dass man nur ein Blatt Toilettenpapier(selbst gegossen.?)benötigt, von dem man eine kleine Ecke abreisst, das Toilettenpapier einmal faltet und sich dann damit sein Popo abputzt. Das Eckchen nimmt man dann um den restlichen Kot unter dem Fingernagel zu entfernen. Gesehen vor vielen Jahren im TV....

  14. 33.

    „ Aber wehe ich baue im Sommer mein Zelt am See auf, einfach so ….“
    Lassen wir einfach das Verständnis von Versammlungsleiterin und Grundrechten einfach mal außen vor….
    Klar können sie ihr Zelt das aufstellen…. Und wenn die Polizei sie dort verjagt klagen sie dagegen… Sie haben also die gleichen Möglichkeiten wie die Camp-Leute… ich vermute nur sie werden vor Gericht scheitern… aber da wären wir dann wieder bei der Versammlungsfreiheit und den Grundrechten… sollten sie sich dann doch besser vorher damit beschäftigen.

  15. 32.

    Gehen Sie mal davon raus, dass die Ausscheidungen dort intelligenter entsorgt werden, als Sie sich als Tonnenscheißer mit beschränktem Weltbild je vorstellen Können. Schlagen Sie mal nach: Trenntoilette, Kompostierklo, Portapotti. Sie werden staunen, was es nicht alles gibt

  16. 31.

    Warum muss ich gerade an einen Holzstapel denken, der als Bauwerk abgebaut werden musste, lt. Bauamt(mitarbeiter)... auf einem Privatgrundstück.

  17. 30.

    ja genau. aber Sie sollten bestenfalls mehr als eine Person sein. in der Regel ab drei Personen. Und es muss ein klar politisches Motiv dahinter stehen, auf das sie aufmerksam machen wollen. und sie müssen sich so organisieren, dass eine Person immer Wach ist, da 24h 7 Tage die Woche eine Versammlungsleitung gestellt sein muss.

    ich versteh auch nicht ganz, wieso hier auf ampel und Regierung und noch wen geschimpft wird. Diese versuchen doch gerade mich hochdruck die Versammlung aufzulösen bzw. zu räumen. Allein die juristische Rechtsprechung, die seit Jahrzehnten besteht - und wenn, eher zu Gunsten von Staat und Behörden verschärft wird, sorgt dafür, das das Camp bleiben kann. den Politkern stehen aktuell deswegen die haar zu Berge.

  18. 28.

    Doch, eine sehr gute Entscheidung sogar. Ach der vielfältige Aufschrei der Tesla-Jünger und anderen tumben AfD-Dödel hier ist beachtlich.

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